Remnant: From the Ashes im Test

Es gibt diese Spiele, die hat man nicht auf dem Radar. Da benötigt es manchmal einen kleinen Zufall oder ein gut platzierter Hinweis in einem Sozialnetzwerk seines Vertrauens. Zweiteres führte mich in die Arme von Remnant: From the Ashes. Einem Third-Person-Shooter in Dark Souls-Manier. Diese wunderbare Begegnung der besonderen Art, war der Beginn einer Hassliebe wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe. Gunslinger Games neuestes Werk punktet mit großartigen Artwork, einem wunderschönen Soundtrack und einer durchaus interessanten Story, in welcher pflanzliche Aliens der Menschheit den Hintern aufgerissen haben. Auch das Gamplay ist meist ein Traum, doch für Solo-Kämpfer – wie mich – manchmal etwas unfair.

The Happening?

Remnant: From the Ashes katapultiert uns in eine Welt, welche von pflanzlichen interdimensionalen Wesenheiten übernommen wurde. Die Menschheit scheint vom Antlitz der Erde verschwunden zu sein und nur noch von Schlingpflanzen umwucherte Ruinen, flüstern von der Glorie längst vergangener Tage. Doch der Schein trügt! Unter jenem Schleier aus schneidendem Schweigen, regt sich Hoffnung! Ein zunächst nicht näher erklärter Auserwählter hebt sich aus der Asche, ausgesendet um die Menschheit zu retten.

Bei diesem Heroen handelt es sich natürlich um niemand geringeren als unsere Spielfigur. Typisch für das Genre, können wir in Remnant: From the Ashes unseren Recken in einem Editor erstellen. Dabei wählen wir zwischen diversen Optionen für Gesicht, Haare sowie möglicher Gesichtsbehaarung, um unserer Figur das gewünschte Äußere zu verleihen. Im Übrigen stehen uns auch ein paar Stimmen zur Verfügung. Allerdings spricht unser Protagonist nicht in den Dialogen, meist gibt er nur während oder nach dem Kampf einen Wortlaut von sich.

Sind wir mit der Erstellung der Hauptfigur fertig, betreten wir die Welt von Remnant: From the Ashes, und die kann sich durchaus sehen lassen! Die Stimmung darin ist unglaublich trostlos und bedrohlich. Nicht zu unrecht, wie sich zeigt! Denn kaum haben wir unsere ersten Schritte hinter uns gebracht will uns auch schon der erste Baum ans Leder! Der Pflanzen-Mensch-Hybrid ist optisch irgendwo zwischen Groot und etwas das aus Gulliermo del Toros Kopf stammen könnte, angesiedelt und teilt mindestens so stark aus, wie er hässlich ist. Doch kein Problem! Sind wir doch mit einer stolzen Klinge ausgerüstet, mit der wir den hölzernen Fiesling zu Kleinholz verarbeiten. Nicht eine Sekunde nachdem wir unseren Gegner heldenhaft zu Heizungsmaterial umgewandelt haben, ziehen seine (ziemlich grantigen) Brüder um die Ecke und wir beißen direkt ins Gras. Vom Entwickler gewollt, stellt sich heraus, denn das eben erlebte war nur das Tutorial in Remnant: From the Ashes und jetzt geht der Wahnsinn erst so richtig los!

Life.Die.Repeat!

Life.Die.Repeat! Diese Zeile ist nicht nur einem grandiosen Tom Cuise Film zuzuordnen, nein, sie ist auch die Grundlage des sogenannten Souls-Like-Genre. Ein Subgenre, dessen Schwierigkeitsgrad so verdammt knackig ist, dass nur wahre Masochisten, oder Gaming-Legenden, ihre Freude daran haben. Ich – bescheiden wie ich bin – habe mich immer irgendwo dazwischen gesehen und freute mich auf die Herausforderung, welche Remnant: From the Ashes mir bieten wird. Damit ich dieser nicht komplett hilflos entgegentreten muss, kann ich zwischen drei Anfangsklassen, mit jeweils eigenen Stärken wählen. Da wäre zum einen der Jäger, welcher mit seinem Jagdgewehr aus der Ferne agiert oder Gegner durch Wände sichtbar macht. Der Unterstützer verfügt über eine heilende Aura und der Plünderer, der mit seiner schweren Rüstung nicht weniger als ein Panzer auf zwei Beinen ist. Meine Wahl fällt auf den Jäger, weil ich eine gesunde Distanz zwischen mir und dem Gegner zu schätzen weiß.

