Onkel Toms Spielecke #24: Juni 2016

Ich verrate hier mal ein kleines Redaktionsgeheimnis: Meine letzte Kolumne war eigentlich schon einige Tage vor der E3 fertig. Dinge sind passiert, Leute waren beschäftigt und so wurde die Kolumne aber trotzdem nicht gleich online gestellt. Im Rahmen der E3-Berichterstattung wäre sie aber erst recht untergegangen und so wurde entschieden, sie erst unmittelbar nach der E3 online zu stellen. Keine große Sache, ich habe einfach noch den letzten Absatz geändert (der sich damals noch auf eine in der Zukunft liegende E3 freute) und vage auf nachträgliche Kommentare zur E3 verwiesen.

 

Jetzt ist es so weit, die ist E3 seit Wochen vorbei und ich habe eigentlich immer noch nichts zu sagen. Während und nach der Messe habe ich die News-Seiten und ein paar Diskussionen zwar überflogen, aber weder habe ich mir eine einzige Pressekonferenz angesehen noch irgendwelche Trailer- und Gameplay-Videos verschlungen. Im Gegensatz zu manch anderen E3s der letzten Jahre war das Line-up nicht einmal schlecht, aber trotzdem hat nichts so richtig mein Interesse geweckt. Ganz im Gegenteil, ich bin eigentlich unzufrieden. Ein paar, nicht sehr inspiriert wirkende, Fortsetzungen machen mal wieder die Masse aus. Auch wenn ich z. B. von Battlefield wenig Ahnung habe, frage ich mich schon, wie ein Shooter in einem Setting funktionieren soll, in dem (zumindest im Vergleich zu heute) sehr langsam und viel weniger geschossen wurde.

Die beiden großen Konsolenhersteller haben jetzt auch nicht gerade vor Kreativität gesprüht: hübsche Videos, aber halt alles irgendwann. Auch haben beide notgedrungen – die Katze war schließlich schon länger aus dem Sack – über die Hardware-Updates ihrer Konsolen gesprochen. „Neu“ darf man ja nicht sagen, sonst entstehen ja Lynch-Mobs entsetzter Fans, die einfach nicht einsehen wollen, dass beim aktuellen Stand der Technik ein 10 Jahresmodell bei Hardwareupgrades einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Daher war es bei beiden nur ein kurzer Nebensatz, samt Versprechen, dass man natürlich beide Generationen weiterhin unterstützen wird. Schauen wir mal, wie die Sache bei der nächsten E3 aussieht und ob Microsoft und Sony hier genau so schnell zurückrudern werden, wie Facebook beim Hardware-DRM für seine Oculus.

Apropos VR: Natürlich finde ich es interessant bis schön, dass sich Bethesda auch mit dem Thema VR auseinandersetzt, vor allem mit dem erklärten Vive-Schwerpunkt. Andererseits auch ein wenig „kleinlich“, dass man Oculus bewusst schneidet, weil sich Mutterkonzern Zenimax gerade vor Gericht mit diesen prügelt. Playstation VR wiederum interessiert mich wenig: Es hat die gleichen „Probleme“ wie Oculus – ohne räumliche Tiefe und Bewegung ist das doch eigentlich nur eine andere Art von Bildschirm, keine wirkliche Innovation. HoloLens ist ein hochinteressantes Konzept, aber Microsoft prescht glaube ich mal wieder (zu früh) vor. Die Technik ist einfach noch nicht soweit und nicht bezahlbar – und das von jemandem, der sich eine VIVE geleistet hat. Es hat schon seine Gründe, warum man von Google Glas eigentlich nichts mehr hört… Viel Gejammer, ich weiß. Ich habe selbst Bedenken, dass ich langsam zu einem dieser ewigen Nörgler werde, die mir in meiner „aktiven“ Zeit so oft auf den Geist gegangen sind. Aber das ist sowieso alles nur Spekulation und ich bin zum Glück weder Stake- noch Shareholder bei einer der betroffenen Firmen. Einfach zurücklehnen und abwarten kann mir zum Glück nicht im geringsten schaden.

 

Zuviel Fortsetzung, Zeit für eine Pause

Schneller als gedacht war ich mit dem Remaster der Uncharted-Trilogie durch und hatte mich eigentlich darauf vorbereitet, dass noch viele, viele Monate vergehen würden, bevor es mit Uncharted 4 weitergeht. Doch so kann man sich irren, ein netter Bekannter hatte eine Version zu viel (eine lange und trotzdem nicht spannende Geschichte) und überließ mir netterweise den Überschuss.

Durch diesen Glücksfall hätte ich eigentlich gleich weiterspielen können. Können, tat ich aber nicht. Im Rahmen des Trilogie-Schnelldurchlaufs war ich in letzter Zeit einfach zu viel mit Nathan Drake durch die Gegend geturnt und hatte Horden und Horden von Schurken und Monstern erledigt. Erst mit fast zwei Wochen Verspätung war wieder so etwas Ähnliches wie Lust da. Leider war diese aber nicht von Dauer. Auch wenn mich jetzt manche Fans steinigen werden: Irgendwie bin ich noch nicht wirklich Feuer und Flamme für Teil 4.

