Stephen King, Altmeister des Horrors, Kreativhirn des Schreckens und Vater der Clownsphobie, feierte im September dieses Jahres seinen 70. Geburtstag. Dies und die Tatsache, dass 2017 gleich zwei seiner größten Werke erstmals den Weg auf die große Leinwand fanden, ist für mich Grund genug dem Schöpfer von Bob Grey, alias Pennywise dem tanzenten Clown, ein Special zu widmen.
Der Mann hinter der Angst
Am 21. September 1947 in Portland, Maine, als Stephen Edwin King geboren, versuchte sich dieser bereits im zarten Alter von sieben Jahren an ersten Kurzgeschichten. Seine erste Veröffentlichung feierte er mit 19. Die Geschichte I Was A Teenage Grave Roboter fand ihren Weg in das Magazin „Comic Reviews“. Doch der Weg zum Buchautor war noch ein weiter, denn erst 1974 erblickte sein erster Roman das Licht der Welt: Carrie. King zeigte sich damals von seinem ersten Manuskript nicht begeistert. Bereit, den Entwurf dem Mülleimer und damit der Vergessenheit zu übergeben, überzeugte ihn seine Frau den Roman doch noch zu vollenden. Wie die Geschichte zeigte, tat er gut daran. Denn das vom Double-Day Verlag veröffentlichte Buch um ein Mädchen mit telekinetischen Kräften, welches sich auf grausame Weise an ihren Peinigern rächt, wurde ein voller Erfolg und ebnete King den Weg als Schriftsteller.
Wie bei erfolgreichen Romanen üblich ließ eine Verfilmung des Stoffes nicht lange auf sich warten. 1976 verfilmte Brian de Palma Carry mit Sissy Spacek in der Hauptrolle. De Palmas Interpretation des Buches gilt bis heute allgemein als die Beste. Eine Neuverfilmung für das Fernsehen im Jahre 2002 und auch das Remake von 2013 mit Chloe Grace Moretz als Carry verloren sich, meiner Meinung nach zurecht, in der Belanglosigkeit.
Das Problem mit King Verfilmungen
Obwohl King das literarische Niveau seiner Romane seit Jahren hochhält, schwankt die Qualität der Verfilmungen seiner Werke von genial bis zu Der Rasenmähermann. Wobei man hier, um der Fairness Genüge zu tun, erwähnen sollte, dass sich der Film soweit von Kings Kurzgeschichte entfernt hatte, dass dieser mehrfach versuchte, die Streichung seines Namens aus dem Projekt einzuklagen. Basierend auf Kings Werken finden sich filmische Perlen wie die ewige IMDB Ranglisten Nummer 1 Die Verurteilten (ein Wert von 9,2 bei 1.859.233 Stimmen), The Green Mile, The Mist, Shining und Stand By Me. Auf der anderen Seite finden sich cineastische Fehlzündungen wie Dreamcatcher, erst dieses Jahr The Dark Tower oder Running Man mit Arnold Schwarzenegger. Dieser basiert allerdings nur sehr lose auf dem Roman Menschenjagd, welchen King unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte. Diese Einordnung ist allerdings rein subjektiv und ich kann verstehen, sollte jemand nicht dieser Meinung sein.
Meine drei Lieblingsromane und wie ihre Verfilmungen für mich funktionieren
Leider muss ich zugeben, dass ich bei meinen King Favoriten nicht sehr originell bin. Denn diese sind: Friehdof der Kuscheltiere, The Shining und natürlich ES. In Vorbereitung auf diesen Artikel habe ich mir alle Verfilmungen noch einmal angesehen und fand einige Stärken, bei manchen aber auch ziemliche Schwächen.
Es folgen leichte Spoiler.
The Shining (1980)
Nähe zur literarischen Vorlage ist nicht immer zwingend eine Voraussetzung für einen gelungenen Film. Dies stellte 1980 Regie-Legende Stanley Kubrick sehr eindrucksvoll unter Beweis. Kubrick schob die übernatürlichen Elemente des Romans weitgehend in den Hintergrund und richtete den Fokus auf den psychologischen Verfall von Jack Torrance. Dessen Sturz in den Wahnsinn wird im Roman mit der übernatürlichen Bösartigkeit des Hotels (das Hotel wird im Buch fast schon als handelndes Wesen beschrieben) erklärt. Im Film ist Torrances Wahnsinn das Resultat einer Kombination aus Isolation (das Hotel ist eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten) und Jacks Unfähigkeit, sich aus seiner Schreibblockade zu befreien.
