Star Wars: Battlefront 2 im Test

2015 ließ DICE im Auftrag von EA die Battlefront Reihe wieder auferstehen. Trotz purem Star Wars Feeling zeigten sich viele Fans der Franchise enttäuscht. Zu eintönig und wenig fordernd sei das Gamplay gewesen. Das Fehlen einer Story-Kampagne sorgte für weiteren Unmut. DICE und EA gelobten Besserung. Tatsächlich standen die Vorzeichen für Star Wars: Battlefront 2 auch gar nicht schlecht. Die Solo-Kampagne, welche aus der Sicht der überzeugten Imperialistin Iden Versio erzählt werden sollte, lies mich auf einen interessanten Perspektivenwechsel hoffen. Wie nimmt ein indoktrinierter Soldat des Imperiums den Krieg der Sterne wahr? Leider sorgte Star Wars: Battlefront 2 hauptsächlich durch sein zweifelhaftes Geschäftsmodell für Aufsehen. Aber versteckt sich hinter all diesen (zurecht) ungeliebten Mechaniken vielleicht doch noch ein gutes Spiel?

Die Solokampagne – Willkommen auf der dunklen Seite der Macht… nicht!

Ich glaube es war 1994, als Kevin Smith in seinem Erstlingswerk „Clerks – Die Ladenhüter“ eine kleine, aber für mich persönlich nicht uninteressante Feststellung tätigte: Als Luke in „Eine neue Hoffnung“ den Todesstern sprengte, setzte er nicht nur dem Imperator und seinen treuen Sturmtruppler ein jähes Ende, sondern riss auch tausende Unschuldige mit in den Tod. Was sich wohl die schwer schuftende Putzfrau, der gestresste Mechaniker oder vielleicht der Koch der Raumstation gedacht haben, als ihnen durch die Rebellion im Namen der Freiheit das Licht des Lebens ausgeblasen wurde? Ich fand diese Frage schon immer interessant. Denn ich halte es für gänzlich unwahrscheinlich, dass sämtliche der am Todestern stationierten Arbeitskräfte dem Regime treu ergeben waren. Viele hatten vielleicht einfach nur Frau und Kind zu versorgen und versuchten letztendlich auch nur irgendwie über die Runden zu kommen. Spinnt man den Gedanken weiter, könnte ich mir vorstellen, dass viele der höheren Ränge des Systems vielleicht sogar ihre Familie an Bord hatten. Eine Tatsache, welche umso mehr am zweifelhaften Heldenimage der Rebellion kratzen würde. Gefundenes Fressen für die Propagandamaschinerie des Imperiums. Deshalb war meine Freude groß als EA ankündigte, dass Star Wars: Battlefront 2 nicht nur einen Storymodus bieten wird, sondern diese Geschichte auch aus der Sicht der, dem Imperium treuen, Soldatin Iden Versio erzählt wird.

Der Auftakt der Geschichte bietet auch genau was ich mir erhofft hatte: Wir werden Zeuge wie Iden aus einem Gefängnis der Rebellen ausbricht, danach auf dem Waldmond Endor gegen den Widerstand kämpft und die Zerstörung des Todessternes, und dadurch das Ableben ihres geliebten Imperators, beobachten muss. Generell ist die Geschichte von Star Wars: Battlefront 2 vor, während und nach den Ereignissen von „Die Rückkehr der Jedi“ angesiedelt.

Leider, so viel will noch gesagt sein, bleibt Iden Versio nicht diese skrupellose Kämpferin für die Interessen des Imperiums. Ignoriert man meine Enttäuschung, bleibt trotz aller Objektivität der bittere Beigeschmack der Unglaubwürdigkeit vorhanden. Denn Iden, Tochter eines Admirals des Imperiums, wirft – nachdem sie die Wahrheit über Operation Asche erfährt – sämtliche ihrer Überzeugungen im Bruchteil einer Sekunde über Bord. Für mich nicht nachvollziehbar, da Iden als treue Anhängerin des Regimes von der Skrupellosigkeit des Imperiums gegenüber seiner Bürger wissen müsste. Ja, vielleicht selbst die eine, oder andere Gräueltat auf Befehl begangen hat. Wie soll ich einer solchen Figur den Wandel vom Saulus zum Paulus innerhalb eines Wimpernschlags abkaufen? Finde ich sehr schade, da hier sehr viel Potential verschenkt wurde. Problematisch sehe ich auch, dass der Fokus der Erzählung nicht rein auf Iden Versio liegt. Immer wieder schlüpfen wir in die Haut bekannter Star Wars Helden wie Luke, Leia, Han Solo und Lando Carissian. Eine Tatsache die ich prinzipiell cool gefunden hätte, aber leider fügen sich diese Abschnitte nicht immer ganz in das große Ganze ein, wodurch diese Missionen immer ein wenig erzwungen wirkten. Auch dies könnte ich verschmerzen, würden die Missionen den jeweiligen Figuren angemessen sein.  Wenn ich in einer Story-Kampagne die Chance bekomme den mächtigen Luke Skywalker zu spielen, dann wünsche ich mir Gegner im Mindestformat eines Rancors und keine Käfer!

