LawBreakers im Test

Du bist bereits langjähriger Konsument von bewusstseinsbeschleunigenden Drogen und suchst ein Spiel, das sich nahtlos in diesen Geisteszustand einfügt? Zudem soll es dir neben Konzentration noch katzenartige Reflexe abverlangen, während du trotzdem leicht abwesend der Wandfarbe deines Spielzimmers beim Trocken zuhörst? Well, search no more. LawBreakers vereint hohe Geschwindigkeit mit Heldenfähigkeiten im klassischen FPS-Stil, bekannte Map-Modi inklusive. Aber so wie Geschwindigkeit nicht alles ist, ist selbst dieser Mix kein selbstläuferischer Erfolgsgarant.

Um Dinge zu beschreiben wird gern zu Vergleichen gegriffen, wenn diese auch nicht immer zu 100 Prozent akkurat sind. In letzter Zeit werden bei jeglichem Spiele-Produkt mit ähnlichem Setting gern Parallelen zum Giganten Overwatch gezogen. Am Ehesten erinnert LawBreakers jedoch an ein Potpourri aus Unreal Tournament und Quake Champions. Kein Wunder, immerhin befinden man sich hier im Territorium von Cliff Bleszinski, der gemeinhin als „Erfinder“ von Unreal Tournament bekannt ist.

Aller Anfang ist dein Tod

Zu Beginn sticht gleich etwas ins Auge, und nein es ist kein Feind. Zwar stellt LawBreakers einen Sandbox-Modus bereit, in dem Klassen ausprobiert und phlegmatisch-stationäre Pazifisten-Feindroboter gemetzelt werden können, aber für die immense Geschwindigkeit und rundherum herrschende, permanente Action, ist dies keine adäquate Vorbereitung. Manch einer würde es sogar als ein No-Go bezeichnen, verleitet es Neulinge doch dazu, Helden und Maps im Kräftemessen mit menschlichen Gegnern kennen zu lernen. Selbstredend zum Ärger der anderen Teammitglieder, die eigentlich gewinnen möchten. Viele Tränen würden im Übrigen echte Tutorials sparen, die nicht nur aus Youtube-Videos bestehen. Denn da LawBreakers ein Arena-Shooter ist, liegt der Fokus hier neben der überlebensnotwendigen Zielgenauigkeit zum größten Teil auf der Meisterung des Momentums. Abseits von herkömmlichen Duellen gegen die KI wären noch Parkour-ähnliche oder objective-basierende Missionen ein toller Start, um Einsteiger an das Spiel heranzuführen. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

I want to break free

Das Prinzip des Arena-Shooters bedarf vermutlich keiner weiteren Erklärung, die Details jedoch schon. Fünf gegen Fünf lautet die Devise, in der insgesamt aus neun verschiedenen Klassen gewählt werden kann. Der Begriff Klassen ist jedoch zu generisch, eigentlich handelt es sich mehr um präferierte Spielweisen. Zwar bringt jeder Charakter eigene Fähigkeiten mit, die den Wumms und die Bewegung beeinflussen, in vorgefertigte Rollenkonzepte können sie jedoch nicht einwandfrei gezwängt werden. Der Medikus bringt eigentlich Heilfertigkeiten mit sich, spielt sich mit seinen Granatensalven jedoch mehr wie ein schwebender Demoman aus Team Fortress 2. Für Quake-Liebhaber gibt es beispielsweise den Titan, der dank des Raketenwerfers das befriedigende Gefühl erfolgreicher Air Rockets wieder aufleben lässt. Als Twist kann sich der Charakter in einen robusten Berserker verwandeln, der den mit Blitzen um sich werfenden Sith-Lord Darth Sidious wie einen Blumen pflückenden Ewok-Padawan aussehen lässt. Spannende Kombinationen sind also vorhanden, hoffentlich gelingt das Balancing in Zukunft ähnlich gut.

Das Besondere an LawBreakers sind unter anderem die „Zero Gravity“ – Zonen auf jedem Spielfeld. In diesen herrscht – Überraschung – keine Gravitation. Dieses Schweben kann jedoch gesteuert werden, da jede Figur die Fähigkeit hat, seine Waffe nach hinten abzufeuern. Dadurch kann Geschwindigkeit in dieser Zone aufgenommen werden, was zu halsbrecherischen (natürlich vorzugsweise den Hals der Kontrahenten) Manövern und teils zur eingangs erwähnten Mordsgeschwindigkeit führt. Da jeder Lawbreaker noch eigene Bewegungsfähigkeiten mitbringt, verschwimmt der gesamte Kampf zu einem Actionfeuerwerk, das vor allem Anfangs überfordert. Oft ist auf die Schnelle nicht erkennbar gegen welche Klasse gerade gekämpft wird. An der Identifikation und den Modellen könnte also noch nachgebessert werden. Anfangs ist das aber ohnehin nicht das Hauptproblem, da uns verschiedenste Feinde von links und rechts Feuer unterm Gesetzesbrecherhintern machen. Darauf lässt es sich selten richtig reagieren, außer man heißt Fatal1ty

