King’s Bounty II im Test

Bereits in meinem Preview zu King’s Bounty II habe ich das anspruchsvolle Vorhaben, welches sich das Entwicklerteam von 1C Publishing EU vorgenommen hat, gewürdigt: Modernisierung ohne Verlust dessen, was die Serie seit jeher ausmacht sowie Vermischung von anspruchsvoller Strategie-Mechanik mit dem Open World- und Rollenspiel-Genre. Wie gut das Vorhaben das Beste der unterschiedlichen Genre-Welten zu vereinen sowie das Spiel insgesamt tatsächlich gelungen ist, durfte ich mir nun auch selbst ansehen.

King‘s Bounty ist einer der zeitlosen Spieleklassiker. Veröffentlicht 1990 von New World Computing, kann der ursprüngliche King‘s Bounty Titel von sich behaupten über ein Gameplay zu verfügen, welches, ähnlich wie zum Beispiel Civilization, eine nahezu unbegrenzte Motivation beinhaltet. Der Spieler zieht mit einem von drei Charakteren durch die Lande, schlägt Schlachten und erweitert seine Armee von anfangs simplen Bauern bis hin zu Paladinen, Greifen und natürlich Drachen. Während es unter anderem maßgeblich die Heroes of Might and Magic-Reihe beeinflusste, hat nur der russische Publisher 1C Company einen auch namentlichen Ableger in den Jahren danach veröffentlicht. King‘s Bounty: The Legend, sowie diverse Ableger davon wurden von dem kleinen Studio Katauri Interactive seit 2008 produziert. Obwohl Bugs nie Mangelware waren und auch die Übersetzungen nicht immer treffsicher, so konnte man doch mit dem bewährten Spielprinzip auftrumpfen, welches in jeder Erweiterung noch verfeinert wurde. Bis 2020, also knapp 30 Jahre, sollte es jedoch dauern bis eine offizielle Fortsetzung das Licht der Welt erblicken sollte. Mit King‘s Bounty II haben sich die Entwickler denn auch viel vorgenommen. Nicht nur, soll das Spiel, welches bisher in Top Down Sicht präsentiert wurde in schönster, zeitgemäßer 3D Grafik erstrahlen. Auch die reine Strategie soll aufgeweicht werden. Und welches Genre bietet sich dafür besser an, als Open World Rollenspiele? Und hier soll nicht nur ein Trendbegriff verwendet werden, sondern den König des Genres – The Witcher 3, haben sich die Entwickler als Inspiration ausgesucht.

Von besoffenen Elefanten auf Abenteuertour

Das grundsätzliche Spielprinzip bleibt nach wie vor erhalten, man wählt einen von drei Charakteren, die sich in Fähigkeiten und Möglichkeiten in der Schlacht unterscheiden. Der Krieger favorisiert naturgemäß den direkten Weg in die Schlacht und ermöglicht seinen Truppen höheren Schaden. Hingegen ist die Zaubererin besser im – genau, Zaubern und hat ein größeres Magie Repertoire zur Verfügung. Mit diesem Helden kämpft sich der Spieler durch zahllose Schlachten (präsentiert in 3D- Landschaften, welche nun auch ein Deckungssystem beinhalten) und kann nicht nur immer stärkere Einheiten anwerben, sondern auch die bereits vorhandenen in drei Stufen aufleveln.

Das Drumherum jedoch, erinnert wirklich an Witcher oder auch Kingdome Come, man steuert seine Figur durch eine mehr oder minder schön animierte offene Welt, trifft diverse Entscheidungen in dem Bemühen eine seltsame Seuche, die unschuldige Menschen in Dämonen verwandelt, zu beenden. Die Entscheidungen sind auch nicht nur kosmetischer Natur sondern sollen den Spielfluß entscheidend verändern. So gibt es neben den herkömmlichen Eigenschaften, die der Held auflevelt und stärkt auch ein „Idealismus“ System, welches sich je nach Spielweise weiterentwickelt und Perks zur Unterstützung freischaltet. Im Groben gibt es eine Rollenspiel typische Gesinnung wieder, die zwischen Ordnung und Finesse bis hin zu Anarchie und Gewalt reicht. Wie sich der Spieler also verhält, welche Entscheidungen er trifft, wird über seine weiteren Möglichkeiten entscheiden. Sowohl bei den Truppen als auch mit welchen der verschiedenen Fraktionen er sich verbündet. Während man zu Beginn noch Fähigkeiten aus allen Richtungen erlernen kann, muss man sich im weiteren Spielverlauf an seinen Entscheidungen messen lassen. Wer dauernd im Zwielicht tätig ist, dem wird der Ordnungsbaum nicht weiter offen sein. Auch an den Nebenquests des berühmten Vorbildes haben sich die Entwickler orientiert, wobei die Qualität nicht wirklich berauschend ist. Meist gibt es ein, zwei Möglichkeiten eine Quest zu lösen, großteils mit einem Endkampf, manchmal auch alternativ. Neben der Qualität der Grafik und der Quests an sich sind leider so einige kleinere Ärgerlichkeiten im Spiel enthalten, wie die Laufgeschwindigkeit der Spielfigur (erinnert in Eleganz und vor allem Geschwindigkeit eher an einen besoffenen Elefanten), keine Minimap, kein Quick Save und so weiter. Aus den auf der ganzen Karte vorkommenden, mehr oder minder beweglichen Gegnern, wurden in King‘s Bounty II fixe Kampfmöglichkeiten, die man annehmen kann, oder lieber einen anderen Weg sucht, falls der Gegner noch zu stark ist. Auf der Plusliste kann man eine Menge an Ausrüstungsgegenständen nennen, die den Helden unterstützen und auch am 3D Avatar ersichtlich sind.

