Die Karibik ist ein wunderbarer Ort. Weißer Sand, türkisblaues Meer und strahlender Sonnenschein. Kein Wunder also, dass die europäischen Seefahrernationen vor gut 500 Jahren in die neue Welt aufgebrochen sind, um dort ihr Glück zu suchen. Im Hauptspiel von Port Royale 4 sind wir einer der Auserwählten, der sich als hoffnungsvoller Gouverneur ins Abenteuer stürzt, um seiner Nation Ruhm und Reichtum zu bescheren. Die Erweiterung Buccaneers erlaubt uns jetzt außerdem auch als Freibeuter die Weltmeere unsicher zu machen.
Im September des letzten Jahres erschien der mittlerweile vierte Teil der Handelssimulation, der das bewährte Prinzip in ein modernes Gewand verpackte. Mithilfe unserer Handelsflotten, die wir zwischen den Städten hin und her schicken, versuchen wir das große Geld zu machen. Nebenbei sorgen wir dafür, dass auch die karibische Bevölkerung im Wohlstand leben und im Endeffekt immer mehr Waren produzieren kann, die wir an anderer Stelle wiederum gewinnbringend verkaufen. Aber Moment. Handelsflotten? Wohlstand? Marktwirtschaft? Noch nie gehört. Als griesgrämiger Pirat sind uns diese Vokabel in Port Royale 4 – Buccaneers fremd. Wir entern, meucheln und plündern lieber!
Willkommen in der Karibik
Bevor wir in See stechen, entscheiden wir uns für eine der vier großen Seefahrernationen, die jeweils einige spezielle Vorteile mit sich bringen. Die militärisch starken Engländer haben sich allerdings stets am besten bewährt, da ein echter Freibeuter eben eher auf Durchschlagskraft als auf Diplomatie setzt. Der Ruf muss schließlich gewahrt bleiben.
Nachdem wir die Anker gelichtet haben, setzen wir die Segel Richtung Karibik. Und erleben die erste Ernüchterung. Schön sieht nämlich anders aus. Aus reichlich Entfernung mag die Inselwelt zwar noch einladend wirken doch spätestens bei näherem Hinsehen, offenbaren sich die matschigen Texturen und detailarmen Umgebungen in all ihrer Grausamkeit. Die Überarbeitung der Gebäude im Piratenlook wirkt eher unmotiviert. Von den aus dem Hauptspiel bekannten Bauwerken unterscheidet sich der neue Look hauptsächlich durch die verwendeten Brauntöne. Genrekonkurrenten können da in Sachen Optik wesentlich besser punkten.
Die übrige Mechanik blieb unverändert. Wir müssen weiterhin die Strömung und Windrichtung beachten wenn wir wollen, dass unsere Schiffe schnell an ihr Ziel kommen. Hinzu kommt, dass sich der unterschiedliche Tiefgang auf die Manövrierfähigkeit in Küstennähe sowie in Korallenriffen auswirkt. Das gibt dem Ganzen einen realistischen Touch und sorgt dafür, dass wir Fahrtrouten mit Bedacht erstellen, um unsere Schiffe nicht unnötig gegen den Wind segeln zu lassen.
PIRATEN!!
Der Start unseres Freibeuterimperiums unterscheidet sich nicht vom bereits bekannten Prinzip aus dem Hauptspiel. Mit einem kleinen Konvoi stechen wir in See und verdienen uns durch Handel mit Städten unserer Nation die ersten Goldmünzen. Dabei müssen wir stets Angebot und Nachfrage im Auge behalten, um auch wirklich gute Geschäfte zu machen.
Doch als echter Pirat haben wir natürlich anderes im Sinn als unsere Zeit mit langweiligem Handel zu verschwenden. In der Erweiterung Port Royale 4 – Buccaneers lauten die Ziele Kapern, Belagern und Annektieren. Dazu ist es jetzt möglich, dank eines permanent aktivierten Kaperbriefes, die Schiffe der gegnerischen Nationen nach Herzenslust zu überfallen und auf diese Weise unseren Ruhm zu vermehren. Um die Flotte zu erweitern, bauen oder kaufen wir entweder in den Heimatstädten neue Schiffe oder wir kapern einfach die unserer Feinde. Mit ausreichender Mannschaftsstärke gelingt dies auch immer. Die zahlenmäßig überlegene Seite gewinnt. Mit der Piratenbark und der Piratengaleone haben es zudem zwei neue Schiffstypen ins Spiel geschafft. Vor allem letztere kann ordentlich austeilen.
Neben den Kaperfahrten gibt es jetzt auch die Möglichkeit komplette Städte zu belagern und zu annektieren. Dies sollte der geneigte Piratenkapitän aber erst in Betracht ziehen, wenn seine Truppe über die benötigte Schlagkraft verfügt, da das Ganze sonst auch schnell nach hinten losgehen kann.
Port Royale 4 – Buccaneers bietet keine eigene Story sondern nur das freie Spiel. Das ist ein bisschen schade, da die Geschichten der Hauptkampagnen gut erzählt sind und die Motivation fördern. Das ewige Handeln, Kämpfen und Kapern macht zwar ein paar Stunden Spaß, nützt sich aber aufgrund fehlender Abwechslung schnell ab.
Zusammenfassung
Grafik
Aus der Distanz macht die Karibik einen durchwegs guten Eindruck. Bei näherer Betrachtung relativiert sich das aber leider ganz schnell wieder. Das stufenlose Zoomen und Drehen der Kamera lässt euch die Welt aus allen Blickwinkeln betrachten.
Sound
Unauffällige Hintergrundmusik sowie passende Soundeffekte in den Städten.
Handling
Die Bewegung über die Karte funktioniert Dank WASD einwandfrei. Größter Minuspunkt der Serie ist das umständliche Handelssystem. Zwar wird angezeigt, welche Waren in den Städten produziert werden aber nicht welche benötigt werden. Das führt dazu, dass man erst einmal alle Städte abklappert, um den richtigen Handelspartner zu finden. Bei längeren Sessions hat man Bedarf und Produktion zwar verinnerlicht, bis es soweit ist, scrollt man aber gefühlte Ewigkeiten durch langweilige Listen.
Spieldesign
Die Neuerungen in Port Royale 4 – Buccaneers sind gut umgesetzt. Das Piratenleben bringt Abwechslung in den eintönigen Händleralltag. Die zusätzlichen Inhalte sind gut in das Gesamtkonzept integriert und wirken glaubwürdig.
Motivation
Die Langzeitmotivation ist meiner Meinung nach das größte Problem an Port Royale 4, denn die Aufgabenliste ist für den Spieler dann doch sehr überschaubar. Der Fokus des Spieles liegt so sehr auf dem Handel, dass andere Aspekte sträflich vernachlässigt werden. Wer sich damit zufriedengeben kann seinen Schiffen beim Herumfahren zuzusehen und vielleicht ab und zu die Siedlungen zu optimieren, der ist mit dem Titel gut beraten. Port Royale 4 – Buccaneers bringt mit dem Freibeuterthema zumindest etwas Abwechslung.
FAZIT
Port Royale 4 – Buccaneers lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Es hat schon seinen Reiz als Händler respektive Pirat sein Glück zu versuchen, doch langfristiger Spielspaß will nicht so recht aufkommen. Zu wenig Abwechslung, zu wenig Herausforderung. Denkt man an Genregrößen wie Anno 1800 bleibt die Handelssimulation auf der Strecke. Irgendwie fühlt sie sich eher an wie ein Volkswirtschaftskurs mit Augenklappe und Holzbein.
Ein Gastartikel von Daniel Krondraf.