Mit Lords of the Fallen startet Publisher CI Games (vor allem bekannt für seine Sniper-Reihe) einen Frontalangriff auf den aktuellen Souls-like Genreprimus Elden Ring (von den Dark Souls Entwicklern). Reicht die unglaublich detaillierte Grafik von Lords of the Fallen, das als erste große Neuentwicklung die Features der Unreal 5-Engine so richtig ausreizt, um das neue Vorzeigespiel des Genres zu werden?
Lords of The Fallen ist nichts für Schwache. Nichts für schwache Rechner, die Hardwareanforderungen des Unreal Engine 5 Titels sind hoch. Eine NVIDIA RTX 2080 wird empfohlen. Und auch nichts für schwache Nerven, der Schwierigkeitsgrad wird nämlich sogar außerhalb der Bosskämpfe recht anspruchsvoll. Ihr müsst oft an räumlich sehr beengten Orten kämpfen, an denen es nicht möglich ist, großräumig um eure Feinde herumzutanzen.
Warum CI Games das Spiel Lords of the Fallen genannt hat, wird mir wohl für immer ein Rätsel bleiben. Vor fast 10 Jahren, im Jahr 2014, hat CI Games bereits ein (mäßiges) Souls-like veröffentlicht, das exakt den selben Namen hatte. Das wurde zwar nun schnell in Lords of the Fallen 2014 umbenannt, aber ich finde es dennoch seltsam, wenn ein Publisher ein komplett neues Spiel herausbringt, das auf den selben Namen wir eines seiner älteren Spiele hört. Das neue Lords of the Fallen spielt zwar im selben Universum wie der Namenszwilling, allerdings rund 1.000 Jahre später. Im Regelfall hätte man so eine Fortsetzung doch einfach Lords of the Fallen 2 genannt… Die Entwicklung vom neuen Lords of the Fallen ist übrigens nicht ganz reibungslos verlaufen, es kam hier im Lauf der Jahre zu einem Wechsel des Entwicklers und einigen Verzögerungen. Ich bin froh, dass das Spiel nun endlich erschienen ist.
Adyr, der Dämonengott
Nach einem apokalyptischem Kampf wurde der Dämonengott Adyr eigentlich besiegt und in eine andere Dimension verbannt. Dort ist er jetzt, 1.000 Jahre später, zwar immer noch, nur leider gibt es Risse zwischen den Dimensionen, und Adyr versucht, durch diese Risse mit seinen Anhängern wieder in die Welt der Lebenden zu gelangen. Mehrere magische Leuchttürme wurden errichtet, um seine Rückkehr zu verhindern. Doch diese Türme wurden geschändet und erfüllen ihren Zweck nicht mehr. Überall tauchen seine untoten Kreaturen des Schreckens auf. Das schreit nach einem Helden, der die Leuchttürme wiederherstellt und Adyr endgültig besiegt. Und so einen Helden spielen wir.
Eigentlich sind wir ja auch schon lange tot, aber durch eine magische Sturmlaterne (die auch uns an bestimmten Stellen den Wechsel zwischen den Dimensionen ermöglicht) werden unsere Überreste (zumindest unsere Rüstung ist eigentlich noch recht gut erhalten) wiederbelebt, um sich den Kreaturen Adyr’s in den Weg zu stellen. Dazu müssen wir durch mehrere Regionen des Landes Mournstead reisen, von einer zerstörten und permanent brennenden Stadt, unterirdischen Minen bis hin zu einem schneebedeckten Berg, immer im Kampf gegen die von Adyr herbeigerufenen Schattenwesen. Wir werden auch einige bemerkenswerte Verbündete treffen, die uns bei unserer Aufgabe unterstützen.
