Resident Evil 2 – Das Remake im Test

Resident Evil. 1996 machte der erste Titel der Zombie-Reihe den Survival-Horror salonfähig. Seither kann die Marke auf eine ziemlich bewegte Geschichte voller Höhen und Tiefen zurückblicken. Klassiker wie Resident Evil 2 und 3 erblickten die Welt. Mit Teil 4 erfand sich die Serie neu und ging mit neuer Perspektive sowie einer tollen Mischung aus Action-, Survival- und Horror-Elementen andere Wege. Leider führten diese später in die falsche Richtung. Der fünfte und sechste Ableger der Spielreihe erinnerten nur mehr entfernt an den Horror glorreicher Tage. Mit Resident Evil 7 gelang ein sehr gutes Comeback. Doch ist es das Remake des zweiten Teisl das Resident Evil endgültig zurück zu alter Stärke führt.

Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist …

Zwei Monate nach dem Zwischenfall im alten Herrenhaus, in dessen Zentrum ein Alpha-Team der S.T.A.R.S stand, hat sich der T-Virus auf die umliegende Stadt Racoon City ausgebreitet. Die Opfer dieser bio-chemischen Katastrophe wandeln als Zombies durch Ruinen aus Asche und Feuer. Der frisch von der Akademie kommende Polizist Leon S. Kennedy sowie die junge Studentin Claire Redfield haben jeweils ihre eigenen Motive um sich nach Racoon City aufzumachen. Doch keiner der beiden konnte ahnen welcher Alptraum sie dort erwartet.

1998. Ich war gerade mal 12 Jahre alt als ich damals Resident Evil 2 in die Finger bekam. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nichts von der Reihe gehört, mit Horror hatte ich kaum Kontakt. Wohlbehütet war der größte Schrecken meiner Kindheit ein kleiner Außerirdischer mit leuchtendem Zeigefinger. Das Cover, das musste ich mir eingestehen, sah schon sehr creepy aus, daher hatte ich durchaus ein sehr mulmiges Gefühl als ich Resident Evil 2 in das Laufwerk meiner PS One legte. Zurecht, wie sich zeigte, denn mein erster Trip nach Raccon City hatte seinen Tribut gefordert und mir einige schlaflose Nächte beschert, aber das habe ich bis heute nicht bereut. Meine Liebe für das Horror-Game-Genre war entflammt.

Zugegeben, aus heutiger Sicht vielleicht etwas unverständlich. Resident Evil 2 ist – um es mal vorsichtig auszudrücken – nicht sonderlich gut gealtert. Aber es benutzte einige geschickte Kniffe die auch heute noch funktionieren. Wir bewegten uns durch vorgerenderte Szenarien. Aufgrund der unbeweglichen Kamera, die meist auf sehr kreativen Punkten platziert war, konnten wir nur ahnen welche Schrecken in den Winkeln lauern, die wir nicht sehen. Kombiniert mit ständiger Munitionsknappheit und einem gnadenlosen sowie übermenschlichen Verfolger hatte ich immer das Gefühl, in der Defensive zu sein. Als ich hörte, dass ein Remake von Resident Evil 2 in der Mache ist, war ich dafür sofort Feuer und Flamme. Wenn es einen Titel aus der PS One-Ära gibt – vielleicht noch neben Silent Hill – der ein Remake braucht, dann Resident Evil 2. Bleibt nur die Frage, ob dem Remake gelingt sich trotz Änderungen genauso wie damals anzufühlen. Die Antwort lautet ganz klar: Ja!

Die Rückkehr des Survival-Horror

Zu Beginn können wir zwischen den Kampagnen von Leon S. Kennedy und Claire Redfield wählen. Wie schon im Original unterscheidet sich, je nachdem für welchen Charakter wir uns zuerst entscheiden, das Abenteuer des zweiten Helden in einigen Eckpunkten und Details, verfolgt jedoch im Grunde dieselbe Geschichte. Meine Wahl fiel auf Leon und schon die Einstiegssequenz ist atmosphärische Spitzenklasse: Leon hält bei einer Tankstelle. Kaum aus seinem Wagen gestiegen, kommt ihm das Szenario bereits seltsam vor. Die Umgebung wirkt verlassen, ein Polizeiwagen steht herrenlos und unverschlossen vor der Eingangstür. Als er aus dem Inneren des Tankstellengebäudes Schreie und Kampfgeräusche hört, beschließt der junge Polizist nach dem Rechten zu sehen.

