Prey – Angespielt

Kurze Geschichtsstunde: Vor fünf Jahren gab es schon einmal ein Spiel mit dem Namen Prey. Darin schlüpfte man in die Haut eines indianischen Alter-Egos, der sich mit Aliens anlegte um seine Liebe zu retten – außerkörperliche Erfahrungen und mystische Kräfte inklusive. Nun gibt es wieder ein Spiel mit dem selben Namen … das absolut nichts mit dem „Vorgänger“ zu tun hat. Anderes Setting, andere Aliens, anderer Hauptdarsteller, anderer Entwickler. Alles neu also.

Aber wie lehrte uns schon Barney Stinson: Neu ist immer besser. Und noch meiner Anspielsession traue ich mich mit gutem Gewissen zu sagen: Das trifft auch hier zu! Wir schlüpfen wahlweise in die männliche oder weibliche Haut von Morgan Yu. Einem Wissenschaftler, der von seinem Bruder in eine Forschungsstation eingeladen wurde um sich einigen Tests zu unterziehen und in Folge ins All auf einer Raumstation seinen Dienst für die Menschheit zu verrichten … so wirkt es zumindest. Der Wecker läutet, die Sonne scheint, wir fliegen mit dem Hubschrauber zu unserem Test, werden dort freundlich begrüßt und müssen uns in Folge einigen merkwürdig anmutenden Aufgaben stellen. Möglichst schnell Tasten drücken, über eine Wand hüpfen, sich in einem Raum in dem nur ein einzelner Stuhl steht verstecken … alles sehr kurios, aber gut: Egal was wir machen, alle scheinen happy zu sein. Bis sich plötzlich die Kaffeetasse eines der Wissenschaftler hinter der großen Glaswand in ein merkwürdiges, schwarzes Wesen verwandelt und ihn angreift. Panik greift um sich, der Raum in dem wir uns befinden wird mit Gas geflutet, uns geht das Licht aus.

Kurz darauf liegen wir wieder in unserem Bett. Alles ist wie am Tag davor … EXAKT gleich. Nur der Computer spinnt … und im Gang liegt statt einer Handwerkerin, die wir „gestern“ dort trafen eine Leiche … und eine Tür fehlt. Schnell wird klar: Hier stimmt was nicht. Dass wir dann auch noch nachdrücklich angewiesen werden, uns aus dem Staub zu machen, hilft auch nicht dabei ruhig zu bleiben. Doch wie sollen wir nur entkommen? Beherzt schlagen wir die Scheibe unseres Appartements ein und sehen uns näher um. Plötzlich fällt der Groschen: Alles Fake, alles nur gestellt. Offensichtlich sind wir schon ewig hier, wurden wieder und wieder getestet. Mehr noch: Bald schon kommt der wirklich große Knaller: Wir sind schon im Weltraum – auf einer gigantischen Raumstation auf der mit außerirdischen Lebewesen (genannt Typhon) experimentiert wurde. Genauer gesagt wird getestet wie man deren bemerkenswerte Fähigkeiten und Eigenschaften auf den Menschen übertragen kann. Eine der Schlüsselfiguren in diesem Projekt? Wir selbst! Mit diesem geschichtlichen Knaller endete unsere Demo und machte ungemein Lust auf mehr. Das liegt aber nicht nur an der toll aufgezogenen Inszenierung und dem schön aufgebauten Spannungsbogen, sondern natürlich auch am Gameplay und Game-Design.

Half-Life trifft Bioshock trifft System Shock

Beginnen wir zu allererst beim Gameplay. Und da kommt man im Grunde nicht umhin zu aller erst über die Mimmiks genannten, ersten Gegner zu reden, mit denen wir es zu tun bekommen: Diese sind nämlich Meister der Tarnung – können sich in so ziemlich jedes Objekt verwandeln, das sie vorfinden. Das wurde auch in den von uns getesteten Passagen schon gut von den Entwicklern eingesetzt. Man muss als Spieler immer nach Unregelmäßigkeiten in der Umgebung Ausschau halten. Ein Beispiel: Recht am Anfang – noch nur mit einem Rohrschlüssel bewaffnet – betreten wir einen kleinen Vorraum mit einer Garderobe. Alles sieht normal aus: Ein Schrank, eine Bank, an der Wand hängt ein Mantel am Boden liegen Schuhe … drei Schuhe. Hm… Noch während wir überlegen ob wir den vierten vielleicht einfach übersehen haben, entpuppt sich einer davon als Mimmik und greift uns an: Springt durch den Raum, bäumt sich auf, schlägt nach uns aus. Erschrocken aber entschlossen prügeln wir zurück und sind für die Zukunft gewarnt: Zwei Mistkübel nebeneinander in einer Toilette? Mimmik. Nur ein Blumenständer, aber zwei Blumentöpfe? Mimmik. Ein Barhocker, der irgendwie deplatziert mitten im Raum steht? Richtig: Mimmik. Coole Idee, super umgesetzt.

Allerdings sind die kleinen Mimmiks nicht die einzigen Gegner. Im Laufe des Spiels trifft man vermeintlich auf immer mehr und auch immer größere und gefährlichere Varianten der Aliens, die dann auch einiges an Taktik und Geschick erfordern um sie klein zu kriegen. Oder aber natürlich den Einsatz unserer eigenen, besonderen Fähigkeiten.

