Lies of P im Test

Mit Lies of P ist diese Woche nach vierjähriger Entwicklung ein von vielen mit großer Spannung erwartetes neues Souls-like erschienen. Entwickelt von Round8, einem südkoreanischen Studio, und herausgebracht von Neowiz Games, kämpfen wir uns darin durch die eigentlich wunderschöne Stadt Krat, in der es zu einem Amoklauf der überall eingesetzten Dienstroboter gekommen ist. Die Architektur von Krat und die Kleidung der Leute erinnert an europäische Großstädte um das Jahr 1900 während der Belle Époque, aber die Roboter passen ebenso wenig ins Bild wie Pinocchio.

Lies of P ist ein Spiel über Pinocchio? Süß, ich habe als (kleines) Kind die Zeichentrickserie geliebt. Die Abenteuer von Pinocchio (Piccolino no Bōken) aus dem Jahr 1976 war eine 52-teilige japanische Kinderserie, die aber in Zusammenarbeit mit dem österreichischen und deutschen Staatsfernsehen produziert wurde. Ich kann noch heute das Titellied mitsingen. So süß… aber das aktuelle Spiel ist absolut nichts für Kinder. Es handelt sich nämlich um ein sauschweres Souls-like, das wohl vom originalen Kinderbuch (auf dem die Zeichentrickserie basiert) inspiriert wurde, aber eine sehr freie Interpretation der Geschichte bietet.

Der Produktionsleiter des Spieles, Choi Ji-Won, hat in einem Interview aus dem Jahr 2022 erzählt, dass das Pinocchio-Szenario gewählt wurde, um eine größere Gruppe von potenziellen Spielern anzusprechen. Eine seltsame – aber interessante – Wahl, um das Spiel aus der Masse der Souls-likes hervorzuheben. Mich hat das Szenario eher an Bioshock erinnert, in dem sich ein paradiesisches Utopia nach nur wenigen Jahren in die Hölle auf Erden verwandelt hat. Das ist auch in Krat passiert. Die Kämpfe sind auf den ersten Blick vergleichbar mit Steelrising, dem im letzten Jahr erschienenen Souls-like von Spiders, bei dem ihr als Roboter zur Zeit der französischen Revolution gegen (unter anderem) andere Roboter gekämpft habt. Die Level von Lies of P sind linear aufgebaut, ihr solltet euch kein Open-World Spiel erwarten. Es sind zwar immer wieder Dinge abseits des Hauptpfades versteckt, aber den meisten Kämpfen könnt ihr nicht ausweichen, sondern müsst sie gewinnen.

Der Bahnhof von Krat

Zu Spielbeginn wachen wir auf einem Sessel in einem menschenleeren Zug auf. Eine Stimme spricht mit uns und leitet uns auf den ersten Schritten. Sie sagt, dass unsere Hilfe benötigt wird. Wir haben keine Ahnung, wer da spricht. Die gute Fee aus dem Kinderbuch? Wir finden einen Zettel mit der kurzen Nachricht „Finde Geppetto, er ist in Krat“. Also raus aus dem im Bahnhof stehenden Zug. Wir betreten also die große Ankunftshalle, in der überall blutige Leichen von Reisenden herumliegen. Mitarbeiter des Bahnhofes schleichen umher und greifen uns sofort an, wenn sie uns sehen. Während die Reisenden menschlich waren, sind unsere Gegner (menschlich aussehende) Roboter, die offensichtlich ihr letztes Wartungsintervall versäumt haben. Sie bewegen sich langsam und roboterhaft und stellen uns noch vor keine allzu große Herausforderung. Das ändert sich aber rasch, sobald wir dem Bahnhofsvorsteher den Schlüssel abnehmen wollen, um den Bahnhof zu verlassen. Der Typ ist nämlich ein flinker Riese mit einer großen Keule, mit der er gnadenlos auf uns einschlägt.

Nachdem wir ihn besiegt haben, können wir die Stadt Krat betreten. Was ist aus der fortschrittlichen und reichen Stadt, die berühmt für ihre Roboterproduktion (die Roboter werden im Spiel übrigens automatisierte Puppen genannt) war, geworden? Alles ist zerstört, überall liegen Leichen umher und aggressive Roboter streifen durch die Gegend. Sogar Roboterhunde haben nichts besseres im Sinn, als uns anzugreifen. Die meisten Menschen sind entweder tot oder von einer Seuche befallen. Sie sind nicht nur furchtbar entstellt, sondern ebenso wahnsinnig und greifen uns auch sofort an.

Selbsterstellte Waffen

In Lies of P spielen wir P, mit vollem Namen Pinocchio. Wir sind ein bio-mechanischer Roboter, der aber höchst menschlich aussieht. Nur unser mechanischer linker Arm ist eindeutig nicht menschlich. Der metallene Arm ist als Waffe einsetzbar, aber hauptsächlich verwenden wir Hieb- und Stichwaffen (Schwerter, Äxte,…) die noch um einiges effektiver als der metallene Arm sind. Das Basteln einer an unseren Spielstil angepassten Waffe ist ein wichtiger Aspekt des Gameplays. Wir können die über 30 verschiedenen Waffen mit über 100 Erweiterungen versehen und uns so eine Waffe nach Wahl bauen. Unseren Arm können wir mit Gadgets wie einem Enterhaken zum Heranziehen von Feinden oder einem tödlichen Flammenwerfer ausstatten.

