Spyro Reignited Trilogy im Test

Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens gehörte die Spyro the Dragon-Reihe zu den wenigen wahrhaft großartigen 3D-Platform-Games für die erste PlayStation. In den Jahren 1998-2000 mussten die Spiele gegen heutige Kult-Hits wie Banjo-Kazooie/Tooie und Mario 64 antreten. Zwanzig Jahre später dürfen Spieler nun erneut die Abenteuer des kleinen Drachen erleben – mit aufgemotzter Grafik, neu instrumentalisiertem Soundtrack und einigen Extras. Doch ist der Feuerspeier immer noch brandheiß oder handelt es sich bei Spyro Reignited Trilogy um einen lauwarmen Aufguss?

Back to the Nineties

Hach, die 1990er Jahre. Eigentlich noch gar nicht so lange her und ist doch schon eine halbe Ewigkeit vorbei. Daher ein Exkurs zum besseren Kontext: Im Jahr 1998, als Spyro the Dragon erstmals das Licht seiner virtuellen Welt erblickte, hatte Russland gerade den Staatsbankrott erklärt, Hermann Maier erholte sich von seinem schweren Sturz bei den olympischen Winterspielen in Nagano und Dieter Bohlens 80er Gesangsduo „Modern Talking“ versuchten ein Comeback, das zum Glück nur von kurzer Dauer war. Ich selbst war damals heftigster Nintendo-Fanboy und so konnte ich die Spyro-Games nur gelegentlich bei Freunden anspielen. Damals hätte ich mir wohl lieber in die Zunge gebissen, als zuzugeben, dass mir die Spiele gefallen. Insofern bietet mir die Spielsammlung Spyro Reignited Trilogy die willkommene Möglichkeit, drei Klassiker praktisch völlig neu zu entdecken. Für alle, die ebenso wie ich, Neulinge in der Welt der Drachen sind, möchten wir die Spiele einzeln vorstellen.

Vorhang auf für Spyro

Weil sich der üble Gnasty Gnorc im Fernsehen durch einen Drachen beleidigt fühlt, versteinert er kurzer Hand alle Drachen im Reich – naja, FAST alle. An Spyro, dem jüngsten von allen, liegt es nun, seine Artgenossen aus der Versteinerung zu befreien.

Auf eine Einführung in die Steuerung und Gameplay-Mechaniken wird verzichtet, was aber nicht weiter tragisch ist. In Teil eins steht euch nämlich erst ein recht beschränktes Move-Repertoire zur Verfügung, welches  aus einer Rempler-Attacke und der Fähigkeit zum Feuerspeien und Gleitflug besteht. Zudem könnt ihr in der gesamten Reignited Trilogie jederzeit die Tastenbelegung über das Pausenmenü einsehen. Der Rest ist „Learning by doing“. Die Libelle Sparx, die euch auf Schritt und Tritt folgt, stellt sich als Health Meter heraus.

In jeder der 6 Oberwelten sind Portale verteilt, über die ihr die einzelnen Level betreten könnt – davon jeweils drei „reguläre“ Level, ein Boss-Level und ein Flug-Level, in dem ihr Ringe durchfliegen oder Gegner und Gegenstände innerhalb eines Zeitlimits rösten müsst. Eine Eigenheit der Spyro-Reihe stellt die Tatsache dar, dass Gegner, dir ihr einmal besiegt habt, im Regelfall nicht mehr wieder auftauchen, bis ihr ein Gebiet erneut betretet oder selbst ein Leben verliert, bevor euer Fortschritt gespeichert werden konnte. Das führt dazu, dass ein Level ab einem bestimmten Punkt völlig frei von Missetätern ist und praktisch gefahrlos erforscht werden kann.

Im Umfang ist Spyro the Dragon recht übersichtlich und kann auch aufgrund des geringen Schwierigkeitsgrads selbst für Serien-Einsteiger in 8-12 Stunden vollständig mit Platin-Trophäe durchgespielt werden. Neben den insgesamt 80 Drachen, die es zu befreien gilt, könnt ihr außerdem noch 12 Drachen-Eier in Sicherheit bringen und massenhaft „Gems“ sammeln. Habt ihr alle 12.000 in den Levels solcher versteckten Edelsteine gefunden, dürft ihr euch im Bonuslevel „Gnasty’s Loot“ austoben, wo es nochmals 2000 weitere Klunker zu finden gilt. Leider gibt es für die Edelsteine und Dracheneier keinen weiteren Ansporn, vom Bonuslevel und Trophies jetzt mal abgesehen. Insgesamt ist der erste Teil der Serie ein bis heute unterhaltsamer Einstieg in einer Serie, die von da an bis zum dritten Teil nur besser wurde. Zudem legte das Erstlingswerk nicht nur den Grundstein für die nachfolgenden Teile der Serie, sondern setzte in technischer Hinsicht damals auch neue Maßstäbe, auf die praktisch alle Genre-Vertreter bis heute aufbauen.

