Onkel Toms Spieleecke #38: August-Oktober 2018

Arbeitstechnisch anspruchsvolle Monate kulminierten in einem Marathon, dessen Ende erst mit der Wiener Game-City erreicht wurde. Noch wird es trotzdem nicht langweilig, aber eine ruhigere Zeit rückt zumindest in Greifweite und die Anzahl, der bis dahin noch durchzuführenden Projekte, ist zumindest zählbar geworden.

Die obligatorische Rechtfertigung und Selbstbemitleidung zur Frage, warum es zwischen den Kolumnen oft so lange dauert, habe ich damit erledigt. Sie wurde zwar noch nie gestellt, aber ich fühle mich irgendwie trotzdem genötigt, sie regelmäßig zu beantworten. Zumindest einen gewissen Ausgleich fand ich auf abendlichen Ausflügen in den Dschungel mit Frau Croft. Dem (Konsolen-)Review von Kollege Thomas Leitner kann ich allerdings hinzufügen: Auf dem PC hatte ich keine Framerate-Einbrüche und die Grafik war ein Traum 😉

Alles hat ein Ende

Mein Selbstbewusstsein ist zum Glück derart gefestigt, dass ich mich nie scheue zuzugeben, dass ich auch manchmal einfache und gemächliche Titel zu schätzen weiß. Manche kennen vielleicht nur mehr die Nachfolger, aber vor vielen Jahren war ich zum Beispiel ein großer Fan von Harvest Moon. Bei fröhlich-bunter SNES-Grafik steuert man aus der Vogelperspektive seine Spielfigur und zieht in die Welt hinaus. Anders als bei Zelda und Co. beschränkt sich diese aber auf einen geerbten Bauernhof, die unmittelbare Umgebung sowie die nahe liegende Stadt. Man pflügt die Felder, probiert verschiedene Produkte im Anbau aus, fällt Bäume, beseitigt steinige Hindernisse. Die ersten Gewinne aus dem Verkauf werden in besseres Werkzeug investiert, später expandiert man vielleicht in die Tierhaltung usw. Im nahe gelegenen Ort nimmt man an diversen Festen teil und findet vielleicht sogar den Partner fürs Leben. Spätere Ableger des Titels expandierten die Gameplay-Möglichkeiten dann teilweise gewaltig, oft wurde aus 2D-Grafik auch 3D. Das war mir dann teilweise schon zu komplex.

Graveyard Keeper schlägt hingegen wieder in dieselbe Kerbe von damals – zumindest anfangs. Ungeplant – die Geschichte beginnt ungewöhnlich – sind wir von einem Moment zum anderen der Totengräber eines mittelalterlich angehauchten Dorfes. Spielerisch dem eingangs erwähnten Harvest Moon sehr ähnlich, sind wir daher nicht nur landwirtschaftlich tätig, sondern müssen uns auch um den örtlichen Friedhof kümmern. Gräber ausheben, Tote begraben, Grabsteine setzen und Grünflächen anlegen gehören zum Alltag. Nach und nach realisiert man aber, dass das Spiel aber noch viel, viel mehr bietet. Nach den Feldern und Obstgärten können wir unter anderem auch Bienen kultivieren und Wein anbauen. Nicht nur für die Verschönerung des Friedhofs können wir neue Arten der Holz-, Stein- und Metallbearbeitung lernen. Als Diakon predigen wir bald jede Woche in der Dorfkirche, während wir im darunter liegenden Alchemielabor wissenschaftlich experimentieren. Zu uns gebrachte Tote landen auf dem Seziertisch, was wir mit den so gewonnen „Ressourcen“ machen, kann moralisch sehr fragwürdig sein, ebenso unser Umgang mit der Inquisition, Hexen und einem dämonischen Kult. Interessanterweise nimmt das Spiel zu solch moralischen Fragen keinerlei Stellung – man darf so gut und/oder böse sein, wie man möchte. Der Titel gefällt und bietet unglaublich viele Möglichkeiten, man muss sich allerdings gelegentlich auch einbremsen und nicht zu viele Dinge auf einmal beginnen. Sonst verliert man leicht den Überblick.

Donut, Donut, mjam, mjam, mjam

Für die Zwischenüberschrift würde mich ein guter Freund hassen, aber das ist eine andere Geschichte. Ich musste nur beim Spielen – und jetzt wieder beim Schreiben – an ihn denken, denn für eine ganze Weile war er ein begeisterter Katamari-Spieler. Das vor Kurzem veröffentlichte Donut County ist quasi das genaue Gegenteil davon. Man rollt nämlich keine immer größere Kugel aus immer größeren Objekten zusammen, sondern steuert ein Loch im Boden und verschluckt immer größere Objekte mit einem immer größeren Loch. Soweit alles klar? Warum und wieso wir das tun, ist Teil der kurzen und aberwitzigen Geschichte, von der ich auch nicht zuviel verraten möchte. Aber es gibt Waschbären. Und Quadcopter!

Eine angenehme Überraschung

Konnte (und musste) ich früher Erscheinungsterminlisten für die nächsten Monate auswendig im Kopf haben, ist es inzwischen ganz normal, dass ich manchmal einen Titel gar nicht am Radar habe und plötzlich ist er da. So geschehen zum Beispiel mit Kingdom Rush: Origins. Das Tower Defense-Genre sagt mir prinzipiell zu, ich bin allerdings wählerisch bei den Titel, die mir wirklich gefallen. Die Kingdom Rush-Reihe gefällt mir zum Beispiel sehr gut und war eines der wenigen Mobile Games, die mich länger an ein Tablet fesseln konnten. Als die ersten beiden Titel der Reihe auch für den PC erschienen war die Freude entsprechend groß und das wurde auch in meinen Kolumnen erwähnt. Was Origins (ein Prequel zu diesen Titeln) betraf, hatte ich die Hoffnung aber ehrlich gesagt längst aufgegeben. Um so schöner, als es jetzt plötzlich und für mich ganz unverhofft auf der Frontpage vom Steam Store auftauchte.

