Onimusha: Warlords im Test

Im Trubel um das Remake von Resident Evil 2 droht gegenwärtig eine andere, jedoch kaum minder geschichtsträchtige und langgediente, Reihe Capcoms unterzugehen. Die Rede ist, wie der aufmerksame Leser dem Titel bereits entnommen hat, von Onimusha, welches seinen Einstand im Jahr 2001 auf der PlayStation 2 feierte und es bis zu diesem Zeitpunkt auf sechs Haupteinträge in die Serie gebracht hat. Dem als actionreichere und schneller spielbarere Variante von Resident Evil angelegten ersten Teil der Reihe, Onimusha: Warlords, hat Capcom, nunmehr 18 Jahre nach dessen ursprünglichem Release, eine Frischzellenkur, unter anderem in Form von HD-Texturen, zeitgerechterer Steuerung und überarbeitetem Score, verpasst.

Das Resultat wurde als Remaster auf der aktuellen Konsolengeneration, über alle Plattformen (PS4, Xbox One und Nintendo Switch) hinweg, sowie dem PC veröffentlicht und wird in Europa ausschließlich als Download-Version vertrieben. Das nehmen wir zum Anlass für einen neuerlichen Ausflug in das mittelalterliche Japan des 16. Jahrhundert und stürzen uns in das Abenteuer rund um Samanosuke Akechi, Kaede und Yuki Saitō in Onimusha: Warlords.

Der Samurai und die Prinzessin

Das Intro wirft uns sogleich inmitten zweier aufziehender und anschließend aufeinander losstürzender Heere, jenes von Yoshimoto Imagawa auf der einen und Nobunaga Oda auf der anderen Seite. Wir befinden uns demnach im Jahr 1560 und werden Zeugen der soeben entbrennenden Schlacht von Okehazama, die ein zentrales militärisches Ereignis der Geschichte der Sengoku-Zeit (1467-1600) Japans darstellt. Diese sollte dem siegreichen Oda-Clan in weiterer Folge die Herrschaft über das zersplitterte Reich geben und Nobunaga 1573 als ersten Einer des Reichs – nach einer langen Periode kriegerischer Unruhen – in die Geschichte Japans eingehen lassen. Durch einen Hinterhalt gelang es Nobunaga das deutlich (mann-)stärkere Heer seines Kontrahenten zu besiegen, Yoshimoto zu töten und somit die militärische Macht in Japan zu übernehmen. Soweit zumindest der historische Rahmen von Onimusha: Warlords, dem dasselbe eine etwas andere Wendung gibt.

Von einer Felsklippe aus beobachtet ein junger Samurai, Samanosuke Akechi (als latentes historisches Vorbild für diesen Charakter diente Hidemitsu Akechi, Vogt des Vasallen und späteren Mörders Nobunagas, Mitsuhide Akechi), die Schlacht von Okehazama, bis er selbst, durch Soldaten Nobunagas, in das Kampfgeschehen verwickelt wird. Mit akrobatischer Leichtigkeit gesegnet und Kampfstab bewaffnet streckt er die Angreifer einen nach dem anderen nieder. In der Zwischenzeit erhält Nobunaga die Nachricht, dass es seinem Heer gelungen sei Lord Suruga zu töten. In schallendes Gelächter ausbrechend wirft daraufhin, ein sich des Sieges nunmehr sicher wähnender, Nobunaga seinen Kopf in den Nacken… woraufhin sein Hals durch einen Pfeil durchbohrt wird und Nobunaga rücklings tot zu Boden stürzen lässt.

