Rescue HQ – The Tycoon im Test

„Alarm! Randalierende Fußballfans, ziehen auf Höhe Brandenburger Tor, durch die Innenstadt von Berlin. Neben vereinzelt gelegten Bränden, ist auch mit zahlreiche Verletze zu rechnen, Hotel Quebec übernehmen sie…“ So oder so ähnlich stellt man sich gerne eine Alarmmeldung vor, wie sie an Einsatzkräfte in aller Welt ergeht und doch gibt es rund um das Thema Polizei, Rettung, Feuerwehr kaum Videospiele und noch weniger jene, die sich als Wirtschaftssimulation verstehen. Rescue HQ – The Tycoon springt genau hier ein und obwohl alle Voraussetzungen für eine gute Simulation gegeben sind, erntet der Titel auf den ersten Blick zunächst aber etwas Skepsis.

Diese ist in erster Linie im Look des Spiels begründet, denn die Modelle der Einsatzfahrzeuge und die Inneneinrichtung werden zwar simulationstypisch dargestellt, aber der Low-Polygon-Stil der Personen im Spiel sorgt für ein wenig Verwunderung. Aber so simpel die Darstellung auch ist, man sollte sie lieber nicht belächeln, sondern besser ernst nehmen. Aber lasst uns klein beginnen. Das Menü ist recht schlank gehalten, bringt aber alles mit was man so braucht und weiß auch zu überraschen. So gibt es neben den klassischen Punkten wie Einstellungen, Spiel laden und Neues Spiel starten auch einen Punkt „Mods“. Hier haben die Entwickler eine Möglichkeit vorgesehen, Community-Modifikationen ohne viel Aufwand in das Spiel zu integrieren. Man fühlt sich direkt an die glorreiche Vergangenheit erinnert, in so etwas gang und gäbe war. Wenn ihr ein neues Spiel startet, so könnt ihr aus vier Szenarien wählen, die alle ihre Tücken haben und daher in Schwierigkeitsgraden unterteilt sind. Entgegen der gängigen Strategie, fiktive Orte für die Szenarien auszuwählen, haben sich die Entwickler von stillalive Studios, dazu entschlossen mit Berlin und San Francisco, zwei real existierende Städte zu nehmen, was hin und wieder durch die ein oder andere Sehenswürdigkeit, in der Einsatzkarte deutlich wird.

Aber nun genug Vorspiel, wir wollen endlich uns als beste Einsatzorganisation beweisen und in die Action einsteigen. Zunächst begrüßt euch der Bürgermeister, welcher euch die aktuelle Lage der Stadt erklärt und euch auch gleich die erste Aufgabe erteilt, nicht ohne anzudeuten, wie groß die Hoffnungen sind, die man in euch setzt. Mittels Post-It werden euch die einzelnen Schaltflächen und Möglichkeiten Schritt für Schritt näher gebracht. Das ist für den groben Überblick gut und für alte Hasen im Bereich der Wirtschaftssimulationen ausreichend, aber gerade für unerfahrene Spieler werden an manchen Stellen zu wenig Information geliefert . Eure Einsatzzentrale ist zu Beginn noch ein recht überschaubarer Ort, der aber schon fast alles hat, was für die ersten Hilfseinsätze notwendig ist. So besitzt ihr eine Garage, ein Büro und einen Geräteraum, sowie entsprechendes Personal.