Im Inneren des Gebäudes findet er einen Schauplatz der Verwüstung vor. Hier fällt die offensichtlichste Änderung im Vergleich zum Original auf: Resident Evil 2 verzichtet auf eine fixe Kamera. Wir steuern unsere Helden, ähnlich wie in Resident Evil 4, aus einer sehr nahen Verfolger-Perspektive. Dass der Grusel vor dem was man nicht sieht trotzdem nicht verloren geht, liegt an der Tatsache, dass wir uns oft durch recht enge und spärlich beleuchtete Räumlichkeiten bewegen.

Es dauert nicht lange, bis es zum ersten Kontakt mit einem Zombie kommt. Diese Aufeinandertreffen haben es in sich. Zum einen weil die Zombies nahezu unverwundbar sind – auch mehrere Kopftreffer halten die Infizierten nicht auf – zum anderen ist unser Munitionsvorrat mehr als nur begrenzt. Haushalten und überlegtes Vorgehen sind überlebenswichtig. Oft ist es besser einem Untoten die Beine wegzuschießen und ihn in seiner Mobilität zu behindern, als ein ganzes Magazin für seine potentielle Tötung zu verschwenden. Geht die Munition aus, kann sich Leon mit einem Messer zur Wehr setzen. Doch auch dieses geht mit der Zeit kaputt oder verloren z.B. wenn wir es, zur Verteidigung, in den Leib eines der Opfer der T-Virus-Seuche rammen müssen. Dies führt dazu, dass wir manchmal diverse Bisse in Kauf nehmen müssen. Rein logisch gesehen wirkt es etwas seltsam, wenn ein voll ausgebildeter Polizist nicht in der Lage ist, sich ohne Waffe zu verteidigen. Aus der Perspektive des Gameplays macht es aber Sinn. Jeder Zombie ist eine tödliche Bedrohung und jeder gefundene Gegenstand von unschätzbaren Wert für mein Überleben.

Generell ist der Schwierigkeitsgrad in Resident Evil 2 selbst auf den zweiten von drei Stufen sehr knackig. Eure Kontrahenten sind stark, die Munition knapp und die Gesundheit kann nur durch Kräuter und Medi-Sprays wieder hergestellt werden. Im leichtesten Modus sind die Monster schwächer und wir bekommen eine Zielhilfe spendiert. Spontane Wundheilung schützt uns davor zu oft als Zombiefutter zu enden. Der sogenannte Veteranen-Modus bietet  dagegen die für uns härteste Erfahrung. So sind die Horden von Infizierten deutlich aggressiver, Munition noch seltener und speichern können wir nur mit einem Farbband bei einer Schreibmaschine. Automatische Zwischenspeicherung gibt es nicht. Blöd nur, wenn unser sehr begrenztes Inventar voll ist und wir wertvolle Munition opfern müssen, um ein Speicherband aufnehmen zu können. Klingt vielleicht etwas frustrierend, aber das ist Survival-Horror in Reinkultur. So und nicht anders wollte ich es.

Altbekanntes neu interpretiert

Für Fans der Reihe gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten. So schlüpfen wir im Verlauf der Kampagne in die Haut der Ava Wong, einer zwielichtigen Söldnerin. Die toughe Femme fatale verfolgt ganz eigene Ziele in Raccon City und verdreht dem unendlich idealistischen und naiven Leon quasi im Vorbeigehen den Kopf. Spielerisch fällt ihr Part klein aus. Zum Glück! Denn der gehört für mich zu den wenigen spielerischen Schwächen von Resident Evil 2. Ganz anders verhält es sich mit der kleinen Sherry. Das Kind hält einen der spannendsten Momente in Resident Evil 2 bereit. Dies liegt zum großen Teil daran, dass das Mädchen am menschlichsten auf die tödliche Bedrohung reagiert. Während Leon und Claire Begegnungen mit dem monströsen Tyrant, oder dem G-Mutanten, als nerviges Hindernis sehen und mit einem coolen Spruch abtun, zeigt die Kleine Angst und ich konnte dadurch eine emotionale Bindng mit ihr aufbauen. Denn auch mir wurde sehr anders, als mich der stoische Mutant mit dem Trenchcoat wie Michael Myers durch das Polizeihauptquartier jagte. Nichtsdestotrotz haben auch die beiden Hauptprotagonisten sehr starke Situationen. Wenn man zum Beispiel kaum Gesundheit hat, heilendes Kraut nicht Sichweiste ist und Munition nur ein Traum ist, von dem man am besten flüsternd sprich – ja, dann kann es dir durchaus die Nackenhaare zu Berge stehen lassen, wenn du plötzlich einem Licker gegenüber stehst. Diese Biester waren bereits im Original meine Lieblingsmonster und stellen auch im Remake eine außerordentliche Bedrohung dar. Die einzige Chance in diesem Fall zu überleben ist es langsam an ihnen vorbei zu schleichen. Die hautlosen Mutanten sind blind wie Fledermäuse, können aber mindestens genauso gut hören. Dadurch wird jedes Aufeinandertreffen zum nervenaufreibenden Erlebnis.