Ein erneuter Schnitt zeigt Samanosuke, ein Jahr später, wie der Wind durch ein, im dämmernden Schein des Abendrots, golden leuchtendes Kornfeld reiten. Er hat einen Brief von Prinzessin Yuki Saitō erhalten, die ihn, angesichts übernatürlicher Vorgänge im Schloss Inabayama, um Hilfe bittet. Bedienstete seien verschwunden, was Yuki für das Werk von Dämonen hält. Von ihrem Bruder nicht ernst genommen ist Samanosuke ihre einzige Hoffnung. Als der zur Hilfe gerufene Samurai jedoch im Schloss ankommt, ist es bereits zu spät: Yuki ist verschwunden und nur noch eine einsam brennende Kerze zeugt von ihrer kürzlich noch bestehenden Anwesenheit. Wie zur Bestätigung des von Yuki befürchteten dämonischen Unheils zieht in einer weiteren Szene ein Heer vor einem niedrig stehenden Vollmond auf, das von einem wiederauferstandenen Nobunaga angeführt wird. Dessen, von silbrig leuchtendem Mondschein erhelltes, Augenpaar taxiert uns grimmig, in einer italienischen Einstellung – wie sie Sergio Leone mit seinen Italowestern salonfähig gemacht hat – stimmungsvoll in Szene gesetzt. Der Feldherr ist wiederauferstanden und sucht seinen Feldzug zur Unterwerfung Japans fortzusetzen. Noch können wir nicht ahnen, wie Nobunaga seinem Schicksal entkommen konnte, wer genau Yuki entführt hat und welche Rolle ihr in den sich anbahnenden dunklen Machenschaften zugedacht ist. Das uns zunächst primär umtreibende Ziel ist es, wie so oft, die Prinzessin aus dem Schloss zu befreien.

Der Dämonenhandschuh des Clans der Oni

Doch Samanosuke, begleitet und tatkräftig unterstützt von der Kunoichi – einem weiblichen Ninja – Namens Kaede, ist mit dieser Aufgabe zunächst sichtlich überfordert. Kurz nach seinem Eintreffen vor dem Schloss sieht er sich dem riesigen Genma, jener Gattung von Dämonen mit der wir uns in Onimusha konfrontiert sehen, Osric gegenüber, der ihn mit einem ebenso riesigen Knüppel kurzer Hand gen Wand und anschließend zu Boden schickt. Ohne es zu wissen hat Osric damit jedoch nicht nur sein eigenes Schicksal, sondern das aller im Schloss ihr Unwesen treibender Genma, besiegelt. Denn Samanosuke erwacht in einer Art Zwischenwelt, wo ihm 12 Oni – Wesen die älter als die Welt selbst sind und dereinst gegen die Genma Krieg führten – erscheinen und ihn mit jenem Gegenstand ausstatten, um den sich fortan das gesamte Gameplay Onimushas zentrieren wird: dem Dämonenhandschuh des Clans der Oni. In demselben bündeln die Oni ihre Kräfte, um unserem Protagonisten eine reelle Chance im Kampf gegen die Genma zu geben, die das Reich bedrohen und Yuki entführt haben. Allererst jetzt ist Samanosuke zum titelgebende Onimusha, was wörtlich übersetzt Krieger der Oni bedeutet, geworden.

