Onkel Toms Spiele für den Sommer – 2024 Edition

Haben die eigenen vier Wände im Hochsommer eine gewisse Temperatur erreicht, muss nicht auch noch die Grafikkarte mitheizen und das Spielehirn langsam vor sich hin köcheln. Entsprechend ein paar ruhigere und/oder zumindest (grafisch) „coole“ Empfehlungen für die heißeste Zeit des Jahres …

Kena: Bridge of Spirits
Die knuddeligen Geister, die ich rief

In Kena: Bridge of Spirits erleben wir die Geschichte einer jungen Geisterführerin, die auf der Suche nach einem heiligen Bergschrein auf ein verlassenes Dorf stößt. Die Geister vieler ehemaliger Bewohner durchstreifen immer noch den umliegenden Wald und es liegt an Kena ihre Geschichten zu erfahren und ihnen einen friedlichen Übergang ins Jenseits zu ermöglichen.

Kena ist in jeder Beziehung ein reinrassiges Action-Adventure. Springend, laufend und kletternd erforscht man Ruinen, Wälder und Höhlen, findet Verstecke und löst gelegentlich kleine „Rätsel“ um weiterzukommen. Dabei unterstützen uns stets die sogenannten Rott, gutartige und unglaublich niedliche Elementargeister, die auch nach und nach neue Fähigkeiten erlernen. Kämpfe gibt es natürlich auch, denn nicht alle Geister sind unserer Heldin wohlgesonnen. Auch das Kampfsystem erfüllt mit einer durchaus eleganten Kombination von Nah- und Fernkampf alle Erwartungen, die Bosskämpfe fallen allerdings fast schon überraschend schwer aus.

Kurzum: solides Gameplay, nette Story und das ganze grafisch extrem hübsch verpackt und musikalisch gut unterlegt. Die meisten würden entsprechend ein erfahrenes, wenn nicht sogar bekanntes Entwickler-Studio hinter dem Titel vermuten. Doch bei Kena handelt es sich tatsächlich um das erste Spiel von Ember Lab, einem ursprünglich für Animationen gegründeten Studio, das mit seinem Erstlingswerk also wirklich überzeugen kann. Man darf gespannt sein, was das kleine Indie-Studio als Nächstes auf die Beine stellen wird.

Kena: Bridge of Spirits auf Steam

The Bookwalker: Thief of Tales
Wenn Autoren mehr als nur Ideen klauen …

In der Welt von The Bookwalker: Thief of Tales haben viele Autoren eine faszinierende, aber auch gefährliche Fähigkeit: Sie können in die Welten von Büchern eintauchen und deren Handlung und Geschichte beeinflussen – was sich allerdings auch in der Realität auf alle Ausgaben des jeweiligen Buches auswirkt. Änderungen und manchmal vielleicht sogar Sabotage von (fremden) Büchern sind daher entsprechend verpönt und stehen auch unter Strafe. Unser Protagonist Etienne, selbst ein eigentlich recht erfolgreicher Autor, dürfte gegen genau diese Gesetze verstoßen haben und ihm wurde sowohl das Schreiben, als auch das Bereisen von Büchern auf Jahrzehnte verboten. Magische Fesseln sollen dafür sorgen, dass er sich an diese Vorgaben auch hält.

Von allen fallen gelassen, gepfändet und mittellos lässt sich Etienne in seiner Verzweiflung auf einen Deal mit Kriminellen ein. Er soll seine einzigartigen Fähigkeiten nutzen, um noch viel schlimmere Verbrechen zu begehen: das Entwenden von fantastischen Gegenständen aus Büchern. Ein alchemistischer Trank, der ewiges Leben verspricht? Ein magischer Zauberstab oder gleich den Hammer des Donnergottes Thor? Alles kein Problem, solange seine Fesseln im Anschluss verschwinden … denkt sich unserer Anti-Held zumindest anfangs. Schon bald werden auch ihm allerdings die Konsequenzen bewusst und wie „real“ sind eigentlich die von ihm bereisten und oft in Chaos zurückgelassenen Welten wirklich?

Mit unserem Bookwalker bereisen wir insgesamt sechs (Kurz-)Geschichten und diese bieten auch durchaus Abwechslung. Leider schöpft man das reichlich vorhandene Potential dabei nicht ganz aus. Die Handlung aller bereisten Bücher sind extrem linear und lassen sich sehr einheitlich dem Fantasy-Genre zuordnen, abwechselnd angereichert mit einem Schuss Science-Fiction, Western, Steampunk oder was immer gerade passend erscheint. Warum lassen uns die Entwickler nicht zur Abwechslung auch mal eine kitschige viktorianische Romanze oder ein historisches Epos plündern? Trotzdem ist The Bookwalker: Thief of Tales insgesamt ein durchaus gelungenes Adventure mit gerade der richtigen Menge Innovation und Ungewöhnlichkeit um interessant zu sein.

