LEGO Die Unglaublichen im Test

Im Jahr 2004 ließ Pixar mit der Animationskomödie Die Unglaublichen seine Superhelden-Familie erstmals auf die Zuschauer los. Im Gegensatz zu vielen anderen Franchises die in regelmäßigen Abständen stetig neue Titel veröffentlichen (*hust, hust* LEGO-Games), erscheint der zweite Teil erst 14 Jahre später – ein interner Pixar-Rekord. Natürlich ist bei einem Kinofilm auch eine Videospiel-Adaption nicht weit, die uns Tt Games und WB Interactive in Form von LEGO Die Unglaublichen sogar gleich mehrere Monate vor Kinostart des zweiten Films serviert (der Film erscheint hierzulande am 27. September). Wir verraten euch, ob sich diese Entscheidung bezahlt macht, oder unglaublich fehlgeleitet ist…

Heldenhaft?

Mit all den Superhelden-Franchises die momentan Kino und TV (un-?)sicher machen, fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Auf diesen Zug springen Disney und Pixar nun auch für eine jüngere Zielgruppe auf (nachdem Disney mit dem Marvel-Verfilmungen ja schon gut dabei ist) und liefern eine Fortsetzung zu Ihrem 2004er Animationserfolg Die Unglaublichen. Das LEGO-Spiel hält sich sehr nah an der Handlung beider Filme, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge. So beginnt das Spiel also mit den Ereignissen des zweiten Teils, bis ihr euch zu Teil eins „vorgearbeitet“ habt. Das ist nicht nur dramaturgisch eine eigenartige Entscheidung, sondern hat noch den Nebeneffekt, dass die gesamte Handlung des erst in einigen Monaten erscheinenden Filmes gleich mal gespoilert wird. Wer die Pixar-Filme kennt weiß also, dass auf die Kinobesucher trotzdem noch die eine oder andere Überraschung, berührende Erzählung oder sympathische Nebenfigur warten wird. Dennoch sei zur Vorsicht gesagt, dass das Spiel die Handlung einschließlich Wendung und Auflösung vorweg nimmt. Zwar werden LEGO-Spiele meist ohnehin nicht unbedingt wegen der Handlung gekauft, Interessierte sollten aber vielleicht noch etwas abwarten und sich zunächst den Film zu Gemüte führen.

Bei den Family Builds nutzt ihr mehrere Charaktere, um ein Modell zu bauen. Eure Aufgabe ist geschafft, wenn der Fortschrittsbalken bei allen Charakteren gleichzeitig gefüllt ist.

Incredibricks und Familiy Builds

Natürlich gibt es zahlreiche Parallelen zwischen den verschiedenen Ablegern der LEGO-Spiele, aber werfen wir zunächst mal einen Blick auf die Neuerungen und Ergänzungen, die LEGO Die Unglaublichen von ihren Vorgängern absetzen sollen. Zum einen haben wir da die sogenannten „Incredibricks“. In der Oberwelt sind etwa hundert dieser Steine (mal besser, mal einfach schlecht) „versteckt“ und ermöglichen euch, die Stadtteile Municiberg und New Urbem durch zusätzliche Gebäude aus anderen Pixar-Filmen zu verschönern. Neben dem optischen Effekt erhaltet ihr dafür einen aus dem zugehörigen Film bekannten Charakter mit besonderen Fähigkeiten sowie einen roten Baustein, mit dem ihr wie gewohnt Extras freischalten könnt. Diese umfassen wieder Punkte-Muliplikatoren, Unbesiegbarkeit, Collectible-Detektoren und mehr. Mit den Pixar-Charakteren wird das Charakter-Lineup deutlich aufgewertet, was wohl auch nötig ist. Immerhin bekommen selbst die kleinsten Nebencharaktere ihren Auftritt als spielbare Figur…