Charaktererstellung
Zuerst müssen wir unseren Helden erstellen. Dabei stehen neun Klassen (die in etwa natürlich den üblichen Kategorien wie Ritter, Zauberer, Bogenschütze entsprechen) zur Auswahl. Diese Klassen sind eine Kombination von zwei Aspekten: der ursprünglichen Ausrüstung (Waffe, Rüstung) und den Attributspunkten. Die Attributspunkte definieren die Fähigkeiten eures Charakters und sind auf sechs Attribute verteilt. Die Stärke führt zu hohem Schaden bei der Benutzung schwer Waffen, die Agilität eignet sich mehr für Distanzangriffe und leichte Waffen, die Beständigkeit bestimmt eure Ausdauer, die ihr braucht, um zu rennen, anzugreifen und euch zu verteidigen, und ebenso das mögliche Gewicht euer Rüstung. Eine erhöhte Vitalität führt zu mehr Lebenspunkten, während Strahlen und Inferno die jeweilige Zauberfähigkeit verbessern. Der heilige Ritter ist der beste Nahkämpfer in der Auswahl, er kann ordentlich austeilen und auch einiges einstecken. Der Udirangr-Kriegswolf hat einen extrem mächtigen Angriff, hält aber nicht viele Treffer aus, während der Partisan ein Allrounder ist. Wenn ihr mit einem Speer kämpfen wollt, nehmt die Mournstead-Infanterie, wenn ihr noch weiter auf Distanz zu euren Gegner bleiben wollt, den Schwarzfeder-Waldläufer. Der Verbannte Nachsteller (Dieb) ist schnell und wendig, während der orianische Prediger ein gefährlicher Zauberer mit einem riesigen Hammer ist, aber selber nichts aushält. Interessanter für mich war da schon der Feuerkultist, der seine Gegner mit diverser Feuermagie aus der Entfernung grillt. Solltet ihr ein klein wenig masochistisch veranlagt sein, könnt ihr auch den Verdammten wählen. Hier könnt ihr den Charakter relativ frei entwerfen, ihr fangt aber ohne wirkliche Rüstung und Waffe an.
Unsere Ausrüstung ist recht vielfältig, diverse Nah- und Fernkampfwaffen und dazu unterschiedliche Handgranaten helfen, die Gegner in Schach zu halten. Insgesamt ist die Anzahl der verschiedenen Waffen im Spiel enorm, ich habe noch nie ein Souls-like mit so vielen Waffen gesehen. Das erinnert ja schon fast an das vollgestopfte Inventar von Diablo IV. Pfeile füllen sich übrigens automatisch (langsam) wieder auf, auch ein Feature, das ich so noch nicht bei einem Souls-like gesehen habe. Dazu kommen verschiedene Rüstungen, die uns ein sehr individuelles Aussehen ermöglichen. Die Magie ist in drei Klassen unterteilt, die jeweils völlig andere Zaubersprüche ermöglichen. Nach der Charakterklasse wird noch schnell Kopf, Körper und Namen ausgewählt und schon kann es losgehen.
Everything in the game is about death: the expectation of death, the violence, the consolation; the memory of times and events long gone; the transition from the pure to the corrupted. It is deeply rooted in both the music and the lyrics.
Grundsätzlich ist Lords of the Fallen ein Souls-like, und zwar eines, dessen Design sich überaus stark am genialen Dark Souls anlehnt. Viele der Spielelemente sind sehr ähnlich. Allerdings bietet es durchaus einige innovative neue Ideen, vor allem unsere magische Umbral-Laterne. Mit Hilfe dieser Laterne sehen wir vom Land der Lebenden, Axiom, in das Land der Toten, Umbral. Stellen, wo wir unbedingt hinschauen sollten, werden in der Welt der Lebenden mit einem Schwarm Motten markiert. An einigen Stellen können wir auch in das Land der Toten hinüberwechseln. Allzu lange sollten wir aber dort nicht verweilen, denn je länger wir dort sind, desto mehr bekommt das Böse von unserer Gegenwart mit und schickt immer mehr und stärkere Krieger, um uns zu vernichten. Die Rückkehr in das Land der Lebenden ist nur an ausgewählten Stellen wieder möglich. Es kommt aber immer wieder vor, dass wir im Land der Lebenden nicht weiterkommen, weil bestimmte Stellen von einer Schattenkreatur blockiert werden. Es bleibt uns hier also nichts anderes übrig, als nach Umbral zu gehen um dort die Schattenkreatur zu töten und damit in der Welt der Lebenden die Blockade zu entfernen.
Eine unserer besonders kreativen Fähigkeiten ist der Seelenschinder – wir können die Seele eines Gegners kurzfristig aus seinem Körper herausziehen, um sie direkt anzugreifen und dem Gegner dadurch besonders hohen Schaden zuzufügen. Natürlich können wir diese Fähigkeit nur begrenzt einsetzen, sonst wäre sie zu mächtig. Wir finden im Laufe des Spieles aber immer wieder Orte, um Seelenschinder-Ladungen aufzufüllen. In der Schattenwelt können wir mit dieser Fähigkeit auch die Umgebung an ausgewählten Stellen beeinflussen. Wenn wir ein wenig von unseren eingesammelten Ressourcen investieren, können wir bei Blumenfeldern auch selbst einen Speicherpunkt erstellen. Die Fähigkeit ist zwar teuer, und es kann insgesamt nur ein so ein selbst erstellter Speicherpunkt angelegt werden, aber ich finde sie dennoch sehr hilfreich. Manche Kreaturen der Welt der Lebenden sind von einem Umbral-Parasiten befallen, der sie beträchtlich stärkt. Wir sollten diesen immer zuerst mit unserer Sturmlaterne entfernen, bevor wir uns dem Kampf mit der Kreatur stellen.
