Mortal Kombat 11 im Test

Die Mortal Kombat-Spielreihe ist vor allem für seine explizite Gewaltdarstellung bekannt, welche seit dem Reboot mit Teil neun und später mit der Fortsetzung X einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Zum Glück wurde dabei das Abtrennen von Körperteilen stets mit einem sehr offensichtlichen, sarkastischen Unterton begleitet, sodass  selbst Jugendschützer nur mehr wenig Grund zum Einschreiten gefunden haben. Gleichzeitig mit der Quantität an spritzenden Blutfontänen ist aber auch die spielerische Qualität gestiegen. Eine Entwicklung, die auch in Mortal Kombat 11 deutlich erkennbar ist.

Die Zeiten in denen die Mortal-Kombat-Turniere zwischen dem Erdenreich, Outerworld und den anderen Realms lediglich als Aufhänger für die blutigen Kämpfe dienten sind längst vorbei. Im Verlauf der nun 27 Titel umfassenden Spielreihe wird eine sehr detaillierte Hintergrundgeschichte erzählt, die mit Teil neun quasi einen Soft-Reboot erhalten hat. Dieser erzählt die Ereignisse der ersten drei Spiele in einer neuen Zeitleiste, denn nachdem Raiden nach der Schlacht von Armageddon eine Nachricht von sich selbst aus der Zukunft erhält, hat er die Geschichte umgeschrieben. Über diese historischen Veränderungen, und vor allem wegen den Taten des Donnergottes am Ende von Teil X, ist Kronika, die Bewahrerin der Zeit, sehr verärgert. Um wieder das Gleichgewicht in allen Reichen herzustellen, stellt sie Zeit auf ihren Anfang zurück und erschafft so parallele Zeitlinien, in denen verschiedene Charaktere aus der Vergangenheit und Gegenwart aufeinander treffen, die gemeinsam die Außenwelt-Armeen von Shao Khan besiegen und die Zeitkrise bewältigen müssen.

Wer schon einen der letzten beiden Mortal Kombat-Teile oder einen der DC Comic-Ableger Injustice gespielt hat, der weiß was ihn erwartet: Eine zugegeben etwas trashige Story, welche aber mit herlichem B-Movie Flair perfekt inszeniert wird. Erzählt wird diese in über zwei Stunden langen Zwischensequenzen, die immer wieder durch Kämpfe zwischen den rund 20 verschiedenen Kombattanten kurzfristig unterbrochen werden. In Sachen Präsentation liefert Netherrealm Studios dabei gewohnt erstklassige Arbeit ab, das fängt mit der technischen Umsetzung an und endet beim Drehbuch, bis hin zum Schnitt und Kameraeinstellungen. Auch die „schauspielerischen Leistungen“ der Protagonisten sind ausgezeichnet, was vor allem in der Mimik und den lippensynchronen Mundbewegungen zu erkennen ist – zumindest wenn man in englischer Sprache spielt. Die Sprecherriege  umfasst hier neben bekannten professionellen Schauspielern auch die ehemaligen UCF Weltmeistern und WWE Wrestlerin Ronda Rousey in der Rolle von Sonya Blade, aber auch die deutsche Lokalisierung muss sich nicht verstecken. Im Genre der Beat’em Up ist die Inszenierung der Geschichte unerreicht und schafft dank nahezu nahtloser Übergängen zwischen den Cutscenes und den Kämpfen eine spannende Atmosphäre.

It has begun!

Normalerweise dient eine Story-Kampagne, im speziellen bei Genres wie dem Beat’em up, lediglich dazu die grundlegenden Kampfmechaniken zu erlernen. Bei Mortal Kombat 11 ist das aus genau zwei Gründen anders. Einerseits weil die Präsentation und Inszenierung der Geschichte ungewöhnlich gut gelungen ist, andererseits weil man mit jedem Kämpfer nur wenige Runden bestreiten darf, sodass man nur die Spitze des Eisbergs an Möglichkeiten der Kombattanten ausprobieren kann. Wer etwas tiefer in die Techniken der einzelnen Charaktere eintauchen will, der kann das im umfangreichen Tutorial tun. Hier wird alles bis ins letzte Detail erklärt, angefangen von einfachen Attacken, Verteidigung bis hin zu komplexen Kombo-Manövern. Sogar den verschiedenen Spezialangriffen der einzelnen Figuren sind umfangreiche Trainings-Abschnitte gewidmet. Zugegeben, ich habe selten ein so erstklassiges Tutorial wie in Mortal Kombat 11 erlebt. 

