Sommerzeit ist Urlaubszeit – aber nicht immer für alle. Dieses Jahr hat aber auch Onkel Tom ausnahmsweise etwas Freizeit zugestanden bekommen und präsentiert euch seine Tipps für kurze und lange Spiele-Sessions, wenn man von der Sonne doch mal wieder genug hat.
Songs of Conquest
Was habe ich Stunden um Stunden in die ersten beiden Teile von Heroes of Might & Magic gesteckt. Jede Ecke der Karte musste erforscht, jeder Gegenstand eingesammelt und jeder Gegner besiegt werden, egal wie viel hunderte Runden es dauerte … Spätestens ab Teil 4 war dann aber irgendwie die Luft raus. Weder für die Änderungen am Gameplay, noch die „modernen“ Grafikstil-Experimente konnte ich mich begeistern. Vielleicht hatte ich mich auch einfach am Spielprinzip an sich satt gespielt. Inzwischen sind aber doch ein paar Jahre ins Land gegangen und ich hatte mal wieder Lust auf ein ähnliches Spielprinzip. Die Originale waren mir dann aber doch schon etwas zu altbacken. Empfohlene Alternativen wie King’s Bounty konnten mich irgendwie nicht auf den ersten Blick überzeugen, oder waren mir – zum Beispiel im Fall von Age of Wonders – schlichtweg zu kompliziert.
Fündig wurde ich schließlich bei einem Early Access-Titel. Songs of Conquest, Erstlingswerk des kleinen schwedischen Entwicklers Lavapotion, bedient sich unübersehbar bei der Gameplay-Formel und sogar dem Pixelgrafik-Stil der frühen Heroes of Might & Magic-Titel. Es baut allerdings gekonnt darauf auf: Grafik & Animationen gefallen auch in aktuellen Auflösungen; Steuerung und Interface sind modern, ohne überladen zu wirken; und die Kämpfe und das Magie-System sind gerade so anspruchsvoll, dass sie für Abwechslung sorgen, aber weder unter- noch überfordern.
Derzeit bietet die Early-Access-Version vier unterschiedliche Fraktionen, drei (kurze) Story-Kampagnen, sowie die Möglichkeit Scharmützel gegen den PC oder andere Spieler online zu schlagen. Für Kartennachschub kann man dank eines umfangreichen Editors selbst sorgen. Insgesamt wirkt Songs of Conquest schon sehr fertig und bietet die Möglichkeit nostalgischem Gameplay zu frönen, ohne auf moderne Annehmlichkeiten zu verzichten.
Viewfinder
Die Menschheit hat die Umwelt erfolgreich gegen die Wand gefahren, der Himmel ist rot und da es keine Bäume mehr gibt, wird die Luft im wahrsten Sinne des Wortes langsam dünn. Ein letzter Ausweg findet sich vielleicht in einer Simulation, die eine Gruppe genialer Wissenschaftler geschaffen, aber schon lange aufgegeben haben.
Der Titel verrät schon so einiges über das Spiel: Viewfinder, also der Bildsucher, wie man ihn von guten alten Fotokameras kennt. Was wir durch den Sucher der Kamera sehen, kann an anderer Stelle Teil der Realität werden. Dazu platzieren wir mit unserer wundersamen Sofortbildkamera gemachte Schnappschüsse einfach in der Spielwelt. Ein unüberwindbarer Abgrund? Kein Problem, wir fotografieren einfach ein Stück Gehweg und platzieren es an der richtigen Stelle. Dabei kommt es natürlich auch auf die Ausrichtung und die Tiefe an. Auch die Seitenwand eines Gebäudes kann, richtig gedreht und ausgerichtet zur Rampe werden. Fehlen uns Batterien um den Teleporter in den nächsten Abschnitt zu aktivieren? Kein Problem, mittels Fotokopie (ja, es gibt auch Kopiergeräte) wird die nötige Stromquelle gegebenenfalls dupliziert. Auch sonst spielen sich die Designer gerne mit Perspektive und optische Täuschungen um unsere grauen Zellen auf Trap zu halten. Vielmehr soll auch nicht verraten werden, schließlich macht das „mit Fotos um die Ecke denken“ den Reiz des Spiels aus.
Hat man ein Talent für diese Art von Puzzles ist man mit der gesamten Geschichte allerdings in vier Stunden leicht durch. Es gibt zwar in jedem Level-Hub noch einige optionale, gelegentlich sogar etwas anspruchsvolle Bonus-Levels, aber auch sie verlängern die Spielzeit nicht enorm. Manchen mag das zu kurz sein, ich möchte allerdings entgegenhalten, dass die Spielzeit zumindest dicht mit Inhalten gepackt ist und eben ein wirklich interessantes Spielkonzept umsetzt.
Ghost Trick: Phantom Detective
Obwohl aus der gleichen Schmiede, wie die erfolgreiche Ace Attorney-Reihe, konnte Ghost Trick nie an dessen Erfolge anschließen. Mitte 2010 in Japan und Anfang 2011 im Rest der Welt für Nintendos DS veröffentlicht war man vielleicht schon zu spät im Lebenszyklus des immens erfolgreichen Handhelds. Man erreichte irgendwie nie den Mainstream und blieb über Jahre ein Geheimtipp unter Fans. Mehr als ein Jahrzehnt später belohnt Publisher Capcom allerdings die Geduld genau dieser Fans und hat vor kurzem einen soliden Remaster für PC und Konsolen herausgebracht.