Alarm, Alarm …

Schon trudelt auch der erste Einsatz ein, welcher euch am rechten Bildschirmrand angezeigt wird – doch Obacht, jeder Einsatz will rechtzeitig angenommen werden, sonst wird er als gescheitert betrachtet. Dadurch leidet eure Reputation und welche Stadt braucht schon unzuverlässige Einsatzkräfte. Da es euer erster Einsatz ist, müsst ihr nur mit der Feuerwehr ausrücken, hierfür wählt ihr die benötigte Anzahl an Personal aus, weist sie einem Fahrzeug zu und gebt ihnen benötigtes Ausrüstung mit, sofern euch dieses zur Verfügung steht. Mit jedem zugewiesenen Personal und Equipment, erhöhen sich eure Chancen, dass der Einsatz ein Erfolg wird. Natürlich versucht man immer die 100% Erfolgschance zu erreichen, doch gelingt das im späteren Verlauf des Spieles nicht immer, denn es gibt eine Vielzahl an Faktoren, die euch daran hindern werden. So benötigen Fahrzeuge und diverse Ausrüstungsgegenstände regelmäßige Wartung, damit sie nicht kaputtgehen, euer Personal könnte Hunger haben oder sie sind vielleicht sogar zu erschöpft sein, um weiter ihrem Dienst nachzukommen.

Aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren ist das Ressourcen-Management hier von entscheidender Bedeutung. Wenn ihr alles geplant habt. dann legen eure Leute los, werfen sich in ihre Ausrüstung, springen ins Fahrzeug und ab geht’s zum Ort des Geschehens. Nach erfolgreichem Einsatz bekommt ihr für eure Leistung Geld von der Stadt sowie Erfahrungspunkte, mit denen ihr weitere Ausrüstung freischalten könnt. So kommen nach und nach Polizei und Rettung hinzu, sowie immer mehr verschiedene Fahrzeugtypen, Einrichtungsgegenstände und Räume.

Alles easy living, aber nur wenn das Personal mitspielt!

Wer jetzt denkt „kein Problem und kaum eine Anstrengung“ der irrt sich aber gewaltig, denn der Teufel steckt wie immer im Detail und der heißt in diesem Fall Mikromanagement. Euer Personal arbeitet in zwei Schichten, einen Tag- und einen Nachtdienst. Zu Beginn sind in beiden gleich viel Arbeiter angestellt, aber bei jeder Personalentscheidung legt ihr fest, in welcher Schicht diese tätig sind. Keine Sorge die Aufteilung ist nicht in Stein gemeißelt, denn am Ende jeder Woche könnt ihr die Aufteilung wieder neu setzen. Nur wozu braucht man das? Ganz einfach, jede eurer Mitarbeiter erhält mit erfolgreich abgeschlossenen Einsätzen Erfahrung und dadurch entwickeln diese sich weiter und steigen in ihrer Stufe auf. W ie schon erwähnt benötigen Einsätze immer eine bestimmte Anzahl an Einsatzkräfte, wenn euer Personal im Level aufsteigt, dann zählen sie auch mehr, sprich ein Einsatz braucht 3 Feuerwehrleute ihr könntet nun drei Level eins Personen losschicken oder einen mit Stufe 3. Das bringt euch wieder den Vorteil, dass ihr mehr Personenkräfte zur Verfügung habt und weniger Platz im Fahrzeug benötigt, deshalb könnt ihr kleinere Fahrzeuge losschicken, müsst aber nicht mehr fürs Personal zahlen und für das Wohlbefinden einer großen Mannschaft sorgen. Das ist nämlich ein weiterer großer Faktor im Personalmanagement, denn euer Team braucht eine Küche in der es Essen kann, Schlafplätze die es ihm  ermöglicht auszuspannen und natürlich auch Toiletten um sich zu erleichtern. Als dies und noch ein paar Kleinigkeiten mehr braucht ihr, um den Betrieb und die Leistungsfähigkeit des Personals aufrecht zu erhalten.

