H.P. Lovecraft, Schöpfer des Cthulhu-Zyklus. Kaum ein Schriftsteller hatte so viel Einfluss auf das heutige Horror-Genre und auch die Popkultur wie jener Mann aus Providence, Rhode Island. Hinweise und Zitate auf sein Schaffen finden sich in diversen Filmen, Büchern und Comics der letzten 30 Jahre. Da wäre zum Beispiel das berühmte Necronomicon aus Evil Dead. Auch im letzten South Park Ableger The Fractured But Whole von Ubisoft fand sich eine mehr als offensichtliche Verneigung dem großen Autor. Obwohl Lovcrafts Werke als Nährboden für spannende Horror-Spiele geradezu prädestiniert scheinen, gibt es überraschend wenige davon. Doch mit Call Of Cthulhu, The Sinking City und jetzt mit Lovecraft´s Untold Stories wird dieses Defizit ausgeglichen.
Es ist nicht Tod, was ewig liegt…
In den meisten Geschichten Lovecrafts werden wir Zeuge wie Menschen ohne okkulte oder übersinnliche Vorerfahrung mit Wesenheiten und Situationen konfrontiert werden, welche sich vollkommen dessen entziehen, was ihr Verstand zu fassen fähig ist. Bei diesen Wesen handelt es sich meist um jene Geschöpfe die Lovecraft die großen Alten nannte. Äonen alte, gottgleiche Kreaturen aus den Tiefen des Alls. Wie die großen Alten aussehen vermag niemand zu sagen. Das Gehirn des Menschen ist nicht in der Lage den Schrecken, welchen das Äußere der großen Alten verbreitet, zu verarbeiten. Daher werden sie meist als eine willkürliche Ansammlung aus Tentakeln, Augen und Mäulern wahrgenommen. König dieser unfassbaren Existenzen ist der große Cthulhu. Eine riesenhafte, entfernt humanoide Gestalt mit Flügeln und Tintenfischkopf. Er liegt am Grund des tiefsten Ozeans in einem todesähnlichen Schlaf und wartet träumend auf jenen Tag, an dem die Sterne richtig stehen und er erneut Verzweiflung auf der Erde entfesseln kann. Doch selbst wenn er schläft, bringt er Unheil über die Menschen. Die Träume des schlafenden Giganten können sich in der Realität manifestieren. Eine Tatsache, welche Menschen am laufenden Band in den Wahnsinn treibt. Auswuchs dieses Wahnsinns sind Morde, Morde und noch mehr Morde, in der Regel begangen von wahnsinnigen Kultisten – und genau mit diesem wilden Haufen bekommen wir es in Lovecraft´s Untold Stories zu tun.
Fünf gegen die Finsternis
Damit hatte der Privatdetektiv John Murphy echt nicht gerechnet: Etliche Monate nachdem der Mann seine Marke abgegeben hatte, um eine Karriere als Schnüffler zu starten, trudelte ein Telegramm seines ehemaligen Kollegen Legrasse in seinem Büro ein. Sein Freund und Mentor befindet sich in erheblichen Schwierigkeiten. Murphy solle sich doch bitte so schnell wie möglich – und am besten bis an die Zähne bewaffnet – bei einem alten Herrenhaus irgendwo in Massachusetts einfinden. Dort solle ein mysteriöser Kult sein Unwesen treiben und eine unsäglich dunkle Macht entfesselt haben. Bepackt mit Schrotflinte, Dynamit und allem was das Monsterjägerherz begehrt, findet sich Murphy daraufhin in den Gemäuern des Anwesens wieder. Möge der actionreiche Kampf gegen die großen Alten beginnen …
Lovecraft´s Untold Stories ist ein Twin-Stick-Shooter alter Schule. Wie wir es aus Genrekollegen wie The Bending Of Issac kennen, schnetzeln, sprengen und schießen wir uns aus der Draufsicht-Perspektive durch zufallsgenerierte Räume. Dabei stellt uns der russische Entwickler LLC Blini Games insgesamt fünf Charaktere zur Verfügung. Während wir zu Beginn nur mit dem schießwütigen Detektiv das Anwesen erkunden, gesellen sich nach und nach weitere Figuren mit eigenen spielerischen Schwerpunkten hinzu. Da wäre zum einen der Ghoul Eliot Loss, der einiges an Schaden einstecken kann, jedoch nicht in der Lage ist Lebenspunkte zu regenerieren. Oder die Hexe Elisabeth, welche den Schergen Cthulhus vernichtende Zauber vor dem Latz knallt, jedoch – typisch Magier – kaum Schaden einstecken kann. Dann gibt es noch einen Professor sowie eine Diebin, die dem Wahnsinn auf ihre eigene Weise entgegentreten.
