Sniper Ghost Warrior 3 im Test

Zwischen Spaß und Frust passt oft nur ein Bug. Oder zwei. Mit Sniper Ghost Warrior 3 führt City Interactive ihre hauseigene First-Person-Shooter-Serie in bester Scharfschützenmanier fort. Nachdem die ersten beiden Teile nicht unbedingt Jubelstürme bei der Fachpresse auslösten, versucht das polnische Entwicklerstudio nun auch mittels Open-World-Elementen, das Setting ein wenig zu verschärfen. Volltreffer oder voll daneben? Die Beurteilung fällt schwieriger aus als ein Kopfschuss auf 500 Meter während wir von der Sonne geblendet werden und um uns herum ein Schneesturm tobt.

Aller Anfang ist frustrierend

Viele Verschiebungen eines Releases zeugen eigentlich davon, dass der Zustand eines Produkts noch nicht endgültig zufriedenstellend ist und es am Markt noch nicht bestehen kann. Daran gemessen war CI Games wohl sehr darauf bedacht, ein qualitativ höherwertiges Spiel zu liefern. Von Sommer 2016 bis zum endgültigen Release Ende April 2017 lagen immerhin 3 Termine, an denen der Release nochmals nach hinten verschoben wurde. Und dennoch: Durchgehende Bugs haben den Spielspaß zeitweise in Spielhass verwandelt. Sogar Bart Simpson hätte da noch ein paar Schimpfwörter lernen können. Friss meinen „floating-Mauszeiger“-Bug.


Wo fängt das an, wo hört das auf?

Wir starten also mit einer Geschichte um 2 Brüder, die beide als Scharfschützen beim Militär landen und in Georgien im Einsatz sind. Dies führt auch direkt ins Tutorial, wo dem Spieler die notwendigen Gameplay-Elemente nähergebracht werden. Seltsam nur, dass einige davon später nicht mehr aufgetaucht sind. Weder Quick-Time-Events, noch einen Baum mittels explosiver Munition zu fällen waren im ersten Spieldurchlauf nochmal nötig. In einer offenen Welt gibt es oft viel zu entdecken, und natürlich kann es passieren, dass etwas übersehen wird. Diese Möglichkeiten hätten durchaus mehr Vielfältigkeit im Spiel erzeugt, wenn sie linearer eingebaut worden wären.

Story? Ich will doch nur Headshots verteilen

SGW3 führt uns durch insgesamt 4 Akte, in denen sich die beiden Spielfiguren unabhängig voneinander frei bewegen kann. Diese repräsentieren jeweils eigene Level-Abschnitte, die gespickt sind mit Interessenspunkten, einnehmbaren Außenposten oder „Most-Wanted“-NPCs, die nur darauf warten, von ihrem fiesen Leben Abschied zu nehmen.  Während es durchaus Spaß macht, diese Ziele auszuspähen und schlussendlich als Kerbe auf unserem Gewehr zu verewigen, ist der Rest der offenen Welt ziemlich unspektakulär. Klar, das Gebiet ist von  Separatisten besetzt, dementsprechend gibt es abseits von ein paar Rehen kein anderes Leben in der Umgebung, aber wozu dann eine offene Welt? Optisch unterscheiden sich die Akte oder die offene Welt, mit Ausnahme von Akt 2, so gut wie gar nicht.

An den Interessenspunkten sind größtenteils Spuren über eine kurze Distanz zu verfolgen, um am deren Ende dann Loot einzusammeln oder Zivilisten zu befreien, indem man einige wenige Gegner aufs Korn nimmt. Macht dies die ersten beiden Male noch Spaß, ist es beim dritten Mal ähnlich abwechslungsreich wie Mario Barth. Ebenfalls schade, denn Ideen hatte CI ja gehabt. Selten finden sich Umgebungen, die mit der mitgebrachten Drohne erkundet werden müssen. Um mit dem Spieler dorthin zu gelangen, muss der mechanische Kumpel mittels Hacktool den Strom abschalten. Danach ist der Zugang zu leckerem Loot, zum Beispiel einem neuen Scharfschützengewehr, freigelegt. Solche Nebenbeschäftigungen hätte es gern mehr geben dürfen. Auch die Außenposten können nur im Zuge einer Mission befreit werden, denn wenn außerhalb von Aufträgen alle Gegner getötet werden, ist er nach einem Neustart oder einem Ladevorgang flugs wieder besetzt. Als Belohnung winken zumindest Geld, Crafting-Materialien und XP, aber kein sichtbarer Fortschritt auf der Map.


