South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe im Test

Vor drei Jahren erschien mit South Park: Der Stab der Warheit so etwas wie eine überlange, interaktive Folge der erfolgreichen Zeichentrickserie von Comedy Central. Nicht nur optisch hat man sich dabei eng an das Original gehalten, auch in Sachen politisch inkorrekten, bitterbösen und meist auch gesellschaftskritischen Humor ist man der Vorlage sehr nahe gekommen. Nur spielerisch blieb man dann doch einiges schuldig. Dass soll sich nun mit „Die rektakuläre Zerreißprobe“ ändern und dafür haben sich Cartman & Co nicht nur eine neue Geschichte, sondern auch ein paar neue Tricks einfallen lassen.

South Park ist eine jener Fernseh-Serien, die man eigentlich nur im englischen Original-Ton schauen kann. Die deutsche Synchronisation ist zwar durchwegs brauchbar, aber es gibt Witze, die man einfach nicht übersetzen kann. Ich erinnere mich etwa an die Folge „Fishsticks“ aus der dreizehnten Staffel, die in unserer Sprache – und in vermutlich vielen anderen Sprachen auch – einfach keinen Sinn ergab. Und so ist es auch mit South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe. Während der deutsche Titel einfach nur dämlich ist, wird er im englischen Original zu einem sehr zweideutigen Joke (wer es noch nicht gecheckt hat, der spricht die letzten beiden Wörter von „Fractured but whole“ schnell hintereinander aus). Auch aus diesem Grund werden sich vermutlich nur jene über die neue deutsche Sprachausgabe mit den Original-Sprechern der Fernsehserie freuen, die nicht über die entsprechenden Englischkenntnisse verfügen und dazu noch zu faul sind, die Bildschirmtexte zu lesen. Dabei machen Jörg Stuttmann (Cartman), Benedikt Weber (Stan) und deren Kollegen ihre Sache eigentlich sehr gut, der Humor des Originals bleibt dennoch ungeschlagen. Dazu kommt aber auch, dass abseits der professionellen Sprecher die deutsche Lokalisierung etwas holprig ist und stellenweise etwas unbeholfen wirkt.

In Sachen Optik hat man es dafür, wie auch schon bei „Der Stab der Wahrheit„, abermals geschafft, den Scherenschnitt-Look der Zeichentrickserie perfekt auf den Computer und Konsolen zu portieren. Die meisten Orte kennt man zwar schon aus dem Vorgänger, weshalb vor allem zu Beginn des Abenteuers der Entdeckungsdrang nicht mehr ganz so groß ist, diese wurden aber natürlich um einige neue Lokationen ergänzt. Vor allem die unzähligen Details und zahlreichen Anspielungen auf diverse South Park-Folgen haben deutlich zugenommen, werden vermutlich aber nur eingefleischte Fans bewusst wahrnehmen.

Fantasy ist soooooo 2014

Storytechnisch knüpft „Die rektakuläre Zerreißprobe“ nahtlos an seinen Vorgänger an, genauer gesagt die Geschichte beginnt sogar noch während den Ereignissen aus „Der Stab der Wahrheit“. Erneut schlüpft ihr in die Rolle des neuen Kindes in der Stadt, welches von Cartman einfach nur „Douchebag“ genannt wird. Aber auch wenn ihr eine altbekannte Figur verkörpert, dürft ihr dennoch dank umfangreichen Editor wieder einen eigenen South-Park Charakter erstellen – inklusive Schwierigkeitsgrad, der sich nach der Hautfarbe richtet. Während der Vorgänger die South Park-Folge “The Return of the Fellowship of the Ring to the Two Towers” fortgeführt hat und so die Kinder in ein Fantasy-Abenteuer verwickelt, verwendet die „Die rektakuläre Zerreißprobe“ die Coon and Friends-Storyline und verlagert das Geschehen so in das Superhelden-Szenario.