Speicherpunkte
An den (relativ dünn gesäten) Speicherpunkten (Überresten früherer Helden) wird nicht nur eurer Spielstand gespeichert, sondern ihr könnt auch euren Helden aufleveln und sie dienen als Schnellreisepunkte. Gespeichert wird aber auch, wenn ihr das Spiel beendet. So wie üblich, wird euer Held an Speicherpunkten geheilt, alle kleineren Gegner in der Welt werden aber auch wiederbelebt. Weiters könnt ihr hier einen zweiten (online) Spieler herbeirufen, um das Abenteuer gemeinsam zu spielen. Solltet ihr sterben, könnt ihr genretypisch mit Hilfe euer Laterne die an der Stelle eures Todes befindliche „Kraft“ wieder einsammeln… falls ihr nicht sofort wieder das Zeitliche segnet.
Kaufen könnt ihr das Spiel für die beiden Konsolen der aktuellen Generation (digital und in der Box), oder für den PC auf Steam oder im Epic Store. Die PC-Version war bei Release, wie das bei so großen Spielen inzwischen ja üblich ist, nicht unbedingt fehlerfrei. Die Entwickler arbeiten allerdings mit Hochdruck daran, Fehler zu entfernen und schießen fast täglich neue Patches heraus um das Spielerlebnis zu verbessern (und Fehler mit den diversen Hardwarekonfigurationen zu entfernen). Aktuell sind wir bei Patch v.1.1.214, der sich auf meinem Testrechner problemlos spielt. Ganz wichtig ist bei Verwendung einer Nvidia Grafikkarte der Geforce Game Ready Treiber in der Version 545.84 (oder neuer), ältere Treiber machen Probleme. Ich hatte aber generell von Anfang an keine Abstürze oder Probleme mit der Performance.
Zusammenfassung
Grafik
Wasser, Schatten, Feuer, animierte Umgebungen… die Grafikpracht ist unglaublich. Auch die grafische Dichte der verschiedenen Umgebungen ist ein Wahnsinn. Hier sieht man nicht alle drei Meter die selben Objekte, sondern wandert durch eine optisch fast schon realistisch aussehende Welt. Lords of the Fallen zeigt, was moderne Grafikkarten in Verbindung mit der derzeit wohl fortschrittlichsten Grafikengine (Unreal Engine 5) leisten können, wenn ein Studio die entsprechenden Ressourcen einsetzen kann. Diese Grafikpracht muss natürlich erst von den Designern entworfen und umgesetzt werden, und hier hat Hexworks offensichtlich nicht gespart. Auch die Animationen der Gegner sind überaus aufwändig. Die Erstellung der Shader beim erstmaligen Start geht flott voran, Ultra-Widescreen (21:9) wird unterstützt. Grafisch ist Lords of the Fallen ein absolutes Meisterwerk, sofern ihr einen entsprechenden Rechner habt.
Sound
Vielfältige Soundeffekte, (englische) Sprachausgabe, dazu ein von einem Orchester eingespielter Soundtrack mit 36 verschiedenen Titeln (erhältlich als Teil der Deluxe-Version auf Steam oder bei diversen Soundportalen) – Lords of the Fallen zieht auch im Soundbereich alle Register. Die Musik stammt von den Komponisten Cris Velasco (God Of War, Bloodborne) und Knut Avenstroup Haugen (Conan Exiles, Lords Of The Fallen von 2014). Der Soundtrack soll nächstes Jahr übrigens auch auf Schallplatte(n) erschienen, und zwar in einer Fassung mit 3 Scheiben für alle 36 Tracks. Zumindest vorbestellen kann man heute schon im Laced Onlineshop, wo auch Soundtracks zu unzähligen anderen Spielen verfügbar sind.