Zivilisten? Genfer Konvention? Menschen sterben, wenn sie überfahren werden?

Moorhuhnesques Verhalten

Die Geschichte selbst dient lediglich als Aufhänger. Nicht zuletzt aufgrund der wirklich grottig schlechten, deutschen Synchronisation verabsäumt sie es, einen mitzureißen. Böse Zungen könnten behaupten, dass die Qualität an ein gewisses „Stroh rum, Maske auf“-Video erinnert, aber ganz so unsinnig ist sie natürlich nicht. Aber sie ist auch nicht sonderlich komplex. Die Serie war jedoch nie für ihre tiefgründige Story, sondern für ihre Sniper-Elemente bekannt. Und diese machen einfach Spaß. Während es am niedrigsten Schwierigkeitsgrad dank Hilfseinblendungen noch einfach ist, einen Treffer zu landen, sind auf höheren Stufen bereits viel Gefühl und Erfahrung notwendig. Es ist höchst befriedigend, bei starkem Wind und schlechter Sicht einen Treffer auf große Distanz zu landen, nachdem wir alle Separatisten mit unserer Drohne ausgekundschaftet und markiert haben. Danach passen wir ihre Patrouillenwege ab, um im geeigneten Moment zuzuschlagen. Die größte Stärke von SGW3 liegt somit im funktionierendem Gameplay und dem spaßigen Aufbau, kombiniert mit dem guten Gefühl, schwierige Schüsse bewältigt zu haben. Wenngleich auch hier der Fehlerteufel dafür sorgt, dass NPCs bei unterschiedlichen Distanzen plötzlich ausgeblendet werden und erst wieder auftauchen, wenn die Distanz zum Ziel verringert wird. Mistiger Mistmist.

Zusätzlich wurde für Vielfalt in den Missionen gesorgt. Mal muss jemand befreit oder etwas gesprengt werden, und Satellitenschüsseln umzuprogrammieren gehört ebenso zum Repertoire eines Distanz-Assassinen wie Geduld. Die Grundlage ist dennoch immer, Gegner klug aus der Distanz zu erledigen. Sollte es doch mal brenzlig werden, wenn einem eine Übermacht etwa in den Nahkampf zwingt, ist die Situation mit grundlegenden Shooter-Fähigkeiten relativ problemlos bewältigbar. Denn auch wenn unser Charakter trotz Schutzweste nur wenige Treffer einstecken kann, verhalten sich die Gegner wie Moorhuhn-Lemminge mit Scheuklappen. Sobald sie Schüsse vernehmen, laufen sie zielstrebig auf diesen Punkt zu und lassen sich dabei einzeln und schön der Reihe nach von unseren zeitlichen Kugeln segnen.


Mass Effect: Andromeda ist neidisch auf diese Gesichtszüge

Die erhaltene Erfahrung wird bei Erreichen von Schwellwerten in Punkte umgewandelt, die in 3 eher seichte Talentbäume investiert werden. Ein paar davon sind allerdings nicht wirklich brauchbar, und die meisten haben keinen spürbaren Einfluss auf unser Spiel. 30% weniger Schaden von Explosionen ist in etwa ähnlich sinnvoll wie bessere Preise beim Händler, da mehr als genug Geld durch Missionen und erkunden abfällt. 20% schneller zu klettern ist angenehm, aber als höchstrangiges Upgrade wirkt es ein wenig lasch.

