Nintendo Labo Multi-Set im Test

Kinder der Achtziger, so wie ich eines bin, kennen sicher alle die Fernseh-sendung „Wer bastelt mit?“. Unter den strengen Blicken des Onkel Franz fertigten junge Heimwerker diverse Basteleien an, wie etwa Vogelkästchen oder Häuser für die Modelleisenbahn. Das Problem dabei: Meine fertigen Werkstücke sahen irgendwie nie so aus, wie jene im TV und damit hat die Sendung maßgeblich dazu beigetragen, dass ich schlussendlich Computerspieletester und nicht etwa Tischler oder Maurer geworden bin. Vermutlich zum Glück für alle. Dass mein Scheitern aber nicht (nur) an meinen handwerklichen Fähigkeiten gelegen hat, das konnte ich nun mit Nintendo Labo unter Beweis stellen.

Was ist Nintento Labo?

Mit der neuen Marke Labo wird Nintendo seinen Ruf als innovativer und kreativer Vorreiter wieder einmal mehr als gerecht, denn im Mittelpunkt dieses neuen Konzeptes steht nicht etwa ein Spiel oder ein virtueller Held, sondern ganz einfach nur ein paar Stücke Karton. Das Motto dabei lautet bauen, spielen und Neues entdecken. Umgesetzt wird das ganze sehr simpel, nämlich indem man die Pappe zu neuen Kreationen, den so genannten Toy-Cons, zusammenbauen kann. Das Nintendo Labo Multi-Set enthält insgesamt fünf davon und alle Zutaten die man dazu braucht, sind in der Zusammenstellung enthalten. Das sind neben den rund 28 durchnummerierten Pappbögen, noch diverse Reflektoren, kleine Plastik-Ringe, Schnüre sowie Gummibänder. Da alle Teile vorgestanzt und mit entsprechenden Falzlinien versehen sind, benötigt man für das Bauen der Toy-Con Modelle weder eine Schere, noch Kleber. Zusätzlich zu den Pappbögen ist auch die Software im Nintendo Labo Multi-Set enthalten. Diese stellt unter anderem eine interaktive Anleitung zum Erstellen der einzelnen Toy-Cons zur Verfügung. Ihr könnt dabei nicht nur in eigener Geschwindigkeit vor- und zurückspulen, sondern das 3D-Modell auch beliebig drehen oder die Ansicht vergrößern, beziehungsweise verkleinern. Das Zusammenbauen wird derart detailliert erklärt, sodass auch handwerklich nicht sehr begabte Menschen keinerlei Probleme haben sollten. Zusätzlich zur Anleitung findet man auf dem Modul unter dem Menüpunkt „Spielen“ auch diverse Software, mit der man die Toy-Cons mit der Nintendo Switch Konsole kombinieren kann. Insgesamt wirken sämtliche Materialen sehr hochwertig, trotzdem haben sich bereits nach kurzem Gebrauch diverse Abnutzungserscheinungen gezeigt, beispielsweise in Form geknickter oder sogar eingerissener Einzelteile. Aber selbst hier bietet Nintendo eine einfache Reparatur-Anleitung an.

Das Nintendo Labo Multi-Set hat eine Freigabe ohne Altersbeschränkung, Nintendo selbst empfiehlt aber dass Kinder unter 10 Jahren beim Bauen der Toy-Con-Modellen von ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten beaufsichtigt werden sollen. Ich selbst habe mir bei meinem Test die Unterstützung meiner vierjährigen Tochter geholt. Einerseits beschränkte sich vor allem beim Zusammensetzen von kleineren, komplizierteren Bauteilen ihre Aufgabe auf das Abtrennen der Einzelteile aus den Pappbögen, andererseits hatte sie nach dem Fertigstellen eines Modells weitaus mehr Freude mit den Minispielen als ich. Aber über eines sind wir uns beide im nachhinein einig: Gemeinsam macht das Basteln viel mehr Spaß, als etwa alleine.

Das RC-Auto

Das RC-Auto ist mit rund 15 Minuten Bauzeit das Modell mit dem geringsten Arbeitsaufwand. Fertig zusammengebastelt werden danach die beiden Joy-Cons seitlich montiert und über den Touchscreen der Nintendo Switch Konsole das Fahrzeug nach links und rechts bewegt. Möglich macht das die Vibration der Controller, die das Auto in die entsprechende Richtung lenkt. Zusätzlich verfügt das RC-Auto dank IR-Bewegungskamera über einen Automatikfahrmodus, mit dem es Ziele direkt ansteuert, oder mit der man sogar via Bildschirmanzeige im Dunkeln sehen kann. Wer übrigens ein weiteres Joy-Con Paar besitzt kann auch Duelle gegen andere menschliche Gegner austragen, denn im Set sind die Kartons für ein zweites Fahrzeug enthalten.

