Robinson: The Journey – Test

Der Vergleich zwischen dem Schiffbrüchigen Crusoe aus Daniel Defoes Literatur-Klassiker und dem Titelheld aus Cryteks PlayStation VR Spiel Robinson: The Journey liegt auf der Hand. Nicht nur, dass die Protagonisten einen sehr ähnlich klingenden Namen haben, auch die Prämisse ist annähernd identisch: Beide sind auf einem einsamen Ort gestrandet und kämpfen dort um das nackte Überleben. Nur ist es im Spiel keine Insel sondern ein Planet und Freitag kein menschlicher Gefährte, dafür aber ein kleiner T-Rex der auf den Namen Laika hört. Auch sonst halten sich die weiteren Ähnlichkeiten in Grenzen und vor allem eines: Obgleich sich Robinson: The Journey als neuer Referenztitel für Sonys VR-System präsentiert, ein echter Klassiker wie es die Buchvorlage ist, wird das Spiel sicher nicht werden.

Das deutsche Entwickler-Studio Crytek ist vor allem für eines bekannt: Actiongeladene Ego-Shooter mit spektakulärer Optik. Den Grundstein für ihre Arbeit legten sie vor über 17 Jahren mit einer Technik-Demo der ersten CryENGINE, welche Grafikkarten-Hersteller Nvidia zur Prästentation ihrer damals brandneuen Geforce-2-Serie verwendeten. Vertex und Pixel Shaders, Volumetric Shadowing in Echtzeit, Bump-Mapping und Detail Texturing, Hardware hierarchische Skelett-Animationen, … Schlagworte die heutzutage zum Standard gehören (oder sogar schon überholt sind) sorgten damals viele offene Münder und ungläubiges Staunen. Die präsentierte Demo lief unter dem Titel X-Isle und zeigte neben einer wunderschönen Insel-Landschaft wie riesige Dinosaurier über das Eiland stampften. Executive Producer Elijah Freeman macht auch gar kein Geheimnis daraus, dass dieses Stück Firmengeschichte als Inspiration für Robinson: The Journey gedient hat.

Was braucht man also noch, außer Dinosaurier? Richtig, eine Geschichte mit der man die riesigen Urzeitviecher verpacken kann. Die fällt leider ziemlich flach aus: Nach einer Explosion auf dem Raumschiff Esmeralda ist der zwölfjährige Robin der einzige der Mensch der die Oberfläche des Planeten Tyson III in einer Rettungskapsel erreicht. Hilfe bekommt er dabei von HIGS, einer KI-Einheit des Mutterschiffs. In einer kurzen Zwischensequenz kann man noch das Schlüpfen der kleinen Laika beobachten, bevor es nach einem Zeitsprung von drei Monaten richtig losgeht.

No Man’s Planet

Neben seinem Begleiter HIGS, der fast immer einen guten Ratschlag parat hat, ist der kleine Robin noch mit einem Multi-Tool ausgestattet. Dieses hat grundsätzlich zwei verschiedene Funktionen. Zum einen verfügt es über einen Scan-Modus mit dem wir Informationen von bestimmten Kreaturen und Objekten extrahieren können. Dieses Abtasten wird in Form eines Mini-Spiels präsentiert, bei dem man mittels Kopfbewegung sämtliche grünen Punkte einsammeln und dabei alle roten Punkte vermeiden muss. Erfolgreich gescannte Spezies werden in einer eigenen, jederzeit abrufbaren Enzyklopädie gespeichert (quasi die Light-Version von No Man’s Sky). Die zweite Funktion des Multi-Tools ist vergleichbar mit der Gravity Gun aus Half-Life 2. Damit können schwere Gegenstände bewegt, gedreht oder weggeschleudert werden. Mit diesen beiden Aktionen und mit der Hilfe von Laika lassen sich so ziemlich alle Rätsel lösen, denn auch der kleine T-Rex hört auf rudimentäre Befehle. So kann er etwa Objekte bringen oder andere Saurier verscheuchen. Zusätzlich kann man auch noch die Kontrolle über das HIGS-Modul übernehmen, um dann aus erhöhter Perspektive eine bessere Übersicht zu erhalten oder um defekte Stromleitungen zu reparieren.