Demon’s Souls mit integrierter Staubsaugersimulation

In der Armschiene des metallenen Dämonenhandschuhs ist ein Kristall eingefasst, der nicht einfach ein schickes Mode-Accessoire darstellt, sondern uns fortan dazu befähigt die Seelen von uns zur Strecke gebrachter Genma einzusammeln und zu speichern. Das Sammeln von Seelen hat offenkundig eine deutlich längere Tradition, als es Demon’s und Dark Souls‘ Ruhm vermuten lässt – wovon auch Raziel ein Lied singen kann. Schon Samanosuke war versierter Seelensammler (und die Legende besagt, er habe unter dem Vorwand ihnen sein Seelenalbum zeigen zu wollen, so manche holde Maid in seine Gemächer gelockt – Scherz bei Seite, das gehört sich für einen Samurai, noch dazu einen Teilzeit-Onimusha, selbstredend nicht; fama crescit eundo). Den Handschuh kann man sich in dieser Situation wie eine Art Handstaubsauger vorstellen: Wir drücken so lange den entsprechenden Seelen-Sammel-Button auf dem Gamepad oder der Tastatur, bis wir alle herumschwirrenden Seelenkugeln aufgesogen haben. Das eröffnet immer wieder interessante Situationen: Denn zumeist haben wir es mit mehr als nur einem Gegner zu tun. Die den Körpern erschlagener Dämonen, die bald links und rechts unseren Weg säumen, entfleuchenden Seelen schweben nicht endlos durch die Gegend, bis wir uns bequemen dieselben aufzusammeln. Vielmehr verflüchtigen sie sich nach einer bestimmten Zeit. Während der Kämpfe müssen wir dementsprechend immer wieder mit gut getimten Saug- Block- und Hiebaktionen dafür sorgen, dass sich die Seelen nicht auf ihren Weg in das Jenseits begeben, ohne dabei jedoch von den noch kämpfenden Genma aufgerieben zu werden. Oder aber wir entscheiden uns im Zweifelsfall dafür einmal ein paar Seelen zu verlieren, um nicht noch mehr Schaden einstecken zu müssen, respektive kassieren lieber ein paar Treffer, bevor wir den davonfliegenden Seelen neuerlich nur noch hinterherwinken können. Niemand hat gesagt, dass das Leben eines Onimusha einfach wäre!

Im Gegensatz zu der von From Software erschaffenen Welt, gibt es in jener von Onimusha zudem drei verschiedene Arten von Seelen, die zwar allesamt vermittels ein und demselben Handschuh eingesammelt werden, jedoch unterschiedlichen Zwecken dienen. Während gelbe Seelen unseren Lebensbalken, so wir Schaden genommen haben sollten, erneut auffüllen, erfüllen die blauen Seelen denselben Zweck hinsichtlich des Manabalkens, der es uns im Gegenzug erlaubt verheerende Spezialattacken auf unsere Gegner niederprasseln zu lassen. Rote Seelen hingegen dienen uns dazu, an dafür vorgesehenen Speicherspiegeln – wer hätte es geahnt, an denselben können wir auch unseren Spielfortschritt speichern, ganz ohne lästige Schreibmaschinenbänder, also unbegrenzt, nach Herzens Lust – unsere Ausrüstungsgegenstände und Items verstärken. So können wir unsere Schwerter – im Spiel erhalten wir derer im Verlauf der Hauptgeschichte drei – und den im Handschuh jeweils farblich korrespondierend eingesetzten Kristall bis zu drei Stufen verbessern, aus Heilkräutern Medizin herstellen, Pfeile zu Feuerpfeilen und Gewehrkugeln zu Explosivgeschossen aufwerten. Die Verstärkung der Kristalle im Handschuh wird dadurch notwendig, dass wir immer wieder auf, durch gewebsartige Wucherungen, versperrte Türen stoßen, die wir mittels des farblich adäquaten und je nach Anzahl von Wucherungen aufgelevelten Kristall bannen müssen, um Durchgang zu erhalten. Solchermaßen erschließen wir uns auf unserer Suche nach Yuki immer neue Areale im und um das Schloss.