Das nächste Problem ist, dass ihr keine Möglichkeit besitzt euer Leute zu steuern, denn abgesehen von der Zuteilung zu Einsätzen, habt ihr keinen Einfluss auf die Menschen und was sie gerade tun. Das könnte euch ja egal sein, wäre da nicht das Problem der weiteren Aufgaben, die so eine Einsatzzentrale bereithält. Neben dem Papierkram, müssen Fahrzeuge und Ausrüstung gewartet werden und dann kommen im weiteren Verlauf noch die Befragung von Zeugen oder die Behandlung von Patienten hinzu. Diese Aufgaben können aber nur erledigt werden, wenn man gerade nichts anders tut, wie im Einsatz zu sein oder essen, duschen oder andere Alltagstätigkeiten. Natürlich seid ihr nicht ganz der Willkür des Personals ausgeliefert. Jede Aufgabe die erledigt werden muss, kann ein- und ausgeschalten werden.  Das bedeutet, ihr könnt die Anzahl der Aufgaben, die aktuelle erledigt werden müssen, bestimmen, aber nicht wer sie erledigt. Um das noch besser koordinieren zu können, habt ihr am linken oberen Bildschirmrand immer die Anzahl der freien Mitarbeiter je Einheitenklassen. Für die, denen das noch nicht genügt, kommt noch das Problem des begrenzten Platzes für euer Gebäude hinzu. Ihr könnt nicht unendlich viele Garagen bauen oder riesige Versorgungsräume zum lagern von Ausrüstung, deshalb muss der Platz sinnvoll ausgenutzt werden. Dafür haben sich die Entwickler aber auch etwas besonderes einfallen lassen, denn manche Ausrüstungsgegenstände sind schon an Board von Fahrzeugen, so hat etwa das große Hilfslöschfahrzeug schon Feuerlöscher mit an Bord, daher braucht ihr diese nicht im Lagerraum und verbraucht keinen unnötigen Platz.

Eine auf das Wesentliche reduzierte Simulation

Rescue HQ – The Tycoon ist auf das Wesentlichste reduziert, denn es gibt keine großen Schnörkel oder übertriebenen Funktionen die nur von der eigentlichen Aufgabe ablenken, oder gar über fehlende Spieltiefe hinwegtäuschen. Die Isometrische Ansicht passt wunderbar und ist trotz der polygonarmen Figuren sehr hübsch gestaltet und mit liebevollen Animationen gespickt. Leider ist nicht alles Gold was glänzt. Das Bauen der Räume, sowie das Platzieren von Gegenständen ist nicht immer so einfach wie man es gerne hätte, da man sich manchmal nicht ausreichend in der Ansicht orientieren kann.

Auf das Personalmanagement wird im Tutorial leider nicht tief genug eingegangen, wodurch man sich einiges selbst erarbeiten muss, was bei Genre- Neulingen zu einer schnellen Ernüchterung führen kann. Auch wiederholen sich die Einsätze sehr oft, was ein wenig nervig ist. Trotz all dieser Kritikpunkte ist Rescue HQ – The Tycoon eine insgesamt hervorragende Wirtschaftssimulation, bei dem lediglich ein Multiplayer-Modus fehlt, in dem man mit Freunden um die Vorherrschaft in der Stadt zu konkurriert.

FAZIT

Rescue HQ – The Tycoon zieht einem schon nach kürzester Zeit so sehr in seinen Bann, dass man gar nicht mehr aufhören möchte. Vor allem all jene, die mit traditionellen Wirtschaftssimulationen etwas anfangen können, sollten sich das Spiel einmal näher ansehen, weil es vom Stil und Gameplay sehr an die Klassiker der Hochzeiten des Genres erinnert. Etwas, dass mich tief beeindruckt hat war die Größe des Spiels, denn knapp 300 MB sind für heutige Maßstäbe ja nicht mal mehr ein Patch und doch ist alles vorhanden was man braucht, um unterhaltsamen und langanhaltenden Spielspaß zu liefern. Da können sich andere Entwickler ruhig ein Beispiel nehmen. Wer also Wirtschaftssimulationen mag und ein Faible für Feuerwehr, Polizei und Rettung hegt, der wird hier richtig bedient und mit vielen kurzweiligen Stunden belohnt.

Was ist Rescue HQ – The Tycoon? Eine Wirtschaftssimulation rund um Feuerwehr, Rettung und Polizei.
Plattformen: PC
Getestet: auf PC Intel Core i7-7500U, 8GB RAM,NVIDIA GTX 950M
Entwickler / Publisher: stillalive studios / Aerosoft GmbH
Release: 28. Mai 2019
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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