PlayStation VR im Test

Bereits Mitte der neunziger Jahre, geisterte der Begriff Virtual Reality durch die Mainstream-Medien. Weil sich aber niemand eine wuchtige Helmbrille aufsetzen wollte, um damit Polygongrafik betrachten zu können, blieb die VR-Revolution damals aus. Mit der PlayStation VR soll sich die Technik endlich durchsetzen und den Weg in unsere Wohnzimmer finden.

Im März dieses Jahres war es Facebook welches mit der Oculus Rift das erste Head-Mounted Display in den Handel brachte. Kurze Zeit später zogen Valve und HTC mit der HTC Vive nach. Beide Geräte richten sich vornehmlich an PC-Spieler mit leistungsstarken Rechnern und genügend Kleingeld. Aber bereits bei der heurigen Electronic Entertainment Expo (E3) im Juni zeichnete sich ein weiterer Trend ab: Die großen Publisher und Entwickler waren scheinbar von der Massentauglichkeit dieser beiden Systeme nicht ganz überzeugt und kündigten kaum neue Spiele an. Wenn dann doch der Begriff „virtuelle Realität“ ins Spiel gebracht wurde, dann fast immer im Zusammenhang mit Sonys neuem VR System.

Seit dem 13. Oktober 2016 ist es soweit: Die PlayStation VR ist nun endlich ganz regulär im Handel erhältlich und soll die lahmenden VR-Revolution nun endlich aus den Startlöchern helfen.

Was kostet die die virtuelle Realität?

Voraussetzung für das VR-Erlebnis ist neben einer handelsüblichen PlayStation 4, auch eine PlayStation Kamera. Dabei ist es aber völlig egal ob ihr eine alte aus dem Jahr 2013 verwendet oder die neuere Version, die aktuell im Handel erhältlich ist. Optisch sind zwar einige Unterschiede zu finden, aber beide verfügen über die gleiche technische Spezifikation. Wer also bereits Besitzer einer PlayStation Kamera ist, der braucht sich keine Neue anzuschaffen. Gleiches gilt auch für die Controller. Aktuell unterstützen alle Spiele das Dualshock 4 Gamepad, das bessere Spielerlebnis bieten aber die PlayStation Move-Motion-Controller. Auch hier funktionieren die alten PS3-Geräte einwandfrei. Dann fehlt für das virtuelle Erlebnis nur mehr das PSVR-Standardpaket mit folgendem Inhalt:

PlayStation VR-Headset

Das VR Headset verfügt über einen 5,7-Zoll-OLED-Bildschirm und einem integrierten Mikrofon, ebenso über einen Beschleunigungsmesser sowie einem Gyroskop-Sensor. Es ermöglicht ein 360-Grad-Sichtfeld mit bis zu 120 Bilder pro Sekunde. Direkt am Headset befindet sich ein Kabel mit einer Mini-Fernbedienung. Damit kann man das Headset aus- und einschalten sowie die Lautstärke des Kopfhörers regeln.

Stereo-Kopfhörer

Die Ohrstöpsel-Kopfhörer können mittels einfachem 3,5-mm-Klinkenstecker direkt an der Mini-Fernbedienung angeschlossen werden.

Die Prozessoreinheit

Die externe Prozessoreinheit dient einerseits als Hub für alle Kabel und ist andererseits für die 3D-Audio-Berechnung verantwortlich, sowie für die Darstellung des Social Screens (Spiegelmodus) mit dem die Zuseher die VR-Abenteuer am TV-Gerät miterleben können.

Viele, viele Kabel,… :

USB-Kabel
Mit einem Standard-und einem Micro-USB-Stecker für den Anschluss der Prozessoreinheit an die PS4.

HDMI-Kabel
Das HDMI-Kabel verbindet den Fernseher und die Prozessoreinheit.

PlayStation VR-Anschlusskabel
Verbindungskabel zwischen VR-Headset und der Prozessoreinheit.

Stromkabel & Stromadapter
Versorgt die Prozessoreinheit mit Strom.

Sonstiges

Bedienungsanleitung: Sämtliche Kabel sind nummeriert und müssen anhand der bebilderten Anleitung nur mehr in der richtigen Reihenfolge zusammengesteckt werden.

Demo-Disk: Mit acht Spiele-Demos.

Für dieses PSVR-Standardpaket hat Sony den UVP für mit 399€ festgelegt. Aufgrund der aktuellen Nachfrage, verlangen einige Händler momentan bis zu 10% Aufschlag, teilweise sogar noch darüber hinaus. Sobald sich das Kaufinteresse normalisiert hat (also vermutlich spätestens nach dem Weihnachtsgeschäft), werden sich auch die Preise auf den von Sony empfohlenen Kaufpreis stabilisieren. Alles in allem kommt Sonys VR-System somit auf ca. 850€ und befindet sich damit deutlich unter dem Preissegment der Konkurrenz. Geht man davon aus, dass die meisten Spieler bereits eine Playstation 4 Konsole besitzen und auf optionale Peripherie-Geräte verzichten können, liegen die Anschaffungskosten sogar auf unter 500€. Im direkten Vergleich: Die HTC Vive kostet aktuell 899€, die Oculus Rift ist auf Amazon für 699€ zu haben. Dazu kommen noch die Kosten für einen PC und diverses Zubehör.

