Pioneers of Pagonia

Hilfe! Es wuselt überall! Auf meinem Bildschirm tummeln sich unzählige Untertanen die gehorsam und ohne großen Widerwillen fleißig Bäume fällen, Bretter sägen, Steine klopfen, in der Taverne schuften und viele weitere Arbeiten erledigen. Allzu leicht verfliegt die Zeit während ich das muntere Treiben doch nur mal kurz beobachten wollte. Pioneers of Pagonia ist ein Aufbaustrategiespiel das sich selbst als geistiger Nachfolger der von vielen Fans geliebten Die Siedler Reihe sieht und in die Kerbe der ursprünglichen Spiele schlagen will. Ob das gelingt?

Unter dem Publisher und zugleich Entwickler Envision Entertainment kam am 13.12.2023 Pioneers of Pagonia auf Steam in den Early Access. Auch wenn Ihr von Envision Entertainment bislang noch nicht viel gehört haben solltet, so ist Euch der Name Volker Wertich möglicherweise schon einmal untergekommen. Dieser ist Creative Director bei Envision Entertainment und Erfinder der originalen Die Siedler Reihe – und das merkt man Pioneers of Pagonia auch an.

Story und Setting

Die Story und das Setting von Pioneers of Pagonia ist schnell erklärt. Als Spieler:innen kommt man mit  einem Schiff voller Pioniere auf einer der Inseln von Pagonia an, um die verlorenen Stämme der Inseln wieder zu finden und zu vereinigen. Hierfür errichtet Ihr eine Siedlung und erkundet zugleich die teilweise leicht magisch angehauchte Insel. Das war es auch schon mit der Story und dem Setting – viel mehr gibt’s nicht und kommen im Spiel auch keine weiteren erzählerisch inszenierten Dialoge oder gar Zwischensequenzen vor. Dies scheint eine bewusste Entscheidung der Entwickler zu sein und ist es nach den derzeit verfügbaren Informationen von Envision Entertainment auch nicht geplant hier eine Kampagne mit mehr Story nachzuliefern. Vielmehr möchten sich die Entwickler auf prozedurale Missionen und Karten konzentrieren. Wer sich hier also ein tiefes Eintauchen in eine Spielwelt erhofft hätte und mit einer spannenden Geschichte das Spiel erleben wollte, wird mit Pioneers of Pagonia wohl keine große Freude haben.  Für alle anderen eröffnet sich mit  Pioneers of Pagonia durchaus ein sehr charmantes Aufbaustrategiespiel das Euch einige Stunden an den Bildschirm fesseln kann.

Prozedurale Karten

Zu Beginn einer Partie könnt Ihr Euch zwischen vordefinierten oder prozedural generierten Karten entscheiden. Dabei könnt Ihr ganz nach dem von Euch persönlich bevorzugten Spielstil entscheiden ob Ihr auf Eurer Insel lieber alleine, mit friedlichen andern Dörfern oder auch mit feindlichen Lagern – diese können in unterschiedlichsten Formen von Dieben, Banditen über Geister oder sogar Werwölfen auftreten – spielen möchtet. Je nach den von Euch gewählten Voraussetzungen unterscheiden sich dann auch die laufenden Missionsziele und Gewinnbedingungen. Die von Euch selbst erzeugten Karten könnt Ihr dann auch mittels einer Karten-ID mit anderen Spielern teilen, wenn Euch eine Karte besonders gut gefallen sollte.

Eine Auswahl an verschiedenen Völkern mit verschiedenen Warenketten oder sonstigen Eigenheiten, wie es dies etwa in Die Siedler III oder Die Siedler IV gab, steht Euch bei Pioneers of Pagonia nicht zur Auswahl. Dies führt dazu, dass Ihr Euer Spielerlebnis vor allem durch die Variationen der Karten anpassen müsst, um für Abwechslung zu sorgen. Beispielsweise dadurch, dass Ihr Karten mit weniger Ressourcen, schwierigerem zu bebauendem Gelände oder schwierigeren feindlichen Lagern erzeugt. Ob Euch dies als längerfristige Motivation ausreicht oder dann möglicherweise doch etwas zu eintönig ist, hängt von Euren persönlichen Vorlieben ab. Für mich hätte es gern noch etwas Variation am Gameplay durch unterschiedliche (freundlich oder feindlich gesinnte) Völker oder Fraktionen von Pionieren sein dürfen, um die Spannung im Spiel auf Dauer noch länger Aufrecht erhalten zu können.