Der Kampf gegen Genma und Kamera

Das Kampfsystem geht dabei, nicht zuletzt dank der mit dem Remaster eingefügten Analogsteuerung, gut von der Hand. Hatte doch gerade die Panzersteuerung dereinst bei mir immer wieder dafür gesorgt, dass das Kampftempo deutlich gedrosselt wurde, da das Wenden des Charakters und Reagieren auf sehr flinke und wendige Gegnertypen dem Namen Panzersteuerung alle Ehren machte. Diese Art der Steuerung zeichnet sich, wie auch bei den alten Resident Evil Teilen, dadurch aus, dass die Belegung der Richtungstasten nicht fixiert ist, sondern von der Blickrichtung der Spielfigur abhängt. Nach vorne ist also stets nach vorne aus der Blickrichtung von Samanosuke oder Kaede, die wir zwischendurch ebenso steuern dürfen, wenn Samanosuke gerade wieder einmal indisponiert ist. Das macht angesichts der fixen und ihre Perspektive mit jedem neuen vorgerenderten Hintergrund ändernden Kamera durchaus Sinn, spielt sich aus heutiger Sicht jedoch noch ungewohnter als damals. Wer allerdings auf diese Methode die Figur durch das Gelände zu manövrieren, der nostalgischen Gefühle oder aber Gewohnheit wegen, nicht verzichten will, kann aufatmen: Auch die Panzersteuerung ist wahlweise noch immer vorhanden und mit dem Steuerkreuz einsetzbar. Alle anderen haben nunmehr die Möglichkeit auf die, aus meiner Sicht, etwas intuitivere Steuerungsmöglichkeit zurückzugreifen und die Spielfigur mit dem Analog-Stick zu bewegen. Dass auch diese nicht ganz reibungslos funktioniert liegt am serientypischen Kamerasystem, das mich nicht nur einmal zwischen zwei Bildschirmausschnitten hat hin und her pendeln lassen, als hätte ich vergessen wo ich eigentlich hin wollte. Dazu gesellt sich ein Problem, das es in den ersten Resident Evil Teilen, primär jedoch aufgrund des sehr viel behäbigeren Kampfsystems mit Fernwaffen, in dieser Form nicht gab: Mitunter gerät man durch einen einzelnen Schwerthieb oder Ausfallschritt in einen neuen vorgerenderten Hintergrund, was die Kämpfe teilweise etwas unübersichtlich machen kann, da man plötzlich nicht mehr sieht wo man hin- oder worauf man einschlägt, respektive dem Gegner direkt in Messer oder Klauen läuft. Dabei hilft das, durch Druck auf die rechte Schultertaste, zuschaltbare Log-on-System, wodurch jedoch schnelles Wenden neuerlich erschwert und somit die Kampfgeschwindigkeit neuerlich etwas ausgebremst wird. Eigenartig mutet in diesem Zusammenhang an, dass im Falle der PC-Version zwar die Tastenbelegung auf dem Keyboard verändert werden kann, das Mapping des Controllers hingegen weder auf den Konsolen, noch auf dem PC von uns Spieler angetastet werden darf. Das ist insofern ärgerlich, als sich Capcom dazu entschieden hat die Druckfunktion des linken Analog-Sticks – die in anderen Spielen oftmals mit dem Laufbefehl belegt ist – als Hotkey für die Spielekarte zu verwenden. Da ich jedoch mit demselben Stick die Spielfigur bewege, führte das in meinem Fall mehr als nur einmal dazu, dass ich in etwas hektischeren Kampfsituationen anstelle auszuweichen das Kartenmenü zu Gesicht bekam und somit unsaft aus dem Kampf gerissen wurde.

Abgesehen von diesen systemimmanenten Schwierigkeiten ist das Kampfsystem von Onimusha: Warlords jedoch sehr flott und eingängig. Wahlweise mit schnellem Katana, etwas langsamerem Breitschwert oder aber wirbelndem Klingenstab erwehren wir uns der unterschiedlichsten Gegnertypen. Von kleinen Unterdämonen bis hin zu großen Endgegnern ist alles vorhanden, was das Hack and Slash Herz höher schlagen lässt. Dabei ist es jedoch nicht ausreichend einfach stupide auf die Tasten zu hämmern, da wir gerade größere Gegner nicht so einfach aus dem Gleichgewicht bringen können, wohingegen dieselben dazu in der Lage sind unsere eigenen Angriffe jederzeit zu durch- und unterbrechen. In diesen Fällen hilft es nur geschickt auszuweichen oder aber zu blocken, weswegen man immer ein Auge auf den Gegner haben muss. Können wir unseren eigenen Angriff so timen, dass er dem des Widersachers knapp zuvorkommt, so vollführen Samanosuke und Kaede eine Konterattacke, die vor allem Standard-Gegner mit nur einem Hieb aus den Latschen kippen lässt. Im weiteren Verlauf erhalten wir auch noch zwei Fernkampfwaffen mit denen wir die Gegner, zumindest Versuchsweise, auf Distanz halten und von Weitem beharken können.