Auch in Missionsleveln gibt es die Incredibricks. Hier sind sie an bestimmten Stellen notwendig, um einen sogenannten „Family Build“ bauen zu können. Diese meist überdimensionalen Gebilde, wie beispielsweise ein Feuerlöscher oder eine Flex-Säge, ermöglichen euch das Weiterkommen. Ihr sucht also einen abgegrenzten Bereich nach einer vorgegebenen Anzahl versteckter Incredibricks ab und findet euch dann auf der Bauplatte ein, um diesen per Button-Mashing von mehreren Charakteren zusammenbauen zu lassen. Im Multiplayer ist das ganz nett, im Einzelspieler-Modus wird es schnell eintönig, sodass irgendwann eher die Sorge für die Controller-Tasten überwiegt. Vor allem, da ihr auch für aufgeladene Super-Attacken Tastenhämmern müsst. Diese Attacken könnt ihr mit Hit-Combos aufladen und dann geballt auf die Gegner loslassen und den Bildschirm von Fieslingen befreien.

Die fliegenden Charaktere machen das Sammeln der vielen Collectibles zu einer simplen Tätigkeit.

Municiberg und New Urbem…

LEGO Die Unglaublichen besteht aus insgesamt 12 soliden Hauptmissions-Levels und einem kleinen Bonuslevel. Das ist selbst für LEGO-Spiel-Verhältnisse verdammt kurz geraten. Zu tun gibt es dennoch einiges, weil das Hauptspiel durch eine offene Oberwelt aufgewertet wird, die zwar nicht riesig ist, aber reichlich Nebenmissionen bietet. Leider sind diese Missionen reichlich repetitiv. Neben gut 30 Zeitrennen, die zu Lande, zu Wasser und in der Luft stattfinden, könnt ihr auch noch massenhaft Gegner verdreschen, welche die Bürger von Municiberg und New Urbem in Angst und Schrecken versetzen. Zudem könnt ihr die einzelnen Bezirke von Kriminalitätswellen befreien und euch so eine Location für einen Pixar-Family Build freispielen. Die meisten der Landrennen können mit dem gleich zu Beginn freigeschalteten Dash (dem Sohn der Familie Parr) ohne Mühe im ersten Anlauf gemeistert werden. Das und auch der Umstand, dass das Hauptspiel verdammt kurz geraten ist, lassen den Gedanken zu, dass ein Spiel, dass mehrere Pixar-Filme in sich vereint, die wohl bessere Entscheidung gewesen wäre. Schön gelungen ist die Tatsache, dass freigespielte Charaktere nun über das Öffnen eines virtuellen LEGO-Beutels erfolgt. Das ist zwar eine Kleinigkeit, bindet die LEGO-Welt aber trotzdem etwas schöner zusammen.

Die Zeitrennen erfordern kaum Können – für diese Aufgabe hätte mehr als doppelt so viel Zeit immer noch für Gold gereicht…

Kaum Neues

Der geringe Umfang des Spiels bedeutet, dass eine Platin-Trophäe in nur ca 20 Stunden geknackt werden kann, was mir in oft knappen Testzeiträumen bisher noch nicht gelungen ist. Es gibt für alles ein erstes Mal. Trotzdem funktioniert das Spiel vor allem für jüngere Fans der LEGO-Spiele und sorgt für kurze, aber gute Unterhaltung. Der schon obligatorische 2-Spieler-Koop-Modus ist ebenso wieder implementiert wie die bereits aus vorangegangenen Einträgen bekannten verschiedenen Fähigkeiten der einzelnen Charaktere. Erfreulich ist anzumerken, dass die individuellen Fähigkeiten der Familie Parr sehr gut ins Spiel übertragen wurden und auch die anderen Helden und Schurken einen schönen Fähigkeiten-Mix mitbringen. Diese Fähigkeiten müssen vereinzelt auch kombiniert werden, was zumindest einen Hauch frischen Wind einbringt. Die meisten der Mechaniken sind aber längst bekannt und wurden mit dem stark Geldbörsen-belastenden LEGO Dimensions ohnedies bereits fast auf die Spitze getrieben. Es wird wohl mittelfristig kein Weg drum herum führen, dass sich die LEGO-Spiele trauen, mehrere, auf das jeweilige Franchise abgestimmte, spielerische Neuerungen einzuführen, statt mit minimalen Veränderungen ein Spiel nach dem anderen zu veröffentlichen. Apropos, mit LEGO DC Super Villains (Superschurken) steht der nächste Eintrag in die Serie bereits Mitte Oktober ins Haus…

