Snack World: Die Schatzjagd – Gold im Test

Willkommen in Snack World, einer Fantasy-Welt, die – neben Monstern und Magie – auch angenehme Dinge des modernen Alltags, wie Smartphones und Supermärkte bietet. Wie der Titel schon vermuten lässt, dreht sich hier vieles ums Essen. Die Stadt heißt Croquetta, Monster – die auf Namen wie Kampfkastanie oder Kohlköter hören – nennt man Snacks und die Bewohner haben kulinarische Namen wie Windbeutel, Carbonara oder Tartar.

Warum habe ich noch nie davon gehört?

Die Marke Snack World ist ein so genanntes Multimedia-Franchise. Das heißt es wird – zumindest am asiatischen Heimatmarkt – über verschiedenste digitale und analoge Kanäle parallel vertrieben: in Form mehrerer Videospiele, als Manga, CGI-Anime und – natürlich ganz wichtig – als Spielzeugreihe. Die Herausforderung am heimischen Markt: Es gibt nur das hier vorliegende Videospiel.

Die sammelbare Spielzeugreihe? Geplant, aber nie realisiert. Der Manga? Fehlanzeige, ein erster Band soll aber irgendwann Mitte 2020 erscheinen. Der CGI-Anime: Nicht auf Deutsch übersetzt und nur in einigen wenigen Ländern (aber zum Beispiel nicht in Österreich) über Streaming-Services auf Englisch abrufbar.  Und schließlich die Videospiele: Es gab in Japan schon 2017 ein 3DS-Spiel, welches in erweiterter Form 2018 auch auf die Switch portiert wurde, während Südkorea ein MMO für Smartphones bekam. Der Rest der Welt musste sich aber bis jetzt gedulden und bekommt mit der vorliegenden Version jetzt eine erneut überarbeitete Variante der Switch-Portierung.

Hauptänderung nebst Übersetzung: In Japan funktionieren 3DS- und Switch-Version in Kombination mit der Spielzeugreihe, sammelbaren Schlüsselanhängern in Form von Waffen und Monstern. Ähnlich wie Amiibo & Co. sind in diesen NFC-Chips verbaut, wodurch der jeweilige Gegenstand / das jeweilige Monster ins Spiel übernommen werden kann. Da am westlichen Markt nicht verfügbar, wurde dieses Feature schlichtweg gestrichen. Stattdessen darf man einmal täglich bei einer Wahrsagerin Glücksrad spielen und mit viel Glück *vielleicht* eines der Sammelobjekte gewinnen.

Entsprechend schwer wird manchen der Quereinstieg in das Spiel fallen. Anime, Manga & Co. drehen sich um das klassische Heldentrio: einen unerfahrenen, aber tapferen jungen Helden, eine aufbrausende, aber (vermutlich) gutherzige Zauberin und natürlich einen gutmütigen, aber simplen Kraftprotz. Mit den Klischees wird auch sonst kräftig weitergeklotzt: Verliebt ist der Held in die Prinzessin des Landes – leider eine verzogene Göre, die ihren Vater, den König, um den kleinen Finger gewickelt hat. Der König meint es gut, steht aber wie gesagt unter der Fuchtel seiner Tochter. Und natürlich gibt es auch einen bösen / eigentlich lächerlichen Schurken, der dem jungen Helden übel mitgespielt hat. Und so weiter, etc. pp. … ist aber eigentlich sowieso egal, denn wir generieren zu Spielbeginn eine komplett eigene Figur, die den genannten Protagonisten zwar immer mal wieder begegnet, aber nicht wirklich viel mit ihnen zu tun hat.

Story: Schonkost. Dungeon Crawler: Standardkost

Die Story ist also eher flach, versucht aber zumindest durch Selbstironie und Humor zu punkten. Das gelingt … manchmal. Dass der Moisturizer der Prinzessin von einer Krake erst unter großem körperlichen Einsatz „produziert“ werden muss oder, dass die „dollen Dschinnis“ für ihre „rollige Rumba“ berühmt sind, wird manche amüsieren, andere vielleicht weniger.

Kommen wir aber zum eigentlichen Herzstück des Spiels, dem Dungeon Crawlen. Soweit bekannte Standardkost, wenn auch teils mit anderen Namen: Tränke heilen, Parfüms haben kurzfristige Statuseffekte. Verschiedene Waffen (Jaras) sind unterschiedlich schnell und haben unterschiedliche Angriffsmuster. Jede Waffe hat zudem zwei randomisierte Spezialangriffe, ein bis zwei zufällige Bonuskräfte und kann schlussendlich noch als „Töter“ besonders effektiv gegen bestimmte Arten von Monstern/Snacks sein. Niemand muss sich jetzt aber merken, welche Axt gegen Naturwesen und/oder welches Schwert gegen Untote effektiver war. Und auch ob der Eichkater ebenso ein Krieger, wie die Maskierte Melone ist (Antwort: nein), muss nicht auswendig gelernt werden. Hat man gegen den Gegner, den man gerade angreift, eine effektivere Waffe am Jara-Schlüsselbund, wird dies entsprechend angezeigt und mit Druck der Schultertaste wird blitzschnell zur effektiveren Waffe gewechselt.

Gespielt wird alleine oder off- und online mit bis zu drei weiteren Freunden. Verstärkung bekommt man gelegentlich auch von NPCs und zudem können Monster (Snacks) in unsere Gruppe aufgenommen werden, wenn sich eine Snackie-Fotogelegenheit (Selfie + Snack …) bietet. Diese können dann als Gruppensnack gesetzt werden und begleiten uns fortan als NPC-Begleiter, inklusive Stufenaufstieg, wenn wir sie besonders oft verwenden. Alternativ kann man sie aber auch als Taschensnack verwenden. Bedeutet: Gelegentlich und für kurze Zeit können wir uns in den entsprechenden Snack verwandeln und all seine Fähigkeiten nutzen. Kann gerade für Bosskämpfe oft den Ausschlag bedeuten.

