Quantum Break – TEST

Der neuste Streich der Max Payne und Alan Wake Macher ließ mich als Gamer, vor allem aber als „Gaming-Schreiberling“ vor dem Verfassen des Reviews mit einer recht essentiellen Frage zurück: Wie sehr sollte eine Rezension davon geprägt sein, was über das von den Entwicklern abgelieferte hinaus möglich gewesen wäre? Sind in meinen Augen vertane Möglichkeiten ein Spiel noch besser zu machen wirklich „schwerwiegend“ genug, um mit dem Endprodukt selbst hart ins Gericht zu gehen? Ich weiß es nicht. Sehr wohl aber bin ich mir sicher, dass man sich bei all der Gehirnakrobatik als Spieletester vor allem immer wieder auf die eine, essenzielle Frage besinnen sollte, bevor man einen Text schreibt: „Hattest du denn Spaß?“

Stammleser wissen, dass ich gerne gleich zu Beginn ein erstes Fazit zu einem Spiel liefere. Warum also mit alten Traditionen brechen und nicht die Antwort auf die Frage nach dem Spaß auch gleich zu Beginn liefern: Ja verdammt, ich hatte Spaß! Quantum Break ist ein gutes, unterhaltsames Spiel. Auch wenn ich nach einigem Nachdenken auf immer mehr Elemente und Facetten komme, die man hätte ausbauen, besser machen, weiterdenken oder stärker hervorkehren können, am Ende bleibt die Erkenntnis, dass ich von Quantum Break gut unterhalten wurde. Doch was ist Quantum Break nun eigentlich; worum gehts? Fangen wir am Anfang an – ganz am Anfang! Denn am Anfang, da war die Zeit. Egal bei welcher Entstehungstheorie „des Universums, des Lebens und allem“ man ansetzt, die Zeit war immer schon da. Das Problem: In Quantum Break droht sie zu enden – endgültig. Totaler Stillstand. Aus, Schluss, vorbei, Schicht im Schacht, aus die Maus, die letzte Kuh machts Türdl zu, Ende … von allem. Schuld daran sind natürlich wieder mal wir Menschen. Ausnahmsweise aber nicht wegen unseres CO²-Ausstoßes, sondern weil wir schlichtweg wieder mal zu neugierig waren. Ein Experiment ging schief, die Zeit geriet aus dem Takt.

Der Spieler erlebt dieses Missgeschick selbstverständlich aus der ersten Reihe fußfrei – ist mitten drin, statt nur dabei. Dadurch bleibt er auch nicht reiner Zuschauer, sondern wird freilich essenzieller Bestandteil von allem, was danach folgen soll: Jack Joyce, so der Name des Helden der Story rund um Zeitreisen, Zeitmanipulation, Freundschaft, Liebe, Misstrauen und was sonst noch so zu einer guten Hollywood-Geschichte gehört, hat nämlich ab dem besagten „Vorfall“ nicht weniger als Superkräfte; kann nach und nach auf immer mehr coole Tricks zurückgreifen. Zum Beispiel kann er blitzschnell kurze Distanzen zurücklegen, an bestimmten Punkten in einer Art Sphäre die Zeit anhalten und so weiter und so fort.

Time goes by …

Diese Fähigkeiten nutzt Entwickler Remedy fortan, um den Spieler in unzählige Scharmützel mit den unterschiedlichen Soldatentypen von Monarch zu schicken – einem vermeintlich bösen Großkonzern, der sich Jack und seinem Plan irgendwie die Welt zu retten ständig in den Weg stellt. Dabei wird besagtes Mega-Unternehmen aber eigentlich von einer in die Vergangenheit gereisten Version des Menschen geleitet, der die für den ganzen Schlamassel verantwortliche Zeitmaschine überhaupt gebaut hat. Wohlgemerkt gebaut und ausprobiert, nicht aber konzipiert. Das war nämlich wiederum der Bruder unseres Helden … Ist alles in ein paar Zeilen nicht wirklich einfach zu beschreiben, wird im Spiel selbst allerdings sehr gut verdaulich präsentiert und erklärt. Überhaupt zeigt sich in Quantum Break wieder einmal die große Kernkompetenz von Remedy: Storytelling! Dabei gehen die Entwickler diesmal allerdings einen besonders Produktions-intensiven Weg: Statt alles „nur“ ingame zu erzählen, wurden für so ziemlich alle Kernrollen namhafte Schauspieler verpflichtet. Darunter Shawn Ashmore (X-Men), Dominic Monaghan (LOST), Aidan Gillen (Game of Thrones) oder Lance Reddick (Fringe). Die wurden nicht nur für das Spiel selbst digitalisiert und teilweise erstaunlich gut umgesetzt (Shawn Ashmore und Lance Reddick insbesondere), sondern auch für echte Videoaufnahmen vor die Kamera gebeten. Die passenden Sequenzen laufen jeweils zwischen den fünf Akten der insgesamt rund 10 Stunden langen Story und dauern alle je rund 20 Minuten.