Kenner der beiden Vorgänger werden dabei recht schnell merken, dass das neue Kampfsystem deutlich entschleunigt wurde. Der Run-Button wurde ersatzlos gestrichen, wodurch nun auch kein Sprinten durch die Arenen mehr möglich ist und auch insgesamt wurde die Spielgeschwindigkeit spürbare gedrosselt. Die Positionierung der Spielfigur und das richtige Timing sind viel wichtiger, als das ein Dauerfeuer an möglichst komplizierten Kombo-Attacken. Mit dem neuen Fatal Blow kommt dazu noch ein taktisches Element ins Spiel, denn dieser Spezialangriff kommt nur einmal pro Kampf zum Einsatz und kann dazu auch erst ausgeführt werden, wenn die Lebensenergie des Kämpfers weniger als 30 Prozent beträgt. Dafür erhält das „Super-Meter“ ein Revival, wenn auch in einer etwas abgeänderten Form. Diese Energieleiste wurde in zwei Balken unterteilt, einer für offensive und der andere für defensive Techniken, welche sich nach einem kurzen Cooldown automatisch wieder auffüllen. Die aus dem Vorgänger bekannten X-Ray gibt es zwar nicht mehr, dafür aber die neuen Krushing Blows, Spezialangriffe die in Zeitlupe zeigen, wie die einzelnen Knochen des Gegners zerbersten. Und natürlich dürfen auch die für die Spielreihe obligatorischen Fatalities nicht fehlen. Diese überzeichneten Tötungs-Animationen sind mindestens genauso kreativ und variantenreich ausgefallen, fallen aber nun etwas kürzer aus. Finde ich persönlich eine gute Entscheidung, denn auch wenn diese optisch beeindruckend in Szene gesetzt wurden, auf Dauer ist man dann über die gesparte Zeit, dann doch sehr froh.

Finish Him!

Hat man die Kampagne erst einmal hinter sich gelassen und genug im Tutorial trainiert, ist man bereit für das eigentliche Spiel. Da wären zunächst die verschiedenen Modi, bei denen ihr sowohl offline als auch online euer Können in Standard-Matches oder Tournaments gegen Freunde, andere Spieler aus aller Welt und auch AI-Gegner beweisen könnt. Die Auswahl- und Einstellungsmöglichkeiten sind hier enorm und lassen keine Wünsche eines kompetitiven Beat’em Up Fans unerfüllt. Dazu trägt natürlich auch die technische Umsetzung bei, denn nicht nur die Präsentation, sondern auch die präzise Steuerung und der verbesserte GGPO-Netzwerkcode sollten selbst die Bedürfnisse anspruchsvoller Spieler zufriedenstellen. Die umfangreiche und vor allem erstklassige Multiplayer-Komponente zeigt eines ganz deutlich: Der Fokus von Mortal Kombat 11 ist sehr stark auf eSports ausgerichtet.

Aber auch Einzelspieler bekommen abseits des Story-Modus noch genug zu tun. Zum einen gibt es die „Klassic Towers“, die mit ihren aufeinanderfolgenden Kämpfen an die klassischen Mortal-Kombat Arcade-Automaten erinnern. In den ständig wechselnden  „Towers of Time“ werdet ihr dagegen stets vor neue Herausforderungen gestellt. Für das Absolvieren von solcher Türme erhaltet ihr Belohnungen die ihr dann für Kostümteile und anderen kosmetische Items ausgeben könnt. Wer aber besondere Beute machen will, wie etwa Verbesserungen, zusätzliche Moves oder neue Fatalities, der muss der Krypta einen Besuch abstatten. Hier können die verdienten Münzen, Seelenfragmente und Herzen dazu verwenden kann, Kisten zu öffnen. Was darin enthalten ist, das entscheidet immer der Zufall. Wer also nach speziellen Gegenständen und Verbesserungen für einen ganz bestimmten Charakter sucht, dem bleibt nichts übrig als sich nervtötendem Grinding hinzugeben. Dass man dann auch noch Zeitkristalle mittels Mikrotansaktionen gegen Echtgeld im Ingame-Shop erwerben kann, um damit ebenfalls bestimmte Objekte freizuschalten, hat dann doch einen etwas fahlen Beigeschmack. Natürlich ist die etwas missratene Umsetzung der eigentlich gut durchdachten Charakter-Anpassungmöglichkeiten sehr schade, aber um es zur Ehrenrettung von Mortal Kombat 11 auf den Punkt zu bringen: Unbedingt notwendig sind die Extras nicht und man bekommt auch ohne grinden oder Mikrotransaktionen viel Spiel für sein bereits bezahltes Geld.