Über das Gameplay eines Tower Defense-Titels braucht man nicht viele Worte zu verlieren und auch die allgemeinen Stärken der konkreten Reihe haben sich kaum verändert. Mit nur vier Basisturmvarianten gelingt es den Entwicklern erneut, zahlreiche taktische Möglichkeiten zu eröffnen. Abhängig von Levelaufbau und Gegnerzusammensetzung können andere Türme und/oder deren Weiterentwicklungen von Vorteil sein. Wer hier schlecht plant, bekommt den Fehler schnell zu spüren. Wie gehabt ist der PC-Port etwas teurer als in den AppStores, dafür müssen zusätzliche Helden nicht käuflich erworben werden. Für Fans der Reihe oder einfach guter Tower Defense-Titel absolute Pflicht!

Puzzle, Please

Lucas Pope, Macher des großartigen Papers, Please, meldete sich vor Kurzem mit einem weiteren beeindruckenden Titel zurück. Return of the Obra Dinn versetzt uns an den Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Vorfeld eines schweren Sturms wird das namensgebende Schiff Obra Dinn in die Nähe eines britischen Hafens getrieben. Das schon verloren geglaubte Schiff scheint führerlos und als Versicherungsagent der britischen Ostindien-Kompanie sollen wir herausfinden, was passiert und aus der 60-köpfigen Besatzung geworden ist. Unsere einzigen Hilfsmittel – nebst unserem Verstand versteht sich – sind dabei ein Buch und ein magischer Kompass, die uns von anfangs Unbekannten übermittelt wurden. Das Buch beinhaltet außer einem Manifest von Crew und Passagieren auch Skizzen des Lebens an Bord. Namen und Gesichter hätten wir also schon einmal, wissen allerdings noch nicht, wie sie zusammengehören und auch nicht, was mit den einzelnen Personen passiert ist. Der Rest des beinahe leeren Buches ist genau dafür reserviert.

Bleibt noch der Kompass, der es wirklich in sich hat. Befindet man sich nämlich in der Nähe eines Ortes, an dem jemand verstorben ist, transportiert er uns zurück in die Vergangenheit, zum exakten Zeitpunkt des Todes. Es folgen einige Sekunden Audio, die ebenfalls wichtige Hinweise enthalten können, sowie ein statisches Diorama der Todesszene. Durch dieses können wir uns frei bewegen, allerdings mit nichts interagieren. Es heißt also Augen und Ohren offen halten: Wer ist in der Szene anwesend? Was macht er/sie gerade? Wer ist das Opfer, wie kommt es ums Leben? Und war es vielleicht Fremdverschulden? Nur durch Kombination der verschiedensten Hinweise, teilweise über mehrere Todeserinnerungen verteilt, werden wir herausfinden, welch tragische und mysteriöse Schicksale die Crew ereilt haben. Die Geschichte ist packend, Spielidee & Grafikstil – eine Mischung aus Tuschezeichnung und Drahtgittermodell – sind mehr als kreativ und mich und meine grauen Zellen hat der Titel absolut begeistert.

Et cetera

Manchmal haben Zeit und/oder Interesse aber wieder nur für ein kurzes Anspielen gereicht. Der inoffizielle geistige Nachfolger von Theme Hospital war zum Beispiel natürlich ein Pflichttitel für mich. Two Point Hospital ist ein solider Krankenhaus-Management-Simulator, der sich aber trotzdem über weite Strecken selbst nicht zu ernst nimmt. Leider noch nicht viel gespielt, kann ich mich dem Lob von Kollege Dave Weisz trotzdem anschließen und werde sicher noch die eine oder andere Runde durch die virtuellen Krankenhausflure drehen.

Auch We Happy Few hatte ich schon eine Weile am Radar. Die Early Access-Phase war lange und obwohl jetzt offiziell „fertig“ ist das dystopische und retrofuturistische Action-Adventure nicht ohne technische Probleme. Die Entwickler patchen aber fleißig weiter und Ende des Jahres sollen auch noch DLCs kommen. Einen wirklich guten Kern kann man dem Spiel auch nicht absprechen. Die Story hat durchaus Tiefe, Gameplay und Atmosphäre erinnern an Genregrößen wie Bioshock: Infinite. Ob ich weiterspielen werde, kann ich trotzdem noch nicht sagen. Mir ist der Titel vielleicht doch etwas zu deprimierend – was der Titel ja auch durchaus sein will und auch gut rüberbringt.

Bleibt noch Dead Cells auf der Liste der angespielten, aber nicht weit gespielten Titel der letzten Monate. Die Genre-Stichworte Roguelite und Metroidvania sagen eigentlich schon alles. Wer schon länger bei mir mitliest weiß, dass für mich – im Gegensatz zu manch anderen – ständige Wiederholung und Frustration keine bevorzugten Gameplay-Elemente sind. Im Gegensatz zu den wirklich erbarmungslosen Roguelikes kann man bei den Roguelites aber zumindest einen gewissen Fortschritt erarbeiten und auch darum konnte mich Dead Cells durchaus eine Weile packen. Aber eben nur eine Weile, es ist einfach nicht meine Art Spiel(typ). Trotzdem kann ich objektiv nur unserem Review zustimmen: Der Titel hat viel zu bieten – wenn man auf das Genre steht.

Das war es auch schon wieder von mir. Die nächste Kolumne kommt (hoffentlich) bestimmt, das „Wann“ ist eine andere Frage.

Bis dahin liebe Grüße
Euer Onkel Tom

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