Nintendo Labo: VR-Set im Test

Als im Juni 2016 ein Nintendo-Patent zeigt, wie Virtual Reality auf der kommenden Switch-Konsole des Unternehmens funktionieren könnte, war das Anlass genug, für die wildesten Spekulationen. Knapp drei Jahre später wissen wir, dass es sich dabei um ein neues Set für den Pappe-Bausatz Nintendo Labo handelt. Gibt es damit endlich ein echtes VR-System auch für die kleine Hybrid-Konsole? Nur bedingt…

Die Idee hinter der Nintendo Labo-Reihe ist zwar relativ simpel, klingt aber zunächst etwas kurios: Mit Materialien wie Pappe und Gummibändern baut man so genannte Toy-Cons, um mit diesen dann verschiedene Spiele zu spielen und zu entdecken, wie die Nintendo Switch-Technologie den eigenen Kreationen Leben einhaucht. Vorausgesetzt man holt sich dafür die Unterstützung durch den richtigen Bastelpartner, kann das Konzept auch durchwegs Spaß bereiten, wie unser Bericht des Multi-Sets gezeigt hat. Ein großer Kritikpunkt war aber einerseits der unterschiedliche spielerische Anspruch sowie die notwendigen Fertigkeiten und Selbstbeherrschung beim Zusammenbauen der verschiedenen Gadgets. So muss ich an dieser gestehen, dass sich das Klavier noch immer in seinen einzelnen Bestandteilen in der Schachtel des Multi-Sets befindet, weil es einerseits für mich und meine Tochter zu mühsam war, die vielen kleinen Einzelteile zusammenzusetzen und es andererseits wenig Anreiz bot, ein Musikinstrument zu basteln, dass nicht viel mehr kann als ein herkömmliches Kinder-Keyboard.

Nintendo hat nun im insgesamt vierten Labo Set scheinbar daraus gelernt und bietet das Nintendo Labo: VR-Set in vier verschiedenen Ausprägungen, mit unterschiedlichem Inhalt an:

  • Nintendo Labo: VR-Set – Basispaket + Blaster: Das Basispaket beinhaltet die Nintendo Switch-Software sowie alle Komponenten für die Toy-Con-VR-Brille und den Toy-Con-Blaster. Außerdem sind eine Bildschirmhalterung und eine Abdeckung mit dabei. Das Basispaket eignet sich prima für alle, die gern in die virtuelle Realität von Nintendo Labo hineinschnuppern möchten.
  • Nintendo Labo: VR-Set – Erweiterungspaket 1: Enthalten sind der Toy-Con-Elefant und die Toy-Con-Kamera.
  • Nintendo Labo: VR-Set – Erweiterungspaket 2: Enthalten sind das Toy-Con-Windpedal und der Toy-Con-Vogel.

Das Basispaket wird dabei immer benötigt, die Erweiterungspakete sind jedoch optional. Natürlich gibt es auch ein komplettes Set, in dem alle Materialien für die sechs Toy-Con-Projekte enthalten sind. Was den Kaufpreis anbelangt ist es dabei egal, ob man die Sets einzeln erwirbt oder als Gesamtpaket. Für Einsteiger ist somit die Basisausstattung ausreichend, wer dann Gefallen daran gefunden hat, kann diese jederzeit ohne Mehrkosten erweitern. Eine sehr gute Entscheidung von Nintendo!

Wer bastelt mit?

In der großen Box ist alles enthalten was man für das Zusammensetzen der einzelnen Toy-Cons benötigt: Pappbögen, Sticker, Ösen, Gummibände sowie eine Game-Card, auf der nicht nur die Spiele gespeichert sind, sondern auch wie gewohnt eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung für eure Basteleien zur Verfügung stellt. Zusätzlich befindet sich noch ein VR-Linsen-Element in der Verpackung, welches die virtuellen Umgebungen erst ermöglicht. Als erstes gilt es, die  Toy-Con-VR-Brille zusammenzusetzen. Die bietet gleich den perfekten Einstieg und ist nach rund 30-40 Minuten Bastelarbeit auch schon einsatzbereit. Damit lassen sich  die ersten Minispiele starten, darunter einfache Geschicklichkeitstests oder Simulationen, um die Virtuelle Realität und deren Möglichkeiten zu erkunden. Der im Basispaket ebenfalls enthaltene Toy-Con Blaster erfordert zwar beim Zusammenbauen weit mehr Geschick und Geduld, dafür darf man danach damit außerirdische Invasionen zurückschlagen oder sich als Scharfschütze versuchen. Für das Füttern von Nilpferden mit Obst gibt es sogar einen Mehrspieler-Modus.

Mit der Toy-Con-Kamera geht es dann ab in die Tiefen des Ozeans und schießt Bilder von den Meeresbewohnern. Bei einem Besuch der Kreatur aus dem Haus des Multi-Sets kann man diese in sehr lustigen Posen antreffen und dabei fotografieren. Habt ihr den Toy-Con-Elefant gebastelt, dann werdet ihr damit zum Künstler, denn mit seinem Rüssel könnt ihr 3D-Bilder in die Luft zeichnen und sogar greifen oder bewegen! Bei der Murmelbahn ist dafür Geschick gefragt, denn mithilfe von diversen Items und der Elefanten-Nase müsst ihr eine Murmel bis ans Ziel bringen.