Prey kommt – typisch für die Entwickler von Arkane Studios – mit einem Rollenspielelement daher, das euch nicht nur erlaubt eure Stärke oder Widerstandskraft zu erhöhen, sondern (unter anderem versteht sich) auch uns selbst in diverse Objekte zu verwandeln. So können wir ruck-zuck selbst zur Kaffeetasse werden. Nicht nur, um uns ebenso vor Gegnern zu verstecken, sondern auch neue Orte zu erreichen. Immerhin kann man auch als Kaffeetasse noch bedingt steuern – also hüpfen, rollen und so weiter. Aber das wissen wir nur aus Erzählungen und Trailern. Selbst kamen wir im Spiel nicht weit genug um das ausprobieren zu können.

Sehr wohl austesten konnten wir dagegen bereits eine der ebenfalls diverse neue Ideen verheißenden Waffen: Die Glue-Gun. Ein spannendes Stück Technik, das euch quasi erlaubt dicke Batzen Hightech-Bauschaum zu verschießen. Damit könnt ihr nicht nur Gegner kurzzeitig fixieren um ihnen nachher in Ruhe eins auf die Mütze geben zu können, ihr könnt zudem die Umgebung beeinflussen. Also zum Beispiel feuer-speiende Gaslecks stopfen oder euch selbst improvisierte Stiegen bauen um andere Bereiche der mehr oder weniger frei erkundbaren Raumstation zu erreichen. Diese Freiheit erhaltet ihr übrigens auch bei den Missionen selbst: Die Entwickler versprachen, dass man viele Aufgaben auf ganz unterschiedliche Art und Weise lösen kann. Also zum Beispiel auch indem man sich eine Treppe in ein anderes Geschoss baut, so an eventuellen Gegnern vorbeischleicht und gänzlich ungesehen dorthin gelangt, wo man hin will.

Apropos ungesehen: Auch eine oberflächliche Stealth-Mechanik hat es ins Spiel geschafft. Über sich nach und nach füllende Pfeile am HUD wird veranschaulicht, ob und wie gut einen Gegner schon sehen können. Ein Deckungssystem oder dergleichen gibt es allerdings nicht – es wird immer ausschließlich aus der Ego-Perspektive gesteuert. In den Passagen, die wir spielen konnten, war Schleichen aber nie wirklich zwingend nötig. Später im Spiel wird das anders sein – da warten dann nämlich auch absolut übermächtige Gegner.

Atmosphäre pur

Neben dem vielseitigen und schon jetzt gut ausbalancierten Gameplay ist eine weitere Stärke von Prey die Atmosphäre und das Game-Design. Obwohl die Grafik nicht unbedingt Bäume ausreißt, so haben sich die Entwickler doch unglaublich viel Mühe gegeben der Welt Leben einzuhauchen und den Spieler so in den Bann zu ziehen. Dementsprechend ist die Raumstation, auf der ihr euch vollkommen frei bewegen könnt, voll mit kleinen Details und Mini-Geschichten. Also auch voll mit Sidequests. Meist stolpert ihr über diese während ihr Computer oder Leichen durchsucht … und meist geht es darin dann auch darum Menschen auf der Station zu finden … tot oder lebendig. All das fordert und erfordert ständiges Erforschen und Stöbern, wodurch man immer tiefer und tiefer in die Welt von Talos I und seinen Geschehnissen und Geheimnissen eintaucht. Auch der Grafikstil selbst, der an vielen Orten frappierend an Bioshock erinnert, weiß zu überzeugen. Für die passende, technische Brillanz sorgt dabei die CryEngine. Auch wenn man durchaus an manchen Ecken und Enden merkt, dass deren Spezialität eher Außenareale sind … aber hey: auch diese kommen später im Spiel noch vor. Nur geht es hier dann eben nicht um weite, grüne Inselidylle, sondern die Außenhaut von Talos I. Leider durften wir dort aber selbst noch nicht hin.

Sehr wohl schon selbst genießen durften wir aber natürlich den Sound. Auch der trägt schon in den ersten Missionen maßgeblich dazu bei, dass einen die Welt von Prey augenblicklich in seinen Bann zieht. Die Soundeffekte sind kräftig, die Sprecher gut besetzt, Musik nur sehr spärlich eingesetzt … und somit optimal. Fein!

ERSTEINDRUCK

Ich war ein großer Fan des ersten Prey und recht skeptisch, als man den Namen für etwas quasi ganz Neues wieder ausgegraben hat. Allerdings bin ich auch Fan von Arkane – mochte von Dark Messiah bis zu Dishonored noch so ziemlich alles von ihnen. Und ich wurde auch vom neuen Prey nun nicht enttäuscht. Die Atmosphäre ist von Anfang an unglaublich dicht, das Gameplay vielschichtig und abwechslungsreich, die Technik gut und auch die Story scheint zu passen. Zumindest fängt sie schon mal sehr spannend an. Ich bin jedenfalls heiß auf mehr und freue mich schon sehr auf den 5. Mai, wenn ich die Raumstation Talos I endlich weiter erkunden darf.

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