 

Technische Spezifikationen

Trotz des niedrigeren Preises muss sich die PlayStation VR nicht vor den Konkurrenten Oculus Rift und der HTC Vive verstecken. Zwar ist die Auflösung mit 1920 x 1080 Bildpunkten (960 x 1080 pro Auge) etwas niedriger und das Sichtfeld auf rund 100 Grad eingeschränkt, dennoch schafft es die betagte PS4-Hardware sehr ansehnliche Bilder auf den OLED-Displays darzustellen. Abstriche müssen dennoch in Kauf genommen werden. An den Seitenrändern ist oftmals eine deutliche Unschärfe zu erkennen und bei Spielen, die schnelle Bewegungen verlangen, sind Kantenflimmern und Treppchenbildung keine Seltenheit.

Das Tracking erfolgt über die PlayStation Kamera. Das hat gleich zwei bedeutende Nachteile. Das von HTC Vive bekannte Room Scale VR, also das freie Bewegen in einem Raum, ohne dass das Tracking unterbrochen wird, ist mit dem PlayStation VR-Headset nicht möglich. Auch eine 360° Drehungen wird nicht unterstützt. Zwar kann das Headset von jeder Seite durch die Kamera erkannt werden, aber die Move Controller nicht. Auch die erfassbare Spielfläche liegt mit etwa 2 x 3 Metern deutlich hinter der Konkurrenz zurück (3m x 4m bei HTC Vive). Technisch bleibt somit Valves VR-System aktuell weiterhin das Maß aller Dinge – trotzdem, der Kompromiss zwischen Leistung und Hardware ist bei der PlayStation VR mehr als zufriedenstellend gelungen und bietet ein technisch einwandfreies VR-Erlebnis.

Hier die technischen Daten nochmals auf einem Blick:

Technische Daten

Produktname: PlayStation VR
Produktcode: Serie CUH-ZVR1
Bildschirm: OLED
Bildschirmgröße: 5,7 Zoll
Auflösung: 1920 x RGB x 1080 (960 x RGB x 1080)
Bildwiederholfrequenz: 120 Hz, 90 Hz
Sichtfeld: ca. 100 Grad
Mikrofon: integriert
Sensoren: Beschleunigungsmesser, Gyroskop
Anschlüsse: HDMI, USB
Äußere Abmessungen / Gewicht:
VR-Headset: ca. 187×185×277 mm (Breite x Höhe x Länge, ohne größtes hervorstehendes Teil, kürzeste Einstellung des Kopfbügels). Ca. 610 g (ohne Kabel)
Prozessoreinheit: ca. 143×36×143 mm (Breite x Höhe x Länge, ohne größtes hervorstehendes Teil). Ca. 365 g

Einstecken und los geht es…

Wer ein IKEA Regal zusammenschrauben kann, für den wird der Aufbau und das Einrichten des PlayStation VR Systems keine Herausforderung darstellen. Zwar gibt es jede Menge Kabel, die sind aber durchgehend nummeriert und müssen nur mehr anhand der bebilderten Anleitung in der richtigen Reihenfolge zusammengesteckt werden. Ein versehentlicher Falschanschluss der Kabel ist nahezu unmöglich und jeder technisch halbwegs versierter Benutzer sollte den Installations-Prozess in wenigen Minuten abgeschlossen haben.

Das Design des PlayStation VR-Headsets wirkt futuristisch und ist optisch sehr ansprechend gestaltet. Mit knapp 600 Gramm ist sie auch nicht allzu schwer, was sich auch positiv auf den Tragekomfort auswirkt. Mit einem Knopfdruck am hinteren Teil der Brille lässt sich das Kopfband auseinander ziehen und problemlos aufsetzen. Brillenträger können dabei ihre Sehhilfe sogar aufbehalten! Mittels Drehschraube am hinteren Kopfband erfolgt die Feinjustierung, sodass das VR-Headset nicht mehr verrutschen kann. Mit dem Knopf an der Unterseite der Datenbrille kann man dann noch zusätzlich das Visier einstellen, sodass es sich entweder näher an den Augen oder weiter davon weg befindet. Das war es auch schon. Die Ausrichtung erfolgt automatisch mittels Knopfdruck am Gamepad.

Einen Punkt sollte man beim Aufbau aber nicht vergessen: Platz schaffen. Einige Spiele lassen sich zwar bequem im Sitzen spielen, dennoch sollte man Möbel und Hindernisse vor Spielbeginn wegräumen. Eine eine freie Fläche von mindestens 2 x 3 Metern sollte es schon sein.

