Mulaka im Test

Ein Schamane auf der Suche nach Erleuchtung und im Kampf gegen das Böse – das junge mexikanische Indiestudio Lienzo veröffentlicht mit Mulaka erst sein zweites Spiel überhaupt. Lange Zeit in der Entwicklung, ist das tief mit der mexikanischen Kultur verwurzelte Action-Adventure nun endlich erschienen. Ob wir uns auch ein drittes Game von Lienzo wünschen dürfen?

Reales Vorbild

Nach dem 2D-Plattformer Hunter’s Legacy wagt man sich diesmal an ein 3D Action-Adventure, das im nördlichen Mexiko angesiedelt ist und sich stark an der dortigen Kultur der Tarahumara orientiert. In seinen besten Momenten gelingt es Mulaka, euch ein Stück einer, außerhalb Mexikos weitgehend unbekannten Kultur näher zu bringen, fast so als würdet ihr ein Stück Geschichte spielen. Der Einfluss dieser Zivilisation ist nämlich nicht nur an Umgebung und Rahmenhandlung bemerkbar, auch für die optische Gestaltung wurden die in der Stammeskultur vorherrschenden geometrischen Formen übernommen. Selbst eure Gegner sind den Sagen und Überlieferungen der Tarahumara entliehen. Diese Kreaturen sind fantasievoll gestaltet und erfordern unterschiedliche Kampftechniken, die gemeistert werden müssen, damit ihr sie besiegen könnt.

Ihr schlüpft in die Rolle des titelgebenden Mulaka, eines sogenannten “Sukurúame”, einer Art Schamane, und macht euch auf den Weg durch im Cel-Shading-Stil präsentierte Landschaften. Mit einer Wurflanze kämpft ihr euch durch reihenweise unterschiedlicher Gegner und nutzt spezielle Fähigkeiten, um simple Rätsel und Plattformer-Elemente zu überwinden. Außerdem habt ihr die Möglichkeit, auf eurem Weg durch recht abwechslungsreiche Levels unterschiedliche Gestalten anzunehmen. Bei euren Streifzügen stoßt ihr zudem auf unterschiedliche natürliche Ressourcen, die mittels eines gut implementierten Auto-Crafting-Systems zu Tränken verarbeitet werden können. Mit diesen könnt ihr beispielsweise Mulakas Energieleiste wieder auffüllen, euch schützen oder eine Art Granate basteln. All diese Elemente verbinden sich zu einem durchaus spielenswerten Action-Adventure, mit spannenden Ansätzen und gutem Soundtrack, das aber leider bisweilen an der technischen Umsetzung krankt.

In der „Sukurúame-Vision“ werden euch wichtige und interessante Orte angezeigt. Außerdem könnt ihr unsichtbare Gegner und Gegenstände sichtbar machen.

Sukurúame-Power

Im Angriffsrepertoire eures Sukurúame befinden sich neben einem Standard-Lanzenstoß auch ein Kraftstoß und ein schnelles Ausweichmanöver. Sowohl eure Waffe als auch einige andere Fähigkeiten könnt ihr in einem Laden im Tausch gegen “Korima” aufwerten. Diese „Währung“ könnt ihr in allen Welten verteilt finden und erhaltet sie für das Besiegen von Gegnern.

Außerdem kann Mulaka sprinten sowie springen und verfügt über magische Kräfte. Mit diesen könnt ihr im Verlauf des Spiels zum Beispiel durch “Sukurúame-Vision” nicht nur unsichtbare Gegenstände und Charaktere aufspüren, sondern euch auch kurzzeitig in eine von vier unterschiedlichen tierischen Inkarnationen von Halbgöttern verwandeln. All diese bringen wiederum ihre eigenen besonderen Fähigkeiten mit. So könnt ihr in Falkengestalt durch die Lüfte gleiten, euch als Puma an Wipfeln hoch hangeln, als Bär große Monolithen niederreißen und als Schlange Gewässer durchqueren sowie bestimmte Objekte einfrieren. Diese Verwandlungen werden gezielt und sinnvoll eingesetzt, stehen euch jedoch erst nach und nach zur Verfügung. Dadurch sind die ersten beiden Welten auch etwas langatmiger, als die darauffolgenden.

Kurzes Vergnügen

Eure Aufgabe ist es, in jedem Level drei Steine zu sammeln, die das Tor zum Endboss öffnet. Optisch erinnern diese ein bisschen an die Sankara-Steine aus Indiana Jones oder an glühende Tannenzapfen. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Welten zueinander, sind aber simpel aufgebaut. Insgesamt ist Mulaka leider enttäuschend kurz. Wenn ihr euch nicht zu lange mit der Erforschung der leider ohnehin recht kargen Levels aufhaltet und zügig durch die Gegnerhorden metzelt, könnt ihr in ca 5 Stunden dem finalen Endboss gegenübertreten. Zwar könnt ihr durch die göttlichen Fähigkeiten, die ihr im Spielverlauf erhaltet, kleinere neue Bereiche in vorangegangenen Welten erreichen, doch auch diese können die Spieldauer nicht großartig verlängern. Bereits besuchte Welten dürft ihr jederzeit über das Pausenmenü erneut bereisen.