Der Toy-Con-Vogel ermöglicht es euch durch die Lüfte zu gleiten. Dabei könnt ihr dann entweder durch einen Parcour fliegen oder für eure Küken Futter einsammeln. Kombiniert mit dem Toy-Con-Windpedal erzeugt ihr Rückenwind und werdet dadurch schneller. Das wird übrigens mit dem Fuß bedient und verfügt über einen weiteren Spielmodus, bei dem man als Frosch Bällen ausweichen muss.

Insgesamt stehen für alle Toy-Cons 64 Minispiele zur Auswahl, wobei ihr diese mit der Toy-Con-Werkstatt anpassen oder eigene Kreationen erschaffen könnt. Der spielerische Anspruch reicht hier aber bestenfalls von „einfach ausprobieren“ bis simpel. Lediglich der Toy-Con Blaster bildet hier die Ausnahme, ist definitiv das Highlight des Sets und kann zumindest für etwas längeren Spielspaß sorgen. Auch optisch sollte man sich nicht allzu viel erwarten, denn die einzelnen Spiele werden auf eine sehr minimalistische Grafik reduziert und die Auflösung ist sehr gering. Hier merkt man dann auch gleich, dass das Nintendo Labo: VR-Set  die typische Nintendo-Zielgruppe bedienen will, nämlich das jüngere Publikum. Dementsprechend liegt auch die Altersbeschränkung bei sechs Jahren. Weil das deutlich unter jener von PSVR und Co liegt, eignet es sich perfekt als Einstieg in die Virtuelle Realität.

Aber trotz aller Einschränkungen funktioniert das System erstaunlich gut. Die Pappkonstruktionen sind stabil und die Handhabung ist okay. Negativ fällt hier nur eine fehlende Vorrichtung auf, um die VR-Brille am Kopf zu befestigen. So geht das Spielen schon nach kurzer Zeit ganz schön in die Arme, nicht nur bei jüngeren Nutzern. Eine weiteres kleines Manko: Weil die Switch-Konsole stets in das jeweilige Toy-Con gesteckt werden muss, sieht nur der aktive Spieler die virtuelle Umgebungen. Aus diesem Grund gestaltet es sich etwas schwierig, wenn ihr jemanden etwas erklären wollt, vor allem wenn es sich dabei um das angestrebte Zielpublikum handelt, das bislang noch keinerlei VR-Erfahrung vorweisen kann.

VR-Updates für Zelda: Breath of the Wild und Mario Odyssey

Ganz überraschend hat Nintendo vor wenigen Tagen Gratis-Updates für zwei Switch-Spiele veröffentlicht, die damit nun einen eigenen VR-Modi spendiert bekommen. In Super Mario Odyssey sind es aber lediglich drei neue Mini-Levels, die man nun auch mit aufgesetzter Toy-Con-VR-Brille erleben kann. Anders als im Hauptspiel ist dabei die Kameraposition aber stets fest vorgegeben und kann nicht verändert werden, was dann trotz VR-Unterstützung teilweise zu massiven Übersichtsproblemen führt. Während dieser Ausflug in die Virtuelle Realität nach rund 30 Minuten auch schon wieder vorbei ist, kann man dagegen das Abenteuer von Link in Breath of the Wild komplett durchspielen. Aber auch hier gibt es die gleichen Kritikpunkte. Das quasi nicht existente Headtracking und die geringe Auflösung, zusammen mit dem sehr verschwommenen Bild, lassen hier kein echtes VR-Feeling aufkommen. Es wirkt alles eher wie ein netter 3D-Effekt, als echte Virtuelle Realität. Weil man aber auch hier die Konsole ständig vor das Gesicht halten muss, spielt man aber ohnehin nicht sehr lange. Wenn Nintendo die beiden Umsetzungen als Test-Ballon für weitere VR-Projekte gestartet hat, dann sollte man es lieber bleiben lassen oder zumindest das System neu überdenken.

FAZIT

Das Nintendo Labo: Multi-Set stand noch ganz unter dem Motto „der Weg ist das Ziel“, denn meine Tochter und ich haben mehr Zeit mit dem Basteln verbracht, als wir dann wirklich mit den einzelnen Toy-Cons gespielt haben. Mit dem Labo: VR-Set verhält es sich dagegen genau umgekehrt, weil die Neugier auf die virtuellen Welten und ihre Möglichkeiten scheinbar größer waren, als die Motivation die Pappkarton-Gadgets zusammenzubauen. Für mich als alten PSVR-Besitzer waren dann nach getaner Arbeit die Minispiele eher ernüchternd und langweilig, meine Bastelpartnerin dagegen vollends begeistert. Und genauso sollte man auch das Nintendo Labo: VR-Set auch betrachten: Ein guter Einstieg in die Welt der Virtuellen Realität für all jene, die noch zu jung sind ausgereiftere Systeme zu benutzen, denn trotz aller Einschränkungen funktioniert die Pappkarton VR-Brille erstaunlich gut. Lob von meiner Seite gibt es auch für die neue Preispolitik. Das Gesamtpaket in mehrere Sets zu unterteilen finde ich sehr gut und schont nicht nur den Geldbeutel von Mama und Papa, sondern man muss keinen Platz für die neuen Gadgets schaffen, die dann ohnehin ungeliebt in einer Ecke nur als Staubfänger dienen.

Was ist Ninendo Labo: VR-Set? Ein einfaches VR-Erlebnis zum Selberbauen für Kinder und Familien.
Plattformen: Nintendo Switch
Getestet: Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: Nintendo / Nintendo
Release: 12.April 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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