Geld ist meist auch kein Thema. Wer sich alle Waffen und Gegenstände im Spiel kaufen will, der muss ein wenig Zeit in Nebentätigkeiten investieren, eine Notwendigkeit dafür besteht jedoch nicht. Dies macht auch das Crafting ein wenig obsolet, da Gadgets ebenso problemlos beim Händler erstanden werden können. Eine Erleichterung für den Geldbeutel ist es sicherlich, keine Frage. Aber es fühlt sich wie die falsche Art von Freiheit an. Man kann es benutzen, aber es bietet mehr oder weniger keinen Mehrwert. Warum dann überhaupt benutzen? Wenn es Gegenstände gäbe, die nur durch Crafting erlangt werden könnten, oder weniger Geld im Umlauf wäre, dann gäbe es zumindest mehr Anreiz. So fällt es eher unter die Kategorie „Danke, aber nein danke.“


12 Uhr: Leute massakrieren. 12:03: Pause

Technik PC

Im Bezug auf die Grafik kann SGW3 auf höchster Auflösung durchaus klasse aussehen, aber meist nur auf Distanz. Bei moderat hohen Einstellungen fällt mit dem Näherkommen der Texturen auch sehr oft eine gewisse „Matschigkeit“ ins Auge, besonders wenn man mit dem Auto unterwegs ist und auf die Strasse blickt. Ausserdem scheint das Spiel für diese Leistung sehr hohe Hardware-Anforderungen zu haben. Für optimale Einstellungen benötigt man durchaus einen Higheng-Gaming-PC, was keine angemessene Relation für das Dargebotene erscheint.

Die Ladezeiten, über die sich vor allem auf Konsolen beschwert wurden, fallen am PC nicht so sehr ins Gewicht. Sobald das Spiel initial geladen wurde, verkürzen sich weitere Ladezeiten, wie zum Beispiel bei Schnellreisen, auf wenige Sekunden. Mehrminütige Ladezeiten auf einem PC, der die Mindestanforderung erfüllt, wären im Jahr 2017 auch ein No-Go. Weiters existiert nur ein Savegame-Slot. Wer das Spiel also in einem anderen Schwierigkeitsgrad bewältigen will, muss dafür seinen aktuellen Spielstand überschreiben.

Technik Xbox One

Technisch gesehen sind meiner Meinung nach alle Versionen ziemlich ähnlich. Die Auflösung bei der XBox Version ist niedriger, Details wurden entfernt, die Weitsicht ist geringer und es kommt immer wieder zu leichten Bugs, Glitches und Tearing – alles Fehler die auf eine schlechte Portierung zurückzuführen sind. Nichtsdestotrotz ist die Grafik gut.

Die Steuerung auf Konsole ist sehr gut und präzise, man hat keine Probleme gute Treffer zu landen und verfehlt fast nie (wenn, dann liegt es wohl eher an meinem Skill^^). Die Knöpfe am Controller reichen für alle wichtigen Dinge aus und alles reagiert mit wenig, bis keiner Latenz! I

Die Story ist recht 0815, aber erwarten wir uns tatsächlich noch viel von solchen Shootern? Es geht ja mehr um die Spielmechanik und ums Snipern, wen man da so „künstlerisch“ hinrichtet interessiert doch die Wenigsten von uns. Jedem, der leichte Kost mit vielen Momenten die einem ein Grinsen ins Gesicht zaubern, mag, der kann hier ohne viel darüber nachzudenken zugreifen. Ich würde aber zur PC Version greifen, falls ihr einen guten Rechner habt, die XBox Version würde ich wegen der niedrigsten Auflösung und den technischen Problemen am wenigsten empfehlen!

Technik PS4

Technisch konnte ich die vielen Bugs, von denen andere berichten, nicht so ganz nachvollziehen, hin und wieder gab es beim Spielen ein paar Clipping-Bugs und die Steuerung beim Klettern ist etwas grob hakelig, aber sonst gab es bei mir zumindest keine Abstürze oder Hänger im Spiel. Befeuert wird die PS4-Version mit der CryEngine 3, da erwartet man sich doch einiges, geboten wird aber nur Durchschnittskost. Die Tag- und Nachtwechsel, Wetter- und Lichteffekte sind zwar gut in Szene gesetzt, die Animationen der Spielfiguren, der Detailgrad und eine durchwachsene Framerate vermiesen einem aber das Technikerlebnis dann doch einigermaßen. Dazu gesellen sich Ladezeiten von teilweise gut 5 Minuten, wenn eine neue Sektion geladen wird. Das nervt schon gewaltig und ist technisch sicher nicht mehr zeitgemäß.