Während rechts eine separate Aufgabe zu erledigen ist, wartet links ein Incredibrick darauf, eingesammelt zu werden.

Technische Schwächen

Das Design der Oberwelt-Missionen wurde ja bereits angesprochen. Besonders störend ist fällt aber das generelle Fehlen von ausreichend Missionen und Aufgaben auf. Viele der in der Stadt verteilten goldenen Steine und Incredibricks liegen einfach auf der Straße, in einem Busch oder auf einem Dach und warten nur darauf, von euch aufgesammelt zu werden. Keine Rätsel, keine Aufgaben – einfach drüber spazieren… das ist bestenfalls uninspiriert. Musikalisch stützt sich LEGO Die Unglaublichen natürlich auf den gelungenen, jazzigen Originalsoundtrack, der das Geschehen auf dem Bildschirm angenehm untermalt. Grafisch kann die offene Welt aber leider nur bedingt überzeugen, vor allem, wenn ihr euch fliegend fortbewegt. Ständig poppen Bäume, Fahrzeuge und Figuren aus dem Nichts in verhältnismäßig kurzer Distanz vor euch auf. Das muss im Jahr 2018 nicht mehr sein. Leider wird der Spielfluss auch durch verhältnismäßig lange Ladezeiten immer wieder unterbrochen. Hier wäre vor allem im Modus „Freies Spiel“ wünschenswert gewesen, direkt von einer Mission in die nächste zu gehen, statt jedes Mal wieder die Oberwelt zu laden, um dann den Level anzuwählen und erneut zu laden. Von den 20 Stunden Spielzeit waren geschätzte 3-4 Stunden nur Ladezeit.

Elastigirl macht auch im Spiel ihrem Namen alle Ehre. Im Hintergrund entdecken Adleraugen außerdem ein Easteregg.

FAZIT

Das LEGO Videospiel-Franchise, wie wir es heute kennen, war noch nicht mal erfunden, als Pixar’s erster Streifen über die Super-Familie Parr ins Kino kam. Erst ein knappes Jahr später erschien mit LEGO Star Wars der erste Ableger der durchaus lieb gewonnenen Reihe. LEGO Die Unglaublichen markiert aber nunmehr das insgesamt 27. (!) Spiel mit der grundlegend gleichen Mechanik. Natürlich hat sich im vergangenen Jahrzehnt technisch und spielerisch das eine oder andere Element weiterentwickelt, dennoch ist das Gameplay im Kern gleich geblieben. Da wundert es nicht, dass irgendwann mal die Luft ein wenig raus ist, was der aktuellste Titel der Reihe unter Beweis stellt. Spielerische Neuerungen sucht ihr bei LEGO Die Unglaublichen leider vergeblich und auch inhaltlich haben die Entwickler von Tt Games schon deutlich mehr geboten (und auch schonmal weniger). Am Ende reicht es leider nicht zu mehr als einem unterhaltsamen Game, das ihr aber auch mit gutem Gewissen auslassen könnt.

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Was ist LEGO Die Unglaublichen? Open World Plattformer mit Coop-Funktion
Plattformen: PS4, XBOX ONE, PC (Steam), Nintendo Switch
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Tt Games, WB Interactive
Release: 15. Juni 2018
LinksTt Games Offizielle WebsiteFacebook (Die Unglaublichen 2)Facebook (LEGO)

Gesamtwertung: 6.4

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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