The Bookwalker: Thief of Tales auf Steam

Vertical Kingdom
Sim City: The Stakening

Ein „kartenbasiertes Stadtbau-Roguelite-Spiel“ … das muss man schon öfters lesen, bevor vor dem geistigen Auge eine erste Vorstellung entsteht. Als frischgebackener (und trotzdem schon oberster?) Architekt und Städteplaner eines ehemals großen und einflussreichen Imperiums sollen wir durch fleißigen Städtebau verlorene Gebiete zurückzuerobern und das Reich zurück zum Ruhm führen. Zu den vielen Herausforderungen gehören dabei unter anderem Ressourcenknappheit und der – in gewisser Weise namensgebende – Platzmangel. Für Fundamente gibt es stets nur wenig Platz und so müssen wir gezwungenermaßen eher in die Höhe bauen. Mit zunehmender Größe unserer Stadt werden neue Karten freigeschaltet, aber auch die Ansprüche unserer Bevölkerung steigen. So ist es vor allem anfangs nicht leicht Missionsziele, Ressourcenverbrauch und Ansprüche unserer Bewohner unter einen Hut zu bringen.

Fast hätte es Vertical Kingdom gar nicht in diese Auswahl geschafft: Eine erste, gerade mal halbstündige Spiele-Session verlief alles andere als zufriedenstellend. Das Spiel erklärt sich anfangs nicht sehr gut und man kann entsprechend viel falsch machen. Die ersten Städte jeder Kampagne sind noch sehr einfach und nach ein paar Zügen erledigt. Doch dann wird „plötzlich“ alles furchtbar schwer und man wird mit Schimpf und Schande abgesetzt? Spiel einfach nicht verstanden, so ehrlich muss man sein. Bei jeder Stadt mag – abhängig von den Zielen und den vorhandenen Ressourcen – eine andere Taktik nötig sein, doch alle bisherigen Zwischenstopps bis dorthin müssen unsere Gesamtstrategie prägen. Wer in den „einfachen“ Anfangs-Städten Ressourcen hortet und zusätzliche Karten freischaltet tut sich später leichter und sammelt auch gleich mehr Punkte, um zwischen Kampagnen-Runs permanente Upgrades für die unterschiedlichen Regionen oder gleich das ganze Reich freizuschalten.

Kurzum: unsere Städte wachsen zwar in die Höhe, unsere Strategie muss aber – Achtung, Wortspiel!! – tiefer gehen. So ist Vertical Kingdom auf seine ganze eigene Art eben ein forderndes, interessantes und liebevoll gestaltetes … „kartenbasiertes Stadtbau-Roguelite-Spiel“.

Vertical Kingdom auf Steam

Cryptmaster
Tastatur-Zombies

In längst vergangenen Zeiten gaben vier Helden ihr Leben im Kampf gegen ein namenloses Böses. Tief begraben in einer längst vergessenen Gruft wird ihre ewige Ruhe vom Geist eines Nekromanten gestört, der sie verpflichtet seinen Seelenstein zurück an die Oberfläche, in die weit über ihren Köpfen liegenden Stadt zu bringen. Während der Reise durch die unterschiedlichen Ebenen der städtischen Unterwelt begegnen und konfrontieren wir dabei nicht nur allerlei seltsame Kreaturen und Wesen, sondern füllen die Köpfe unserer untoten Protagonisten nach und nach mit Erinnerungen. Mit entsprechenden Konsequenzen versteht sich.

Fast alles in Cryptmaster dreht sich um Buchstaben bzw. Wörter und Wortspiele: Alle Fähigkeiten und Zaubersprüche werden durch das Eintippen von Wörtern ausgelöst. Längere und komplexere Wörter sind meist mächtiger, verbrauchen aber auch mehr Seelenenergie, die wir durch das … „Finden“ von saftigen Käfern und anderem Ungeziefer wieder aufladen müssen. Jeder Gegner hat einen Namen, dessen Länge seinen Lebenspunkten entspricht und jeder Angriff vernichtet entsprechend viele Buchstaben.

Selbst die Sonderfähigkeiten der Gegner basieren oft auf bestimmten Buchstaben, die dann im aktuellen Kampf möglicherweise gar nicht oder nur bei Strafe verwendet werden können. Und zu guter Letzt gibt es natürlich noch viele (Wort-)Rätsel und verwandte Spielereien zu lösen. Manche davon sind optional und belohnen mit zusätzlichen Ressourcen. Andere müssen gelöst werden, weil sich eine Tür nur mit dem richtigen Passwort öffnen lässt oder ein Wächter nur mit dem richtigen Stichwort den weiteren Weg freigibt.

Das ungewöhnliche und erfrischend neuartige Gameplay, der interessante Grafikstil und die sarkastischen Sprüche & Kommentare des namensgebenden Nekromanten verleihen Cryptmaster einen ganz eigenen Charme. Die englische (oder wahlweise spanische) Sprache muss man allerdings schon recht flüssig beherrschen und auf der Tastatur sollte man auch andere Buchstaben als WASD problemlos finden. Sonst wird es schwer in der Unterwelt voranzukommen …

Cryptmaster auf Steam

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