Die Grafik ist schön, man hat sich sichtlich bemüht ein wenig frischen Wind in Gameplay und Story zu bringen. Trotzdem wird noch immer sehr, sehr viel geballert. Gegen offensichtliche „Bösewichte“ stört mich das noch wenig(er), aber mit dieser (zumindest für mich) ungeschriebenen Regel bricht Uncharted 4 schon recht früh – Stichwort Gefängnisausbruch. Hinzu kommt, dass die Einführung von Nathans Bruder Sam für mich ein Deus ex Machina der schlimmsten Sorte ist. Nathan war immer eine Vollwaise, die von Gentlemen-Gangster Sully großgezogen wurde. Jetzt plötzlich einen Bruder einzuführen, der über viele Jahre eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte, ist schon arg an den Haaren herbeigezogen.

 

VR angespielt

Zwar erscheinen immer mehr Titel (auch) für VR, aber auch in den vergangenen Wochen war kein echter Stundenfresser dabei – zum Glück, denn ich hätte die Zeit eh nicht. Nicht lange gespielt habe ich:

The Nest, ein Early Access-Titel, ist ein Scharfschützen-Titel in dem man als menschlicher Rebell eine von Robotern zerstörte Zivilisation rächen soll. Momentan gibt es nur einen Level und eine Sorte Gegner. Das Konzept ist wieder einmal nur dank dem VR-Faktor interessant und viele Spieler haben schon wilde Konstruktionen gebastelt, um aus dem Vive-Controller ein realistischeres Gewehr zu basteln. Interessant und bei Fertigstellung vielleicht wieder einen Besuch wert, aber ich glaube nichts, was mich auf Dauer packen wird.

Eine nette kleine (VR-)Überraschung bot das letzte Humble Monthly Bundle: Keep Talking and Nobody Explodes ist/war ursprünglich kein VR-Titel, aber erst die nachträgliche VR-Unterstützung hat das Spiel für mich interessant gemacht. Ziel des Spiels: Eine aus mehreren Modulen bestehende Bombe rechtzeitig entschärfen. Das Problem: Das entsprechende Manual, in dem beschrieben wird, wie man unterschiedliche Arten von Bomben entschärft, haben wir scheinbar leider zuhause vergessen. Gut, wenn man dann Freunde hat, die für einen nachschauen können. Daher gilt es, das Gesehene gut zu beschreiben, denn sonst werden die Mitspieler die (hoffentlich richtige) Lösung nie finden. „Schneid den roten Draht durch, den roten… Nein, wart ich meinte den bla….!“ Mit VR-Brille macht das Spiel gleich noch viel mehr Spaß, trennt es doch Entschärfer und Mitspieler noch viel stärker von einander. Auch (unbewusstes) „Schummeln“ wird auf beiden Seiten verhindert und vor allem der Spieler vor der Bombe kann – quasi abgeschnitten von der Außenwelt – viel, viel tiefer in das Spielgeschehen eintauchen.

Irgendwie absurd, dass ich immer wieder Survival-Titel ausprobiere, obwohl mich noch keiner so richtig packen konnte. Bei The Solus Project bereue ich den Ausflug trotzdem nicht, denn es gehört zumindest grafisch zu den aktuell hübschesten VR-Erfahrungen. Gestrandet auf einem fernen Planeten muss man als einziger Überlebender nicht etwa gegen Alien-Monster, sondern „nur“ gegen die Elemente und die eigenen Bedürfnisse bestehen. Und vielleicht auch gegen die schöne Aussicht: Verhungert, weil man zu lange in die Ferne starrte? In eine Spalte gefallen, weil man einen wilden Zyklon beobachtet? Soll alles schon passiert sein…

Warum ist sonst noch niemand auf diese Idee gekommen? VR: Vacate the Room ist ein erster und durchaus gelungener Versuch, die Escape the Room-Idee in die virtuelle Realität zu verfrachten. Leider ist der Spaß schon nach guten 10 Minuten vorbei. Bitte unbedingt mehr davon!

Festhalten: Ich habe ein Spiel durchgespielt

Mich wirklich auf ein Spiel einzulassen gelingt mir in den letzten Jahren immer seltener. Ich könnte nicht einmal sagen, was genau der Grund ist. Vielleicht ist es der Stress in der Arbeit, vielleicht habe ich einfach schon zu viele Spiele gesehen und bin nur mehr schwer zu begeistern oder ich werde einfach alt/älter. Sei es wie es sei, die meisten Spiele probiere ich eigentlich nur mehr kurz aus und vielen, vielen guten Vorsätzen zum Trotz, werden die wenigsten davon irgendwann weiter geschweige denn fertig gespielt. Doch es gibt auch Ausnahmen, wie zum Beispiel Inside von den Machern des sehr schönen (aber auch nicht durchgespielten) LIMBO.

Inside ist sicher nicht für jeden. Ein Stick, eine Aktions- und eine Sprungtaste – also eigentlich nur ein 2D Jump’n’run in einer 3D-Spieltwelt. Und trotzdem ist der Titel stellenweise eine ziemliche Herausforderung. Die ohne Text und Worte erzählte „Geschichte“ und erst recht das durchaus ambivalente Ende werden viele verwirrt und/oder unzufrieden zurücklassen. Auch an mir ist das Erlebnis nicht ganz spurlos vorübergegangen und beim Tippen dieser Zeilen denke ich zum wiederholten Mal darüber nach, ob mir das Ende gefallen hat oder nicht. Gleichzeitig denke ich mir aber: Macht nicht gerade das ein interessantes Spiel aus? Auf jeden Fall positiv ist, dass man schnell und flexibel auf Herausforderungen reagieren muss. Ich selbst würde es nicht unbedingt Rätsel nennen – andererseits beinhaltet auch die Uncharted-Reihe angeblich Rätsel, die ich bis heute nicht bemerkt habe…

 

Wir lesen uns nächsten Monat!

Euer Onkel Tom

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