Onkel Toms Spielecke #25: Juli & August 2016

Glaubt es ruhig, auch mir gehen die ständigen Entschuldigungen, warum die Kolumne schon wieder Verspätung hat auf den Geist. Die traurige Wahrheit ist aber nun einmal: Ich muss meine Brötchen dieser Tage mit anderen Tätigkeiten verdienen, die mich manchmal mehr und manchmal viel zu viel mehr beanspruchen.

Computer- und Videospiele sind nur mehr ein Hobby, wenn auch ein sehr wichtiges, weil es mich als Mensch und Person geprägt hat und auch heute noch Bestandteil jeder Selbstbeschreibung sein muss. Das Spielen selbst ist auch fast das kleinere Problem, eine halbe Stunde zwischendurch geht sich auch bei meinem derzeit übervollen Pensum immer wieder einmal aus. Sich die Zeit zu nehmen bzw. nehmen zu können eine halbwegs vernünftige Kolumne zu schreiben ist schon eine ganz andere Sache. Ich habe zwar das Gefühl, dass mir Schreiben immer schon leichter gefallen ist, als vielen meiner Mitmenschen, aber auch ich habe meine Grenzen. Ich darf nicht zu müde sein, geistig wie körperlich. Wenn ich weiß, dass ich weniger als mindestens eine Stunde ungestört in einen Text stecken kann, fange ich besser gar nicht erst an. Und selbst meine Gemütsverfassung spielt eine Rolle. Kurzum: Es ist einfach selten, dass alles zusammenspielt und sich die Welt nicht (scheinbar) gegen mich und mein unbezahltes Kolumnistendasein verschwört. Das ist schade, denn ich teile gerne meine Eindrücke über Spiele: Die positiven, die negativen und alle, die dazwischen liegen…

Fliegende Helme, Zombies und Fledermäuse

Sehr viel Spaß hatte ich zum Beispiel mit Headlander, dem neuen Titel von DoubleFine. Genau, das sind die Leute, die „man“ nicht mehr mag, weil ihnen das Spacebase DF-9-Debakel passiert ist. Ich mag sie trotzdem. Der konkrete Metroidvania-Vertreter hat zwar seine Schwächen, macht aber auch vieles richtig. Als Kopf ohne Körper erwachen wir in einer dystopischen Zukunft. Die Menschheit hat ihre schwachen, zerbrechlichen Körper hinter sich gelassen und ihr Bewusstsein in Roboter übertragen. Hat der Roboter einen Defekt, wird beschädigt oder zerstört, wird man einfach in einen neuen Körper heruntergeladen. Wie so oft hat die schöne neue Welt aber auch ihren Haken: Im konkreten Fall eine diktatorische KI, welche keine Abweichung von der Norm duldet. Als (letzer?) biologischer Kopf in einem lebenserhaltenden Helm liegt es folgerichtig an uns wieder für geistige Freiheit so sorgen. Man kann – dank Düsenantrieb – zwar manchmal auch mit dem Kopf durch die Wand, aber gelegentlich ist auch ein Körper ganz praktisch. Der futuristischen Version von Universal Plug & Play sei Dank sind wir aber zum Glück auch mit modernen Roboterkörpern kompatibel. Steht einer herren- oder damenlos herum: umso besser. Im Zweifelsfall kann man aber auch Kopf und Körper mehr oder weniger freiwillig von einander trennen und das freigewordenen Chassis und dessen Fähigkeiten für die eigene Zwecke missbrauchen. Durchwegs unterhaltsam und abwechslungsreich, auch wenn die Story (und vor allem das Ende) etwas flach ist.