FAZIT: Das RC-Auto bietet den perfekten Einstieg in das Nintendo Labo Multi-Set. Es ist schnell zusammengebaut und man hat damit rasch die ersten Erfolgserlebnisse. Auch die Steuerung funktioniert grundsätzlich einwandfrei, nur die insgesamt sechs Beine des Vehikels sind nicht sehr stabil und knicken relativ rasch ein, wodurch es sich dann nicht mehr richtig lenken lässt. Das „Auto“ ist auch das perfekte Objekt, um seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Mit ein paar Augen und diversen Beiwerk dekoriert, haben wir dann mit unseren Basteleien „Käfer-Rennen“ quer über den Küchentisch ausgetragen.

Die Angel

Für das Zusammensetzen der Angel solltet ihr mindestens eine Stunde einrechnen. Neben den Kartons werden hier auch die Schur sowie die Plastik-Ringe benötigt. Nach getaner Bastelarbeit steckt ihr einen Joy-Con in den Griff, den zweiten in die Kurbel und die Switch Konsole in die entsprechende, separate Halterung. Der Haken der Angel wird nur am Bildschirm angezeigt, sobald ein Fisch anbeißt, vibriert sie. Dann gilt es mit einem gut getimten Ruck und schnellem Kurbeln, diesen an Land zu ziehen! Die gefangenen Fische kann man ins Aquarium setzen und ihnen ganz entspannt beim Schwimmen zusehen.

FAZIT:  Eine anspruchsvolle Angelsimulation solltet ihr zwar nicht erwarten, aber das virtuelle Fangen der Fische macht kurzfristig sogar ziemlich viel Spaß. Leider funktioniert das ganze ausschließlich über die Bewegungssensoren der beiden Joy-Cons, sodass die Schnur eigentlich überflüssig ist und sich nicht auf das Angeln auswirkt. Auf Dauer bietet das Spiel aber zu wenig Abwechslung.

Das Haus

Das Haus besteht gleich aus mehreren Teilen, einerseits dem Gebäude selbst und dazu noch drei verschiedene Stifte, wie etwa eine Kurbel und diverse Schalter. Nach etwa einer Stunde solltet ihr alles zusammengebaut haben, wobei die kleineren Teile doch etwas kniffelig anzufertigen sind und jüngere Bastler überfordern könnte. Im Rauchfang wird danach die Joy-Con platziert und an der Front die Konsole. Startet ihr dann das Spiel dazu, bekommt ihr so nicht nur das Innere des Hauses zu sehen, sondern auch dessen kleinen Bewohner. Mit den verschiedenen Stiften interagiert ihr dann mit ihm, denn je nach Kombination startet ein anderes Minispiel. So könnt ihr dann etwa Essen gewinnen, mit dem ihr das kleine Wesen auch füttern dürft.

FAZIT: Das Haus war bei meiner kleinen Helferin der Hit, was sicherlich vor allem am knuffigen Bewohner liegt. Aber auch Spiele wie Seilspringen oder Bowling motivieren dazu, sich um das kleine Wesen zu kümmern oder es zu ärgern. Optional kann man das Haus, wie auch schon das Auto, natürlich ganz individuell dekorieren, was einen zusätzlichen Mehrwert mit sich bringt.

Das Motorrad

Das Motorrad gehört sicherlich zu den komplexeren Modellen, bei dem man schon etwas mehr Zeit einplanen sollte. Die Mechanik mit Gummibändern und Hebeln erfordert beim Zusammenbauen schon etwas mehr Geschick. Zum Spielen werden die beiden Joy-Cons links und rechts im Lenker platziert. Das virtuelle Fahrzeug wird beschleunigt, in dem man den Gashebel dreht und genau wie bei einem echten Motorrad muss man sich in die Kurven legen. Auch Wheelies und coole Drifts sind möglich. Weiters gibt es mehrere Geschwindigkeitsklassen sowie Strecken und sogar ein eigener Editor ist enthalten. Hier muss man ganz einfach mit dem Toy-Con-Mini-Motorrad eine Strecke in der Luft zeichnen und schon erscheint sie im Spiel. Sogar ganze Objekte können eingescannt werden.

