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Resident Evil 3 – Das Remake im Test

Wir schreiben das Jahr 1999. Es ist das Jahr des ersten Kontakts. Ein präpubertärer 14-Jähriger (ich) wird zum ersten Mal einem Gaming-Genre begegnen, welches ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen wird. Er lag unter dem Weihnachtsbaum, jener Titel, der dem Jungen zeigen sollte, wie gut sich beim Zocken die Gefühle Angst und Terror anfühlen: Resident Evil 3. Nun, ganze 21 Jahre später, feiert das Game mit einem Remake sein Comeback. Das Original stand damals im überdimensionalen Schatten seines direkten Vorgängers und konnte mit seinem erhöhten Anteil an Action weniger gruseln als dieser. Schafft die Neuinterpretation was der Vorlage verwehrt blieb – oder wiederholt sich die Geschichte?

Jill Vallentine, ehemaliges Mitglied des S.T.A.R.S (Special Tactics and Rescue Service), ist sichtlich gezeichnet von den Ereignissen aus Resident Evil 1. Ihre Einsatztruppe machte in einem alten Herrenhaus Bekanntschaft mit dem T-Virus. Das Virus ist Teil der Biowaffenforschung des skrupellosen Konzerns Umbrella. Ziel ist es, den synthetischen Erreger menschlichen Probanden zu injizieren und diese durch die hervorgerufenen Mutationen in gefügige Kampfmaschinen zu verwandeln. Irgendwie schaffte es der Kampfstoff in die kleine Stadt Racoon City und es kam zur Katastrophe. In rasender Geschwindigkeit infizierten sich die Stadtbewohner, welche nun als wandelnde Tote durch die Straßen schlurfen und nach Menschenfleisch gieren. Wäre das für Jill nicht schon Grund genug zu fliehen, beschert ihr Umbrella eine ganz persönliche Überraschung. Die clevere Polizistin hat bei ihren Ermittlungen zu tief ins Wespennest gestochen, deshalb schickt ihr der Konzern seine neueste Schöpfung an die Backe: Projekt Nemesis!

Staaaaaaaaarrrsss!

Da ist er wieder: Nemesis, Ikone meiner Jugend und absolutes Lieblingsmonster der Reihe! Als im letzten Jahr Resident Evil 2 mit seinem Remake die fulminante Rückkehr gelang, dauerte es nicht lange, bis erste Rufe nach einem Remake des – nicht unumstrittenen – dritten Teils laut wurden. Umstritten war Jill Valentines Flucht aus Racoon City deshalb, weil die Action zum ersten Mal in der Reihe hochgeschraubt wurde, wodurch etwaige Survivor-Horror-Elemente, wie mangelnde Munition, in den Hintergrund traten und der Grusel blieb ein Stück weit auf der Strecke. Ich hatte damals noch keine Vergleichswerte und feierte Resident Evil 3 wie einen Rockstar. Heute ist die Situation anders und ich kann nun zum Teil nachfühlen, wie es den Fans damals gegangen sein muss.

Mehr noch als in seinem Vorgänger von 2019 handelt es sich bei Resident Evil 3 weniger um ein Remake als vielmehr um eine Neuinterpretation des Klassikers. So wurden weite Teile der Story neu geschrieben: Jill hat jetzt einen glaubhafteren Grund warum sie noch in der Stadt ist, Nemesis wird anders eingeführt und Carlos wird ausgebaut und übernimmt auch als Spielfigur einen größeren Part in der Handlung. Da Resident Evil 3 nur wenige Stunden vor Leons und Clairs Abenteuer – bzw. auch parallel dazu  – spielt, gibt es jetzt in der jetzigen Form mehr Verweise auf diese, als es noch in der Vorlage der Fall war. So Besuchen wir zum Beispiel bekannte Schauplätze und erfahren, warum wir gewisse Elemente so auffinden, wie wir es in Resident Evil 2 tun. Ein narrativ nettes Gimmick, das homogen in die Handlung eingewoben wurde und in den seltensten Fällen aufgesetzt wirkt.

Auch optisch wurden die Charaktere einer Generalüberarbeitung unterzogen. Jill läuft etwa nicht mehr in Tank-Top und Minirock durch die Zombiehorden. Ihr neuer Look ist stattdessen natürlicher, dadurch wirkt sie als Figur glaubwürdiger, weil sie nicht nur auf ihre weiblichen Reize reduziert wird. Carlos mit seinem Wuschelkopf wirkt sehr sympathisch und greifbar. Über das Design des Nemesis wurde im Vorfeld viel diskutiert. Fans störten sich an der neuen Nase des einsilbigen Hünen. Ich persönlich fand den Look von Anfang an sehr cool und auch seine späteren Formen, welche sich erheblich von denen des Originals unterscheiden, konnten mich durchweg begeistern.

Flucht aus Racoon City

In Sachen Gameplay geht das Remake von Resident Evil 3 ähnliche Wege wie Leon Kennedys Horror-Trip aus 2019. Wir folgen der Spielfigur aus der Schulterperspektive durch neugestaltete Kulissen aus der Vorlage. Dadurch ergibt sich ein hoher Wiedererkennungswert und dürfte Veteranen der Reihe ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Was das Setting betrifft ist Resident Evil 3 sehr abwechslungsreich. Wir erkunden Racoon City, die Kanalisation und die üblichen Laboranlagen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die verschiedenen Handlungsorte bieten eine Vielzahl an Geheimnissen, es gibt unzählige Türen, die sich erst nach dem Erhalt spezifischer Gegenstände öffnen lassen, doch bleibt Resident Evil 3 dabei weit hinter dem Remake von Teil 2 aus 2019 zurück. Dies macht sich besonders bei den Rätseln bemerkbar. Während Resident Evil 2 noch einige harte Kopfnüsse zu bieten hatte, gibt es hier nur noch  zwei bis drei rudimentäre Schalterrätsel. Was die Entwickler sich dabei gedacht haben weiß ich nicht, denn in meinen Augen opfern sie damit eine der ganz großen Stärken der klassischen Reihe.