Modi, Maps und mordende Marodeure

In Sachen Spielmodi stehen mehrere zur Auswahl, und unterhalten größtenteils prächtig. Wie in Quake, wo es sich neben Geballere um Fortbewegung und Beherrschung der Map sowie um Timing dreht, ist hier das Bespielen der Ziele der wichtigste Faktor, um die Arena siegreich zu verlassen. Bei „Hochspannung“ müssen sich die Teams die Batterie vom Zentrum der Karte beschaffen und in der eigenen Basis zur Gänze aufladen, bevor unsere Opponenten auf dieselbe Idee kommen. Der Clou: Wird die Batterie gestohlen, behält sie ihre Ladung bei, und macht bei Retournierung dort weiter, wo sie aufgehört hat. Sobald 100% erreicht werden, muss sie noch 20 Sekunden verteidigt werden, bevor gepunktet wird. Wer dies drei Mal vollbringt, hat gewonnen. Ein unterhaltsames, dynamisches Hin- und Her mit vielen Comeback-Möglichkeiten. „Transfer“ funktioniert ähnlich, hier muss das Download-Device beschafft und verteidigt werden. Allerdings behält dieses bei Abhandenkommen seinen Status nicht bei, sondern der Download startet wieder bei null Prozent.

„Blitzball“ fordert vor allem Schnelligkeit und gutes Movement. Der Ball muss vom Startpunkt aus in einen gewissen Bereich auf der Map gebracht werden. Wer sich gut bewegt gewinnt. Meist kämpfen hier 4-5 Assassinen um den Ball, was den taktischen Anspruch schmälert. Oft benötigt der Ball nur drei Sekunden vom Start bis zum Ziel. Wenn die Translokation so schnell und flüssig gelingt, dann ist das schon sehr beeindruckend. Aber es soll ja nicht mit offenem Mund herumgestanden und applaudiert, sondern der fiese Ninja daran gehindert werden, Punkte zu machen. Vielleicht muss sich die taktische Eignung zum kompetitiven Teammatch erst noch herauskristallisieren, spätestens mit dem geplanten Ranked-Modus. Bei „Revierkampf“ müssen drei Zonen gleichzeitig eingenommen und eine gewisse Zeit lang gehalten werden, was eine weitere taktische Komponente mitbringt: Soll das Team aufgeteilt werden, und wenn ja wie? Oder sollen die Zonen mit vereinten Kräften genommen werden? Alles birgt ein Risiko, denn wenn eine Zone eine gewisse Zeit lang gehalten wurde, dann gilt sie als eingenommen und ist bis zur nächsten Runde gesperrt.

Another one bites the dust

Dennoch kann das Spiel auch sehr frustrierend sein. Wenn etwa die Teamzuweisung mal versagt und in einer Mannschaft deutlich schlechtere Spieler antreten, als im anderen. Oder wenn gegen wieselflinke Feinde kein Land gesehen wird. Hier hilft nur üben, üben, üben, um mitzuhalten. Außerdem muss auf ein gutes Matchmaking- und Ranking-System gehofft werden um Ungleichheiten auszuräumen. Wenn die legeren Feierabendzocker angelockt werden sollen, ist ein funktionierendes MMR unabdingbar. Insgesamt wird bei LawBreakers eher eine Community angesprochen, die gewillt ist, abseits vom reinen Spielen an Dingen wie Taktiken oder vor allem Movement zu arbeiten, was per se aber nichts schlechtes ist. Das Universum selbst und die Geschichte der Klassen wird schriftlich bei der Heldenauswahl erzählt, bleibt aber nicht lang im Gedächtnis. Ein Arena-Shooter benötigt aber zum Überleben kein komplexes Hintergrundkonstrukt.Die technische Umsetzung indes überzeugt durchaus. DIe Grafik wirkt detailiert und passt zum Spielgeschehen, ohne groß abzulenken. Auch die interagierbaren Objekte wie Jump-Pads sind gut auszumachen.

FAZIT

Wer also einen etwas unkonventionellen Shooter sucht, sollte sich LawBreakers  im Detail ansehen. Durch die teils spannenden Spielmodi und der permanenten Action hebt sich Cliff Bleszinkis neuestes Werk von der Konkurrenz ab, schwebt dann aber im luftleeren Raum vor sich hin. Sieben Maps wirken ein wenig dünn für einen Start, ein Deathmatch-Modus fehlt vollkommen. Zudem sollte bei der Match-Suche auswählbar sein, welche Modi bevorzugt werden, um nicht pauschal in alle verfügbaren hineingeworfen zu werden.

Die selbsterklärte Absicht, vom Stein-Schere-Papier-Echse-Spock-Prinzip abkommen zu wollen, gelingt nicht immer zu 100 Prozent. Der tankige Exekutor mit der Schrotflinte hat gegen den federleichten Assassinen im Nahkampf die Oberhand, was sich bis zu einem gewissen Grad aber nicht ändern lässt, wenn schon ein Klassenprinzip implementiert wird. Trotzdem stört es nicht weiter, da der Skill-Faktor nicht zu kurz kommt. Wenn das Interface noch detaillierter aufbereitet wird, ein wenig Breite in Helden, Maps und Modi hinzukommt, und das Spiel beim Einstieg Newcomer mehr an die Hand nimmt, dann könnte sich LawBreakers  einen Platz in dieser Sparte erkämpfen. Der Einstieg war schon mal gut. Jetzt einfach nicht sterben.

Gesamtwertung: 6.8

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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