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Pacer – Angespielt

Mit Pacer schickt sich R8 Games an nichts Geringeres als einen geistigen Nachfolger zur WipeOut-Serie zu veröffentlichen. Dementsprechend verbirgt sich hinter Pacer ein Anti-Gravity-Racer mit futuristischen Hochgeschwindigkeitsrennen, auf zahlreichen High-Speed-Strecken, gegen bis zu neun gegnerische Piloten, untermalt durch treibende Techno-Musik.

Für letztere hat das Team unter anderen Tim – CoLD SToRAGE – Wright verpflichtet, den Komponisten von Soundtracks für Videospiel-Klassiker wie etwa Lemmings, vor allem jedoch des ersten Wipeout aus dem Jahr 1995. Ganz im Stile seines Vorbilds rasen wir dementsprechend auch in Pacer, von der Musik getrieben, mit hunderten von Stundenkilometern in unterschiedlichen Gefährten durch enge Gassen, Schikanen sowie Tunnel, sammeln Munition für unsere Waffen ein und erhöhen unsere Geschwindigkeit durch auf der Fahrbahn angebrachte Boost-Streifen, um als erster über die Ziellinie zu gelangen. Schon jetzt sind zwei Dinge klar: Pacer ist nicht nur ungemein rasant, sondern mindestens ebenso Hardware-hungrig, was jedoch nicht mit der grafischen Qualität des Spiels erklärt werden kann.

Geschichten für Bierdeckel

2075 ist die Formel 1 schon lange zu langsam. Um bei den Massen einen signifikanten Anstieg des Adrenalinpegels zu erreichen und zugleich ihre Schaulust zu befriedigen braucht es schon Spektakel von einem anderen Kaliber. Daher treten nunmehr unterschiedliche globale – aus Staatenbünden und Nationen bestehende – Korporationen in den Pacer-Weltmeisterschaften gegeneinander an, um sich in ihrer ständigen technologischen Profilierungssucht in Anti-Gravity-Hochgeschwindigkeitsrennen gegeneinander zu übertrumpfen. Das ausgegebene Ziel lautet: ultimate victory. Worin auch immer dieser ultimative Sieg auch bestehen mag; sagen wir der Handlichkeit halber einmal, dass Teil dessen schon eine gewisse Form von Weltherrschaft sein wird.

So viel also zur Hintergrundgeschichte von Pacer, die sich wohl sogar auf dem sprichwörtlich gewordenen Bierdeckel verlaufen würde. Aber hey, bei einem futuristischen Arcade-Racer werden wohl die Wenigsten nach einer Nebula oder gar Hugo Award-verdächtigen Story Ausschau halten (das kommt davon, wenn sich Rollenspieler in das Rennspiel-Genre verirren), ein wenig mehr erzählerischer Gehalt und auch Inszenierung hätte dem Titel jedoch wahrlich nicht geschadet. Die für das vorliegende Genre brennenden Fragen sind allerdings ohnedies anders gelagert: Wie steuern sich die unterschiedlichen Anti-Gravity-Boliden und wie sieht es mit Umfang, Abwechslung sowie Finesse des Streckendesigns aus? In diesem Sinne: Drivers, start your engines!

Die fünf Anti-Gravity-Racer von Pacer: Vixen, Dragon, Sabre, Python und Voxel.

Die Boliden und ihre Spezifikationen

Das Salz in der Suppe eines jeden Rennspiels, ob futuristisch oder doch eher realistisch angelegt, sind die unterschiedlichen fahrbaren Untersätze und die mit ihrem jeweiligen Fahrverhalten einhergehenden spielerischen Vor- und Nachteile. Pacer verfügt über fünf Rennwägen: den Allrounder Vixen mit einer eher gemächlichen Geschwindigkeit, dafür ansonsten annähernd gleich verteilten Eigenschaften, der sich somit vor allem für Einsteiger eignet, den nicht minder einsteigerfreundlichen Sabre mit seinem überlegenen Handling, der dafür jedoch Abstriche bei Panzerung und Straßenlage (Anti-Gravity) hinnehmen muss, den wilden Dragon, der seine ansonsten ausgezeichneten Spezifikationen mit einer spürbar weniger verzeihlichen Steuerbarkeit erkauft und seinen Piloten somit deutlich mehr Geschick abverlangt, den beinahe unzerstörbaren Python, dessen Trägheit ihn jedoch gerade auf mit Schikanen gespickten Strecken zu einem inferioren Rennfahrzeug macht und zu guter Letzt den Voxel, der heißblütige Wagen mit seiner überragenden Geschwindigkeit, die ihn jedoch zugleich zu einem höchst anspruchsvollen Gefährt macht, dessen erfolgreiche Navigation der konzentrierten Antizipation von Kurven bedarf. Noch steuern sich die unterschiedlichen Modelle jedoch nicht gar so unterschiedlich, wie es die Spezifikationen mitunter erwarten lassen und es der Abwechslung gut täte. Legen wir in der Garage hingegen selbst Hand an die Fahrzeuge an und versuchen uns als Hobby-Ingenieure lassen sich schon jetzt deutliche Veränderungen im Fahrverhalten erzielen.

