Onkel Toms Spieleecke #4 – Juni 2014

Ich persönlich bin der Meinung, dass gute Nachrichten noch besser werden, wenn man Sie teilen kann: Nach mittellanger Durststrecke gehöre ich ab Mitte Juli wieder zur arbeitenden Bevölkerung und darf mich als neuer Produkt- und Projektmanager bei einem Anbieter für NFC basierende Club-, Event-, und Marketing-Lösungen zurückmelden. Dort steht zwar mehr „Gamification“ als Gaming im Vordergrund, aber ich freue mich schon sehr auf die neue Herausforderung, die sehr spannend und abwechslungsreich werden dürfte. Und keine Sorge: Derzeit gibt es keine Pläne meine monatliche Kolumne deswegen einzustellen – so leicht werdet ihr mich also nicht los!

Neben der Vorbereitung für den neuen Job, der in der letzten Kolumne angekündigten und inzwischen voll laufenden MCSA-Ausbildung und noch diversen anderen Kleinigkeiten für Heim und Uni, blieb im letzten Monat nicht viel Zeit für Spiele … oder Privatleben … oder Schlaf. Trotzdem habe ich mir wieder drei Titel herausgepickt, die vielleicht einen zweiten Blick wert sein könnten – auch wenn sie alles andere als perfekt sind. Diesmal kann ich nämlich bei keinem der Titel behaupten, dass er ein absolutes Must-Have wäre, doch hat jeder für sich einen gewissen Charme.

Part of the Magic is gone

Mit Fortsetzungen ist das immer so eine Sache. Jeder kennt die Sache, versteht aber meist etwas komplett anderes unter der Sache und darum wollen wir auch nicht länger über die Sache reden … 🙂 „Max & the Magic Marker“ war/ist auf jeden Fall ein netter kleiner Indie-Titel, der das klassische Jump’n’Run-Genre um eine Puzzle-Komponente erweiterte. Man konnte nämlich jederzeit das Spiel pausieren und dann mittels magischem Stift (=Maus-Cursor) zusätzliche Elemente in die Spielwelt malen. Ein Kreis wurde zum Schutzschild, ein Strich zum Surfbrett, ein Quadrat zur Trittstufe – die Möglichkeiten waren genau so umfang- wie abwechslungsreich. Die Ankündigung einer Fortsetzung hatte ich trotzdem nur am Rand mitbekommen und die Entwicklung selbst auch nicht wirklich verfolgt.

Trotzdem habe ich es mir nicht nehmen lassen, gleich bei Erscheinen einen Blick auf „Max: The Curse of Brotherhood“ zu werfen. Die Erfahrung war … durchwachsen. Max ist erwachsen(er) geworden, hat dabei aber etwas von seinem kindlichen Charme eingebüßt. Diesmal gibt es eine richtige Story (Max hat inzwischen einen nervigen kleinen Bruder, verbannt diesen irrtümlich in eine düstere Paralleldimension usw.), gerenderte Zwischensequenzen und eine hübsche 3D-Welt. Während die Technik aber aufgebohrt wurde, musste an anderer Stelle scheinbar gespart werden. Der magische Stift ist nämlich immer noch omnipräsent, hat allerdings viel von seiner Kraft eingebüßt. Zu Beginn des Spiels kann er zum Beispiel überhaupt nur an fix vorgegebenen Stellen Erdsäulen entstehen lassen. Später kommt immerhin noch das Zeichnen von Wuzeln hinzu, insgesamt wurde hier aber ein wichtiges Spielelement drastisch reduziert. „Max: The Curse of Brotherhood“ ist trotzdem ein nettes Spiel und ein solider Plattformer mit einigen netten Rätseleinlagen, aber für mehr Freiheit beim Puzzeln hätte ich gerne auf viel Eye Candy verzichtet.

Von den Machern von …

Spiel Nummer Zwei auf der heutigen Liste ist zwar eigentlich keine Fortsetzung, wird aber quasi als solche vermarktet. „Transistor” ist von den Machern von „Bastion” und beinahe jeder Aspekt des Spiels schreit: Ich bin der spirituelle Nachfolger des Rollenspiel-Hits! Schon der hatte mir gut gefallen – auch wenn ich erst sehr spät und nur dank des großartigen Soundtracks darüber gestolpert bin – darum stand auch „Transistor“ seit seiner Ankündigung auf meiner persönlichen Wunschliste. Das Ergebnis hat mir gefallen, reicht aber nicht ganz an den Mehr-oder-weniger-Vorgänger heran. Wieder finden wir uns in einem schweigsamen Avatar (diesmal aber rothaarige Heldin und nicht weißhaariger Held) und in einer menschen-, aber nicht monsterverlassenen Welt wieder.

Statt klassischer Fantasy erwartet uns diesmal allerdings ein ScienceFiction-Universum, dessen Autor scheinbar 1337mal zu oft „Tron“ gesehen hat, denn die Anleihen sind nicht zu übersehen. Die Story an sich konnte mich diesmal überhaupt nicht wirklich packen, dafür hat es mir das neue Kampfsystem angetan. Eigentlich in Echtzeit realisiert, kann man in regelmäßigen Abständen Züge planen und dann komplexe Bewegungen, gespickt mit Angriffen, auf Tastendruck ausführen. Insgesamt werden „Bastion“-Liebhaber auch „Transistor“ mögen. Die Story war halt beim „ersten Teil“ besser, die „Fortsetzung“ bietet dafür das bessere Kampfsystem.