Welche Aufgaben ich als Robinson zu erledigen habe, wird mir ebenfalls von HIGS erläutert. Leider sind die Informationen manchmal etwas verwirrend, sodass ich nicht immer wusste, was ich als nächstes tun sollte. Vor allem der Unterschied zwischen Haupt- und Nebenaufgaben war mir nicht immer klar und so verschwendete ich unnötig Zeit an Aufgben die eigentlich für das Weiterkommen in der Geschichte nicht notwendig waren. Die dauert übrigens nicht sehr lange und hört auch ziemlich abrupt auf. Nach etwa 4-5 Stunden hat man das Ende gesehen, wenn man auf das Entdecken neuer Lebewesen verzichtet und die Position aller gesuchten Objekte kennt, schafft man das Ganze sogar in unter zwei Stunden, wodurch der Wiederspielwert quasi gegen Null sinkt. Auch die Begrenzung der Spielewelt durch künstliche Hindernisse stellt für Entdecker eine massive Einschränkung dar. Über Waffen verfügt Robin übrigens nicht, wodurch sich das Gameplay auf Geschicklichkeitseinlagen und Rätsel beschränkt, Action-Fans kommen definitiv zu kurz.

Jurassic Space

Wenn Crytek ein Spiel macht, dann erwartet man sich natürlich ein optisches Meisterwerk, welches neue Maßstäbe setzt. Und ja, Robinson: The Journey zählt aktuell zu den technisch besten VR-Titeln überhaupt! Nun gut, man kann sich über die teilweise etwas geringe Auflösung und am Bildschirmrand verschwommenen Texturen beschweren, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Das Spiel erzeugt eine detaillierte, atmosphärische Spielumgebung, die nur von der beeindruckenden Darstellung der verschiedenen Dinosaurier übertroffen wird. Es ist schon ziemlich imposant, wenn man das erste Mal gemächlich zwischen einer Herde von gigantischen Langhälsen umherwandert – und gleichzeitig auch sehr nervenzerreißend wenn Raptoren oder ein riesiger T-Rex einem ans Leder wollen. Da vergisst man sogar darauf, die nicht minder einzigartige Landschaftskulisse genug zu würdigen. Zusammen mit dem 3D-Sound der PSVR wird euch in diesem Spiel ein bislang unerreichtes VR-Erlebnis geboten – zumindest vom technischen Standpunkt aus betrachtet.

Eine Frage die ich mir während meiner Reise über Tyson III immer wieder gestellt habe war, warum die Entwickler auf die Unterstützung der beiden Move-Controller verzichtet haben. Wie viel ein Spiel von dieser Steuerung profitieren kann hat erst vor kurzem Batman: Arkham VR gezeigt, dennoch hat sich Crytek dagegen entschieden. Ein möglicher Grund ist die freie Bewegungsmöglichkeit des Hauptcharakters, welche mit den beiden Sticks vermutlich nur schwer umzusetzen gewesen wäre. Aber auch diese hat trotz Gamepad so ihre Schwächen. Einerseits gibt es keinen Lauf-Modus und so wandert ihr teilweise im Schneckentempo über den Planeten, andererseits ist in der Standard-Einstellung eine Drehung nur stufenweise möglich. Beide Punkte dienen sicherlich zur Vorbeugung gegen Übelkeit aufgrund der VR üblichen Motion-Sickness, davor verschont werden aber die meisten trotzdem nicht bleiben. Vor allem als ich den Rotation-Modus der Drehung auf stufenlos umgestellt habe, wurde mir schnell schwindelig. Auch dass ich mich am Ende einer Spiel-Session nicht mehr auf meinen Ausgangspunkt befunden oder in eine komplett andere Richtung geschaut habe, war keine Seltenheit. Deshalb meine persönliche Empfehlung: In sitzender Position zu spielen und vor allem Pausen einlegen! Generell ist die Steuerung teilweise unnötig umständlich und hätte noch etwas Feinschliff vertragen. Vor allem die vom hauseigenen „The Climb“ inspirierten Kletterpassagen sorgten für einige überflüssige, virtuelle Tode. Dass dazu dann auch die Checkpoints nicht immer vorteilhaft gesetzt sind, sorgt für zusätzlichen Frust.

FAZIT

Robinson: The Journey stand auf meiner Most-Wanted Liste ganz weit oben und es wäre jetzt falsch zu behaupten, dass ich davon enttäuscht bin. Vom technischen Blickwinkel aus betrachtet, kann aktuell kein anderes Spiel mit dem Cryteks Dino-Abenteuer mithalten und auch das Mittendringefühl ist bislang unerreicht. Unterm Strich ist Robinson: The Journey aktuell das Referenzspiel für die PlayStation VR an dem sich zukünftig alle messen müssen, auch wenn man sich am Ende über einige unnötige Gameplay Design-Schnitzer ärgert und das leise Gefühl eine etwas überteuerte Technik-Demo gespielt zu haben, den Gesamteindruck etwas trüben.

Gesamtwertung: 8.0

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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