Feintuning in der Garage

Denn alle Eigenschaften der Wägen können in der Garage (fast) nach Belieben an die eigenen Bedürfnisse angepasst oder einfach verbessert werden. So können wir etwa einen neuen Motor verbauen und so die Geschwindigkeit unseres Antigravitations-Boliden erhöhen, um nicht ständig am Auspuff unserer Kontrahenten zu hängen und die daraus austretenden neonfarbenen Flammen bewundern zu müssen. Ist uns unser Rennwagen hingegen zu bockig, neigt er also dazu in Kurven auszubrechen oder zu übersteuern, so lässt sich eine Fahrhilfe verbauen und somit das Handling verbessern.

All diese technischen Eingriffe in die Spezifikationen der Fahrzeuge gehen in der Regel jedoch zugleich mit der Verschlechterung anderer Werte einher. So erkaufen wir uns Schnelligkeit zumeist mit einer deutlich geringeren Panzerung. Das bedeutet wiederum nicht nur, dass wir direkten Waffengefechten tunlichst aus dem Weg gehen sollten, sondern auch, dass Kollisionen mit der Bande viel tiefere Kratzer in der Verkleidung unseres Rennwagens hinterlassen, als uns mitunter lieb sein kann. Stets gilt es also abzuwägen, worin man sein sauer verdientes Geld zu investieren gedenkt, um nicht in der nächsten Runde sein blaues Wunder zu erleben, weil man mit 600 km/h an der erstbesten Streckenbegrenzung zerschellt – ich spreche aus leidvoller Erfahrung.

Auch das Aussehen der Fahrzeuge lässt sich mittels verschiedener Farben und Aufdrucke, Heckspoiler und anderem mehr verändern. Dabei macht das Spiel insgesamt grafisch einen passablen Eindruck. Die Karosserien weisen zahlreiche Details auf, verfügen jedoch über kein Schadensmodell. Die Strecken sind schön verschlissen, verlaufen jedoch auf von der Umgebung völlig abgetrennten Bahnen. Fahren wir in anderen Rennspielen durch Häuserschluchten, Canyons oder Wälder sind Gebäude, Felsformationen und sonstige Elemente lediglich Teil des Hintergrundes, was die Strecken, ganz dem großen Vorbild entsprechend, etwas eintönig geraten lässt. Das atemberaubende Tempo des Spiels, das eine tunnelartige Sogwirkung zu erzeugen vermag, kann dieses Manko jedoch etwas verschleiern. Und spätere Kurse wissen dann durchaus auch mit mehr Schauwert zu überraschen. Dabei lief Pacer bei mir auf höchsten Details zwar stets flüssig, den deutlich wahrnehmbaren Hardware-Hunger rechtfertigt all dies allerdings freilich nicht. Meine Grafikkarte entwickelte während der Rennen immer wieder Temperaturen, die sie nicht einmal durch ausgedehnte VR-Sessions erreicht. Da wäre bis zum Release noch Optimierungsarbeit zu leisten.

Sieg um jeden Preis

Sieg und Niederlage hängen in Pacer jedoch nicht nur an unserem Fahrgeschick, sondern ebenso an unseren Fähigkeiten als Schützen; ohne Waffengewalt und einem kontinuierlichen Auge für unsere Schildenergie schaffen wir es nicht bis ins Ziel. Um in den Gefechten mit den übrigen Fahrern des Feldes bestehen zu können sind in den Gefährten foglich auch Waffensysteme verbaut, die sich ebenso dem eigenen Spielstil und Fahrverhalten anpassen lassen. Jeder Wagen verfügt über zwei Slots für aktive und passive Waffengattungen. So können wir uns entweder mit Raketen, Minen und Maschinengewehrsalven gegen unsere Kontrahenten zur Wehr setzen oder aber durch Überladung unseres Schildes Schaden an der Karosserie verhindern. Ist die Schildenergie erst einmal aufgebraucht und verabsäumen wir es dieselbe durch das Einsammeln lilafarbener Orbs auf der Strecke neuerlich aufzuladen, geht es unserem Wagen an die Lebensenergie. Ist auch diese aufgebraucht explodiert der Racer und wir verlieren wertvolle Sekunden oder – je nach Modus – gar das ganze Rennen.