Ripto, nach dessen üblem Temperament der zweite Teil der Trilogie benannt ist

Der zweite Akt

Für den zweiten Teil, Ripto’s Rage hatten die Entwickler von Insomniac Games damals nur knapp ein Jahr Zeit – und beschlossen zu klotzen, statt zu kleckern. Zahlreiche neue Charaktere und weitläufigere Gebiete fügen sich mit einer witzigen Story zu einer sehr gelungenen Fortsetzung der Serie. Diesmal wird der kleine Drache per Zufall per Portal in eine fremde Welt gesaugt und muss Orbs finden, um wieder nach Hause zurückkehren zu können. Natürlich lässt er es sich auch nicht nehmen, den Einwohner dieser Welt bei ihren Problemen unter die Arme zu greifen und ist dabei deutlich vielseitiger, als im ersten Teil.  Spyro kann erstmals ins Wasser, ohne Schaden zu nehmen und lernt sogar tauchen und klettern. Der Gleitflug wird durch einen Hover-Rescue Move erweitert und das Sammeln der Gemstones ist nun notwendig, um Orte zugänglich zu machen und weitere Moves, wie die Kopfnuss zu erlernen. Dafür wird der unter Serienkennern nicht gerade beliebte Bär Moneybags eingeführt. Dieser wird uns, wie auch weitere Charaktere des Casts, wie der Gepard Hunter, auch in Teil drei begleiten wird. Die zusätzlichen Fähigkeiten machen erstmals Backtracking (also das erneute Besuchen bereits gespielter Levels) nötig, um die Gebiete mit 100% abschließen zu können. Die Gegner, die ihr in Teil 2 besiegt, werden jeweils gezählt. In den Welten stehen Torbögen, bei denen eine Zahl angibt, wie viele Gegner ihr besiegen müsst, um das jeweilige Powerup der Welt freizuschalten. Sind diese mit einer Mindestanzahl an „Seelen“ gefüttert, gibt das Tor eine Sonderfähigkeit preis, die Spyro für beschränkte Zeit nutzen kann. Zu diesen Fähigkeiten gehört das Fliegen, ein Sprint oder Super-Feuerbälle, die ihr sogar unter Wasser abfeuern könnt.

Der Grundaufbau der Welten ist ähnlich wie beim Vorgänger im Grunde zirkular gestaltet. Die Oberwelten sind diesmal deutlich größer und organischer miteinander verbunden. Die Bosskämpfe wurden ein aufgepeppt und unterscheiden sich nun stärker von den „normalen“ Welten. Die Flug-Level gibt es wie gehabt, zusätzliche Minigames und Challenges sorgen für mehr Abwechslung als im ersten Teil. Insgesamt ein rundum gelungener zweiter Teil der Trilogie, der die Elemente aus Teil eins übernimmt und erweitert und verfeinert.

Zusätzliche Spielbare Charaktere bingen neue Gameplay Elemente in Teil drei

Das große Finale

Erneut lag zwischen dem Erscheinungstermin von Ripto’s Rage und dem dritten Teil, Spyro: Year of the Dragon nicht mal ein Jahr. Auch diesmal ist es dem Endprodukt nicht anzumerken. Für Year of the Dragon wird ein großer Cast an spielbaren Nebencharakteren eingeführt, der Spyro’s ursprünglich weiterhin überschaubares Moveset ergänzt und den Entwicklern Arten von Levels ermöglichen, die davor nicht möglich gewesen wären. So haben wir zum Beispiel Sheila, das Känguruh, mit deren hohen Sprüngen ihr entlegene Nischen und Vorsprünge erreichen könnt. Oder den Pinguin Sergeant Byrd, der schweben und Raketen schießen kann. Aber auch Sparx, euer treuer Libellen-Begleiter ist erstmals direkt spielbar, dazu gesellen sich auch noch Bentley, der Yeti und Agent 9, ein Affe. Dieses Mal rücken die Dracheneier in den Vordergrund. Diese werden von einer Zauberin und ihren Handlangern entführt und wer außer Spyro könnte sie wohl sicher zurück bringen?

Die Story ist amüsant, die Nebencharaktere sympathisch und auch Moneybags, der in puncto Sympathiefaktor die negative Ausnahme bildet, kriegt sein Fett weg. Zusätzliche Endbosse und zum dritten Mal in Folge eine Steigerung was das Design von Levels und Gegner angeht machen Teil drei zu einem würdigen Abschluss der „klassischen Trilogie“.