Gameplay

Die wesentliche Spielmechanik von Pioneers of Pagonia liegt natürlich im Aufbauen und Vergrößern Eurer Siedlung. Dies wurde gut umgesetzt und stehen Euch aktuell um die 40 verschiedenen Gebäudetypen und 70 Waren zur Verfügung mit welchen Ihr die Wirtschaft Eures Dorfs zum florieren bringen könnt. Anfangs beginnt Ihr zum Beispiel erst einmal damit den Nachschub an Baumaterialen sicherzustellen, indem Ihr eine einfache Warenkette wie etwa einen Holzfäller, ein Sägewerk und gegebenenfalls einen Förster zur Erzeugung von Holzbrettern völlig frei von stark einschränkenden Rastern auf der Karte platziert.  Mit ein paar Klicks später habt Ihr die Gebäude noch in die richtige Richtung gedreht und mit Straßen verbunden – denn sonst passiert erst einmal gar nichts – und beginnen die selbständig agierenden Pioniere die Arbeit aufzunehmen.

Soweit so gut – bei genauerem Hinsehen sieht man dann aber, dass der Holzfäller nicht nur eine Art von Bäumen fällen kann sondern zwei und zusätzlich auch noch Feuerholz sammeln könnte. Genauso kann das Sägewerk mehrere  Endprodukte erzeugen. Aber halt! Warum nimmt der Förster die Arbeit nicht auf? Hier fehlen offenbar Schaufeln ohne die die Pioniere die spezielle Arbeit des Försters nicht aufnehmen können und drängt sich natürlich gleich die Frage auf wie diese denn hergestellt werden können – die Aufbau-Suchtspirale beginnt! Auch wenn vieles am Anfang doch noch recht simpel zu sein scheint, erhöht sich die Komplexität der verschiedenen Warenketten deutlich umso weiter die Siedlung wächst und umso mehr Gebäude in Verwendung kommen. Trotz der durchaus weitverzweigten Warenketten bleibt das System aber dennoch fast immer durchschaubar und wirkt gut durchdacht. Es macht auch eine Menge Spaß die benötigten Warenketten zu planen und umzusetzen, sodass das Herz jedes Aufbauspielfans gleich mal höher schlägt.

Neben dem bloßen Aufbaupart ist auch die Entdeckung der Spielwelt wichtig und könnt Ihr im Spielverlauf mit anderen Dörfern auf Eurer Insel in Kontakt treten, Euch anfreunden, verbünden und schlussendlich vereinen. Dabei erlangt Ihr deren Gunst vor allem durch Handeln und Erfüllen von Aufgraben in der Spielwelt, die beispielsweise die Fertigstellung von Konstruktionen an mysteriösen Orten oder schlicht die Lieferung von Waren an einen Außenposten erfordern können. Euch gegenüber tatsächlich feindlich eingestellte Dörfer gibt es im Übrigen nicht, sondern nur die bereits oben erwähnten feindlichen Lager. Diese erfordern im späteren Spielverlauf unterschiedliche Arten von Soldaten, die natürlich mit unterschiedlich hergestellten Waffen versorgt werden müssen, um erfolgreich bekämpft werden zu können. Bis auf die Werwölfe, die besiegte eigene Einheiten in weitere Werwölfe umwandeln, waren die Lager aber in kaum einer Partie eine wirkliche Herausforderung. Wer eine ausgeprägte militärische Herausforderung sucht ist bei Pioneers of Pagonia fehl am Platz.

Early Access

Nicht alles klappt aber bei Pioneers of Pagonia gleich auf Anhieb so wie man sich das wünschen würde. Dass Ihr alle Gebäude frei drehen und auf der Karte platzieren könnt ist zunächst einmal toll, aber wenn Ihr dann von der aktuellen Perspektive aus in einem Pulk aus Gebäuden nur noch die Hinterseite des gesuchten Gebäudes seht ist das Gesuchte manchmal schwer zu erkennen. Ärgerlich ist dies vor allem dann, wenn Ihr zwingend ein Gebäudemenü öffnen müsst um die Produktion wichtiger einzelner Waren manuell anzustoßen. Hier wäre jedenfalls noch Luft nach oben für die Implementierung gewisser Komfortfunktionen.

In Bezug auf die Übersicht ist es darüber hinaus auch etwas gewöhnungsbedürftig, dass kein Scrollen über den Bildschirmrand möglich ist und Ihr die Kamera nur per Klick in die Karte und Ziehen verschieben könnt. Zuletzt ist auch der maximale Zoom der Kamera etwas gering und leidet hier vor allem bei größeren Siedlungen die Übersicht.

Technisch gesehen lief das Spiel bei mir trotz Early Access relativ gut, wobei ich nach längerem Spielen ohne erkennbaren Grund zwei Totalabstürze hatte. Dank einer im Spiel integrierten Auto-Save Funktion waren diese aber leicht zu verschmerzen.

In Zukunft plant Envision Entertainment im Rahmen des Early Access in regelmäßigen Abständen weitere Spielinhalte hinzuzufügen. Offiziell bereits angekündigt sind Erweiterungen der Produktionsketten mit neuen Gebäuden, ein Co-Op Modus und einige Quality of Life Features.

Zusammenfassung

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