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Solasta: Crown of the Magister – Angespielt

Seitdem Baldur’s Gate im Jahr 1998 einen neuen Standard für klassische Fantasy-Rollenspiele gesetzt hat, haben schon viele versucht, diesen Erfolg zu wiederholen, aber nur wenige waren damit auch erfolgreich. Mit Solasta: Crown of the Magister versucht aktuell der unabhängige französische Entwickler Tactical Adventures, ein isometrisches Fantasy-Rollenspiel auf Basis des Dungeons & Dragons (D&D) Regelwerkes zu erschaffen.

Die Early Access Version ist bereits auf Steam erhältlich und beinhaltet das erste der drei geplanten Kapitel. Die Entwickler geben an, dass die derzeitige Spieldauer in etwa 10 Stunden beträgt, während uns das vollständige Spiel rund 40 Stunden beschäftigen soll. Hauptkonkurrent am Markt ist wohl das annähernd doppelt so teure Baldur’s Gate 3, das derzeit ebenfalls bereits als Early Access erhältlich ist und laut Entwickler Larian Studios ungefähr 25 Stunden Spielspaß beinhaltet. Als großer Rollenspielfan habe ich mich in die (bereits mit deutschen Texten versehene) Early Access Fassung von Solasta: Crown of the Magister begeben, um ein paar Goblins zu meucheln.

Die Erschaffung einer Heldengruppe

Zuerst kommt, wie bei den meisten klassischen Rollenspielen, die Erschaffung unserer vierköpfigen Party. Zur Wahl stehen sechs bereits vorgefertigte Helden, oder man erschafft sich seine Charaktere selbst. Man hat die Wahl zwischen acht Rassen und sechs Klassen. Verschiedene Lebensläufe, Charaktereigenschaften und auch die (D&D typische) Gesinnung stehen zur Auswahl. Schließlich kann auch das Aussehen der Helden angepasst werden. So eine Charaktererstellung kann schon mal länger dauern, aber es macht Sinn sich über seine Gruppe ein paar Gedanken zu machen, denn die Charakterwerte jeder Figur wirken sich im Spiel auf sein Verhalten in den (Multiple Choice) Gesprächen und Zwischensequenzen aus. Man sollte seine vier Charaktere gut kennen, denn um im Spiel erfolgreich zu sein ist es notwendig, die jeweiligen Stärken und Schwächen der Heldengruppe zu seinem Vorteil zu nutzen. Mit einer kleineren Heldengruppe kann man das Spiel nicht beginnen, die Party muss aus genau vier Helden bestehen. Im Spiel können dann noch weitere NPCs zeitweise zur Party stoßen.

Die ersten Schritte

Unsere vier Helden treffen sich in einer Taverne, um dort auf ihren Auftraggeber zu warten. Nachdem dieser sich verspätet, erzählt jeder der vier eine Episode aus seinem letzten Abenteuer. Dies dient gleichzeitig als Tutorial, in dem man die grundsätzliche Steuerung des Spiels erlernt. Schließlich erscheint unser Auftraggeber, Lord Carran, doch noch und bietet unserer Party an, in die Dienste des Legacy Councils zu treten. Das Legacy Council ist eine Vereinigung von Vertretern aus allen Königreichen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Badlands zu erforschen. Die Badlands sind eine monsterverseuchte Region im ehemaligen Königreich der Elfen. Er lädt uns ein, uns am nächsten Tag beim Hauptquartier des Legacy Councils einzufinden, um angelobt zu werden und unseren ersten Auftrag zu erhalten. Gut so, da gehen sich heute noch ein paar Bier in der Taverne aus.

Am nächsten Tag beginnt dann das eigentliche Spiel. Die Erkundung der Gegend erfolgt in einer isometrischen Ansicht, man kann aber auch jederzeit auf eine Übersichtskarte springen, in der automatisch neu entdeckte Orte eingetragen werden und Schnellreiseoptionen zur Verfügung stehen. Unsere Heldengruppe erhält vom Legacy Council den Auftrag, zu einem kleinen Außenposten zu reisen und dort nach dem Rechten zu sehen. Seit einiger Zeit sind nämlich keine Nachrichten vom Außenposten mehr im Hauptquartier eingelangt. Also, noch ein paar Sachen in der Stadt erledigen, wie Zaubersprüche vorbereiten (geht nur bei einer längeren Rast), Vorräte kaufen, in der Gilde oder im Tempel vorbeischauen, und ab geht die Reise in die Wildnis. Hier klickt man auf das gewünschte Ziel, und die Gruppe macht sich auf den Weg. Grundsätzlich läuft auf den Reisen alles automatisch (Wegfindung, Nachtlager, Essen), aber man kann jederzeit eingreifen und Handlungen wie auf die Jagd gehen, etwas basteln, die Rüstung wechseln oder Beeren sammeln durchführen. Je langsamer und vorsichtiger man geht, desto größer ist die Chance, nicht von Monstern überfallen zu werden, aber früher oder später kommt es zu einem Kampf. Das Land ist schließlich voll mit Banditen und hungrigen Tieren, manchmal wird man auch während der Nachtruhe überfallen.