Nochmal, nochmal, ok, jetzt reicht‘s

Die Aufgaben selbst, obwohl in Story- und Nebenaufgaben getrennt, sind eigentlich immer dieselben: Die verwöhnte Prinzessin, der König oder ein anderer Bewohner von Croquetta bittet uns um Hilfe. Dann laufen wir durch eine der fix vordefinierten Gebietskarten (Wald, Wüste, usw.) oder durch ein zufallsgeneriertes Dungeon. Lästig: Die Kamera lässt sich dabei nur innerhalb eines fixen 90 Grad Winkels schwenken. Zwischen Level-Ein- und -Ausgang erledigen wir X Gegner, sammeln Y Stück von Z und/oder besiegen einen bestimmten Boss.

Leider wird dabei mit Abwechslung extrem gegeizt. Nach mehreren Stunden war man unzählige Male im selben Waldgebiet und in derselben Wüste unterwegs und hat die – mal besser, mal schlechter – zufallsgenerierten Dungeons mindestens x-mal von oben bis unten durchsucht.

Die Belohnung für unsere Mühen: Zutaten!

Nicht nur werden die Gebiete bei den Missionen selbst übermäßig recycelt, auch das Looting-System des Spiels zwingt einen praktisch, konkrete Missionen „freiwillig“ zu wiederholen. Am Ende jeder Mission – die meist in fünf bis 15 Minuten zu erledigen sind – winken, je nach erbrachter Leistung, unterschiedlich viele Schatzkisten. Jede von diesen kann zwar den im Vorfeld bekannten Hauptpreis der jeweiligen Mission enthalten, in den meisten Fällen sind es aber nur weitere Zutaten für unser Inventar.

Von diesen Zutaten sammelt man im Spielverlauf unzählige. Man darf sich von ihrer schirren Anzahl aber nicht verwirren lassen. In Wirklichkeit gehört fast jede Zutat nämlich einfach nur zu einer bestimmten Werkstoffkategorie oder Farbe. „Rostige Spulen“ und „Hightech-RAM“ gehören beide zum Beispiel in den Bereich Hightech, der „Grüne Pilz“ und die „Minzgrüne Marmelade“ liefern – Überraschung!  – die Farbe Grün. Wofür wir diese brauchen?

Während Waffen, Schilde und Tränke gefunden, gekauft oder gewonnen werden können, dürfen Kopfbedeckungen und Kleidungsstücke nämlich auch selbst hergestellt werden. Das System ist denkbar einfach, man benötigt nur das entsprechende Rezept und die richtigen Zutaten. Will man zum Beispiel ein Wollkappe basteln, benötigt man einfach eine Fahne, eine Einheit Baumwolle, zwei Einheiten Hightech und drei Einheiten Weiß. Fertig!

Ähnlich funktioniert auch die Verbesserung von Waffen, Schilden und Tränken. Wirklich bessere Varianten der Basisvarianten von Schwert, Schild, Axt & Co. findet man im Spiel selten. Im Menü „Verstärken“ können wir jedoch zwei Gegenstände desselben Typs mit ein paar Zutaten kombinieren und erhalten daraufhin eine bessere und stärkere neue Version.

Hipp & angesagt: Weniger Rollenspiel-Kalorien

Zu einem echten Dungeon Crawler gehören natürlich auch Rollenspiel-Elemente. Unser Charakter verfügt über sieben Charakterwerte – Schönheit, Robustheit, Klugheit usw. – die aber nur um jeweils 5 Stufen gesteigert werden können und jede Stufe entspricht einfach einem konkreten, teilweise etwas willkürlichem Bonus. Inspiration auf Level 1 erhöht zum Beispiel die kritische Trefferratte, Klugheit auf Level 2 den Widerstand gegen den Schadenstyp Finsternis und besonders schöne Menschen sind gegen Wind besser gewappnet (Drei Wetter Taft?).

Ausrüstung bietet wenig überraschend unterschiedliche Boni auf Angriff, Verteidigung und so weiter. Wer für eine echte Prinzessin arbeiten darf, muss aber auch entsprechend aussehen. Regelmäßig werden wir informiert welche Marke, Farbe und welcher Style gerade „in“ ist. Wer sich entsprechend kleidet, bekommt einen Bonus auf die Chance besonders seltene Schätze zu finden. Praktisch, dass einen das Spiel gerne auf Knopfdrück so gut wie möglich anzieht und sich tatsächlich getragene Ausrüstung (Gebrauchsausrüstung) und das, was andere sehen (Zierausrüstung) unterscheiden dürfen.

FAZIT

Snack World wäre vermutlich interessanter, wenn es nicht nur das Videospiel in unseren Breiten geben würde. So fehlt irgendwie die emotionale Bindung zur Spielwelt und seinen Bewohnern. An einigen Einschränkungen (Stichwort: Kamera, wiederholende Gebiete) merkt man zudem die Portierung von einem reinen Handheldtitel. Insgesamt ein solider, aber leider nicht wirklich packender Dungeon Crawler voll Selbstironie, der manchmal etwas zu krampfhaft versucht lustig zu sein.

Was ist Snack World: Die Schatzjagd – Gold? Ein kurzweiliger Dungeon Crawler.
Getestet: Version 1.0 auf Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: LEVEL-5 / Nintendo
Release: 14. Februar 2020
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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