Lie or Die

Eure Ausrüstung besteht aus diversen aufbrauchbaren Dingen (beispielsweise Energiezellen), die ihr am Gürtel oder in einer Zusatztasche herumtragt. Zusätzlich könnt ihr Ringe und Amulette ausrüsten, die bestimmte Charakterwerte beeinflussen. Sonst habt ihr noch eure immer aus zwei Teilen (Griff + Klinge) bestehende Waffe und euren metallenen linken Arm (mit diversen Sonderfunktionen). Euer Charakter verfügt über sechs verschiedene Werte (wie Stärke, Entschlossenheit, Technik), die ihr im Laufe des Spieles verbessern könnt. Dadurch erhöhen sich automatisch auch die Waffenfertigkeiten, ebenso wie die Widerstandswerte gegen unterschiedliche gegnerische Angriffe. Was ihr jedoch nicht habt, ist ein umfangreicher Fertigkeitenbaum. Ihr erhöht einfach die sechs Standardfähigkeiten (sofern ihr genug Ergo gesammelt habt), wodurch sich auch andere Werte verändern.

Ein Spiel über Pinocchio muss auch die Möglichkeit beinhalten, so richtig zu lügen. In der Stadt treffen wir nicht nur Gegner, sondern auch diverse Menschen, denen wir helfen können. Und hier kommt die Lügen-Mechanik ins Spiel. Wir können sie von vorne bis hinten anlügen, um unsere Ziele zu erreichen. Je mehr wir lügen, desto menschlicher werden wir. Unsere Lügen beeinflussen allerdings den Verlauf der Geschichte und führen schließlich zu einem der drei unterschiedlichen Spielenden. Wird es uns gelingen, zu einem richtigen Menschen zu werden?

Combat

Das Spiel ist ein typisches Souls-like. Knallharte Kämpfe gegen einzelne Gegner (oder kleine Gegnergruppen), ein Stamina-Balken, ein eigner Energiebalken für eure linke Hand, Speicherpunkte, die uns heilen aber auch alle Gegner wiederbeleben. Dazu die typisch düstere Atmosphäre und eine Geschichte, die oft über Details in der Spielwelt erzählt wird. Das Ausweichen oder Blocken gegnerischer Angriffe ist natürlich auch in Lies of P ein wesentlicher Aspekt der Kämpfe. Während dem Kampf wird die Hitpoints-Leiste unserer Feinde manchmal weiß eingerahmt – wenn ihr sie nun rasch noch einmal ordentlich trefft, können sie in den Status „angeschlagen“ kommen. Das erhöht die Chance, sie nun mit einem kritischen Treffer töten zu können enorm. Jedenfalls reduziert es ihre Angriffsgeschwindigkeit und Genauigkeit für eine kurze Zeit. Werdet ihr getroffen, könnt ihr eure Lebensenergie wieder erhalten – sofern ihr den Gegner ebenfalls rasch trefft.

Das Spiel unterstützt also einen sehr flotten und aggressiven Spielstil. Alle Gegner haben ihre eigenen, spezifischen Vor- und Nachteile. Es macht also wenig Sinn, wenn ihr sie alle auf dieselbe Art und Weise angreift. Findet ihre Schwächen, und nützt diese aus, um sie zu besiegen. Oder ihr endet als Elektroschrott. Zu sterben ist in Lies of P leider schmerzhaft, da ihr auf den letzten Speicherpunkt (genannt Stargazer) zurückgesetzt werdet. Der kann relativ weit zurückliegen. Alle bereits besiegten Gegner sind wieder am Leben, und außerdem habt ihr alles seit dem letzten Speichern gefundene Geld (genannt Ergo, das auch zur Energiegewinnung/Charakterverbesserung verwendet wird) verloren. Das könnt ihr euch am Ort eures Ablebens wieder holen. Solltet ihr vorher wiederum sterben, ist es zwar nicht unwiederbringlich verloren, wird aber mit jedem Tod weniger.

Die minimalen Systemanforderungen liegen mit einer Nvidia GTX 1050Ti überraschend niedrig, empfohlen wird „nur“ eine Nvidia RTX 2060. Gamepad wird unterstützt, Ultrawidescreen ebenfalls.

Wer ist eigentlich Pinocchio?

Der Erfinder von Pinocchio ist der italienische Autor Carlo Collodi, der im Jahr 1883 ein Kinderbuch veröffentlicht hat, das zu einem der Klassiker der Weltliteratur wurde. Darin bastelt der Holzschnitzer Geppetto eine Holzpuppe, die zum Leben erwacht. Geppetto nennt seine Puppe Pinocchio. Pinocchio ist aber ein ungezogener Bengel, der keine Regeln einhält und lügt, dass sich die Balken biegen. Als kleine Nebenwirkung jeder Lüge wird allerdings Pinocchios Nase immer länger. Pinocchio verlässt seinen Schöpfer, um die weite Welt zu sehen und ein richtiger Junge zu werden. Die Urfassung der Geschichte (noch vor Veröffentlichung als Roman) war dabei nicht unbedingt das, was wir heute als kindertauglich bezeichnen würden. Hier wird Pinocchio nämlich von seinen Erzfeinden Katze und Fuchs brutal erhängt. Erst in einer Überarbeitung kommt es zu einem neuen Ende, in der Pinocchio seine ganzen Fehler einsieht und schlussendlich ein richtiger Junge wird. Berühmt wurde Pinocchio später vor allem auch durch den Walt Disney Zeichentrickfilm von 1940, es gab aber auch unzählige weitere Adaptionen in unterschiedlichen Medien. In einem Computerspiel ist Pinocchio bisher allerdings kaum vorgekommen, einzig in einem mäßigen Jump and Run von Virgin Interactive aus dem Jahr 1996 hatte er die Hauptrolle.

Zusammenfassung

Passende Beiträge

Gewinnspiel: Nintendo Switch OLED + Super Mario Party Jamboree

X-Out: Resurfaced für 2025 angekündigt!

Gewinnspiel: 25 Jahre Gamers.at