Im Allgemeinen spielen sich die Charaktere angenehm unterschiedlich. Sei es jetzt im Kampf gegen so ziemlich alles was der Cthulhu-Mythos zu bieten hat, oder bei der Erkundung. Lovecraft´s Untold Stories konnte mit einer wirklich gut gelungenen Mischung aus brachialer Twin-Stick-Action und ruhigeren Momenten bei mir punkten. Als großer Fan des Schaffens von H.P. Lovecraft habe ich mich über jeden kleinen, oder großen, Verweis auf seine Werke gefreut.
Rouge-Like durch den Cthulhu – Mythos
Wie bereits erwähnt sind die Räumlichkeiten in Lovecraft´s Untold Stories zufallsgeneriert. Ausgehend von der Aula des Herrenhauses verändert sich nach jedem Ableben der Aufbau der Levelstruktur. Auch unser Fortschritt geht nach dem Bildschirmtod verloren, es sei denn wir erreichen gewisse Meilensteine. Damit wir überhaupt eine Chance gegen das übermächtige Böse haben, gibt es in Lovecraft´s Untold Stories jede Menge Ausrüstungsgegenstände zu entdecken. Durch diese erhalten wir Resistenzen gegen gewisse Elemente, verstecken uns vor Gegnern, machen Extraschaden oder können unsere angeschlagene Gesundheit wieder herstellen. Außerdem können wir durch gelöste Rätsel, gefundene Literatur und betrachtete Gegenstände Wissen erlangen. Mit diesem Wissen lassen sich bei einem Händler weitere Items erwerben und unsere Widerstandskraft gegen die großen Alten steigern. Diese treiben als Bossgegner, angeführt von Cthulhu höchst selbst, ihr Unwesen. Begegnen wir ihnen mit einem zu geringen Wissenswert, verlieren wir augenblicklich den Verstand und beißen ins Gras.
Selbst wenn wir top ausgerüstet sind, sollten wir Lovecraft´s Untold Stories nicht mit Leichtsinn begegnen. Die Diener Cthulhus sind äußerst aggressiv und treten oft in großen Massen auf. Dadurch bekommen die Kämpfe einen schönen Drive. Man muss immer achtsam vorgehen und gute Reflexe an den Tag legen. Leider geht aufgrund des Gewusels am Bildschirm gelegentlich die Übersicht flöten.
Schöne Retro-Technik
Grafisch kommt Lovecraft´s Untold Stories in einem schönen Retro-Pixel-Look daher, der es gekonnt schafft, die Atmosphäre seiner Vorlage in das Game zu transportieren. Im weiteren Verlauf der Geschichte verlassen wir auch das Herrenhaus und erleben toll gestaltete, sowie thematisch abwechslungsreiche neue Stages. Schwierig könnte es für jene werden, die nicht Englisch können. Lovecraft´s Untold Stories verfügt weder über eine deutsche Sprachausgabe noch über einen deutschen Bildschirmtext. Am komfortabelsten spielt sich Lovecraft´s Untold Stories – meiner Meinung nach – mit einem Controller. Die Steuerung mit Tastatur verlangt mir zu viel Fingerakrobatik ab.
FAZIT
Bereits letztes Jahr durfte ich einen ersten Blick auf Lovecraft´s Untold Stories werfen. Schon damals ließ sich erahnen, dass wir uns auf einen spaßigen Twin-Stick-Shooter im H.P. Lovecraft Universum freuen dürfen. Beim Test hat es mich dann sehr gefreut feststellen zu dürfen, dass ich mit meinem Eindruck nicht falsch lag. Lovecraft´s Untold Stories macht so ziemlich alles richtig. Es bietet mit seinen fünf hoch unterschiedlichen Charakteren und deren eigenen Stärken sowie Schwächen bei Kampf und Erkundung sehr viel Abwechslung. Die Kämpfe sind schnell und sehr fordernd, aufgrund der manchmal schwindenden Übersicht gelegentlich jedoch frustrierend, schlussendlich – dank sehr guter Anreize – aber immer wieder motivierend. Optisch finde ich Lovecraft´s Untold Stories in seinem Retro-Look wunderschön. Man hat den passenden Stil zum literarischen Fundament gefunden und dessen Flair atmosphärisch sehr gekonnt auf den Bildschirm gezaubert. Selbst wenn Lovecraft´s Untold Stories mit Grafikmonstern wie Metro: Exodus im nicht mithalten kann, bekommt es von mir für seine charmante Visualisierung trotzdem die volle Punktezahl. Ich hatte sehr viel Spaß beim Test und freue mich darauf viele weitere Stunden in Lovecraft´s Untold Stories versenken zu können.
Was ist Lovecraft´s Untold Stories? Ein Twin-Stick-Shooter mit Rouge-Like Elementen.
Plattformen: PC
Getestet: PC
Entwickler / Publisher: LLC Blini Games/LLC Blini Games
Release: 31. Jänner 2019
Link: Offizielle Webseite
Gesamtwertung: 8.8
Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8