Der erste Boss im dritten Teil

Der Zahn der Zeit

Zum Zeitpunkt seines Erscheinens stellte der erste Spyro Teil eine technologische Revolution dar. Kaum ein anderes Spiel erlaubte dieses Ausmaß an Freiheit und die rasche Durchquerung eines ganzen Levels – und das noch dazu ohne den damals üblichen „Nebel“. Spyro hingegen gelang es, die Limitierungen der damaligen Hardware geschickt zu umgehen. Natürlich muss angemerkt werden, dass die einzelnen Welten nicht gerade riesig sind. Durch ihren gelungenen, im Prinzip kreisrunden Aufbau wirken sie allerdings auch nicht zu klein und bieten zusätzlich die Möglichkeit, ohne mühsames Hin- und Herlaufen mehrere „Runden“ zu machen, damit ihr auch noch die letzten versteckten Juwelen findet. Auch heute noch sind die Levels unterhaltsam, wenn auch ein wenig in die Jahre gekommen. Vereinzelt sind die technischen Einschränkungen, der alten PS1 doch noch zu spüren. Das mag unter Umständen auch an der Steuerung liegen. In manchen Punkten ist Spyro leider recht ungenau zu kontrollieren. Und zu „schlechter“ Letzt leidet auch dieser 3D-Platformer, wie so viele andere dieses Genres, an einer nicht immer idealen Kamera. Bei all diesen Punkten handelt es sich aber um Kritik auf hohem Niveau, die dem Gesamterlebnis keinen Abbruch tut.

Spielbarer Cartoon

Die gesamte Trilogie ist optisch auf einen gemeinsamen Standard angehoben Jeder einzelne Charakter – vom Drachen, der befreit werden muss, über alle Gegner und NPCs, wurden wunderbar redesignt und überzeugen alle durch eigene Persönlichkeit und Respekt dem Ausgangsmaterial gegenüber. Das Charaktermodell von Spyro dürfte in allen drei Teilen identisch sein. Hier haben sich Toys for Bob für eine Variante entschieden, die sehr nah am Original dran ist, statt die Spiele an die Skylanders Reihe anzugleichen. In meinen Augen ist das ein absoluter Pluspunkt. Generell sehen alle Charaktere aus, als könnten sie aus einer Zeichentrickserie stammen. Die Modelle der Originale wurden mit viel Liebe zum Detail und einer großen Portion Fantasie verschönert und schaffen gemeinsam mit den bunten, detailreichen Welten ein stimmungsvolles Gesamtkonzept.

Ohne Altersbeschränkung freigegeben – und doch Spaß für jede Altersgruppe! 😀

Klangvoll

Auf musikalischer Seite wurde penibel darauf geachtet, die großartigen Werke von Stewart Copeland (dem Drummer von Stings ehemaliger Band The Police) nicht zu sehr zu verfremden. Um dies zu gewährleisten, wurde der große Meister einfach erneut verpflichtet, der auch gleich ein neues Hauptthema beisteuert. Ansonsten entschied er sich, die Stücke neu einzuspielen und durch einige neue Instrumente dezent zu erweitern. Optional könnt ihr aber jederzeit über das Pausenmenü in den originalen Soundtrack des jeweiligen Spiels zurück wechseln. Praktisch alle Charaktere verfügen über ein gelungenes Voice Acting, die Stimmen wurden vereinheitlicht, sodass in der englischen Fassung Spyro nun in allen drei Teilen Tom Kenny die Stimme leiht.

FAZIT

Original-Entwickler Insomniac Games hatten Spyro im Jahr 2000 mehr oder weniger aufgegeben, um sich mit Ratchet & Clank zu neuen Ufern aufzumachen. Obwohl auch diese Serie ihren Charme hat, habe ich den kleinen Drachen sofort ins Herz geschlossen. Alle drei Games machen auch heute noch immer eine ganze Menge Spaß und müssen sich in keinster Weise hinter den Nintendo-Klassikern verstecken, mit denen ich aufgewachsen bin. Es ist sehr erfreulich, dass sich das Entwicklerteam von Toys for Bob, die für das Remastering verantwortlich zeichnen, ein liebevoll runderneuertes Spiel geschaffen haben, in dem auch Kenner des Originals den Charme dieser Spiele mit Sicherheit wiederfinden werden. Es wäre schön, wenn so manch andere Entwickler sich eine Scheibe davon abschneiden würden, wenn es um Neuauflagen  geht.  Alles in allem kann ich für die Spyro Reignited Trilogy eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen, vor allem für Fans  von gepflegter Platformer-Unterhaltung.

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Was ist Spyro Reignited Trilogy? Sammlung der ersten drei Teile der Platformer-Klassiker-Reihe Spyro the Dragon
Plattformen: PS4, Xbox ONE
Getestet: PS4 Slim
Entwickler / Publisher: Toys for Bob (Reignited), Insomniac Games (Original) / Activision
Release: 13. November 2018
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Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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