Onkel Toms Spieleecke #39: November – Februar 2019

Seit dem letzten Mal ist einige Zeit vergangen – mehr als geplant, mehr als erhofft und mehr als befürchtet. Die geplante Urlaubszeit wurde nämlich von einer kräftigen Erkrankung geschmälert. Die erhoffte ruhigere Zeit dazwischen kam entsprechend zu kurz. Und die befürchtete arbeitsintensive Zeit war genau das – und mehr. Zeit, das verpasste nachzuholen und mal wieder in die Tasten zu klopfen.

Ausnahmsweise mal ein ordentliches Comeback

Wie es sich für spielinteressierte Mitglieder meiner Generation gehört, bestimmten Adventures meine Computerspiel-Kindheit und -Jugend. Meine Wegbegleiter waren – neben vielen anderen – König Graham, Roger Wilco, Bobbin Threadbare und Guybrush Threepwood. Aber lange Zeit nicht Larry Laffer, der hat es erst mit Yacht nach Liebe, dem letzten Teil der klassischen Reihe, auf meinen Radar geschafft. Der Titel war unterhaltsam und machte Lust auf mehr, ich holte allerdings nur Teil 6, Shape Up or Slip Out!, noch nach. Teil 5 und davor waren mir – auch schon damals – doch etwas zu altbacken. Erst Jahre später durfte ich dann wieder die allgemeine Enttäuschung (Magna Cum Laude) sowie das blanke Entsetzen (Box Office Bust) über die schrecklichen Fortsetzungen teilen. Das via Crowdfunding finanzierte Remake von Teil 1, Leisure Suit Larry: Reloaded, war zwar ein Hoffnungsschimmer. Aber nur ein ganz, ganz kleiner und wie man ja weiß, nicht von langer Dauer …

Kurzum: Wie für viele andere, war das Thema Larry für mich beendet. Die Serie wurde gegen die Wand gefahren, der letzte Rest von Charme verflogen. Vielleicht auch deswegen habe ich erst recht spät mitbekommen, dass ein kleines deutsches Team den Versuch wagte der Serie neues Leben einzuhauchen. Meine Skepsis war groß, aber nach ein paar Trailern und Making-of Videos wollte ich den jungen Entwicklern von CrazyBunch zumindest eine Chance geben. Und ich habe es nicht bereut. Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry ist nett. Nicht großartig, nicht weltbewegend, nicht besonders anspruchsvoll – aber ein durchaus unterhaltsames Adventure für Fans der alten Schule. Zahlreiche Trends, Hypes und Absurditäten unserer Gegenwart werden auf die Schaufel genommen ohne zu verletzen oder auszusondern. Alle kriegen ihr Fett ab und Larry bekommt sogar die Chance, sich als Persönlichkeit ein ganz klein wenig weiterzuentwickeln. Für ein richtiges Happy End reicht es zwar trotzdem nicht, aber das würde ja irgendwie auch dem Sinn und Geist der Serie widersprechen. Ich bin gespannt, ob der kommerzielle Erfolg für ein weiteres Sequel rechtfertigen wird. Ich hätte zumindest nichts (mehr) dagegen!

Das Rätsel der Rätselbox in der Rätselkiste

In all den Jahren konnte ich mich nur für ganz, ganz wenige Handygames begeistern. Natürlich, manches Spiel(prinzip) funktioniert besser oder sogar nur auf einem Touchscreen. Aber bei manchen Spielen habe ich mir trotzdem gedacht: Das würde ich lieber auf einem großen Bildschirm und mit Maus und Tastatur spielen. Bestes Beispiel: Die Puzzle-Reihe The Room von der jetzt endlich auch der dritte Teil für den PC verfügbar ist.