Von Quick Race bis last driver driving

Das führt uns geradewegs zu den unterschiedlichen Rennmodi von Pacer. Auch davon hat das Spiel einige zu bieten. Von einer Quick Race-Funktion, die es uns erlaubt schnell und unkompliziert in das Renngeschehen einzusteigen, bis hin zu einem Eliminationsmodus, in welchem nach dem Ablauf eines bestimmten Zeitintervalls der jeweils Letztplatzierte eliminiert wird, ist so ziemlich alles vorhanden, was man von einem Rennspiel erwarten kann. Während wir in einem klassischen Zeitfahrmodus gegen die Uhr fahren, gewinnt im Rennmodus Speed Lap nicht der Erstplatzierte, sondern der Fahrer mit der schnellsten Rundenzeit und im Endurance-Modus verlieren die Fahrzeuge kontinuierlich an Leben.

Ultimate victory!

Herzstück von Pacer wäre jedoch – neben dem Multiplayer-Aspekt – eigentlich die Kampagne, in welcher wir uns für ein vorgefertigtes Team entscheiden und in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, die sich primär hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge unterscheiden, an die Spitze der Rangliste führen. Stets gilt es sich zunächst in ein paar Einzelrennen die meisten Punkte zu verschaffen, um dann ein Abschlussrennen freizuschalten in dem drei Rennen in unmittelbarer Konsekution, ohne dazwischenliegende Pause absolviert werden müssen. Haben wir Erfolg und führen unser Team zum Tournier-Sieg schalten wir nicht nur die nächste Schwierigkeits- respektive Geschwindigkeitsstufe frei, sondern zugleich neue Strecken, Tag und Nacht auf bereits vorhandenen Kursen sowie die Möglichkeit Fahrbahnen spiegelverkehrt zu bestreiten. Die solchermaßen freigeschaltenen Strecken können wir dann sowohl in den anderen Modi, als auch im Multiplayer auswählen. Fehlende Abwechslung hinsichtlich des Streckendesigns sowie das Fehlen jeglicher Inszenierung des Rennspektakels lassen bei mir ohne menschliche Gegenspieler jedoch bald Langeweile und Ermüdungserscheinungen aufkommen.

FAZIT

Pacer tritt bewusst in der Tradition futuristischer Hochgeschwindigkeitsrennen der späten 90er und frühen Nullerjahre auf. Ganz im Sinne der Entwickler fühlt man sich dementsprechend an Titel wie Wipeout, F-Zero oder auch Extreme-G erinnert. Die Steuerung der Fahrzeuge geht, je nach Modell, gut von der Hand und ist darüber hinaus durch Feintuning nicht nur an die eigenen Vorlieben anpassbar, sondern auch verbesserbar, um im weiteren Verlauf der Kampagne bestehen zu können. Dabei vermittelt Pacer – für einen Anti-Gravity-Racer nicht ganz unwichtig – ein schön rasantes Geschwindigkeitsgefühl und erzeugt einen tranceartigen Flow, der es mir erlaubt mich im Renngeschehen richtiggehend zu verlieren.

Trotz einer (rudimentären) Kampagne, in welcher neue Strecken und mehr freigeschalten werden können, wird sich Pacer bei seinem Release am 17. September jedoch vor allem an multiplayeraffine Spieler richten, da das Streckendesign – hinsichtlich Schauwert aber auch Abwechslung – nicht mit gegenwärtigen Rennspielen mithalten kann. Vor allem aber mangelt es der Kampagne an jegliche Form von Inszenierung, von der obligatorischen Kamerarundfahrt über die Strecke vor Beginn eines jeden Rennen einmal abgesehen, sowie erzählerischem Gehalt. Wie sein Vorbild legt Pacer sein Hauptaugenmerk auf ein nicht verwässertes Hochgeschwindigkeitsgefühl, zu dem nicht zuletzt der Soundtrack von CoLD SToRAGE einiges beizutragen weiß. Wenn die Entwickler den Hardware-Hunger des Spiels noch in den Griff bekommen scheint somit zumindest kurzweiligem Multiplayer-Spaß im Stile der 90er nichts im Wege zu stehen.

Was ist Pacer? Ein rasanter Anti-Gravity-Racer ganz im Stile von Wipeout und F-Zero.
Plattformen: PC, PlayStation 4, Xbox One
Getestet: PC, Intel Core i7-6700k, 4GHz (8CPUs), 16 GB RAM, NVDIA GeForce RTX 2070 Super
Entwickler / Publisher: R8 Games/ R8 Games
Release: 17. September 2020
Link: Offizielle Webseite

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