ONKEL TOMS SPIELEECKE #6 – AUGUST 2014

Die gamescom ist am Laufen und ich bin nicht dort! Damit habe ich die Branchenmesse – übrigens genau wie ihren Vorgänger, die GamesCon – zwar erst zum zweiten Mal während ihrer Existenz verpasst, aber irgendwie ist es doch ein komisches Gefühl.

Erstmals war ich nämlich auch online nicht dabei: keine Pressekonferenz gestreamt, keine Newsseiten abgegrast und auch auf Twitter nicht mitdiskutiert. Es war mir – obwohl ich eigentlich sehr am Thema interessiert bin – schlicht nicht wirklich wichtig, was da in Köln gerade passiert. Dass mich mein neuer Job sehr gut auslastet ist sicher auch ein Grund, aber tatsächlich ist es viel mehr der Umstand, dass ich nicht mehr alles als Erster wissen MUSS und WILL, was in der Spielebranche abgeht. Einfach entspannt abwarten, dann filtert sich der Hype von alleine heraus, die Spreu trennt sich vom Weizen und wenn über einen Titel nach ein paar Wochen immer noch geredet wird … ja, dann ist er *vielleicht* wirklich interessant. Natürlich, manch eine(n) alte(n) Bekannte(n) aus der Branche hätte ich gerne wiedergetroffen, und bei dem einen oder anderen Titel juckt es auch mich in den Fingern. Andererseits: Fast immer macht mir ein fertiges Spiel deutlich mehr Spaß, wenn ich vorher nicht schon (fast) alles darüber weiß … Stattdessen habe ich mich im Vorfeld und während der gamescom mit Titeln beschäftigt, von denen vermutlich kein einziger auf der Messe vertreten war.

Etwas Altes, …

Ich habe ja so manches Adventure in der ehemaligen Gamers-Print-Redaktion getestet. Aber auch auf die anderen Adventure-Fanatiker Redakteure (vor allem Florian) war immer Verlass und jeder wusste von den anderen: wird ein Titel wirklich empfohlen, dann sollte man ihn sich unbedingt auch privat ansehen. Bill Tillers A Vampyre Story war ein solcher Tipp und – obwohl ich sogar den leider fehlgeschlagenen Kickstarter für das Prequel gebackt hatte – hat es über sechs Jahre gedauert, bis er den Weg auf meine Festplatte fand. Als unfreiwillig zum Vampir gewordene französische Opernsängerin Mona De Lafitte muss man hier die Abwesenheit ihres Erschaffers und Kerkermeisters Baron Shrowdy nutzen, um aus dessen modriger Burg zu entkommen. Mona will nämlich nur eines: Trotz der mörderischen Ambitionen einiger Vampirjäger und ihrer Einschränkungen als Untote zurück nach Paris gelangen und ihre Gesangskarriere fortsetzen.

Ich stehe zwar aktuell noch relativ am Anfang des Spiels, aber das bisher gesehene ist wirklich ganz nett, auch wenn ich mit damit herumärgern muss, dass das Spiel unter Windows 7 nicht mehr wirklich funktioniert. Um überhaupt spielen zu können musste ich nämlich die Zwischensequenzen deaktivieren. An den entsprechenden Stellen geht es jetzt immer raus aus dem Spiel, Video in einem externen Player angesehen und dann wieder zurück ins Spiel. Nervig, aber gerade noch irgendwie verkraftbar.

…. etwas Neues, …

Obwohl ich normalerweise jemand bin, der sich jeden Kauf wohl überlegt, kommt es auch bei mir zu gelegentlichen Impulskäufen. So geschehen vor einiger Zeit mit dem Early Access-Titel Crypt of the NecroDancer. Ich meine: ein Rollenspiel-Rythmus-Spiel im Retro-Look?! Da muss man doch einfach auf “Kaufen” klicken …

 

Das Spielprinzip ist eigentlich relativ einfach: Die im Hintergrund laufende Musik gibt den Rhythmus vor. Solange man sich im Rhythmus bewegt trifft man Gegner bei jedem Angriff automatisch und zusätzlich wächst der Multiplikator für eingesammelte Münzen. Jeder Gegnertyp folgt aber zusätzlich noch einem speziellen Bewegungsmuster, man muss also nicht nur im Rhythmus bleiben sondern auch dem Muster folgen, sonst haucht man recht schnell sein Heldenleben aus. Das Spiel ist zwar noch alles andere als fertig, hat aber schon aufgrund seines erfrischend neuen Ansatzes zumindest einen zweiten Blick verdient. Ich persönliche werde noch ein paar Patches abwarten und den Tanz-Dungeons dann wieder einen Besuch abstatten.