Sind wir nicht gerade auf der Flucht gilt es durchaus knackige Rätsel zu lösen oder die jeweiligen Locations zu erkunden. Die bieten für Kenner des Originals einiges an Wiedererkennungswert, da sie den Szenarien aus der 1998er Version nachempfunden sind, jedoch sinnvoll erweitert und weitergedacht wurden.

Die Story rund um die Katastrophe in Racoon City ist im Kern die gleiche wie damals. Doch auch hier werden gewisse Figuren und Handlungen ausgebaut. Beide Abenteuer zusammen genommen war ich circa 16 Stunden mit der Story von Resident Evil 2 beschäftigt. Natürlich bietet das Remake auch einige Herausforderungen, mit deren Erfüllung man sehr nette Extras freischalten kann und wer wirklich alle Facetten und Versionen der Story sehen will kann auch einen Durchgang mit umgekehrter Helden-Reihenfolge starten. Inhalt bietet Resident Evil 2 also mehr als genug.

Ein wunderschöner Alptraum

Auch optisch ist das Remake eine Wucht. So sind die Szenarien wahnsinnig detailreich inszeniert. Gerade die Polizeistation stellt für mich ein Highlight dar. Dank der tollen Lichteffekte, sowie der Gestaltung entsteht eine ziemlich angespannte Atmosphäre und man hat zu keinem Zeitpunkt zweifel an dem verheerenden Ausmaß der Katastrophe in Racoon City. Das Figuren- und Monsterdesign weiß absolut zu überzeugen. Mimik und Bewegung ist immer glaubwürdig in Szene gesetzt. Was die Gewaltinszenierung betrifft, nimmt sich Resident Evil 2 kein Blatt vor den Mund. Es spritzt das Blut, Köpfe explodieren und Körperteile fliegen durch die Gegend. George A. Romero hätte seine Freude damit. Auch der Sound ist absolute Klasse. Die Zombies klingen mit ihrem Gestöhne bzw. Gekreische fürchterlich verstörend. Die rhythmischen Schritte des Tyrant können einen in den Wahnsinn treiben und der dezent eingesetzte Score ist das Fundament auf welchem diese akustische Kathedrale des Schreckens aufbaut. Kritik gibt es für die Menü- und Inventarführung, denn die gestaltet sich ein wenig mühsam. Anders betrachtet, unterstreicht es aber auch irgendwie das Retro-Feeling.

FAZIT

Chronischer Munitionsmangel, die Gesundheit stets am unteren Limit und endlich wieder Zombies zum Fürchten! Das Remake zu Resident Evil 2 ist all das geworden, was ich mir erhofft hatte und sogar noch vieles mehr. Ein wunderbarer Trip in die Vergangenheit mit Modernisierungen an den richtigen Stellen. Die neue Perspektive gleicht die Stärken der fixen Kamera des Originals durch geschickte Inszenierung der Umgebung sehr gekonnt aus. Die klaustrophobischen Räumlichkeiten und die darin herrschende Dunkelheit lassen uns trotz der Verfolger-Perspektive rätseln, was in den Winkeln lauert die wir gerade nicht sehen. Die konstant bedrohliche Soundkulisse, einige gut platzierte Jump-Scares sowie zwei naturgewaltige Verfolger haben selbst mir als Veteran im Horror-Genre wohligen Schauer über den Rücken gejagt. Sicher wäre mein Trip durch Racoon City noch einen kleinen Ticken besser gewesen, wenn sich Leon und Claire im Angesicht des Grauens ein wenig menschlicher verhalten hätten, aber das ist Jammern auf verdammt hohem Niveau. Resident Evil 2 hat den klassischen Survival-Horror reanimiert und ich hoffe es werden noch viele solcher Titel folgen!

Was ist Resident Evil?: Das Remake eines absoluten Klassikers des Horror-Survival-Genres.
Plattformen: PlayStation 4, Xbox One, Microsoft Windows
Getestet: PS4 Pro
Entwickler / Publisher: Capcom/Capcom
Release: 25. Jänner 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

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