Warum hat da niemand früher daran gedacht? Man nehme die Spielmechanik von Lemmings und kreuze sie mit der Zombieapokalypse. Da braucht es doch fast weder Screenshots noch Spielbeschreibung, um zu wissen, dass man hier einen Must-Have-Titel vor sich hat!! Als bösartiges Mastermind hinter der gerade beginnenden Zombieapokalypse, liegt es an uns die untoten (und nicht gerade besonders intelligenten) Horden zum Sieg zu führen. Andere Menschen infizieren und damit die eigenen Ränge stärken reicht nämlich nicht immer. Abgründe müssen überwunden und gut verbarrikadierte Rückzugspunkte der Überlebenden geknackt werden und dazu bedarf es neben Masse auch Köpfchens. (Anm. der Redaktion: Bitte keine Fragen der Kategorie „Was ist Lemmings?“ stellen, da sich der Autor sonst mit seinem Alter auseinandersetzen müsste. Folge wäre eine ausgewachsene Depression, welche die nächste Kolumne erst wieder verzögern würde.)

 

Ok, das wird’s jetzt niemanden wirklich überraschen, denn es kommt Batman im Titel vor. Mein Interesse am dunklen Ritter – lustigerweise aber ausschließlich in Videospielen – ist schon lange kein Geheimnis mehr. Daher war Batman – The Telltale Series natürlich eine Pflichtanschaffung. Wie auch schon The Walking Dead ist auch dieser Telltale-Titel mehr interaktiver Film als Spiel, aber die erste Episode gefällt auf jeden Fall schon einmal. Wir begleiten Bruce Wayne ganz am Anfang seiner Karriere. Politik und Polizei sind durch und durch korrupt und haben ihn auf der Abschussliste. Auch die wenigen ehrlichen Cops – zum Beispiel ein gewisser James Gordon – stehen ihm mehr als misstrauisch gegenüber. Als Batman beginnen wir das Netz aus Lügen, Korruption und Gewalt zu durchbrechen, scheuchen damit aber die Hintermänner auf und machen uns mächtige Feinde.

Grenzwertige Erfahrungen

In den vergangenen Wochen wurde ich aber auch an gleich mehrere Grenzen geführt: RimWorld führte mich an die Grenzen des Alls. Der Weltraumkolonie-Simulator erinnert mich spielerisch wie grafisch extrem an den großartigen Prison Architect. Das Spiel hat glaube ich extrem viel Potenzial, im Moment ist es mir aber noch zu unfertig – aktuell befindet man sich in der Early Access Alpha. Die vielen komplexen Mechaniken und Möglichkeiten werden aktuell unzureichend (= meist gar nicht) erklärt und für Fan-gemachte Tutorial-Videos fehlt mir aktuell einfach die Zeit. Wir sehen uns vielleicht wieder, wenn wenigstens die Beta erreicht ist!

Mit sehr viel mehr Begeisterung habe ich hingegen die Grenzen des Königreichs in Kingdom Rush Frontiers verteidigt. Der zweite Teil der aus meiner Sicht mit Abstand besten Tower Defense-Serie hat endlich auch den Sprung auf den PC geschafft. Es hat und wird mich noch einige Stunden kosten, den feindlichen Horden mit Köpfchen Einhalt zu gebieten. Noch eine Fortsetzung, noch eine mobile Portierung: The Room Two macht frisch portiert auch am PC eine gute Figur und führt uns als Spieler an die Grenzen der Realität. Wie schon der Vorgänger eine angenehme Rätsel-Mischung bei der es auf ein scharfes Auge und gute Kombinationsgabe ankommt. Für beide Titel gilt übrigens: Bitte unbedingt auch noch den jeweils dritten Teil portieren!

Auch ein bisschen VIVE muss sein

Nicht nur das Schreiben funktioniert am besten, wenn ich mich fit fühle. Auch VR-Sessions müssen immer als Erste dran glauben, wenn ich einfach zu schlapp bin. Daher ist meine VIVE in den letzten Wochen etwas zu kurz gekommen. Die Technikverliebtheit in die schöne neue Welt der virtuellen Realität hat aber trotzdem noch immer nicht nachgelassen. Vielleicht haben die regelmäßigen langen Pausen sogar einen positiven Effekt, denn immer noch zeichnet ein kindliches Grinsen mein Gesicht, wann immer ich die Brille dann doch wieder aufsetze und neue Titel ausprobiere:

Kurzweilige und günstige Unterhaltung findet man zum Beispiel mit Pane in the Glass. Schlauen Entwicklern ist aufgefallen, dass eine beschränkte Spielfläche keine wirkliche Einschränkung sein muss, wenn man sie ins Spiel selbst einbindet. Denn als Fensterputzer, der mit seiner Bühne zu reinigende Gebäude hinauffährt, hat man ja auch nicht mehr Platz. Daher: Schwamm nass machen, putzen, abziehen. Wiederholen bis alles sauber (da endlos eher unwahrscheinlich) oder zu langsam sein und gefeuert werden (hoffentlich mit neuer Highscore).

Da (fast) Vollpreistitel habe ich mich anfangs über die Anschaffung von Raw Data fast geärgert und zog sogar eine Rückerstattung in Betracht. Wahlweise mit Cyberschwert oder Pistolen gegen Verteidigungsroboter kämpfen klang interessant, es sah ok aus und die Bewertungen waren durchwegs positiv. Doch mein erster Versuch als Schwertkämpfer ging ziemlich in die Hose und ich war mehr als frustriert. Dann habe ich dem Spiel aber doch noch eine Chance gegeben und stattdessen die virtuellen Pistolen ausgepackt. Das Ergebnis: deutlich besser. Während die Schwertsteuerung mir zu ungenau und zu wenig intuitiv ist, kann ich dem Spiel jetzt deutlich mehr abgewinnen. Aber Vorsicht vor dem zweiten Level: Nichts für schwache Nerven!

Zwiegespalten bleibe ich – genau wie viele Rezensenten – hingegen bei dem zweiten „vollwertigen“ Spiel, das ich in den letzten Wochen in VR ausprobiert habe: The Assembly ist mehr oder weniger ein Adventure, das laut Entwicklern komplett für VR entwickelt wurde. Grafik und Story sind durchaus ok, das Spiel selbst jedoch etwas kurz. Aber ich bin bekanntlich ja durchaus einsichtig, warum VR-Spiele im Moment noch etwas teurer sein müssen. Etwas seltsam bleibt aber die Entscheidung, die VR-Funktionaliät (wir erinnern uns: konkret für/in VR entwickelt) nur als zusätzlichen, kostenpflichtigen DLC anzubieten.

Kostenlos zugreifen dürfen Vive-Benutzer zudem bei Trials on Tatooine und NVIDIA VR Funhouse. Ersteres ist ein kleines Star Wars-VR-Experiment der Lucasfilms ILMxLAB. Als Jedischüler absolvieren wir gerade einen einsamen Teil unserer Ausbildung auf dem berüchtigten Wüstenplaneten, als ein sehr berühmter YT-1300-Frachter uns Besuch in Form eines nicht weniger bekannten R2-Droiden vorbeibringt. Leider (wie so oft) im Schlepptau: die Schergen des Imperiums. Also Lichtschwert gezückt und elegant die Laserstrahlen der Angreifer reflektieren. Insgesamt eine anspruchslose, nicht einmal fünf Minuten lange Angelegenheit. Trotzdem die Warnung: VR-Lichtschwert schwingen kann süchtig machen!

Auch umsonst, aber nicht umsonst ist NVIDIA VR Funhouse, wie der Name schon vermuten lässt, eine Techdemo des bekannten Grafikkartenherstellers. Mit diversen Spielen, wie man sie auch auf einem Jahrmarkt finden könnte, werden die Möglichkeiten der VIVE und der aktuellen NVIDIA-Grafikkarten-Generation demonstriert. Manche nehmen NVIDIA die Exklusivität für die eigene Hardware übel, aber ganz ehrlich: Sie haben schließlich auch die Entwicklung bezahlt, kein Grund für einen Sturm im Wasserglas.

Ich verspreche nichts mehr. Der Plan ist, sich in ungefähr einem Monat wieder zu lesen. Aber Pläne können und/oder müssen sich manchmal ändern…

Liebe Grüße
Onkel Tom

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