Dabei warb Remedy ja bereits sehr früh damit, dass der Spieler mit seinen Entscheidungen nicht nur den Spielverlauf, sondern eben auch diese Cutscenes maßgeblich beeinflussen kann. Das stimmt leider nur teilweise. Im Grunde ist es schlicht so, dass die Entwickler den Zocker am Ende jedes Aktes (außer dem letzten) vor die Wahl stellen eine von zwei Optionen zu wählen. Für beide werden einem in eigenen Videos die Konsequenzen grob vor Augen geführt und die Pros und Cons der jeweiligen Wahl aufgezeigt. Dann kann sich der Spieler mittels einfachem Knopfdruck entscheiden und die Story läuft weiter. Das ist jetzt freilich nicht so „makellos“ und „fließend“ wie in so manchem Rollenspiel *hust* Witcher *hust*, hat aber auch einen großen Vorteil: Man kann jederzeit über den „Zeitstrang“ genannten Punkt im Hauptmenü zu jeder einzelnen dieser Story-Kreuzungen zurückkehren und das Spiel von dort wiederaufnehmen. Einfach um zu sehen, was sich denn eigentlich bei einer anderen Wahl verändert hätte. An dieser Stelle muss ich aber gleich einen kleinen Dämpfer hinterherschicken: so WIRKLICH viel ändert sich nicht. Selbiges gilt für die zweite Möglichkeit etwas zu verändern: Ab und an sind im Spiel kleine Quantum Ripples versteckt – also kleine Storydetails, die vermeintlich den Lauf der Geschichte verändern. In Wahrheit fügen sie den Filmsequenzen zwischen den Akten aber nur ein paar Sekunden Video-Material hinzu – sind also nett für alle, die Spiele gerne auf 100% beenden, sonst aber wenig wertvoll.

… so slowly

Und damit kommen wir direkt zu dem eingangs angesprochenen Punkt, was man nicht vielleicht noch alles hätte „mehr“ machen können. Zum einen hätte man also mehr Story-Variation bieten können. Zum anderen hätte man aber auch gameplaytechnisch mehr aus dem Spiel herausholen können. Es ist nämlich so, dass Jacks Fähigkeiten nicht nur in den Kämpfen, sondern auch für so manch Geschicklichkeits- oder Rätseleinlage verwendet werden wollen. Um also zum Beispiel ein Baugerüst erklimmen zu können, muss man eine Hebebühne ausfahren, sie denn mittels Statis-Blase „in der Zeit fixieren“ und schnell drüber laufen/hüpfen. Und viel komplexer wird es leider nicht. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen. Gerade da die optisch äußerst spektakulären Momente, in denen die Zeit komplett einfriert oder verrückt spielt hätten sicherlich für kreativere Denkaufgaben herhalten können.

Auch die Kämpfe bieten wenig Abwechslung. Im Grunde gibt es leichte, mittlere und schwere Bösewichte. Manche können sich wie Jack auch dann noch bewegen, wenn die Zeit ins Stottern gerät bzw. einfriert, andere nicht. Manche haben schwere Waffen, andere leichte. Das war‘s. Übermäßig schlau ist keiner von ihnen. So bieten die Scharmützel schon recht bald nichts Neues mehr. Für mich persönlich besonders schade: an einem Punkt im Spiel deutet das Game an, dass man es mit einem neuen Typ von Gegner zu tun bekommt. Ich nenne sie jetzt mal trans-temporale Wesen. Also Menschen (?), die außerhalb der Zeit agieren und unglaubliche Macht besitzen. Gegen sie antreten darf/muss/kann man allerdings nie … vermutlich sind sie also ein reiner Teaser auf einen nächsten Teil. Schon jetzt gut zeigt sich hingegen die Steuerung. Sowohl mit Maus und Tastatur, als auch mit Gamepad funktioniert die klassische 3rd-Person-Shooter Mechanik sehr gut: Jack geht automatisch hinter geeigneten Objekten in Deckung wenn Feinde in der Nähe sind und taucht auf wenn man zum Zielen anlegt (blind feuern kann man nicht). Das alles funktioniert sehr gut und darf ruhig so bleiben.