An der Room-Serie gefallen mir die Inszenierung und die Atmosphäre der abwechslungsreichen Umgebungen. Auch die zahllosen mechanischen Spielerein und an sich die Idee des Rätsels in einem Rätsel in einem Rätsel (usw.) haben es mir angetan. Aber eines muss man schon ganz ehrlich sagen: Anspruchsvoll sind die Rätsel selbst nun wirklich nicht. Viel zu oft scheint die Herausforderung eher, herauszufinden, wo man genau klicken bzw. ziehen muss, damit man den schnell erkannten Lösungsweg auch umsetzen kann. Aber das Spiel soll halt auch massentauglich bleiben und eignet sich damit auch für ein paar schnelle Rätsel zwischendurch.

Fantasievolle Plattformer

Gleich zwei liebevoll gezeichnete Plattform-Titel haben es mir in den vergangenen Monaten ebenfalls angetan. GRIS überzeugt gleich von Anfang an mit einem ungewöhnlichen Grafikstil, den ich als Mischung zwischen Tuschezeichnung und Wasserfarbenmalerei bezeichnen möchte. In der Rolle der titelgebenden Gris erforschen wir eine fantastische Welt, die ihre beste Zeit allerdings hinter sich hat und langsam zerfällt. Wir erforschen Ruinen, lösen – teilweise dank der Kräfte unserer wandlungsfähigen Bekleidung – Rätsel und flüchten vor mysteriösen Ungeheuern. In diesen und vielen anderen Dingen erinnert mich GRIS an Journey, nur eben in 2D. Einen Großteil der durchwegs positiven Erfahrung macht die perfekte Kombination von Grafik und musikalischer Untermalung aus. Anspruchsvolle Herausforderungen oder gar eine komplexe Story sucht man hingegen vergebens – und wird in diesem Fall auch nicht unbedingt benötigt.

Kurz darauf stolperte ich dann auch über das nur ein paar Monate ältere Forgotton Anne. Auch hier ist der Grafikstil eine Besonderheit für mich, da er gekonnt den Stil japanischer Anime-Großproduktionen emuliert. Die Zwischensequenzen wirken teilweise wie aus einem Ghibli-Film entnommen, aber auch das Gameplay punktet mit wunderbar animierten Figuren und liebevoll gezeichneten Hintergründen. Der Rest ist zugegebenermaßen gute aber doch nur Standardkost: Ein solides Jump’n’Run durch eine Welt vergessener Dinge und Wesen. Die Story ist interessant, hätte aber Potenzial für mehr geboten und die möglichen Enden treffen nicht ganz meinen persönlichen Geschmack. Aber ein gut gemachter Titel, vor allem für Fans der japanischen Zeichentrickkunst.

Japanische Klebekugel

Manche Spiele punkten teilweise durch ihre Absurdität, das 2004 für PlayStation 2 erschienene Katamari Damacy punktet hingegen VORWIEGEND durch seine Absurdität. Der König des Kosmos hat nämlich irrtümlich alle Sterne des Universums zerstört. Jetzt soll sein winzig kleiner, aber kräftiger Stammhalter – der Prinz – für Ersatz sorgen. Wie macht er das? Ganz einfach, er rollt kleine und große Dinge & Lebewesen zu einem sogenannten Katamari zusammen. Ob Büroklammer, Radiergummi oder Tacker; Blume, Maus oder Wal; Auto, Flugzeug oder Haus: Nichts ist vor der klebrigen Kugel unseres königlichen Sprösslings sicher. Ist der Katamari dann endlich groß genug, heftet ihn Papa König ans Himmelsgestirn und nach und nach ist alles wieder gut im Universum.

Zur Beruhigung: Den vorigen Absatz wieder und wieder lesen hilft nichts. Ihr habt ihn vermutlich schon beim ersten Mal verstanden, soweit das eben möglich ist. Er liest sich einfach so absurd, weil das Spiel eben einmal so absurd ist. Wer sich selbst ein Bild (oder einen Katamari) machen will, kann dies jetzt dank der Neuauflage Katamari Damacy REROLL auf PC und Nintendo Switch tun. Weder der König des Kosmos, noch ich, haften allerdings bei jeglicher Art mentaler Früh- oder Spätfolgen…