Die Spiele

Neben der Hardware enthält das PSVR-Standardpaket eine Demo Disk mit rund acht Spielen. Alle Titel können gratis ausprobiert und bei gefallen auch direkt im PSN-Store gekauft werden, die Preise bewegen sich dabei zwischen 10 und 60€ .Bei Battlezone handelt es sich beispielsweise um die Umsetzung des Arcade-Spiels von Atari aus dem Jahr 1980. Die 3D-Panzersimulation mit Vektorgrafik erinnert optisch etwas an den Film Tron und verfügt über einen 4 Spieler Koop-Modus. Mit EVE: Valkyrie tragen wir coole Dogfights im Weltall aus, Tumble VR ist ein Puzzlespiel ganz im Stil von Tetris und bei PlayStation VR Worlds handelt es sich um eine Sammlung von fünf Spielen in der man unter anderem durch zerfallende Raumschiffe klettert, Unterwasser in die Augen von Haien blickt, in die Rolle eines futuristischen Sportlers schlüpft oder an einem düsteren Londoner Gangsterthriller teilnimmt.

Zusätzlich wird es demnächst noch acht weitere VR-Demos direkt im deutschen Store zum Download geben. Hier eine Liste aller aktuell verfügbarer Demos:

Demo Disk
  • DriveClub VR
  • PlayStation VR Worlds
  • RIGS Mechanized Combat League
  • Tumble VR
  • Battlezone
  • EVE: Valkyrie
  • Wayward Sky
  • Headmaster

PSN Store

  • Until Dawn: Rush of Blood
  • Here They Lie
  • Harmonix Music VR
  • Job Simulator
  • Rez Infinite
  • Thumper
  • Kitchen (aka Resident Evil 7)
  • Allumette (ein VR-Kurzfilm)

Ein weiterer Geheimtipp ist sicherlich The Playroom VR. Wobei „Geheim“ sicherlich das falsche Wort ist, denn diese Sammlung aus rund sechs verschiedenen Minispielen ist als Gratis-Download im PlayStation Store erhältlich. Nicht nur, dass diese Sammlung den perfekten Einstieg in die VR-Welt bietet, sie gehört aktuell zu den wenigen Titeln, welche sogar über einen Mehrspielermodus verfügen. Da stampft man etwa mit dem VR-Headset auf dem Kopf als Monster durch eine Stadt, während die Mitspieler die Controller übernehmen, in die Rolle des Helden-Teams schlüpfen und alles daran setzten das Ungetüm aufzuhalten. Oder ein Katz und Maus-Spiel nach den Regeln des altbekannten „Versteinern“, indem der VR-Spieler als Katze versucht die Mäuse am Käse mopsen zu hindern. Und dann ist da noch Robots Rescue, ein einfaches Jump’n Run welches Mario, Sonic & Co vormacht, was man alles mit VR anstellen kann.

Bis zum Ende des Jahres sollen noch knapp 50 Spiele für die PlayStation VR erscheinen, rund 150 weitere befinden sich aktuell in Entwicklung. Aktuelles Highlight ist sicherlich Batman: Arkham VR. Für heuer wurden außerdem noch Eagle Flight und Star Trek: Bridge Crew von Ubisoft sowie Star Wars Battlefront: X-Wing VR von EA angekündigt.

Wir werden in den kommenden Wochen das eine oder andere Spiele-Highlight genauer unter die Lupe nehmen.

Für Risiken und Nebenwirkungen…

Bei der Nutzung des PlayStation VR-Headset empfiehlt Sony ausdrücklich regelmäßige Pausen einzulegen und vorzugsweise in kürzeren Sitzungen von nicht länger als einer Stunde zu spielen. Kinder und Jugendliche sollten sie grundsätzlich gar nicht aufsetzen. Die Altersfreigabe für PSVR liegt bei 12 Jahren.

Das rund eineinhalb Stunden dauernde Abenteuer von Batman: Arkham VR habe ich in zwei Spielsessions á 45 Minuten gemeistert – ohne Kopfschmerzen oder Übelkeit. Ab und zu verspürte ich zwar leichte Schwindelgefühle, aber gröbere Beschwerden blieben aus. Natürlich reagiert jeder inividuell auf das Eintauchen in den Cyperspace und dass Augen und Gehirn dabei doch ziemlich beansprucht werden, merkte ich daran, als ich nächsten Tag auch ohne VR-Headset auf dem Kopf über gelegentliche, leichte Schwindelanfälle klagen müsste.

FAZIT

Kann die PlayStation VR technisch mit Oculus Rift und HTC Vive mithalten? Eher nein. Wird es trotzdem die VR-Revolution einläuten? Vermutlich ja! Sony bietet dazu den perfekten Kompromiss zwischen Technik, Benutzerfreundlichkeit und Spielspaß und das zu einem leistbaren Preis. Natürlich leidet das ganze System noch an den üblichen Kinderkrankheiten und die Entwickler wissen noch nicht wie sie das ganze Potential der neuen Technologie ausreizen können, trotzdem kann der Start in ein neues Spielezeitalter als gelungen betrachtet werden. Es bleibt jetzt nur mehr zu hoffen, dass die PlayStation VR wirklich die notwendige Initialzündung war und endlich genug Publisher und Entwickler auf den VR-Zug aufspringen und uns auch zukünftig mit genügend hochwertigen Spielern versorgen. Sollten die Inhalte ausbleiben, ist vermutlich auch dieses Mal die VR-Revolution erneut abgeblasen.

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test