Handling
Die Steuerung erfolgt wohl im Regelfall mit dem Gamepad (Maus + KB ist auch möglich). Sie hält sich weitgehend an die im 3D Souls-like Genre etablierten Standards. RB für einen schnellen, RT für einen schweren Angriff. LS um euch (langsam oder auch recht flott) zu bewegen, drücken um zu sprinten, RS um die Kamera zu positionieren, drücken um Gegner zu markieren. LT für Fernkampf, Sprinten + A um zu springen. B zum Ausweichen, B, B für eine Seitwärtsrolle. LB dient zum Blocken oder Parieren. Mit Y könnt ihr zwischen Schwert + Schild oder Schwert als Zweihänder wechseln, mit X verwendet ihr einen Gegenstand aus der Schnellzugriffsleiste. Wer Erfahrung im Genre hat, wird sich schnell einleben. Die Kämpfe sind hart, auch kleine Gegner können uns rasch töten, wenn wir nicht aufpassen. Ausweichen, blocken, im richtigen Moment angreifen sind auch in Lords of the Fallen die wesentlichen Voraussetzungen um voranzukommen. Vor allem Ausweichen ist in diesem Spiel extrem wichtig. Jeder Gegnertyp hat andere Angriffsmuster, es macht also Sinn, sich neue Gegner einmal in Ruhe anzusehen. Bosse haben natürlich eine Vielzahl von unterschiedlichen Angriffen, außerdem im Regelfall auch zumindest zwei völlig unterschiedliche Phasen. Wie gewohnt werden sie recht aggressiv, nachdem ihr ihnen in der ersten Phase ausreichend Schaden zugefügt habt.
Spieldesign
Lords of the Fallen beinhaltet einen online Koop- (oder PvP) Modus. An den Speicherpunkten könnt ihr einen zweiten Spieler (einen Freund oder einen Fremden) einladen, mit euch die Kampagne zu spielen. Allerdings ist der zweite Spieler nur so eine Art Anhängsel – er kann sich nicht sehr weit von euch wegbewegen (und wird sonst wieder zu euch teleportiert), er kann keine wesentlichen Entscheidungen treffen, er kommt nicht in seiner eigenen Kampagne voran. Er ist „nur“ euer Gefährte bei eurer Kampagne, der gemeinsam mit euch gegen die Untoten Kreaturen kämpft (er behält Items und Stärke für sein eigenes Spiel). Zumindest ist das der Plan, denn bei unserem Test ist es mehrmals zu einem Abbruch der Verbindung gekommen. Inzwischen ist die Crossplay-Möglichkeit von den Entwicklern (vorläufig) deaktiviert worden, scheinbar kam es vor allem hier zu den angesprochenen Verbindungsproblemen.
Motivation
Neben den Kämpfen kommt auch das Element der Erforschung der Spielwelt nicht zu kurz. Die Spielumgebungen sind riesig, ihr werdet ein gutes Gedächtnis brauchen, um euch bei den vielen Abzweigungen nicht zu verirren. Eine automatische Karte gibt es nicht, aber ihr könnt Karten finden, die euch in eurem Tagebuch mehr oder weniger eine Übersicht der Umgebung anzeigen. So wirklich brauchbar für eine detaillierte Orientierung sind diese Karten aber kaum. Neben den Gegnern findet ihr auch unzählige Items, oft an versteckten Orten. Das Spiel ist kein typisches Open-World Game, aber es ist auch nicht strikt linear. Ihr werdet bald in der Situation sein, verschiedene Wege einschlagen zu können, falls ihr irgendwo nicht weiterkommt. Erforscht einfach eine andere Umgebung, oder dann die nächste. Wie gesagt, die Spielwelt ist ziemlich groß und es ist unheimlich motivierend, sich alles anzusehen. Wenn da nur nicht die überall herumlaufenden Gegner wären…
FAZIT
Mit Lords of the Fallen ist das bisher grafisch überwältigenste Action-Rollenspiel des Jahres erschienen. Hier darf die Unreal Engine 5 zeigen, was in ihr steckt. Das eigentliche Souls-like ist jedoch in vielen Belangen nur durchschnittlich – dazu gehören sehr harte Kämpfe, aber auch einige Designentscheidungen, die sicher nicht Jedermann zusagen werden. Wer jedoch trotzdem Gefallen daran findet, bekommt nicht nur ein grafisches Meisterwerk, sondern auch eine epische Kampagne mit unzähligen Zwischensequenzen, verschiedenen Gegnertypen und umwerfenden Bossen, wunderschönen Landschaften, massenhaft verschiedenen Waffen, vielen Geheimnissen und weitrechenden Entwicklungsmöglichkeiten für seinen Helden. Fans des Genres sollten trotz einiger Schwächen einen Blick auf Lords of the Fallen werfen.