Life is Strange: Double Exposure im Test

Mit Life is Strange ist Dontnod 2015 ein Meisterwerk an narrativem Abenteuer gelungen. Die Tiefe des Spiels ließ Genrekollegen weit hinter sich. Jetzt wird die Geschichte um Max Cauldfield weitergeführt und Entwickler Deck Nine Games wollen uns wieder eine emotionale Achterbahnfahrt bieten, die lange nachwirken soll. In unserem spoilerfreien Review sagen wir euch, wie gut Life is Strange: Double Exposure wirklich ist.

Eine emotionale Coming-of-Age-Story, schwerwiegende Entscheidungen und ein großartiger Cast haben Life is Strange damals nicht nur für mich zu einem wahren Highlight gemacht. Jetzt, neun Jahre später, sollen wir mit einer erwachsenen Max Caulfield wieder versuchen, Fehler in der Geschichte auszubessern. Dabei kommt Life is Strange: Double Exposure viel gereifter und mit weniger Teenager-Drama daher, und das weiß durchaus zu gefallen. Statt die „eigenen Fehler“ wiedergut zu machen, geht es hier crime-mäßig richtig zur Sache.

Narrativer Hochkaräter

Maxine „Max“ Caulfield hat die tragischen Ereignisse in Arcadia Bay so gut es eben geht verarbeitet und führt ihr Leben jetzt weiter. Sie ist eine angesehene Fotografin an der Caledon Universität in Vermont und hat mittlerweile für ihre Arbeit sogar schon Preise bekommen. Aber auch sonst läuft Ihr Leben eigentlich ganz gut. Was genau in Arcadia Bay passiert ist, weiß hier eigentlich niemand, und auch wie Max in das alles verwickelt war, ist ein Geheimnis. Ihr bekommt relativ früh im Spiel die Möglichkeit zu entscheiden, welches Ende vom ersten Life-is-Strange-Teil ihr als Grundlage für Double Exposure haben wollt. Ich gehe davon aus, dass ihr das Game aus 2015 mittlerweile gezockt habt, aber falls nicht, ihr müsst entscheiden, wie das letzte Aufeinandertreffen mit einer wichtigen Person des ersten Teils damals abgelaufen ist.

In Double Exposure bekommt Ihr es aber ohnehin mit genug neuen Problemen zu tun. Genauer gesagt geht es um einen Mordfall, der mitten auf dem Campus stattgefunden hat. Niemand Geringeres als eure beste Freundin Safi ist das Opfer, so viel wisst ihr schon durch die Trailer. Ihr könntet jetzt einfach in der Zeit zurückreisen und herausfinden, was passiert ist, und es im besten Fall sogar gleich verhindern, aber so leicht macht es euch das Game leider nicht. Max hat ihre Kräfte nämlich schon seit Jahren nicht mehr benutzt und könnte es auch vermutlich nicht, selbst wenn sie wollte. Wir reden hier aber immerhin von Life is Strange und da gehören besondere Kräfte eben dazu, und auch Max entdeckt durch Zufall, dass sie anscheinend neue Fähigkeiten entwickelt hat. Statt die Zeit zu manipulieren, können wir nun zwischen unserer und einer Parallelwelt hin und her wechseln.

Die alternative Welt ist auch gar nicht so anders als unsere eigene, sie hat aber einen entscheidenden Unterschied, Safi lebt hier nämlich noch! Doch was ist passiert? Konnte sie entkommen? Fand der Mord einfach noch nicht statt? Diese und viele andere Fragen gilt es zu klären, aber das müsst ihr selbst machen.

Fotografieren & Ermitteln

Wie in der Reihe üblich besteht ein großer Teil des Spiels darin, Nachrichten zu lesen. Diesmal sogar zeitgemäß auf unserem Smartphone, denn hier tauschen wir nicht nur Kurznachrichten aus, sondern arbeiten uns auch durch etliche Social-Media-Kommentare. Während Erstes wichtig ist, um im Spiel weiterzukommen, könnt ihr den Social-Media-Part auch gut vernachlässigen. Ihr solltet euch aber natürlich im Klaren sein, dass ihr so viel verpasst und die Charaktere auch nie richtig kennenlernt. Das macht durchaus Sinn, wenn ihr eine wichtige Entscheidung treffen müsst, persönlich aber noch nicht viel mit einer Person zu tun hattet. Neben den alltäglichen Gesprächen und Situationen dreht sich das Game aber natürlich vor allem um den Mord an eurer Freundin Safi. Um herauszufinden, was genau passiert ist und wer wie in die ganze Sache involviert ist, müsst ihr zwischen den beiden Welten hin und her wechseln und Gespräche führen, Beweise sammeln und diese Informationen und Gegenstände dann in die andere Welt mitnehmen. Manchmal will euch ein Charakter keine Auskunft geben, weil es ihm komisch vorkommt, dass ihr ihn genau in diesem Moment nach etwas Persönlichem fragt. Reist ihr dann in die andere Welt, könnt ihr ihn oder sie ganz nebenbei mal auf euer Thema ansprechen und ihr werdet definitiv mehr Auskunft bekommen.