Durchstreift man alleine die wunderschönen und zufallsgenerierten Welten von Remnant: From the Ashes ist der unvorsichtige Spieler schnell dem Tode geweiht. Jede Bestie, egal wie klein, kann bei Unachtsamkeit zum Stolperstein werden. Dass die „Saat“, wie das Unheil aus einer fremden Dimension genannt wird, selten allein unterwegs ist, macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Doch so schwer die  Scharmützel auch sind, so viel Spaß machen sie auch. Das liegt am exzellenten Gunplay. Die Steuerung ist präzise, das Trefferfeedback superb und der begleitende Sound der Waffen ist das Salz in der Suppe, welche jeden Sieg so verdammt befriedigend macht. Anders sieht es leider mit dem Nahkampf aus. Wo man mit der Knarre geschmeidig wie ein Kätzchen übers Feld gleitet, ist man mit dem Schwert so steif und unflexibel, wie Pinocchio mit Altersschwäche. Was die Ursache vieler meiner unzähligen Tode war.

Remnant: From the Ashes ist, wie nicht anders von einem Souls-Like zu erwarten, schwer – richtig schwer – aber anders als sein großes Vorbild, nicht immer fair. Gerade als Solo-Spieler wird man sich an Remnant: From the Ashes die Zähne wund beißen. Funktioniert das Erkunden der Karte als Einzelner recht gut, werden die (eigentlich spannenden) Bosskämpfe dann doch recht frustig. Da viele von den Bossen im Gefecht Minions ins Rennen schicken, ist es ohne Team fast unmöglich, der Lage Herr zu werden. Dazu kommt auch, dass die Welten, durch die man sich bewegt, allesamt zufallsgeneriert sind. Jeder Durchlauf ist anders, dadurch wird Remnant: From the Ashes etwas unberechenbarer als andere Vertreter seines Genres. Kämpfe ich in das eine Mal noch gegen einen Hünen mit Breitschwert, tritt mir das andere Mal ein haushoher Cthullhu aus Holz entgegen.

Segnen wir dann das Zeitliche, werden wir an den letzten Checkpoint, den wir nutzten, teleportiert, ohne dabei, wie in Dark Souls, unsere Ressourcen zu verlieren. Mit im Kampf erbeuteten Rohstoffen, lassen sich in der Basis Waffen und Rüstungen erwerben oder verstärken. Mit den gewonnen Erfahrungspunkten steigt ihr im Level auf.

Technisch noch nicht ganz rund

Eines vorweg: Remnant: From the Ashes ist kein AAA- Game! Und das sieht man auch gelegentlich. Die Design der Monster ist atemberaubend cool, auch die Animationen wirken glaubwürdig. Anders verhält es sich bei den menschlichen Figuren. Deren Mimik ist kaum vorhanden, die Bewegungen sind sehr steif und ungelenk. Dafür ist deren Vertonung (auch im deutschen) sehr gelungen, so, dass ich deren Hintergrundgeschichten gerne gelauscht habe.

Remnant: From the Ashes ist primär auf Multiplayer ausgelegt – mit bis zu zwei Freunden an eurer Seite, könnt ihr um die Häuser ziehen. Das Problem allerdings ist, dass der Mehrspieler-Modus noch etwas verbuggt ist. Als ich bei einer Session mit Freunden eine Notiz lesen wollte, ist mein Computer so dermaßen eingefroren, dass ich den Stecker ziehen musste, weil ich ihn nicht mal mehr abschalten konnte – und das ganze zwei Mal! Auch hat man noch etwas Probleme damit, Kameraden zu finden, sobald das eigene Game auf öffentlich gestellt ist. Bis sich da ein anderer Spieler an eure Seite gesellt, vergeht einiges an Zeit. Doch das sind Kinderkrankheiten, die sich bald, so hoffe ich, erledigt haben.

Überrascht hat mich der tolle Soundtrack, welcher für sein eigentlich finsteres Setting, sehr sanft über die Boxen klingt.

FAZIT

Remnant: From the Ashes und ich mussten etwas Arbeit in unsere Beziehung stecken, aber am Ende haben wir es doch noch geschafft. Ja, die Menschen und ihre Animationen sind nicht auf den aktuellen Stand der Technik, aber je mehr Zeit ich in seiner Welt verbrachte, desto weniger ist mir das aufgefallen. Auch die gelegentlichen, zum Teil schwerwiegenden Bugs, kosteten mich Nerven. Trotzdem hat mich Remnant: From the Ashes  in seinen Bann gezogen. Die Kombination aus Third-Person-Shooter und Souls-like-Elementen funktioniert vollkommen. Die grandios designten Monster, die superschweren Bosskämpfe sowie die Erkundung der zufallsgenerierten Welt entfalten im Multiplayer ihr gesamtes Potenzial. Remnant: From the Ashes war Liebe auf den zweiten Blick, aber diese Liebe hat es sich redlich verdient.

Was ist Remnant: From the Ashes?: Ein Third-Person-Shooter mit Souls-like-Elementen.
Plattformen:  PC, Playstation 4, Xbox One
Getestet: PC
Entwickler / Publisher: Gunfire Games/Perfect World Entertainment
Release: 20. August 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

Passende Beiträge

Empire of the Ants im Test

Phasmophobia im Test

Horizon Zero Dawn™ Remastered im Test