Von Schlössern und Rätseln

Neben Kampfsystem und Dämonenhandschuh gehören zu Capcoms Onimusha: Warlords, ebenso wie zur Resident Evil Serie, Rätsel der unterschiedlichsten Machart: Von Trickkisten, bei denen wir im Uhrzeigersinn zahlen verschieben müssen, um auf die Ecken der Kisten geschriebene Zahlen und drehbare Zahlenwürfel in Deckung zu bringen, über Verschieberätsel, bis hin zu kleinen Physikrätseln im weitesten Sinne, ist alles vertreten. Neben den Trickkisten gibt es Truhen, die mithilfe von Dekodier-Büchern geöffnet werden müssen. So fordert uns die erste dieser Kisten zu Beginn des Spiels dazu auf jenen Clan zu benennen, der durch die Dämonen gestürzt wurde. Die Box stellt uns nun unterschiedliche Symbole zur Verfügung aus denen wir die richtige Kombination und Reihenfolge auswählen müssen, um die Truhe zu öffnen. Zur Lösung dieses Rätsels müssen wir für jede dieser Truhen jeweils vier Bücher finden, die uns die Symbole übersetzen, sodass wir die richtige Auswahl treffen können. Diese Truhen enthalten vor allem Lebens- und Manasteine, die die jeweiligen Leisten dauerhaft erhöhen. Die rudimentären Physikrätsel wiederum belaufen sich darauf, dass wir einmal mit der Spezialattacke unseres Feuerschwertes Kerzen anzünden müssen, um einen dunklen Raum zu erhellen oder aber mit Pfeil und Bogen aus einem vorgerenderten Hintergrund in den nächsten schießend das Seil einer Zugbrücke durchtrennen müssen, um ein paar Items zu ergattern.

Diese Rätsel haben jedoch auch ihre Schattenseiten. Das mittlerweile berühmt berüchtigte Wasserraum-Rätsel, bei dem wir durch das Verschieben unterschiedlicher Rechtecke und Quadrate zwei Teile zusammenführen müssen, die zusammen das Abbild einer Blume – das Siegel des Saitō-Clans – ergeben, ist nach wie vor gut dazu geeignet den resilientesten Spieler in den Wahnsinn zu treiben: Denn im Zuge dieses Rätsels stehen wir unter Zeitdruck. Nach Ablauf eines Timers heißt es Game Over und wir müssen vom letzten Speicherort aus nochmals anrücken. Dies bedeutet nicht nur, dass wir ein paar zuvor gelöste Rätsel nochmals absolvieren müssen, sondern zugleich alle Zwischensequenzen erneut über uns ergehen lassen müssen, die uns das Spiel bis dahin vorgesetzt hat, ohne diese abbrechen zu können. Das kann schon einmal in einem Übermaß an Frustration münden, hätte im Rahmen des Remaster jedoch ganz einfach behoben werden können. Ein anderes Mal will eine der Trickkisten auf eine ganz bestimmte Art und Weise geöffnet werden, obwohl es mehrere Möglichkeiten gäbe zur gewünschten Zahlenkombination zu gelangen.

Onimusha: Warlords als Resident Evil light?

