Mosaic – Angespielt

Das norwegische Entwicklerstudio Krillbite versucht, mit seinem neuesten eigenständigen Projekt Mosaic an den Erfolg von Among the Sleep anzuschließen, und bleibt dabei der Thematik der Einsamkeit und Isolation in einer großen Welt treu, während man in Sachen Grafik auf stimmige Neuerungen setzt. Wir haben einen ersten Blick auf das Point&Click-Adventure geworfen.

Und täglich grüßt das Arbeitstier?

In einer nahen Zukunft, die von großen Konzernen bestimmt wird, treffen wir unseren unscheinbaren und namenlosen Protagonisten. Er wacht in seinem kleinen Einzimmerapartment im 7. Stock mit getragener Arbeitskleidung auf und sofort fällt sein Blick auf das am Nachttisch liegende, vibrierende Handy. Wir sehen mit einem Mausklick (ja, das ist eigentlich auch schon das gesamte Gameplay) Nachrichten von Mama, die uns einen schönen Tag wünscht, und der, wie wir als Spieler schnell feststellen, seelenlosen Firma des Charakters: Wir kommen wohl wieder zu spät und werden in ein paar Tagen gefeuert, sollte das noch öfter vorkommen.

Das Aufstehen fällt uns erheblich schwer, was tut man also als Erstes? Natürlich sich kräftig eine ins Gesicht zimmern. Sollte das immer noch nicht reichen, könnt ihr auch den ganzen Vormittag damit verbringen, euch selbst zu vermöbeln. Ich habe mich in meinem Test aber dazu entschlossen, mein wohl typisches Morgenritual schon bald nicht weiter zu verfolgen und ging mich stattdessen für den Tag hübsch machen. Beim Umsehen im Apartment finden wird noch einige Kleinigkeiten, mit denen wir interagieren können: Rechnungen, die sich stapeln, ein TV-Gerät, das man nutzen kann, sowie ein paar Spiele auf dem Handy. Das war‘s allerdings. Es scheint ein durchaus tristes Leben zu sein, das wir hier miterleben dürfen.

Mein Butterfly Effect

Auf dem Weg zur Arbeit begegnen wir immer wieder unangenehmen Situationen, die jede/r von uns schon mal erlebt hat: Unliebsame Blicke von anderen Personen, schlechtes Wetter, ohne einen Regenschirm dabeizuhaben, oder das stumpfe Dahintrotten auf dem Weg zur Arbeit, das durch das Übersehen eines Autos fast zu einem Unfall führt.

Doch unser trister Alltag wird, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, auch von Wunderschönem unterbrochen: So erblicken wir einen goldenen Schmetterling, der durch den Regen scheinbar glitzernd und strahlend durch die Luft gleitet. Wir können den Schmetterling für kurze Zeit durch eine Baustelle führen, während unser namenloser Freund langsam hinterhertrottet und auf nichts anderes mehr achten kann. Ein kurzer Moment der Freiheit und des Glücks durchkommt ihn am Gehsteig neben dem lärmenden Verkehr. Kurz darauf wird der Schmetterling durch einen Ventilator in Stücke zerteilt. Aber unser Charakter ist wohl doch schon innerlich längst tot, denn ihn berührt das kein Stück – oder es ist die generelle Optik des Spiels, die keine Mimik zulässt.

Wir kommen im Büro an, finden uns vor unserem PC wieder, und dürfen auch gleich die Arbeit beginnen. Es erwarten uns kleine Mini-Games, die es zu lösen gilt, was sich als schwieriger als gedacht herausstellt – aber nicht etwa, weil diese äußerst fordernd sind, sondern schlicht deshalb, weil das Spiel es versäumt, uns nicht die dafür notwendigen Mechaniken zu erklären. Ob hier noch nach gepatcht wird, wird sich zeigen.

Fischlein, Fischlein, Fiiiiiiiisch?!

Wir wachen wieder in unserem Appartement auf. Ein neuer Tag, ein neuer Anfang. Na ja, oder auch nicht. Erst mal gönnen wir uns wieder schön ne Backpfeife, dann das Handy her und nachsehen, was es so Neues in der Welt gibt. Die scheinbare Antwort: Nichts, außer dass wir wohl wieder zu spät kommen. Warum kommt mir das so bekannt vor?

Wir stapfen ins Bad und finden dort einen Goldfisch, der im Waschbecken herumlungert. Warum? Das weiß nicht mal der Goldfisch, mit dem wir reden können. Uns bleibt die Wahl: Mitnehmen oder ihn in der Toilette runterspülen. Ja, diese beiden Optionen sind die einzigen. Ich entscheide mich dazu, den Fisch mitzunehmen – was soll denn schon mit einem austrocknenden Fisch in der Hemdtasche passieren?

Wir schlendern kurz darauf mit unserem plötzlich doch sehr still gewordenen Goldie die unzähligen Briefkästen des Mietshauses entlang und machen uns auf den Weg zum heißgeliebten Job. Wie den Schmetterling am Vortag, sehen wir auch diesmal etwas besonders schön Leuchtendes, während wir über eine Autobahnbrücke, unter der ein weitläufiger Stau dahindampft, schlendern: ein kleines Elektrokraftwerk mit Hochspannungsleitungen, in das wir in Folge direkt hineinwandern; dazu brauchen wir nicht mal den Hinweis von Fischi. Schnitt, und der Tag beginnt von Neuem …

FAZIT

Mosaic ist ein durchaus schön anzusehendes Point&Click-Spiel (zum richtigen Adventure fehlt leider noch Einiges) mit einer Menge Potenzial, was den weiteren Story-Verlauf angeht. Es könnte nach dem diesjährigen Aus von Telltale zu einer kurzweiligen, aber guten Alternative werden, wenn da nicht das Wörtchen „wenn“ wäre. Wenn mir aber doch etwas fehlt, ist das, dass sich nicht wirklich eine emotionale Bindung zu unserem leider namenslosen Ich aufbauen lässt. Das wichtigste Element in einem Story-lastigen Spiel muss das Mitfühlen mit den Figuren sein, und genau das bleibt hier durch die plumpe Darstellung von Alltagssituationen und deren wenig überraschende Entwicklungen leider auf der Strecke. Dadurch kann es schnell passieren, dass einem beim Klicken durchaus langweilig wird. Die Optik ist solide, aber wenn Figuren keine Gesichtsausdrücke besitzen, bleibt dennoch ein bitterer Beigeschmack zurück. Wenn Krillbite bis zum Release noch an den richtigen Hebeln zieht und vielleicht noch ein paar Schrauben fester drückt, kann aus Mosaic ein schönes bzw. sehr trauriges und ergreifendes Game werden. Dann lasst uns mal hoffen.

Ein Gastartikel von Daniel Egger

Was ist Mosaic? Point&Click-Sci-Fi-Game
Plattformen: PC
Getestet: Preview-Version, PC Intel Core i7-7770, 32GB RAM, GeForce GTX 1070
Entwickler / Publisher: Krillbite Studio / Raw Fury
Release: Ende 2019/ Anfang 2020
Link: Offizielle Webseite

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