Massive Single Player RPG

Weniger absurd, aber nicht minder befreit von japanischen Einflüssen ist das schon im September erschienene CrossCode. Viele Indie-Entwickler versuchen, den Charme vergangener Tage zu emulieren, weil es dafür scheinbar immer noch einen Markt gibt. Noch mehr, wenn man sich an die klassischen JRPGs anlehnt und das Ganze vielleicht noch in Pixelgrafik präsentiert. Ich persönlich bin da eher vorsichtig, bedeutet die Kombination von „Retro“ und „Rollenspiel“ in einer Spielbeschreibung doch nicht selten Grinden bis die Fingerkuppen bluten bzw. „Die nächsten 4 Wochen hast du eh nichts anderes vor?“.  Ein bisschen von beiden bringt zwar auch CrossCode mit, verpackt das aber in ein äußerst ansprechendes Gesamtpaket. Das Singleplayer-RPG versetzt uns in die Rolle einer futuristischen MMORPG-Spielerin, die zusammen mit unzähligen anderen eine fantastische Online-Welt erforscht. Unser Problem: Irgendetwas ist mächtig schief gegangen und wir leiden 1.) unter Amnesie und Kommunikationsproblemen, können 2.) nicht ausloggen und haben 3.) den Großteil unserer Fähigkeiten verloren. Es wird kaum jemanden überraschen, dass hinter alldem natürlich noch einiges mehr steckt.

Die Story ist interessant und die Charaktere nett geschrieben. Besonders hat mir auch gefallen, dass abseits eines soliden Kampfsystems auch ein wenig über Physik-Puzzles gegrübelt werden darf und es viele Verstecke und Schleichwege zu entdecken gibt. Trotzdem habe ich bei dem Spiel momentan eine Pause eingelegt. Warum? Weil es noch dieses Jahr auch für die Switch erscheinen soll und ich glaube, dass mir der Titel auf der tragbaren Konsole sogar noch ein Eckerl mehr gefallen könnte.

VR zum Nachdenken

Kurzfristig wurde ich noch gebeten mir einen VR-Titel unter österreichischer Mitwirkung anzusehen. Ohne die leidliche Diskussion anzufangen, ob Spiele Kunst sind und/oder sein können, will ich gleich vorweg behaupten, dass Spiele Emotionen hervorrufen und zum Nachdenken anregen können. Genau das nämlich versucht – und schafft meiner Meinung nach – Letzte Worte VR, das Erstlingswerk von Matthias Patscheider, Samantha Povolny und Bianca Zankl. Das VR-Spiel der jungen EntwicklerInnen aus Österreich und Südtirol ist alles andere als leichte Kost, weil es sich mit zwei ausgesprochen ernsten Themen auseinandersetzt: Sexueller Missbrauch an Kindern und Selbstmord.

Als Schwester eines Bruders, der vor Kurzem Selbstmord begangen hat, bricht für uns als Spielende(n) im wahrsten Sinne des Wortes die Welt zusammen. In einer nebligen, zerbrochen Welt machen wir uns auf die Suche nach den möglichen Gründen, die vielleicht tief in unseren Erinnerungen begraben sind. Wir müssen uns dem Wissen stellen, dass wir vielleicht doch schon immer gewusst haben, dass der Bruder im Kindesalter Opfer sexuellen Missbrauchs war. Wir werden uns die Frage ob der eigenen Schuld stellen. Hätten wir nicht irgendwann, zwischen damals und heute, irgendetwas anders machen können? Natürlich wird das Spiel keine Antworten auf diese Fragen liefern können – und soll und möchte es vermutlich auch gar nicht. Auch wenn die effektive Spielzeit eher kurz ist, werden viele noch lange über das Erlebte nachdenken, auch nachdem sie die VR-Brille abgenommen haben. Kompliment an das junge Team, das es sich selbst – aber auch uns Spielenden – nicht leicht gemacht hat. Letzte Worte VR ist übrigens kostenlos auf Steam erhältlich.

Bis zum nächsten Mal
Onkel Tom

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