Neben den Rätseln gibt es serientypisch eine Vielzahl an Schlüsseln zu finden mit deren Hilfe wir uns nach und nach das Schloss Inabayama und seine Umgebung erschließen. Dabei wirken die Schlossmechanismen jedoch nicht gar so abstrus und konstruiert, wie oftmals in Resident Evil – das mag jedoch durchaus mehr an der kulturellen Exotik des fernen Japan, als der Sache selbst liegen. An sich spielt sich Onimusha: Warlords nicht nur sehr viel schneller als Resident Evil – immerhin sind wir in der Regel nicht von Munitionsknappheit geplagt, da wir uns mit der Ausnahme eines Boss-Kampfes vollkommen auf den Nahkampf verlassen können – auch das Leveldesign wirkt geradliniger und einfacher zugänglich. Zwar müssen wir auch im ersten Onimusha Teil immer wieder bestimmte Türen zunächst ignorieren, da wir den dafür benötigten Schlüssel allererst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten, dabei verlief ich mich jedoch deutlich weniger oft, als im weitläufigen Herrenhaus Resident Evils, da ich mich durch den Aufbau der Spielewelt deutlicher angeleitet fühlte. Darüber hinaus hat Capcom hier auf die Implementierung von Inventar-Tetris verzichtet. Uns steht ein groß angelegtes Inventar zur Verfügung, in dem alles Platz findet, was uns den erfolgreichen Kampf gegen die Genma ermöglicht und erleichtert. Aus diesem Grund müssen wir nicht ständig Abstecher zu einer Item-Kiste im Save-Raum einlegen und können unbeschwert alles einsammeln, was uns das Spiel so vor die Füße wirft. Dies trägt alles dazu bei, dass der Schwierigkeitsgrad von Onimusha: Warlords insgesamt etwas niedriger ausfällt, als jener der Resident Evil Serie. Insofern wäre es auch nicht notwendig gewesen, dass in der Remastered-Version des Spiels der leichte Schwierigkeitsgrad von Beginn an ausgewählt werden kann und nicht allererst nach erfolgreicher erstmaliger Beendigung desselben. Das Action-Adventure Onimusha: Warlords deshalb als ein Resident Evil light abzutun wäre jedoch ein voreiliges Urteil. Ersteres tritt mit genügend Alleinstellungsmerkmalen auf, die ihm gegenüber dem Survival-Horror des zweiteren einen mehr als nur eigenständigen Charakter verleihen und das Hack and Slay Genre sehr überzeugend umsetzen. Darüber hinaus lassen sich Zahlreiche Anleihen erkennen, die sowohl die Souls-Reihe als auch Nioh bei Onimusha: Warlords genommen haben.

Onimusha: Warlords (PS2) ohne Genma Onimusha (Xbox)

Das schnellere und linearere Spielerlebnis bedeuten jedoch zugleich, dass Onimusha: Warlords mit vergleichsweise kurzer Spieldauer aufwartet. Nach etwas über sechs Stunden flimmerte bei mir, trotz sehr gemächlicher Spielweise, der Abspann über den Fernseher. Immerhin lässt sich die Spielzeit mit Ausflügen in das Dark Realm verlängern. An unterschiedlichen Stellen in der Welt von Onimusha lässt sich ein kleines Männchen namens Monigoro von der Decke herab und lädt uns dazu ein in einer Art unterirdischen Arena unser Glück zu versuchen, um Seelen zu schäffeln und Schätze zu bergen. Mit jeder besiegten Gegnerwelle erhalten wir Zugang zu einer tiefer gelegenen Ebene der Arena. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Ebenen jedoch nur durch Art und Anzahl der Gegner, visuell hingegen nicht. Haben wir alle Gegnerwellen beseitigt erhalten wir im ersten Dark Realm Zugang eine Okarina vermittels derer wir in einem zweiten Dark Realm Zugang einen mächtigen Gegenstand bergen können, der uns das Dasein als Onimusha zu erleichtern vermag. Dafür gilt es jedoch auf sehr engem Raum Gegnerwelle um Gegnerwelle zu beseitigen, was sehr schnell zu einem monotonen Ereignis verkommt. Gerade eingedenk all dessen ist es nicht ganz nachvollziehbar und sehr zu bedauern, dass Capcom bei ihrem Remaster von Onimusha: Warlords von 2001 die neuen Inhalte der Xbox Portierung des Spiels, unter dem Titel Genma Onimusha im darauffolgenden Jahr erschienen, nicht berücksichtigt haben. Immerhin wartete die Xbox Portierung aus dem Jahr 2002 mit neuen Arealen, einem zusätzlichen Boss-Kampf, neuen Ausrüstungsgegenständen und vor allem grünen Seelen auf. Vermittels dreier grüner Seelen konnte für kurze Zeit Unverwundbarkeit und ein Heilungseffekt aktiviert werden. Der Haken an der Sache: Auch Dämonen konnten diese grünen Seelen einsammeln und erhielten dadurch Zusatzattacken. Die Berücksichtigung dieser Inhalte hätte die Spieldauer des Remaster gehaltvoll verlängert, was angesichts des verhältnismäßig kurzen Spielvergnügens nicht geschadet hätte.