Ruhe in Unfrieden

Über die Jahre ist mir aufgefallen, dass man manche Titel schon lange vor Erscheinen ganz gut einschätzen kann, indem man sich einfach die Pressearbeit des Publishers zu dem Thema ansieht. Wenn ein Titel es in den ein bis zwei Jahren zwischen Ankündigung und Veröffentlichung auf gerade einmal eine Handvoll Pressemitteilungen bringt, keine Hands-on Previews veröffentlicht werden und die Rezensionsmuster LEIDER erst am Veröffentlichungstag verfügbar sein werden (Schuld ist natürlich eine Datums-Sperre von Steam/Xbox/PlayStation – eine der dümmsten und trotzdem häufigsten Ausreden seitens der Publisher) darf man vermuten: Hier ist eine Gurke im Anflug. Wobei das vielleicht etwas zu hart ist. Wer länger auf Publisher-Seite in der Industrie arbeitet sollte eigentlich ein Gefühl dafür entwickeln, welche Titel für die eigene Region/Zielgruppe funktionieren. Wenn man schon früh weiß: „das wird bestenfalls Durchschnitt“, dann hat es natürlich auch wenig Sinn viel Zeit (=Geld) und Geld (=Geld) in ein möglicherweise bereits sinkendes Schiff zu stecken. „Murdered: Soul Suspect” ist ein perfektes Beispiel für von Anfang an sehr gebremste Pressearbeit.

Aufgefallen ist mir das auch nur deswegen, weil ich die Idee des Spiels prinzipiell sehr interessant fand, allerdings nur wenig darüber zu hören/lesen bekam. Als der Titel jetzt vor kurzem endlich erschien bewahrheiteten sich meine Befürchtungen scheinbar: mittelmäßige Wertungen und enttäuschte Spieler. Und trotzdem war der Titel für mich das genau Richtige. Als Geist eines kürzlich ermordeten Polizisten seinen eigenen Mord aufklären ist der Grundstein für eine solide Story – das bestreiten ja nicht einmal die Kritiker. Verschenktes Potenzial und sinnlose Kämpfe (Stichwort: Dämonen) diagnostizieren sie dann weiter und dem muss ich leider zustimmen, konnte ich aber verkraften. Viel böses Blut gibt es aber ob der Linearität und Kürze des Spiels und dem kann ich mich nicht mehr ganz so bedenkenlos anschließen. Nicht falsch verstehen, beide Behauptungen sind absolut richtig. Aber was Kürze und Linearität in Spielen betrifft hat sich meine Einstellung in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Selbst als ich noch hauptberuflich mit Spielen zu tun hatte, stellten mich Titel mit 30-40 Stunden Spielzeit vor ein Problem: Mir fehlte einfach die Zeit, sie alle zu spielen. Unzählige von ihnen habe ich ein oder sogar zweimal angefangen, aber nie fertig gespielt. Da ist es mir deutlich lieber in knapp unter zehn Stunden mit dem Spiel fertig zu sein. Die vorhandene Linearität gibt mir zudem das Gefühl, nichts verpasst oder vielleicht sogar „falsch“ gemacht zu haben (Ja, zum Beispiel mit Mass Effect wurde ich nie so richtig warm).

Natürlich darf und soll nicht jeder Titel so sein und wäre „Murdered: Soul Suspect” ein Vollpreistitel würde ich mich vielleicht auch ärgern. Dem ist aber nicht so und darum bedanke ich mich bei den Entwicklern für drei Abende guter – wenn auch nicht perfekter – Unterhaltung und bin zufrieden. Ich werde den Titel vermutlich nie wieder spielen und in ein paar Jahren werde ich auch die Geschichte größtenteils vergessen haben, aber ganz ehrlich: Gebe es nicht auch solch durchschnittliche Spiele, würden die wahren Hits ja gar nicht hervorstechen.

Zurück an die Arbeit

Bedingt durch mein aktuelles Arbeitspensum war die Kolumne diesen Monat etwas kürzer als geplant, ich hoffe ihr werdet es mir verzeihen. Ob die Sache nächsten Monat besser aussieht – wie gesagt: neuer Job – kann ich noch nicht wirklich sagen, aber erste Fixstarter für den nächsten Blog habe ich bereits im Hinterkopf. Bis dahin wünsche ich euch allen viel Spaß und Erfolg beim Spielen, im Job und in allen anderen Lebenslagen!

Euer Onkel Tom

 

Links des Monats

Max & the Magic Marker: http://maxandthemagicmarker.com/

Max: The Curse of Brotherhood: http://store.steampowered.com/app/255390/

Bastion: http://store.steampowered.com/app/107100/

Transistor: http://store.steampowered.com/app/237930/

Murdered: Soul Suspect: http://store.steampowered.com/app/233290/

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