Kubricks Version ist nicht besser oder schlechter als die Vorlage, sondern anders. Ich denke, The Shining ist eine der wenigen Romanverfilmungen die funktionieren, eben weil sie einen anderen Schwerpunkt setzen als die Vorlage. Ein im Buch als fast denkendes, übernatürliches Wesen beschriebenes Gebäude mag in geschriebener Form funktionieren, aber im Film wo es darum geht Elemente visuell darzustellen, läuft diese Idee Gefahr lächerlich zu wirken und dem Szenario die Bedrohung zu nehmen. Ein wahnsinniger Vater allerdings, der bereit ist seinen Sohn und seine Frau in seiner Wut zu ermorden, strahlt eine greifbare und realere Form der Bedrohung aus. Daher funktioniert für mich der 1980er Shining wunderbar.
Stephen King allerdings hasste den Film. Er produzierte 1997 einen dreiteiligen Fernsehfilm, zu dem er selbst das Drehbuch lieferte. Das interessante für mich: obwohl sich der Fernsehfilm näher an der Romanvorlage bewegt, erreicht er für mich nie den Schrecken der Kubrick-Interpretation.
Friedhof der Kuscheltiere (1989)
Friedhof der Kuscheltiere gehört für mich zu den gruseligsten Werken Stephen Kings. Nicht weil es eine Geschichte über Monster erzählt, die dir nach deinen Eingeweiden trachten, sondern eine Geschichte über eine sehr reale Angst – die Angst davor, dass jene sterben die wir lieben.
Hättest du die Möglichkeit jemanden der tot ist wiederzuholen, würdest du es tun? Wärst du bereit zu akzeptieren, dass jener der zurückkommt nur ein Schatten dessen ist, der er war? Egal ob Mensch oder Tier. Es wäre eine Hülle ohne Inhalt, aber du könntest wieder seine Nähe spüren. Ist es dir das wert? Wärst du bereit für diese Illusion von Trost vielleicht am Ende selbst mit deinem Leben dafür zu bezahlen?
Diese Fragen und die Feststellung des Buches, dass es vielleicht besser ist, wenn totes auch tot bleibt, machten für mich den Roman rund um den Indianer Friedhof unerträglich schaurig. Da King sich einem sehr realen Thema widmet, dieses aber mit übernatürlichen Element vermengt, entsteht beim lesen eine sehr beklemmende Atmosphäre.
Umso enttäuschter war ich als ich feststellen musste, dass die Verfilmung von 1989 nichts von diesem subtilen Horror der Vorlage zu bieten wusste. Statt auf Atmosphäre und Spannung setzte der Film auf Jump-Scares und rohe Gewalt. Traurig, vor allem weil das Drehbuch von niemand geringerem stammte als von Stephen King selbst.
Stephen Kings ES (1990)
Bei dieser Produktion handelt es sich um einen Zweiteiler für das amerikanische Fernsehen. Diese erzählt sehr frei nach Stephen Kings Meisterwerk vom Club der Verlierer und ihrem Kampf gegen jenes namenlose Böse, welches sich hinter der Maske des Clowns Pennywise verbirgt. Als Kind habe ich diesen Film geliebt. Allerdings hatte ich das Problem, dass ich mich vor Tim Currys Pennywise nicht fürchten konnte, weil ich ihn schlicht zu cool fand um vor ihm Angst zu haben.
Heute ist der Film abseits von Tim Currys grandioser Leistung kaum der Rede wert. Man merkt, dass der Film sehr schlecht gealtert ist und sich weit von der Vorlage entfernt hat. Da der Film fürs Fernsehen gemacht wurde, wird mit den – im Buch fast schon zelebrierten und teils sehr expliziten – Gewaltszenen gespart. Auch Pennywise, Tim Currys Performance in allen Ehren, kommt für mich nicht an meine Vorstellung von ES ran. Es wird zu selten klar, dass sich hinter der Clownsfratze ein übernatürliches Monstrum verbirgt, dessen einzige Bestimmung es ist, sich am Fleisch und der Angst unschuldiger Kinder satt zu fressen.
Deshalb setze ich große Hoffnungen in das Remake durch die Hand von Andy Muschietti. Dieser hatte bereits mit seinem Kino-Debut Mama bewiesen, dass er auf der Klaviatur der Angst zu spielen weiß.
Ob meine Erwartungen erfüllt wurden, erfährt ihr demnächst in meiner Review zu ES.