18 Jahre später – Kinder, wie die Zeit vergeht

Was genau ist nun mit dem Remaster verbessert oder gar neu hinzugefügt worden? Zunächst sind vor allem die Polygonfiguren deutlich schärfer texturiert, als dies bisher der Fall war. Auch die vorgerenderten Hintergründe sind deutlich schärfer, als noch zu PS2-Zeiten. Am PC beträgt die Auflösung 1440p, die Konsolen geben das Bild in ansehnlichen 1080p aus. Dennoch fallen die vorgerenderten Hintergründe, gerade im Vergleich zu den Verbesserungen bei den Charaktermodellen, noch immer matschig und unscharf aus und damit deutlich hinter die Qualität der Charaktermodelle zurück. Eine eingehendere Überarbeitung der Hintergrundbilder hätte jedoch wohl das Budget eines Remaster doch deutlich überstiegen und eher ein Remake notwendig gemacht, wie etwa im Falle von Resident Evil. Ein paar graphische Vergleichsbilder findet ihr in der folgenden Galerie. Dort wird zudem deutlich, dass die gerenderten Videosequenzen – wie etwa das Intro – primär hochskaliert und aufgehellt wurden. Denn hinsichtlich Schärfe und Detailgrad des Bildes unterscheiden sich das Original aus dem Jahr 2001 und das 2018 in Japan und 2019 im Rest des Erdenrunds erschienene Remaster von Onimusha: Warlords kaum. Auch die Animationen wirken heute nicht mehr ganz so geschmeidig, wie noch zu Beginn des letzten Jahrzehnts. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Onimusha bereits 2001 mit Motion Capture arbeitete. Da es sich hierbei jedoch um eine frühe Technologie handelt leiden die Charaktermodelle in den, in Spielegrafik gehaltenen, Zwischensequenzen unter einem Tremor, einem deutlich wahrnehmbaren Zittern.

Darüber hinaus hat Capcom Onimusha: Warlords einen 16:9 Modus spendiert. Angesichts der vorgerenderten Hintergründe, die auf ein 4:3 Format festgelegt sind, hat sich das Studio, zur Vermeidung unschöner Verzerrungen oder Stauchungen des Bildes, für die Implementierung eines Screen-Scroll-Features entschieden. Sprich: An bestimmten Stellen des Bildes scrollt der gesamte Hintergrund entweder nach oben oder nach unten, um jenen Bildschirmabschnitt desselben Renderhintergrundes zeigen zu können, der durch das 16:9 Format abgeschnitten wurde. Das funktioniert ohne Probleme und fällt nach einer ersten Gewöhnungsphase auch nicht mehr weiter auf. Alle Puristen haben jedoch weiterhin die Möglichkeit das Spiel im 4:3 Format zu genießen.

Auch bei dem Score des Spieles und der japanischen Lokalisierung hat Capcom nochmals Hand angelegt. Der orchestrale Soundtrack wurde völlig überarbeitet und zur Gänze neu eingespielt. Das Ergebnis lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes hören. Die Spielmusik untermalt die Szenerie nunmehr noch epochaler als im Original. Angesichts der nicht gescheuten Mühen in Bezug auf den Score, haben die Entwickler auch die japanische Sprachausgabe neu einsprechen lassen. Dabei zeichnet sich für die Vertonung von Samanosuke, wie bereit sim Original, neuerlich der Schauspieler und Sänger Takeshi Kaneshiro verantwortlich. Die englische Vertonung hingegen wurde unverändert übernommen. Das ist schade, da dieselbe keine Stärke des Originals war, sondern schon damals an vielen Stellen eher unfreiwillig komisch ausfiel, was auf die Atmosphäre drückte und weiterhin drückt. Da auch deutsche Untertitel zur Verfügung stehen empfehle ich den sehr gelungenen japanischen Originaldialogen zu lauschen und die englische Synchronisation links liegen zu lassen. Eine deutsche Sprachausgabe ist auch im Remaster neuerlich nicht vorhanden.

