Layers of Fear 2 im Test

Wer bist du? Warum bist du hier? Sind dies die Fragen, die du dir stellst? Vergiss sie. Verbrenne sie, gemeinsam mit dem was du dich selbst nennst, und opfere die Asche auf dem Altar der Kunst. Sie ist die Gottheit, die dich leitet, die dich formt. Wie ein Orkan reißt sie die dünnen Barrikaden des klaren Verstandes ein. Wie weit bist du bereit für die Reinheit deines Werks zu gehen und jenem zu entsagen, was du die Wirklichkeit nennst? Denn erst wenn du gebrochen bist, wirst du zum Meister deiner Kunst. Nur so wird dir klar, dass der Schlüssel zur Perfektion der Wahnsinn ist.

Die verstörende Kunst des Method Actings

In Layers of Fear 2 schlüpfen wir in die Haut eines namenlosen Filmstars der frühen Ära des Films. Auf Drängen seines Agenten findet er sich auf einem Kreuzfahrtschiff wieder, um dort einen mysteriösen und hoch exzentrischen Regisseur zu treffen. Die Anforderungen des scheinbar allgegenwärtigen Visionärs an seinen Mimen könnten extravaganter nicht sein: er soll sein Ich zerstören und aus dem Scherbenhaufen seines Wesens den perfekten Charakter für seinen Film formen. Um dies zu gewährleisten, begeben wir uns auf eine verstörende Odyssee durch die Filmgeschichte, die finstersten Ecken unseres Geistes und das traurige Schicksal zweier Kinder.

Mit Layers of Fear erschuf das polnische Entwicklerstudio Bloober Team 2016, meiner Meinung nach, DEN Horrortitel an dem sich spätere Vertreter des Genres zu messen hatten. Die Geschichte eines Malers, der sich immer mehr in einer Spirale des Wahnsinns und des Schaffensdrangs verliert, hatte mich komplett in seinen Bann gezogen. Garniert wurde die wirklich coole Story durch eine Inszenierung, wie ich es bisher nur im – inzwischen legendären – P.T. zu Silent Hills erlebt habe. Über weite Teile verzichtete man auf billige Jump-Scares und setzte auf eine Horroratmosphäre die zum Schneiden dick war. Die wenigen wirklichen Jump-Scares waren gut aufgebaut und blieben mir dank ihrer Wucht bis heute in Erinnerung. Man denke zum Beispiel an eine gewisse Aufforderung, welche mit Blut an die Wand geschrieben wurde.

Meine Erwartungshaltung gegenüber Layers of Fear 2 war daher immens. Seit 28. Mai 2019 gibt es die Fortsetzung in den Läden und auch wenn der Nachfolger einiges richtig macht, blieb ich am Ende doch etwas enttäuscht zurück.

Alte Stärken, neue Schwächen

Layers of Fear 2 erzählt seine Geschichte in fünf Akten, mit jeweils eigenen Schwerpunkten. Die verschiedenen Themen wirken sich sowohl auf das Setting wie das Gameplay aus. So durchstreifen wir das Schiff durchaus mal im schicken Schwarz-Weiss-Look, welcher an große Filme vergangener Tage erinnert, oder erkunden als Kind die Wohnung eines durch den Krieg verkrüppelten Filmvorführers. Als Knotenpunkt sowie Rückzugsort zwischen den Akten dient uns unsere Luxuskabine. Darin finden wir die eine oder andere Nachricht unseres Agenten, begutachten gefundene Sammelgegenstände wie Filmposter und Dias oder lauschen den Instruktionen unseres Regisseurs. Dieser begleitet uns wie ein Erzähler durch Layers of Fear 2, hinterfragt unsere Gedanken und stellt uns mit fast schon sadistischer Freude in bestimmten Punkten der Geschichte vor moralische Entscheidungen. Die Story an sich fand ich gut inszeniert. Erzählt wird diese durch die sich verändernde Umgebung, dem Regisseur sowie den vielen Sammelgegenständen und Notizen. Besonders stark ist  die scheinbare Nebenerzählung zweier Kinder, die von zu Hause weggelaufen sind und auf einem Fischkutter als blinde Passagiere kurz vor dem Hungertod stehen. Der verzweifelte Kampf einer Schwester, welche versucht dem kleinen Bruder spielerisch die Angst vor dem Unglück zu nehmen das vor ihnen liegt, fand ich absolut herzzerreißend.