… etwas Geborgtes, …

Geborgt haben sich die „Entwickler“ von Aperture Tag: The Paint Gun Testing Initiative recht viel, denn ihr Spiel ist eine Modifikation für das nach wie vor unvergleichliche Portal 2. Ja, Modifikation heißt: ihr müsst das Originalspiel besitzen … und die Modifikation kostet dann noch einmal extra. Ungewohnt und eher unüblich für einen Mod Geld zu verlangen? Natürlich! Aber der Aufschrei der Empörung, der durch manche Foren gegangen ist, ärgert mich doch etwas. Wenn jemand viel Zeit in ein Projekt steckt, ist es sein gutes Recht dafür Geld zu verlangen, denn Rechnungen müssen bezahlt und der Kühlschrank gefüllt werden. Nutzt man dabei die (Vor-)Arbeit anderer, benötigt man natürlich zusätzlich deren Erlaubnis. Nachdem dies hier offensichtlich der Fall ist/war: im Zweifelsfall einfach nicht kaufen, aber dabei bitte nicht moralisch überlegen fühlen.

Soweit meine Sicht der prinzipiellen Umstände, aber dann wäre da noch das Spiel selbst. Wie der Name schon vermuten lässt, dreht es sich diesmal nicht um Portale, sondern ausschließlich um die aus dem Originalspiel bekannten blauen und orangen Gele. Wir erinnern uns: blaues Gel macht alles elastisch und hüpffreudig, oranges Gel reduziert die Reibung und funktioniert zum Beispiel wunderbar als Beschleunigungsstreifen. In Aperture Tag weicht die Portal-Gun darum einer speziellen Paintgun, die beide Gele unbegrenzt verschießen kann. Nach wie vor gilt es, in jedem Raum den Ausgang zu erreichen, nur die Lösungswege sehen ohne Portale natürlich deutlich anders aus. Sich auf die beiden Gele zu konzentrieren und sie in eine eigene Paintgun zu packen war eine nette Idee, auf Dauer fehlt aber die Abwechslung, Lösungsansätze werden zu oft recycelt und manche Abschnitte sind nicht wirklich gut ausbalanciert. Es frustriert, wenn man zwar das WIE versteht, aber an der Ausführung scheitert, weil manche Plattform oder verlangte Reaktionszeit zu knapp bemessen ist. So kann ich den Titel nicht wirklich uneingeschränkt empfehlen. Aber nicht, weil ich den Preis unverschämt finde oder die Arbeit der Entwickler nicht offensichtlich wäre. Der Titel hat mir persönlich leider einfach nicht genug Spaß gemacht …

Und etwas Blaues …

Ok, was genau an The Room blau sein soll, kann ich nicht wirklich sagen, aber der alte Spruch geht nun einmal so und ich wollte, dass die Überschriften zusammenpassen. Künstlerische Freiheit nennt man das! Auch bei diesem Titel habe ich mich über die „Empörung“ vieler anderer Spieler geärgert. The Room ist ein Puzzlespiel, das nämlich zuerst für Smartphones erschienen ist und erst jetzt auf den PC portiert wurde. Der PC-Preis ist deutlich höher als am Handheld. Die Selbstverständlichkeit mit der auch hier viele einen ähnlich niedrigen Preis fordern macht mich gelegentlich sprachlos. Zum Glück kann ich aber immer noch tippen: Portierungen kosten einfach Geld; die am PC erwarteten, höheren Auflösungen machen es nötig die Grafiken zu überarbeiten; die Steuerung muss angepasst werden und, und, und … Außerdem habe ich nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich die Preispolitik in den AppStores – egal ob sie zu Apple, Android, etc. gehören – sowieso „falsch“ finde. Natürlich bin ich in gewisser Weise auch ein Heuchler und greife eher zum günstigeren Produkt oder warte mit dem Kauf, wenn ich davon ausgehen kann, dass er sehr wahrscheinlich und bald im Preis sinken wird. Aber gleichzeitig bin ich doch Realist genug, um zu wissen, dass der inzwischen übliche und für viele Kunden einzig legitime Preis von 89 Cent für ein Spiel oder eine App für die Entwicklung der Branche nicht gut sein kann …

Genug über die Kurzsichtigkeit anderer geschimpft, denn das Spiel selbst ist sein Geld auf jeden Fall wert. Fordernd aber nicht zu komplex, ist es nicht mehr und nicht weniger als eine Sammlung von Puzzle-Boxen, die es zu knacken gilt, um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Die Lösungssätze sind dabei abwechslungsreich aber jderzeit ohne Notizen oder anderen Aufwand lösbar. Die Spielzeit wird je nach Rätselfitness stark variieren, im Schnitt werden es aber etwas über zwei Stunden sein, bevor man das Ende erreicht. Das mag manchen zu wenig sein, aber zumindest für mich waren es sehr intensive und gut genutzte Stunden!

Das war es dann auch schon wieder mit meinen Tipps für diesen Monat. Wir lesen und spätestens im September wieder!

Euer Onkel Tom

Links des Monats:

A Vampyre Story
http://store.steampowered.com/app/313870/

Aperture Tag: The Paint Gun Testing Initiative
http://store.steampowered.com/app/280740/

Crypt of the NecroDancer
http://store.steampowered.com/app/247080/

The Room
http://store.steampowered.com/app/288160/

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