Der Kampf

Das Herzstück eines jeden Rollenspieles ist der Kampf. So auch in Solasta: Crown of the Magister, wo man einen großen Teil der Spielzeit in Gefechten verbringt. Das bedeutet nicht, dass die Erforschung der Welt oder die friedliche Interaktion mit den Bewohnern zu kurz kommen, sie dauern halt nur nicht so lange – zu sehen oder bequatschen gibt es jedoch genug. In den taktischen Rundenkämpfen sollte man die Umgebung und Objekte bei seiner Vorgehensweise mit einbeziehen, wenn man Erfolg haben will.

Eine Besonderheit in Solasta: Crown of the Magister ist es, dass das Spielfeld nicht nur flach, sondern in drei Dimensionen aufgebaut ist. Erstmals ist auch die Höhe von Relevanz und wird zu einem strategischen Element in den Rundenkämpfen. Unsere Charaktere (ebenso wie die Gegner) können an bestimmten Stellen nach oben (oder unten) klettern, um dies zu ihrem Vorteil zu nutzen. Spinnen beispielsweise können so ziemlich überall herumklettern. Es ist generell vorteilhafter, von höher gelegenem Terrain zu kämpfen, besonders für Fernkämpfer. So ein von oben herunter geworfener Felsbrocken kann sehr unangenehm sein. Schon in der Einleitung lernt man, Gegner in den Abgrund zu schupsen. Hindernisse können als Deckung verwendet werden, aber man kann auch auf sie hinaufklettern – oder, mit dem richtigen Zauberspruch, über sie hinweg schweben.

Die Zugreihenfolge im Gefecht wird nach individueller Initiative für jeden Charakter einzeln berechnet. Zauberer haben hoffentlich, wie in D&D üblich, komplexere Sprüche vor dem Kampf vorbereitet. Mit dem Mausrad kann man herrlich heran oder hinaus zoomen, das Schlachtfeld kann in alle Richtungen gedreht werden. Jeder Charakter hat einige Möglichkeiten, seinen Zug zu gestalten. Neben Angriffen, dem Benutzen von Gegenständen und dem Sprechen von Zaubersprüchen können Figuren auch spezielle Fähigkeiten anwenden oder versuchen zu fliehen. In allen Fällen wird das Ergebnis immer sofort (blitzeschnell) ausgewürfelt. Nach dem Kampf wird die Beute eingesammelt, wobei man hier leicht etwas übersehen kann wenn man sich nicht gemerkt hat, an welcher Stelle Feinde getötet wurden. Naja, man kann auch während eines Kampfes bereits Beute einsammeln, wenn man gerade sonst nichts zu tun hat. Sterben sollte übrigens keiner unserer Helden, sonst ist das Spiel nämlich vorbei, zumindest wenn man keinen Wiederbelebungszauberspruch mehr dabei hat. Und die sind rar.

Die Welt

Tactical Adventures hat vom Urheberrechtsinhaber Wizards of the Coast eine offizielle Lizenz zur Verwendung der 5. Edition des Dungeons & Dragons (D&D) Regelwerkes erhalten. Die Entwickler dürfen (und tun dies auch) die Regeln in der Fassung des SDR (Systemreferenzdokument) 5.1 verwenden. Es kommt daher im Spiel regelmäßig vor, dass bei bestimmten Handlungen gewürfelt wird, um über Ge- oder Misslingen zu entscheiden. Solasta: Crown of the Magister spielt nicht in der bekannten Welt der Forgotten Realms, sondern in einem neu erschaffenen Szenario. Im Fantasy-Reich von Solasta wurde vor rund tausend Jahren das Reich der Elfen durch eine schreckliche Katastrophe unbekannten Ursprungs zerstört, und durch ein Portal kamen andere Völker in das in weiten Teilen verwüstete Solasta. Es gibt Ruinen und natürlich viele Dungeons zu erforschen, voll mit Monstern und Schätzen.

Sämtliche der häufigen Gespräche werden aufgezeichnet und können jederzeit wieder gelesen werden – sehr hilfreich. Auch zeichnet das Spiel automatisch eine Karte mit und legt eine Übersicht aller entdeckten Gegnertypen an. Die Welt ist interaktiv gestaltet, man kann nicht nur Gegenstände manipulieren oder aufheben, sondern auch Wände einschlagen, Kisten verschieben oder Brücken zerstören. Durch die Darstellung von Höhenunterschieden werden die Schauplätze um einiges realistischer – aber auch komplizierter. Es schaut gut aus und macht Spaß, sich einen Felsenweg nach oben zu kämpfen und Goblins von den Felswänden zu schießen oder in einem halb zerstörten Fort Überlebende zu suchen – aber dadurch wird das Spiel auch um einiges komplexer. Regelmäßiges Nachjustieren der Kamera, um die ganze Umgebung zu sehen ist notwendig. Unsere Helden laufen per Mausklick zum angegebenen Punkt – falls ihnen das möglich ist. Andernfalls kommt die Meldung, dass kein direkter Weg zum Ziel vorhanden ist. Die Wegfindungsroutinen sind übrigens ziemlich gut, unsere Helden laufen auch zu weit entfernten Zielen auf dem kürzesten Weg, selbst wenn Leitern benutzt werden müssen. Da können sich die Erntemaschinen aus Command & Conquer etwas abschauen!

