RIDE 4 im Kurztest

Im nunmehr vierten Anlauf will Milestone mit seiner RIDE-Serie den ultimativen Simulations-Spielplatz für Motorradfans bieten. Und in der Tat „ticken sie viele Boxen“: Riesige Bike-Auswahl, realistisches Handling, dynamisches Wetter, fließender Tag-Nacht-Wechsel, zahlreiche lizenzierte Strecken und ein fast schon erschlagender Umfang. Und doch schafft es auch RIDE 4 am Ende nicht in den Olymp der Rennspiele… zumindest noch.

Ja, ich bin mit dem Test zu RIDE 4 etwas spät dran. Tatsächlich ist es heute fast ein Monat her, dass das Spiel erschienen ist. Doch im Sinne des Spiels ist das eine gute Sache, hat es sich in dieser Zeit doch bereits deutlich verbessert. Doch der Reihe nach. Vierter Teil der RIDE-Serie also. Und für den neuen Teil haben die Entwickler wirklich keine halben Sachen gemacht. Die Grafik wurde aufgemotzt, das Fahrverhalten überarbeitet, eine Reifen-Simulation hinzugefügt, eine neue KI die auf Machine-Learning-Daten basiert eingeführt, die Karrierestruktur komplett erneuert und ein Wetter- und Tageszeiten-System integriert. Kombiniert man das mit den über 170 enthaltenen Motorrädern samt neuer Endurace-Maschinen und den knapp 30 Strecken die vor allem aus lizenzierten Pisten von Suzuka bis auf die legendäre Nordschleife bestehen, ergibt sich in der Theorie ein attraktives Gesamtpaket.

Coole Kampagne und mannigfache Individualisierungsmöglichkeiten

Und tatsächlich: Die Motorrad-Auswahl lässt kaum Wünsche offen – sowohl in Sachen Qualität der Virtualisierung als auch der Aktualität (viele 2019er-Modelle sind bereits im Spiel enthalten). Cool auch der Ansatz der Kampagne: Sie schickt euch erst in regionale Wettbewerbe (es gilt zu wählen ob ihr in den USA, Asien oder Europa starten wollt), hält dabei einen interessanten Mix aus Lizenztests, klassischen Rennen und Invitationals bereit und bietet so genug Inhalte für Wochen und Wochen voller Knie-am-Asphalt-schleifender Rennaction. Wobei… so ganz stimmt das nicht mal unbedingt. Denn ihr könnt nicht nur eure Bikes selbst ganz euren persönlichen Farb-Wünschen entsprechend anpassen, sondern auch euren Fahrer oder eure Fahrerin so weit individualisieren, dass ihr neben dem Outfit und Gesicht sogar den Fahrstil festlegen könnt.

A.N.N.A. die KI

Detailversessen sind die Entwickler also. Und ambitioniert auch: Als Technikgerüst werkelt die Unreal Engine im Hintergrund, in Sachen Physik wird selbst die Reifentemperatur berechnet und für die KI – eine der großen Schwachstellen der Vorgänger – hat man sich mit A.N.N.A. eine Machine-Learning-Lösung ausgedacht, die für besonders realistisch agierende Gegner sorgen soll. Allerdings ist eine Machine-Learning-Lösung ja natürlich immer nur so gut wie die Daten, mit der sie gefüttert wird. Und im Falle von A.N.N.A. habe ich keine Ahnung, wo die wohl herkamen. Vom Prater aus dem Autodrom, vielleicht? Jedenfalls haben die KI-Kameraden teilweise übermenschliche Bremsfähigkeiten und fahren unglaublich aggressiv. Manchmal sogar so, als würden sie weder den Spieler noch andere Fahrer überhaupt wahrnehmen. Dementsprechend sind Massenkarambolagen an der Tagesordnung.

Frust auf zwei Rädern

Das ist vor allem deswegen schade, weil das Fahrverhalten selbst überaus gelungen ist und gerade mit stärkeren Bikes höchste Konzentration fordert, will man schnelle Zeiten in den Asphalt brennen. Auf seinem Weg zur perfekten Runde dann von hinten vor einer Kurve einfach aus dem Weg gerammt zu werden ist dann natürlich ziemlich frustrierend. Und just das ist RIDE 4 öfter. Vor allem auch deswegen, weil das Spiel peinlich genau darauf bedacht ist, dass man bloß auf dem Asphalt bleibt. Sobald man diesen verlässt – zum Beispiel auch durch das Befahren von Kerbs oder in im Rennbetrieb eigentlich vollkommen legitim verwendbare Zonen außerhalb der Strecke selbst – wird die aktuelle Rundenzeit nämlich ungültig. Wenn’s richtig blöd hergeht sogar die nächste auch noch. Überaus ärgerlich, da man daran – im Gegensatz zu einem unverschuldeten Abflug „dank“ der KI – nicht mal durch das vorhandene Rückspulfeature etwas ändern kann. Und ja: Ich beziehe mich mit dieser Kritik auf die Version nach dem ersten Update vom 10. Oktober, das in dieser Hinsicht bereits einiges verbessert hat. Davor wurde in so einem Fall nämlich bei einem Zeitrennen nicht einfach nur die aktuelle Runde ungültig, sondern gleich das ganze Event als gescheitert verbucht. Weitere Updates sind bereits versprochen und sollen an beiden Problemen – also der KI und den Track-Limits – noch weiter feilen.

FAZIT

Wären Mankos mit der KI und der Tracklimits nicht, gäbe es an RIDE 4 tatsächlich wenig zu meckern. Ja, die Präsentation der Kampagne ist vielleicht etwas trist und die Grafik zwar nett, aber nicht unbedingt umwerfend, doch Umfang und Fahrverhalten passen; und die sind nun mal das Rückgrat einer guten Simulation. Dennoch: Für den Moment ruiniert die KI einen Großteil der verdammt umfangreichen Karriere. Eventuell bringt das Update, das die Spiele am 21. Jänner 2021 zudem für die Next Gen fit machen soll, ja noch einmal die große Besserung.

Was ist RIDE 4? Quasi das einspurige Gran Turismo, nur leider etwas schlechter.
Plattformen: PC, PlayStation 4, Playstation 5, Xbox One, Xbox Series X, Google Stadia
Getestet: PC, Intel Core i7-3300k, 16GB RAM, NVIDIA GTX 980 Ti
Entwickler / Publisher: Milestone / Koch Media
Release: 8. Oktober 2020
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.4

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 4

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