Auch eine andere Stärke bleibt über weite Teile auf der Strecke: der Horror! War der Auftritt des Nemesis 1999 schon vollgepumpt mit Action, welche das Fundament für die Neuausrichtung ab Resident Evil 4 legte, steigt die neue Version von Jills Flucht aus Racoon City mehr als würdig in die Fußstapfen des Originals. Eine Tatsache, die sich an verschiedenen Punkten bemerkbar macht: es gibt nun Tonnen, die beschossen werden wollen, und bei Explosion ganze Zombieherden mit einem Schlag vernichten können. So etwas wie Munitionsarmut gibt es nicht, man findet immer genug davon oder ausreichend Ressourcen um selbst Kugeln zu craften. Dadurch sind die Untoten nun endgültig zu Kugelschwämmen mutiert.

Ist die Rückkehr des Nemesis durch seinen Fokus auf Action jetzt ein schlechtes Resident Evil geworden? Nein, absolut nicht! Denn Spieldynamik und Flair von Resident Evil 3 sind wesentlich näher an Teil 4 als an 5 und 6. Das ist schon mal eine gute Nachricht. Selbst wenn ich gelegentlich den Horror vermisse, entwickelt sich im Laufe des Games enormer Druck, denn Nemesis ist ein unerbittlicher Jäger. Die Konfrontationen mit Umbrellas neuester Schöpfung sind intensiv und benötigen Taktik. Wer es schafft, die Killermaschine in die Knie zu zwingen, wird mit Upgrades für die Waffe belohnt. Jeder Auftritt von Nemesis ist ein Highlight und ich musste dank der kalten Gnadenlosigkeit meines Gegners nicht nur einmal an Terminator denken. Ich kann es mit absoluter Sicherheit sagen: Nemesis war schon anno 1999 eine coole Socke, heute ist er es umso mehr!

Technisch keine wandelnde Leiche

Technisch ist Resident Evil 3 ein sauberer Titel. Capcom zaubert mit der hauseigenen RE Engine eine tolle Atmosphäre. Licht- und Schattenspiele, toll animierte Figuren, zum Teil doch sehr rasante Kamerafahrten – und ich hatte auf meiner PS4 Pro trotzdem durchgehend 60 Bilder in der Sekunde. Die Regie ist wirklich gut und der Spagat als Action-Game mit einem Hauch Horror gelingt die meiste Zeit ganz gut. Einziger Wermutstropfen ist die kurze Spielzeit. Für den ersten Durchgang benötigte ich sieben Stunden, für den zweiten, nachdem ich schon die richtigen Taktiken bei Bosskämpfen kannte, nur mehr vier. Ist zwar mit Blick auf das auch eher kurze Basismaterial keine Schwäche, aber da hätte mehr drinnen sein können.

Was den Sound betrifft macht Resident Evil 3 alles richtig. Die Zombies und Nemesis klingen absolut bedrohlich und die unruhige Klangkulisse, gepaart mit dem treibenden Score, lassen einem gelegentlich die Haare zu Berge stehen.

Nicht ganz so gelungen fand ich die Steuerung. Das Zielen ist recht schwammig, das war auch schon in Resident Evil 2 so, aber da machte es auch Sinn. Zum einen, weil der Fokus nicht so sehr auf Action lag, zum anderen, weil Leon und Claire alles andere als langjährige Schützen sind. Bei Jill und Carlos macht das schon weniger Sinn, handelt es sich doch bei ihnen um erfahrene Profis. Rein theoretisch ist Jill auch in der Lage, Angriffen durch Feinden mit einem Hechtsprung auszuweichen, das hat aber leider in den wenigsten Situationen funktioniert, da es keinen Anhaltspunkt gibt, wann der ideale Zeitpunkt für einen Sprung wäre.

FAZIT

Wie es scheint wiederholt sich die Geschichte abermals! Das Remake zu Resident Evil 3 ist bei weitem kein schlechter Vertreter seiner Reihe, steht aber ein weiteres Mal im übergroßen Schatten seines direkten Vorgängers. Nemesis Rückkehr entfernt sich ein Stück weit von den Horror-Wurzeln der Serie und setzt einen neuen Fokus in Richtung Action. Diesbezüglich bleibt es seiner Vorlage treu, denn diese legte schon den Pfad zur Neuausrichtung der Reihe mit Resident Evil 4. Was Story und Inszenierung angeht, ist Resident Evil 3 mehr Neuinterpretation denn Remake und geht, mehr noch als Resident Evil 2 im Vorjahr, eigene Wege. Auch wenn Horror eine eher untergeordnete Rolle spielt, so sind die intensiven Konfrontationen mit Nemesis eine schöne Dosis Terror und pumpen regelmäßig Adrenalin in den Blutkreislauf. Leider gerät Resident Evil 3 mit seinen knapp sieben Stunden Spielzeit etwas kurz, diese haben mir aber als Fan der Serie sehr großen Spaß gemacht.

Zum asymmetrischen Multiplayer-Game Resident Evil Resistance wird es Anfang nächster Woche einen eigenen Artikel geben.

Was ist Resident Evil 3? Ein Remake eines Horror-Klassikers von 1999
Plattformen: PS4, Xbox One, PC
Getestet auf: PS4 Pro
Entwickler / Publisher: Capcom
Release: 03. April 2020
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

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