Technik-Fiasko

Unbedingt überarbeiten sollte man aber , am besten schon bald, die Technik … zumindest am PC. Dort wurde nämlich ganz offensichtlich wieder ziemlich geschlampt. Foren, Berichte und Rezensionen sind voll mit Beschwerden über grottige Performance, dauernde Abstürze und fehlende Einstellungsmöglichkeiten. Direkt bestätigen kann ich allerdings nicht alle davon. In Hinblick auf die Performance und die Stabilität scheine ich nämlich die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt. Auf meiner GTX980ti lief das Spiel bei maximalen Details butterweich und ohne Probleme. Viele Zocker mit stärkerer Hardware berichten genau das Gegenteil: unspielbare Framerates, ständige Abstürze … der Frust ist groß im NVIDIA-Lager. Zumindest AMD-User scheinen aber auf der sicheren Seite zu sein.

Da wie dort gibt es allerdings auch abseits von Performance und Stabilität noch einiges zu meckern. Die verwendete, eigens entwickelte Northlight Engine setzt auf einige, ganz spezielle Technik-Kniffe, um das Maximum aus der Xbox One herauszuholen … was dort auch gut funktioniert. Zum Beispiel wird das ganze Spiel in einer recht niedrigen Auflösung gerendert und dann hochgerechnet – ganz einfach ausgedrückt. Das ist für Konsolen und auf einem TV-Gerät Klasse, am PC allerdings weder nötig noch erwünscht … kann aber bei Quantum Break nicht deaktiviert werden. Sprich: Selbst wenn man auf 1920×1080 spielt ist man mit einem unscharfen und verwaschenen Spiel konfrontiert, das nur minimalst besser aussieht als die Xbox One Version – wenn überhaupt. Zudem ist die Framerate stark limitiert. Auf einem 60Hz Monitor sind maximal 50 FPS möglich. Am PC gäbe es dafür naturgemäß diverse Workarounds, doch auch all die sind nicht möglich. Schuld daran ist die Verwendung der „Universal Windows Platform“. Diese, von Microsoft aktuell stark gepushte Lösung, soll die Cross-Plattform-Entwicklung für Xbox One und PC vereinfachen, stellt die PC-Gamer aber aktuell vor allem vor einen riesen Haufen von Limitierungen. Diese haben zum Teil damit zu tun, dass das Spiel nicht wirklich im Vollbild-Modus ausgeführt wird, sondern mittels rahmenlosem Fenster. Damit können diverse Tweaks ebenso wenig verwendet werden wie Programme ala Fraps. Ebenfalls skurril: Statt auf einen klassischen „Beenden“-Button im Hauptmenü zu setzen, muss man mit der Maus an den oberen Bildschirmrand fahren, warten bis die üblichen Felder für „minimieren“, „Fenster“ und „Schließen“ auftauchen und dort das X-erl anklicken … oder einfach „Alt + F4“ drücken. Vielen gefällt das gar nicht. Aber ganz ehrlich: Ich find‘ den Pragmatismus dieses Ansatzes sogar irgendwie ganz sympatisch.

Fazit

Gerade in den letzten zwei Absätzen meines Tests habe ich viel gemeckert: Über vergebene Chancen genauso, wie über schlechte PC-Technik. Es steht also außer Frage, dass Quantum Break kein perfektes Spiel ist. Doch dann komme ich wieder zu der Frage vom Anfang zurück: Hatte ich Spaß? Und trotz der Tatsache, dass Quantum Break vermutlich noch besser hätte werden können, bleibe ich bei meinem „ja“ als Antwort. Die Story ist wirklich gut, das Gameplay solide, der Clou mit den Zwischen-Filmen toll umgesetzt. Würde ich Action-Fans Quantum Break also empfehlen? Eigentlich schon: aber nach Möglichkeit nicht für den PC. Das Spiel funktioniert einfach in jeder Hinsicht besser auf der Xbox One, wo es durchaus als Pflichtkauf gesehen werden kann. Am PC hingegen bleibt fürs Erste die Hoffnung auf schnelle Patches von Microsoft und/oder Remedy. „Dank“ der „Universal Windows Platform“ ist die Community nämlich diesmal leider wirklich ganz und gar auf deren schnelles Reaktion angewiesen.

Gesamtwertung: 8.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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