In Falkengestalt könnt ihr über die Levels gleiten – zumindest, bis euer Magie-Meter aufgebraucht ist

Ein großer K(r)ampf

Primär lebt Mulaka von den actiongeladenen Kämpfen mit scharenweise verschiedenen Gegnern. Dafür gibt es Bereiche, die beim Betreten zu einer Art Arena werden, und in denen ihr Welle um Welle an Widersachern bekämpfen müsst. Leider wiederholt sich dieses Element aber nicht nur innerhalb der einzelnen Levels, sondern auch von Welt zu Welt ständig wieder, was schnell mal eintönig wird. Obwohl in jedem neuen Bereich auch neue Gegnertypen hinzukommen, wird hier nicht genug Abwechslung geboten. Stattdessen verfahren die Entwickler von Lienzo eher nach dem Stressprinzip: immer mehr Gegner gleichzeitig in jeweils etwas mächtigeren Inkarnationen.

Das resultiert stellenweise in durchaus anspruchsvollen und manchmal auch sehr lästigen Situationen, wenn euch  beispielsweise Scharen unterschiedlicher Gegnertypen gleichzeitig angreifen und die Zielerfassung einfach nicht so will, wie ihr es wollt. Der Vergleich zur Zelda-Serie, insbesondere natürlich Wind Waker, liegt in Genre und Optik nahe, Mulaka kann man aber aufgrund des gesetzten Fokus auf schnelle Nahkämpfe auch gerne mit Darksiders verglichen. Da aber das Auto-Aiming leider wirklich suboptimal umgesetzt wurde, hätten hier die spielerischen Anleihen an genannte Reihen durchaus größer sein dürfen.

Einer der gelungenen Endbosse, die es zu überwinden gilt

Top und Flop

Wirklich glänzen kann das Spiel aber bei den Endbossen. Diese sind durch die Bank gut gestaltet und wirken niemals repetitiv, dafür dürft ihr eure gesammelten Fähigkeiten eindrucksvoll zur Schau stellen. Gerade gegen Ende des Spiels haben sich die Entwickler hier nicht lumpen lassen. Umso bedauernswerter, dass all diese ganz am Schluss dann nochmals recycelt werden, nur um noch ein paar Extraminuten aus Mulaka zu quetschen.

Das mit Abstand nervigste Erlebnis beim Spielen sind aber die eingangs schon erwähnten technischen Schwächen des Spiels. Damit ist nicht die Grafik gemeint, obwohl diese vermutlich auch am GameCube machbar gewesen wäre. Nein, wirklich lästig sind die Spielabstürze, die mir im Test zwei Mal passiert sind (einmal sogar beim allerletzten Endboss!!!) oder das unerklärliche “durch den Level fallen”, welches mir in vier verschiedenen Umgebungen passiert ist. Und nicht zuletzt auch das bereits erwähnte Auto-Aiming, welches einfach unbedingt hätte poliert werden müssen. Zusätzlich gab es dann auch noch ein Rätsel, das trotz richtiger Lösung aufgrund eines Bugs nicht so registriert wurde. Erst durch das Verlassen und erneute Betreten des Levels, wurde die Lösung (die “eingeloggt” blieb) akzeptiert und es war möglich, voranzuschreiten. Und zuletzt sind in der von mir gespielten Englischen Sprachfassung auch noch einige Übersetzungsfehler und Wortwiederholungen aufgefallen…

Hier staut sich Wasser, das gar nicht rinnt, und steht der Rätsellösung im Weg

FAZIT

Man merkt Mulaka einfach an, dass hier viele gute Ideen und einfallsreiche Entwickler auf Zeit- und vielleicht auch Finanzierungsprobleme gestoßen sind, die dazu geführt haben, dass das Spiel zwar ambitioniert, aber unpoliert, ja fast unfertig wirkt. Weil es sich dabei aber nicht um ein Vollpreis-Spiel handelt, ist das für manche wohl durchaus verschmerzbar, aber dennoch sehr schade. Am Ende bleibt doch „nur“ ein halbwegs solides Action-Adventure, das euch immer wieder daran erinnert, dass das vorhandene Potential nicht völlig ausgeschöpft wurde. Trotzdem darf gehofft werden, dass die Entwickler von Lienzo aus ihren Erfahrungen lernen und sich an ein drittes Game wagen.

Was ist Mulaka? Action-Adventure im Cel-Shading Stil mit Vorbildern aus nordmexikanischer Stammeskultur
Plattformen: Switch, PS4, XBOX ONE, PC (Steam)
Getestet: Switch
Entwickler / Publisher: Lienzo
Release: 1. März 2018
LinkOffizielle Website

Gesamtwertung: 6.4

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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