Auch sonst fallen einige Ungereimtheiten auf die den Spielspaß mindern, wie etwa manch unfair gesetzter Checkpoint oder die Änderung der Tageszeit durch die Schnellreisefunktion. Dazu gesellen sich manche KI-Aussetzer, eine maue Synchronisation und eine in vielen Fällen eher leblos wirkende Spielewelt. Speicherplatz gibt es obendrein auch nur einen und Multiplayermodus gar keinen.

Fazit Jürgen

Insgesamt liest sich das alles aufgrund der Bugs und teilweise undurchdachten Spielelementen negativ. Das Paradoxe ist aber, dass Sniper Ghost Warrior 3 dennoch Spaß machen kann. Es verhält sich ein wenig wie mit wütendem Sex: Er bedeutet, dass davor etwas Negatives passiert ist, und das ist eigentlich schlecht. Aber wenn dieses Negative einfach ignoriert wird, macht die Mechanik, die dahintersteht, trotzdem irgendwie Spaß. Bei einer Pro- und Kontraliste wären die Kontra-Punkte 1 zu 3 in der Überzahl. Aber Computerspiele sind nie etwas rein faktisches, sondern über alle Maßen subjektiv.

In Zeiten, wo unfertige Releases zum Standard zu werden drohen, sollte auch überdacht werden, ob solch eine Qualität mit voller Überzeugung unterstützt werden kann. Eine Kaufempfehlung zum Vollpreis wird nur für hartgesottene Sniper-Fans, die mit den besser poliert wirkenden Genre-Konkurrenten nichts anfangen können, ausgesprochen. Alle anderen sollten auf Bugfixes und den für Herbst angekündigten Multiplayer-Modus warten.

Fazit Alex

Ich muss zugeben, ich habe keinen der Vorgänger gespielt! Daher fälle ich mein Urteil als unbeschriebenes Blatt und ich muss sagen, mir gefällt was ich da zu sehen bekam! Die Grafik ist gut, die Konsolen-Portierung ist zwarl etwas schwammig mit leichten technischen Problemen, die aber nicht wirklich ins Gewicht fallen. Das Spiel hat einen für mich sehr hohen FUN Faktor, die Animationen in der Bullet-Cam haben es schon in sich und die Planung in welcher Reihenfolge man seine Opfer richtet, machen gute Laune! Es ist so ein leichter taktischer Einfluss, aber nicht zu viel um den Spielfluss zu stören.

Die Steuerung ist gut gelungen, der Soundtrack hingegen ist nicht sehr variabel und zeitweise nicht wirklich vorhanden bzw rückt er so in den Hintergrund, dass er mir nicht mehr auffällt und eine gewisse Atmosphäre schaffen würde! Multiplayer gibt es leider keinen, dieser soll aber ja in den nächsten Monaten dann nachgereicht werden, auf diesen bin ich schon mal sehr gespannt!

Fazit Hannes

Sniper Ghost Warrior 3 spielt sich für mich fast ein bisschen wie Ghost Recon Wildlands, nur dass man hier alleine unterwegs ist. Mit dem Fahrzeug geht es zum Einsatzort, mit der Drohne wird das gegnerische Lager ausgekundschaftet und die Taktik für den Angriff festgelegt. Dann die gefährlichen Gegner aus größerer Entfernung umnieten und den Rest mit der AK-47 platt machen. Kommt einem doch irgendwie bekannt vor und spielt sich auch ähnlich. Klar, es wurde von den Entwicklern schon ein wenig mehr Wert auf die Scharfschützengewehre und Schüsse aus großer Distanz gelegt, aber das bessere „Scharfschützenfeeling“ bietet für mich eindeutig Sniper Elite 4.Die Open-World Umgebung von Sniper Ghost Warrior 3 ist mehr Beiwerk als spannendes Betätigungsfeld für Scharfschützen und grafisch ist der Titel sicher ok, reißt aber keine Bäume aus.

Spielerisch solide lassen sich aber durchaus ein paar spannende Stunden damit erleben, aufgrund der technischen Unzulänglichkeiten werde ich auf Dauer aber wieder zu den bereits erwähnten anderen Spielen zurückkehren zumal diese auch einen Multiplayermodus bieten.

Gesamtwertung: 5.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 4 | Spieldesign: 4 | Motivation: 8

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