FAZIT

Capcom ist durchaus ein überzeugendes Remaster ihres PlayStation 2 Klassikers Onimusha: Warlords aus dem Jahr 2001 gelungen, welches aber nicht zu kaschieren vermag, dass der Zahn der Zeit unerbittlich an ihm genagt hat. Schärfere Texturen und eine insgesamt deutlich erhöhte Auflösung (1440 auf dem PC und 1080 auf den Konsolen) entfernen vor allem von den Charaktermodellen den Unschärfeschleier des Originals. Zugleich wird dadurch jedoch die geringere Qualität der vorgerenderten Hintergründe – trotz schärferer Auflösung oder gerade deshalb – deutlicher erkennbar. Hier ist Onimusha: Warlords sichtlich schlecht gealtert, ohne jedoch jemals zu einem tatsächlich unansehnlichen Pixelbrei zu verkommen. Zusätzlich zum 4:3 Format wurde ein 16:9 Format eingefügt, das mich das Spiel, dank Screen-Scroll, auch mit einem größeren Bild und ohne seitliche schwarze Balken genießen lässt, ohne dabei die vorgerenderten Hintergründe zu verzerren. Auch beim Score hat Capcom keine Mühen gescheut, denselben überarbeitet und neu aufgenommen, ebenso wie die sehr gelungene japanische Sprachausgabe. Dass ich nunmehr auf eine Analog-Stick-Steuerung zurückgreifen kann und nicht mehr auf die Panzersteuerung angewiesen bin, macht die Kämpfe sehr viel dynamischer und eingängiger.

Ein Wehrmutstropfen bleibt, dass Onimusha: Warlords auch weiterhin ein eher kurzes Spielvergnügen bietet. Dass Capcom angesichts dessen darauf verzichtet hat die Zusatzinhalte der Xbox-Portierung des Spiels aus dem Jahr 2002 zu berücksichtigen ist schade. Wer Onimusha: Warlords noch nicht gespielt hat, sich von zugegeben angestaubter Technik und etwas altbackener Spielmechanik nicht abschrecken lässt, eine Quäntchen Frustrationstoleranz (nicht überspringbare Zwischensequenzen, ein Rätsel unter Zeitdruck) und zudem ein gewisses Faible für Videospiel-Klassiker mitbringt, dem bietet sich mit dem Remaster eine ausgezeichnete Gelegenheit für einen (kurzen) Trip in das von Genma überrannte mittelalterliche Japan der Sengoku-Zeit. Da der Titel in Europa leider ausschließlich als digitaler Download vermarktet wird und darüber hinaus keine neuen Inhalte bietet, warten Sammler und Nostalgiker besser auf einen der zahlreichen Sales, der gerade auf Steam nicht lange auf sich warten lassen wird. Die Qualität des Remaster ist jedoch, gerade für Liebhaber der Serie, auch jetzt schon den dafür veranschlagten Preis von ca. 20€ (Steam) durchaus wert.

Was ist Onimusha: Warlords? Das HD-Remaster des PlayStation 2 Klassikers um den Samurai und Oni-Krieger Samanosuke, den weiblichen Ninja Kaede und die Prinzessin Yuki aus dem Jahr 2001.
Plattformen: PC, PS4, Xbox One, Nintendo Switch
Getestet: auf PC Intel Core i5-6600K, 4x 3.5GHz, 16 GB RAM, AMD Radeon R9 Fury
Entwickler / Publisher: Capcom/ Capcom
Release: 15. Jänner 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 4 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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