Ausgangspunkt für die neue Geschichte ist eine entlaufene Katze. Die wollen der Coon (Cartman im Waschbären-Outfit) und seine Freunde unbedingt vor der rivalisierenden Gruppe, den Freedom Pals unter der Führung Mysterion (Kenny), finden und mit den 100 Dollar Belohnung eine eigene, lukrative Superhelden-Franchise starten. So legen wir die Fantasy-Utensilien ab und erstellen unsere eigene Superhelden-Persona, inklusive Origin-Stoy und einer Schwachstelle, also dem persönlichen Kryptonit wie etwa alte Menschen oder Mädchen. Zu Beginn dürft ihr lediglich aus drei verschiedenen Klassen auswählen, diese können aber im weiteren Spielverlauf zusätzlichen mit einer anderen Klasse kombiniert werden. Unsere DNA können wir dazu noch mit bis zu acht Artefakten verändern. Diese besonderen Gegenstände stellen sozusagen das Pendant zu den Waffen aus dem ersten Teil dar und verbessern Werte wie Stärke, Gesundheit oder Schaden. Natürlich darf man sich auch sein eigenes Heldenkostüm zusammenstellen, das dient aber lediglich der optischen Individualisierung und hat in der Regel keine Auswirkungen auf die Charakterwerte. Insgesamt bietet South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe in Sachen Charakter-Entwicklung weit mehr Freiraum, also noch der Vorgänger. Alleine die Kombination an verschiedenen Klassen und deren Fähigkeiten übertrifft „Der Stab der Wahrheit“ um ein Vielfaches. Dazu kommt noch, dass man mittels Crafting diverse Objekte wie Heilmittel oder Kostümteile herstellen kann. Ein nettes Zusatzfeature, welches aber nicht zwingend notwendig ist, um das Spiel erfolgreich zu beenden.

Quadratisch, praktisch gut!

Nach und nach schaltet ihr zusätzlich neue Begleiter frei und stellt euch so euer eigenes Superhelden-Team zusammen. Mit bis zu drei Kollegen könnt ihr dann die rudenbasierten Kämpfe gegen Sechstklässler, katholische Priester, Ninjas und andere typische South Park Charaktere bestreiten. Der Vorgänger wurde sehr oft wegen seines sehr oberflächlichen und nicht sehr anspruchsvollen Kampfsystems kritisiert, voe allem diesen Punkt wollte man in South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe deutlich besser machen. Statt den klassischen Conditional Turn-Based Battles à la Final Fantasy, werden die Scharmützel jetzt auf einem, in Raster unterteiltem, Spielfeld ausgetragen. Die einzelnen Helden führen zwar immer noch abwechselnd ihre Aktionen aus, können sich aber jetzt auf den verschiedenen Feldern strategisch klug positionieren. Das ist deshalb notwendig, da nun auch Reichweite von Attacken genauso eine Rolle spielen, wie Flächenschaden oder der Rückstoß, welcher Feinde die hintereinander stehen aufeinanderprallen lassen. Insgesamt gestaltet sich das Kampfsystem weitaus komplexer als noch im Vorgänger, richtig anspruchsvoll wird es aber erst im späteren Spielverlauf und mit höherem Schwierigkeitsgrad. Den kann man übrigens jederzeit verändern, sodass man sich mit einem Gegner nie länger beschäftigen muss, als unbedingt notwendig.

Wenn ihr nicht gerade kämpft, dann durchforstet ihr das kleine Städtchen South Park nach allerlei brauchbaren Objekten und löst meist sehr simple Rätsel, um in der Geschichte voran zu kommen. Die dauert rund 20-25 Stunden, ist damit deutlich länger als „Der Stab der Wahrheit“ und steht in Sachen  kontroverse Themen, Fäkalhumor und politisch inkorrekten Inhalten einer regulären South Park-Folge um nichts nach. Kein Wunder, denn die Story stammt erneut aus der Feder der beiden Serienschöpfer Trey Parker und Matt Stone und bietet über die gesamte Spieldauer Fanservice pur.

FAZIT

Ich wiederhole das Fazit von meinem Test zu Der Stab der Wahrheit : Auch South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe ist, genauso wie sein Vorgänger, ein perfekt inszeniertes, interaktives South Park-Abenteuer und ein Parade-Beispiel für ein gelungenes Lizenzspiel. In Sachen anspruchsvollem Gameplay merkt man zwar eine deutliche Steigerung, wer aber ein komplexes Rollenspiel-Abenteuer sucht und nichts mit Cartman & Co anzufangen weiß, der sollte sich lieber nach einer Alternative umsehen. Trotzdem, die Geschichte wirkt trotz aktuellem Superhelden-Overkill noch recht originell, ist unterhaltsam und versprüht den typischen South Park-Humor. Dazu fügen sich die spielerischen Neuerungen sinnvoll in das Gesamtkonzept ein, weshalb South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe mehr als ein würdiger Nachfolger des ersten Teils ist.

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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