FAZIT: Das Rennspiel erinnert etwas an Mario Kart und macht auch durchwegs Laune. Aber leider gibt es keinen Mehrspielermodus, was die Langzeitmotivation dann doch etwas schmälert.

Das Klavier

Aufgrund der zahlreichen Teile sollte man bei diesem Modell mindestens zwei bis drei Stunden für das Zusammenbauen einplanen. Vor allem ist hier einiges an Fingerspitzengefühl gefragt und das Aufkleben der Reflektoren erfordert etwas Geduld. Das fertige Klavier verfügt über 13 Tasten, mittels seitlichen Hebeln können dann noch die Oktaven variiert werden. Zusätzliche Schalter erzeugen neue Töne wie etwa Katzenmiauen und mittels Wellenformkarte kann man dann auch noch die Tonlage des Klaviers verändern. Natürlich auch mit dabei: Eine Aufnahme- und Wiederholungsoption.

FAZIT: Das selbst gebastelte Klavier bietet erstaunlich viele verschiedene Möglichkeiten beim Musizieren, dafür ist aber der notwendige Aufwand für das Zusammensetzen enorm. Grundsätzlich ein tolles Gadget von dem man viel lernen kann, aufgrund der vielen gleichartigen Teile ist der Weg dorthin aber etwas mühsam und monoton. Als echtes Musikinstrument taugt es zwar nicht, um deren Funktionsweise zu erforschen aber allemal.

Entdecke die Werkstatt

Hat man alle Modelle fertig zusammengebaut und genug gespielt, kann man unter der dritten großen Rubrik „entdecken“ die Toy-Con-Werkstatt aufsuchen. Hier erfährt man dann ganz genau, wie die einzelnen Toy-Cons funktionieren und welche Möglichkeiten sie bieten. Wer dann noch immer weiter tüfteln will, der darf dann noch seine eigenen Spielzeuge erfinden. Das Prinzip ist dabei relativ simpel: Man kombiniert Eingaben wie etwa das Drücken von Knöpfen oder Schütteln der Joy-Cons mit einer Ausgabe, etwa in Form Vibrationen oder Geräuschen. Der Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt. Leider stellt Nintendo hier aber lediglich sieben Speicherplätze zur Verfügung, was dann dem Einfallsreichtum doch einen kleinen Riegel vorschiebt. Insgesamt aber ein cooles Feature, welches für längerfristigen Spielspaß sorgen soll. Wie sehr das dann wirklich funktioniert, hängt aber sehr von der persönlichen Neugier und dem individuellen Wissensdurst ab.

FAZIT

Zugegeben, ich gehöre definitiv zur Zielgruppe von Nintendo Labo: Eltern die gerne gemeinsam mit den Kindern basteln und dem Nachwuchs dabei spielerisch Wissen vermitteln wollen. Demnach finde ich das Konzept schlicht und ergreifend einfach nur super. Aber ganz ehrlich: Ohne Kinder könnte ich trotz des innovativen und kreativen Ansatzes mit den Karton-Basteleien aber nur sehr wenig anfangen und es würde vermutlich auch nur halb so viel Spaß machen. Das Zusammensetzen der Bausätze ist kurzweilig, für einen spielerischen Mehrwert sind die meisten von uns aber entweder zu alt oder zu anspruchsvoll – vermutlich sogar beides. Kleine Kinder könnten an den diversen Minispielen aber durchaus gefallen finden, zumindest für eine kurze Zeit. Danach werden die Karton-Bauwerke vermutlich in einer Kiste verschwinden oder gleich entsorgt. Einzig die Toycon-Werkstatt kann für findige Tüftler so etwas wie Langzeit-Motivation bieten. Trotz alledem, für zwei bis drei unterhaltsame Bastel-Abende enthält das Nintendo Labo Multi-Set alle notwendigen Zutaten. Wenn euch das reicht, dann könnt ihr bedenkenlos zugreifen.

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Was ist Nintendo Labo Multi-Set? Kartons, Gummibänder und eine Nintendo Switch Konsole mit denen man diverse Basteleien erstellen kann.
Plattformen: Nintendo Switch
Getestet: Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: Nintendo / Nintendo
Release: 27. April 2018
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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