Der Kampf, das ewige Leid

Die Schlachten stellen neben der neuen Rollenspiel Ausrichtung natürlich auch weiterhin einen großen Anteil am Geschehen. Die Truppen verfügen ebenso über diverse Fähigkeiten und Spezialattacken, sowie drei „Entwicklungsstufen“. Wichtig in der Zusammenstellung einer erfolgreichen Armee ist nach wie vor ein gesunder Mix aus Einheiten. Fernkampf (durch die 3D Landschaft nun auf Blickkontakt zum Ziel angewiesen, welcher leider nur unzureichend angezeigt wird) zusammen mit Nahkampf Einheiten. Es sind auch Truppen aus verschiedenen Fraktionen anheuerbar, wobei diese sich jedoch untereinander vertragen sollten. So kämpfen Menschen meist nur ungern zusammen mit Untoten oder Dämonen. Neben normalen Kämpfen gibt es auch  „Boss Fights“, welche ebenso wie ihr selbst, einen Heldencharakter als Anführer der gegnerischen Truppen haben. Auch die Karten der Schlachten sind thematisch direkt aus dem Spielgeschehen entnommen. So gibt es neben Wald- und Höhlenkämpfen auch Schlachten in Festungsterrain. Leider sind auch hier wieder einige Unannehmlichkeiten vorhanden, so lassen die Einheiteninformationen auf dem Schlachtfeld stark zu wünschen übrig (keine HP Anzeige, die Fähigkeiten sind nur mit einer Nummer auswählbar und der Hilfs Pop Up ist generell mehr im Wege als hilfreich). Das Schere-Stein-Papier Prinzip der zusammenstellbaren Truppen funktioniert aber nach wie vor. Erfreulicherweise hat man nun auch eine größere Reserve, in welcher man angeworbene Truppen unterbringen kann, die man nicht aktuell verwendet. So kann man seine Armee vor jeder Schlacht optimal auf den Gegner einstellen.

Gut gewollt ist nicht immer gut gemacht …

Was also bleibt King‘s Bounty Fans unterm Strich von den großen Ankündigungen? Ein mittelmäßiges Rollenspiel, mit netten, strategischen Schlachten. Leider ist neben der eher fragwürdigen Qualität so einiger Teile des Spieles, vor allem eine der Stärken des alten King‘s Bounty dieser Neuerung zum Opfer gefallen. Während das Original bei jedem Spieldurchgang ein neues Spielgefühl bot, ist es hier in ein ziemlich straffes Rollenspielgerüst eingezwängt. Dies dürfte den Wiederspielwert doch erheblich einschränken, da der Großteil durch die Story vorgegeben wird. Auch die Figuren sind nicht mehr derart unterschiedlich, kann man sich doch die meisten Perks aus dem vorgegebenen Baum, je nach Spielweise aussuchen. Was eventuell ganz gut ist, da mich persönlich, die Entscheidung den Paladin zu einem kleinen Mädchen zu machen (Jean de Arc lässt grüßen) eher wenig anspricht.

Insofern stören mich weniger Punkte wie die Qualität der Grafik oder der Texte (die waren ja auch in King‘s Bounty nie sonderliche Highlights) eher weniger. Die mangelnde Abwechslung jedoch ist ein riesenhaftes Manko, welches zusammen mit den erwähnten Schwächen in der Open World Darstellung die Umsetzung der großen Vorhaben leider in keinem besonders guten Licht dastehen lässt.

Wer sich trotz der ganzen Mängel durch die Story kämpft wird sich aber zumindest an einigen herausfordernden Kämpfen erfreuen können.

Zusammenfassung

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