Da sich Max aber mit Hilfe des „Puls“ in einer Welt bewegen und trotzdem die Handlungen von Menschen in der anderen Welt beobachten kann, kommt es auch öfter mal vor, dass ihr einem „Geist“ nachlaufen und Gespräche belauschen müsst. So kommt ihr dann wieder an Infos, die ihr eigentlich nicht haben solltet. Die Portale, um zwischen den Welten zu wechseln, sind gut verteilt und ihr müsst nie lange laufen, um eines zu finden. Den Puls hingegen könnt ihr immer und überall einsetzen. Zwar seit ihr somit relativ frei, was den Einsatz eurer Fähigkeiten angeht, die Story gibt euch aber ganz klar eine Art „Weg“ vor, den ihr gehen sollt. Frei herumjumpen und Gegenstände hin und her transportieren ist hier nicht drin.

Egal wie ihr aber an eure Informationen kommt, irgendwann steht ihr wieder einmal vor einer Entscheidung. Ob das eine kleine oder eine schwerwiegende Entscheidung ist, merkt ihr zwar, sobald alles stillsteht und ihr jede Menge Zeit habt, um eure Auswahl zu treffen. Wie sehr sich eure Entscheidung aber auf das weitere Spiel auswirkt, könnt ihr euch ja nicht einmal ansatzweise vorstellen. Wollt ihr einer Person helfen, schadet ihr vielleicht einer anderen – soweit kennen wir das ja. Doch was, wenn ich GLAUBE, einer anderen Person zu helfen, und dabei aber etwas übersehe und eben dieser Person dadurch sogar nur noch mehr schade? Dieses Gedankliche hin und her wird mit zunehmender Spielzeit immer schlimmer. Sobald ihr nämlich Freunden nicht mehr zu hundert Prozent traut oder anfangs eher unsympathischen Menschen nun doch etwas abgewinnen könnt, dreht sich das Gedankenkarussell wie wild in euren Köpfen. All eure Entscheidungen haben Einfluss auf die Ermittlungen, eure und die der Polizei.

Der Mordfall ist natürlich das Hauptthema des Spiels, aber so schlimm das alles auch ist, müsst ihr euch um zwischenmenschliche Dinge auch noch kümmern. Freunde, Dates und die Fotografie sind für Max ebenfalls wichtige Punkte in ihrem Leben. Ab und an Fotos mit eurer Polaroidkamera schießen oder sich mit Freunden auf ein Getränk treffen nehmen zwar nur einen kleinen Teil des Gameplays ein, dürfen aber keinesfalls in einem Life is Strange fehlen. Im Großen und Ganzen könnt ihr das Tempo aber selbst bestimmen. Stur der Story folgen oder alles und jeden wirklich kennenlernen. Zu entdecken gibt es hier jede Menge, schließlich habt ihr hier nicht nur eine, sondern gleich zwei Spielwelten.

Saubere Technik & Tolle Loka!

Bei unserem Test auf der PlayStation 5 konnten wir keine wirklichen Fehler finden. Klar, ab und zu glitcht mal eine Haarsträhne ins Bild, aber wir reden hier von einer Testversion. Spätestens beim ersten Patch hat sich auch das erledigt, so viel Vertrauen habe ich in die Entwicklerinnen und Entwickler durchaus. Auch die Steuerung hat nur minimalen Verbesserungsbedarf, da man manchmal ein bisschen vor einem Gegenstand herumlaufen muss, bis uns die Aktionstaste angezeigt wird. Optisch hat Life is Strange: Double Exposure wieder seinen ganz eigenen Stil. Zwar erinnert er mich bei manchen Charakteren an Die Sims, schön anzusehen sind Charaktere und Spielwelt aber allemal, und die Gesichtsanimationen sind wirklich sehr gut gelungen.

Weit über den Durchschnitt hinaus ist das klangliche Erlebnis. Der Soundtrack passt hervorragend und die Lokalisierung ist einfach top! Die Sprecherinnen und Sprecher leisten hier einen wahnsinnig guten Job. Wer sich ein bisschen mit der Thematik beschäftigt, wird sofort merken, dass wir hier eine Loka auf sehr hohem Niveau haben. Lina Rabea Mohr als Max ist einfach grandios und führt den Cast würdig an. Auch Bernd Egger als Vince Alderman, den viele von euch als deutsche Stimme von Arnold Schwarzenegger oder zuletzt als ND-5 aus Star Wars Outlaws kennen, liefert hier ordentlich ab und lässt einen die unangenehmen Situationen von Max wirklich fühlen.

Zusammenfassung

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