Wie sieht es nun eigentlich mit dem Horror in Layers of Fear 2 aus? Der ist durchaus vorhanden und steht dem Vorgänger in seinen besten Momenten um nichts nach. Leider sind diese viel zu selten. Dies ist dem Faktum geschuldet, dass Layers of Fear 2 bei der Umsetzung mehr wert auf Action und Terror legt als auf ruhigen, atmosphärischen und pointierten Horror. Manifestation dieses Mankos ist für mich eine Wesenheit, die uns nach unserem Leben trachtend durch den Luxusdampfer jagt. Zwar jagte es mir bei jedem Aufeinandertreffen das Adrenalin in die Adern, doch bedauerlicherweise arteten diese Konfrontationen oft in heftige Trial and Error Passagen aus. Dadurch bekam bei mir oft der Frust die Oberhand. Auch ist die Anzahl an beliebigen Jump-Scares rapide angestiegen und haben einen etwas inflationären Beigeschmack.

Dem gegenüber stehen jene Momente, in denen wir in aller Ruhe das Schiff erkunden können. In diesen entschleunigten Augenblicken entfaltet Layers of Fear 2 sein ganzes Potential der Angst und ich spüre die Liebe zu diesem Game in mir erwachen.

Schaurige Rätsel und tolle Technik

Was das Gameplay betrifft, kann man bei Layers of Fear 2 nicht sonderlich viel sagen. Wie der Erstling der Reihe handelt es sich hierbei eher um einen Walking-Simulator mit Horrorkomponente. Will heißen, dass wir die meiste Zeit relativ linear das Schiff erkunden, die Umgebung nach Notizen durchforsten und die Stimmung in uns aufsaugen. Aufgelockert wird das ganze durch zwar recht simple, aber unglaublich atmosphärische Rätsel – Stichwort: Elternschlafzimmer!

Technisch gibt es nichts zu bemängeln. Die Grafik ist detailreich und nahe am Fotorealismus. Die Steuerung vielleicht etwas tröge jedoch für das Szenario passend und die Soundkulisse sowie der Soundtrack sind über jeden Zweifel erhaben, tragen sie doch einiges zu im allgemeinen tollen Atmosphäre von Layers of Fear 2 bei.

FAZIT

Layers of Fear 2 ist ein gutes Horror-Spiel, dass aber leider im Schatten seines grandiosen Vorgängers steht. Es hat zum einen diese unglaublich tolle Atmosphäre und ich spüre wie sich mir beim Erkunden des Schiffs die Nackenhaare zu Berge stellen. Da gibt es etwa diese Puppen, die immer wieder auftauchen: Sitzen oder stehen sie in dem einen Moment noch auf die eine Weise, wird man feststellen, dass sie sich bewegen, sobald man nicht mehr hinsieht, da sie beim erneuten Betrachten sowohl Position als auch Haltung geändert haben. Eine Vorstellung die ich absolut gruselig finde. Oder das wirklich gute Schattenspiel, das mir mehr als nur einmal einen kalten Schauer über den Rücken jagte – ganz ohne laute Musik, ohne Schockeffekt. Sie sind einfach da, könnten sogar leicht übersehen werden, sind jedoch umso furchterregender, wenn man sie dann doch entdeckt. Hätte Layers of Fear 2 seinen Horror auf diese Weise ausgebaut – es hätte ein heller Stern seines Genres werden können. Daher ist es für mich umso rätselhafter, warum Bloober Team auf diese Tugenden, welche auch schon den Vorgänger so unglaublich stark gemacht haben, pfeift und eine tödliche Bedrohung, sowie rudimentäre Schreckmomente, einbauen mussten. Die Verfolgungsjagden treiben zwar das Adrenalin in die Höhe, aber aufgrund der Harten Trial and Error Passagen geht halt das Gefühl der Angst flöten und weicht dem Frust. Letztendlich halten sich sowohl Stärken wie Schwächen die Waage und ich hatte meine Freude mit Layers of Fear 2 aber gerade im Angesicht des Erstlings ist es dann doch eine kleine Enttäuschung.

[image src=’https://www.gamers.at/wp-content/uploads/2019/06/pic.jpg‘ width=’100′ height=’100′]

Was ist Layers of Fear 2?: Ein Walking-Simulator mit Horrorkomponenten.
Plattformen: PC, PS4, XBox One,
Getestet: Version 1.x auf PC Intel Core i5-4440, 8GB RAN, GeForce GTX 645
Entwickler / Publisher: Bloober Team/Gun Media
Release: 28. Mai 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

Passende Beiträge

Planet Coaster 2 im Test

Little Big Adventure – Twinsen’s Quest im Test

LEGO Horizon Adventures im Test