Entwicklung & Technik

Der Kopf hinter dem Pariser Studio Tactical Adventures (und der CEO) ist der Branchenveteran Mathieu Girard, Mitgründer von Amplitude Studios (Endless Space, Endless Legend, Dungeon of the Endless, Humankind). Tactical Adventures arbeitet bereits seit geraumer Zeit am Spiel, die Arbeiten begannen schon im Jahr 2018. Im September 2019 wurde eine einmonatige Kickstarter Kampagne zur (weiteren) Finanzierung des Projektes durchgeführt. Ziel waren bescheidene € 180.000,-, und diese wurden mit schlussendlich € 243.855,- von 5.995 Unterstützern auch locker erzielt. Es wurden sogar einige Stretch-Goals erreicht (zusätzliche Klassen, Rassen, Gegenstände,…), die danach in den Entwicklungsplan aufgenommen wurden. Keine Ahnung, ob das Spiel sonst ohne Ranger, Paladin oder Halb-Elfen erschienen wäre. Die Entwickler haben klar kommuniziert, dass sie das Spiel auch bei einem Misserfolg der Kampagne fertiggestellt hätten und die Kampagne vor allem dazu gestartet haben, um auf bereits bestehende Inhalte aufzubauen und mehr Klassen, Rassen, sowie Quests realisieren zu können und um auf die Wünsche der Fans besser eingehen zu können. Auch gab es eine speziell für die Kampagne angefertigte Demo, um einen ersten Einblick in die mystischen Welten und die Geschichte von Solasta: Crown of the Magister zu erhalten.

Die weitere Finanzierung von Solasta: Crown of the Magister soll nun aus den Erlösen der Early Access Fassung kommen. Diese spielt sich bereits ziemlich gut, es fehlt aber vor allem noch das zweite und dritte Kapitel der Geschichte. Bisher wurden seit Erscheinen nur kleinere Fehlerbehebungen veröffentlicht. Bei Erscheinen der größeren Inhaltserweiterungen ist es leider zu erwarten, dass die alten Spielstände nicht mehr kompatibel sind. Aktuell können Helden nur bis Level 6 aufsteigen, im fertigen Spiel soll erst bei Level 10 Endstation sein. Als Erscheinungstermin wird irgendwann nächstes Jahr angepeilt. Mal sehen, ob Tactical Adventures das hinkriegen wird oder wie so mancher Genre-Kollege den Termin noch ein paar Mal nach hinten verschieben muss.

Basierend auf einer von Tactical Adventures angepassten Unity-Engine läuft das Spiel bereits aktuell auf meinem Rechner mit älterer Grafikkarte und Ultrawidescreen Monitor flüssig und ohne ernsthafte Probleme. Das Interface wirkt ein wenig steril und erinnert an Endless Space, bietet aber viele Tooltipps, um die Steuerung zu erleichtern. Das Spiel ist komplett mit englischen Sprechern vertont, alle Texte sind ins Deutsche übersetzt. Gespeichert wird regelmäßig automatisch, natürlich kann man auch eigene Speicherstände anlegen. Ein Mehrspielermodus ist weder vorhanden noch geplant. Mit dem Controller kann man auch nicht spielen. Zum Glück, Rollenspielveteranen am PC erinnern sich sicher noch an die PC Fassung von Dragon Age 2 und ähnliche Konsolenports.

FAZIT

Solasta: Crown of the Magister ist ein anspruchsvolles isometrisches Fantasy-Rollenspiel mit einer offiziellen Lizenz für die 5. Edition von Dungeons & Dragons (D&D). Bereits die aktuelle Early Access Fassung glänzt mit einem hervorragenden rundenbasiertem Kampfsystem und detaillierter Charakterentwicklung, eigebettet in eine spannende Rahmenhandlung und vielen Entscheidungsmöglichkeiten. Das oft nicht ganz so einfache D&D Regelwerk wird verständlich umgesetzt. Hier wird der Traum jedes D&D Rollenspielers erfüllt – falls die Entwickler so weitermachen wie bisher. Fans von klassischen Rollenspielen mit Zwergen, Zauberern und Elfen liegen bei Solasta: Crown of the Magister absolut richtig.

Was ist Solasta: Crown of the Magister? Dungeons and Dragons Rollenspiel mit fordernden rundenbasierten Kämpfen.
Plattformen: PC
Getestet: Early Access Version 0.3.3 auf einem PC mit i7-3770, 24 GB RAM, GeForce GTX 1070, 3440×1440 Auflösung, Windows 10
Entwickler und Publisher: Tactical Adventures
Release: 20. Oktober 2020 (Early Access)
Link: Offizielle Webseite

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