FAZIT Tom

Für mich zählt das hervorragende Mortal Kombat XL nach wie vor zur Speerspitze des Beat ‚em up-Genres und der einzige Grund warum ich überhaupt einen Blick auf den neuen Teil geworfen habe war, weil ich wissen wollte, wie die Geschichte rund um Johnny Cage, Raiden und Co weitergeht. Gerade in diesem Aspekt des Spiels wurde ich nicht enttäuscht, denn die Kampagne bietet abermals rund sechs Stunden seichten, aber extrem unterhaltsamen und bombastisch inszenierten Zeitvertreib. Überrascht war ich dann aber davon, dass auch die Änderungen an den Kampfmechaniken und die neuen Features das Gameplay zum positiven verbessert haben. Dass es nun einen Tick langsamer ist, kommt meinen persönlichen Spielstil sehr zugute und die taktische Note, die mit den neuen Fatal Blows sowie dem überarbeiteten Super-Meter neu hinzukommen ist, finde ich einfach nur klasse. Für mich ist Mortal Kombat 11 damit das beste Spiel der Reihe, daran können auch die unnötigen Mikrotransaktionen und die lästigen Grind-Mechaniken nichts ändern.

FAZIT Markus

Hinter Fontänen von Blut, Brutalities und den berühmt berüchtigten Fatalities verbirgt sich eine mehr als solide Kampfmechanik, die das brachial inszenierte Kampfgeschehen um nichts hinter jenem der anderen aktuellen Iterationen des Fighting Game Genres zurückstehen lässt. Gegenüber Teil X wohltuend entschleunigt setzt Mortal Kombat 11 vor allem auf zahlreiche, zu verheerenden Kombos verkettbare, Tastenkombinationen. Dadurch ermöglicht das Kampfsystem auch mir als (Wieder-)Einsteiger in das Genre der Fighting Games einen niederschwelligen Neuanfang, ohne deshalb auf einen gewissen Tiefgang zu verzichten. Dazu gesellt sich eine beinahe fotorealistisch anmutende Grafik, die für meinen Geschmack deutlich besser zum Universum von Mortal Kombat passt, als der eher comic-haft anmutende Stil vergangener Teile. Die Kleidungsstücke der Kämpferinnen und Kämpfer wirken erstmals wie unabhängig von ihren Charaktermodellen existierende Objekte und nicht wie billige Ganzkörper-Tattoos oder wulstige Neoprenanzüge (siehe etwa unser Videovergleich zwischen Mortal Kombat X und 11). Darüber hinaus besticht Mortal Kombat 11 mit seinem großen Umfang, der auch Liebhaber von Story-Kampagnen und primäre Singleplayer-Games Spieler, wie mich, ausgiebig zu beschäftigen vermag.

Die beiden einzigen wirklichen Kritikpunkte stellen auch für mich die erschreckend deutliche Fokussierung auf Mikrotransaktionen im Ingame-Shop und die damit einhergehende Ausrichtung unterschiedlicher Spielmodi auf Ressourcen- und Item-Grind dar. Längst vergangen scheinen jene Tage, als zwischen mir und einem neuen Kämpfer oder einer alternativen Robe nicht die Entscheidung zwischen der Skylla ermattender – und wie im Falle der aktuellen Türme der Zeit zum Teil auch unfairer – Repetition oder der Charybdis Investition von zusätzlichem Eigenkapital stand.

Was ist Mortal Kombat 11? Der elfte Teil des kultigen Beat’em Up-Franchises, inklusive den bekannten Fatalities und neuen Kampf-Mechaniken.
Plattformen: PC, PS4, XBox One, Nintendo Switch
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: NetherRealm Studios / Warner Bros. Interactive Entertainment
Release: 23. April 2018
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 6

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