Die Story ist komplex und stellenweise auch düsterer, als der Anime-typische Grafik-Stil anfangs glauben machen lässt. Als frisch gestorbener und von Amnesie geplagter Geist erwachen wir auf einem Schrottplatz. Und werden gleich Zeuge einer verfahrenen Situation: Eine Leiche – unsere? – liegt bereits am Boden, ein bewaffneter Gangster scheint kurz davor eine junge Frau ebenfalls ins Jenseits zu befördern. Eine mysteriöse Stimme verrät uns, dass wir die Unbekannte retten können, wenn wir unsere paranormalen Kräfte nutzen. Als Geist können wir nämlich so manchen Gegenstand manipulieren. Ein sich selbständig machendes Fahrrad hier und eine unzureichend gesicherte Abrissbirne dort kann bereits genügen um das Schicksal der jungen Dame zu ändern – fürs erste. Wenig überraschend ist das aber natürlich erst der Anfang einer ausgesprochen actionreichen Nacht in der unser Geist noch weitere Leben retten, Intrigen aufdecken und Geheimnisse lüften muss.
(Nicht nur) der finale Story-Twist weiß auch durchaus zu überraschen, aber irgendwie bin ich mit der Geschichte trotzdem nicht so richtig warm geworden. Aufgaben, die sich oft auch durch stures Durchprobieren der überschaubaren Möglichkeiten lösen lassen, sind für mich auch eigentlich keine richtigen Puzzles – oder zumindest keine besonders anspruchsvollen. Trotzdem eine Visual Novel, die dank gewisser Adventure- und Puzzle-Element auch durchaus ihren Charme hat und technisch solide auf den Stand der Zeit gebracht wurde.
Ghost Trick: Phantom Detective auf Steam
Above Snakes
Wenn es um Survival-Titel geht, darf es bei mir ruhig „casual“ abgehen. Ich brauche keinen ständigen Nervenkitzel, egal ob in Form mordlustiger MitspielerInnen bei PvP oder den drohenden (Komplett-)Verlust von Spielfortschritt, weil ich vergessen habe etwas zu trinken, oder einfach mal falsch abgebogen bin.
Das ursprünglich via Kickstarter finanzierte Above Snakes schlägt da für mich in die richtige Kerbe: Zu Zeiten des Wilden Westen angesiedelt erforscht und überlebt man als junge Frau indianischer Abstammung gegen Flora, Fauna und Zombies. Ja, die Untoten machen nach einem Meteoriteneinschlag die aus zahlreichen unterschiedlichen Biomen (Wälder, Prärie, Canyons, Wüste usw.) bestehende Welt unsicher. Die meiste Zeit können sie allerdings geflissentlich ignoriert werden, da langsam und im Kampf leicht zu besiegen.
Das Spiel folgt über weite Strecken den klassischen Survival-Standardformeln: Mit primitiven selbstgebastelten Werkzeugen sammelt man die ersten Ressourcen, baut die erste Werkbank und darauf wiederum besseres Werkzeug. Hochwertigere Ressourcen können damit abgebaut bzw. produziert werden, das führt wieder zu neuem Werkzeug, den Bau eines Unterschlupfs und neuer Produktionsstätten usw. usf. … Nebenbei befriedet man noch die vier Grundbedürfnisse Hunger, Durst, Schlaf und geistige Gesundheit und erforscht – eigentlich „baut“ – sich die Welt.
Eine kreative Idee bringt das Spiel nämlich mit: Es gibt keine vordefinierte Karte und die Welt wird auch nicht prozedural generiert. Stattdessen starten wir auf einer einzigen kleinen Landschaftskachel, deren Grenzen wir anfangs auch nicht verlassen können. All unsere Aktionen generieren Erfahrung und haben wir genug davon gesammelt, dürfen wir eine weitere Landschaftskachel platzieren und erforschen. Neue Kacheln bieten neue Ressourcentypen und/oder treiben die Story voran, müssen aber oft erst durch den Einsatz von Ressourcen erforscht werden. Beim Platzieren sollte man sich auch immer etwas Luft lassen und vorausschauend planen. Die Übergänge zwischen unterschiedlichen Biomen – z.B. Prärie und Wüste – müssen stets auf allen Kachelseiten passen und es bedarf oft entsprechender „gemischter“ Kacheln.
Der prinzipiell unterhaltsame Indie-Titel hat aber auch einige Schwächen. Die Hintergrundgeschichte und das Dialog-Design ist weniger gelungen und angetroffene NPCs kann und wird man sofort wieder vergessen, sobald man die obligatorischen ein bis zwei (Neben-)Missionen für sie erledigt hat. Um alle Kartenteile freizuschalten – und damit die Geschichte voranzutreiben – müssen außerdem manchmal auch lange Laufwege absolviert und gelegentlich Ressourcen richtiggehend „gegrindet“ werden. Alles in allem aber ein unterhaltsamer Titel für zwischendurch und/oder nebenbei.