Viel zu lernen du noch hast!

Natürlich gibt es in der Kampagne auch Lichtmomente. So sind die Weltraumschlachten brachial inszeniert. Auch der Ritt in einem AT-AT weiß zu begeistern. Gerne hätte es mehr davon geben können, aber leider bleiben solche Momente in Star Wars: Battlefront 2  die Ausnahme. Dieser Schluss tut als Star Wars Fan umso mehr weh, da die Kampagne gerade am Ende zeigt was sie hätte sein können.

Im Bereich des Gameplays liefert DICE in der Solokampagne von Star Wars: Battlefront 2  solide Shooterkost ab. Wir schnetzeln uns mit Iden Versio durch etliche Schlauchlevel, wobei wir dabei frei zwischen Ego- und Thirdpersonperspektive wählen dürfen. Die Gegnerhorden wissen jedoch eher durch schiere Überzahl als durch Raffinesse zu fordern. Damit wir passend gerüstet sind finden sich innerhalb der Level diverse „Rüstungsboxen“. Aktiviert man diese Boxen ist es dem Spieler möglich, die aktuelle Waffe zu wechseln und sogenannte Sternenkarten auszurüsten. Diese aus dem Vorgänger bekannten Karten, verleihen Iden Versio den einen, oder anderen Boost bzw. Bonus. Alternativ zur Action-Variante gibt es in einigen Szenarien der Kampagne die Möglichkeit zu schleichen. So lassen sich unauffällig Gegner im Nahkampf ausschalten oder Iden schickt ihren praktischen Sucherdroiden VZ 626 voraus. Dieser kann mit einem gezielten Stromschlag mehrere nah beisammen stehende Gegner gleichzeitig betäuben. Damit Iden diesen mächtigen Angriff allerdings aktivieren kann, muss Iden zuvor ordentlich Schaden austeilen und so den dazu benötigten Balken aufzuladen. Deshalb und aufgrund der Tatsache, dass man ausgeschaltete Einheiten leider nicht verstecken kann, erschien mir die Option des Schleichens selten sinnvoll. Darum ballerte ich alles über den Haufen was mir vor den Blaster kam. Der Fakt, dass ich über das Ziel eines toten Goldfisches verfüge wurde wunderbar von der optionalen Zielhilfe ausgeglichen, so dass auch ich selten vor größere Probleme stand. Sehr toll fand ich die Raumschlachten in der Kampagne. Zum einen, weil die Inszenierung schlicht genial war, zum anderen, weil der Missionsaufbau sich toll gestaltete. So galt es einen Sternenzerstörer zu beschützen oder in einen Frachter der Rebellen einzudringen. Natürlich mussten aber zuvor die Schildgeneratoren zerstört werden. Ein Traum für jeden Star Wars Fan! Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Solo-Kampagne von Star Wars: Battlefront 2 – gleich der Macht – über eine Dunkle und Helle Seite verfügt. Ich hatte allerdings meistens meinen Spaß mit ihr, auch wenn sie bei Storytelling, Tempo und Abwechslung vielleicht etwas Feinschliff gebraucht hätte.

Der Multiplayer – Von Helden, Sternenschlachten und Lootboxen

EA hatte mit seinem Lootboxen und dem Glücksspiel-ähnlichen System im Multiplayer von Star Wars: Battlefront 2 für einen regelrechten Shitstorm gesorgt. Interessant an diesem Fall ist dieses Mal aber, dass sich der Unmut darüber nicht nur in der Gamer-Szene breitmachte, sondern seinen Weg sogar in Politik und Börse fand. Dadurch – es wird auch gemunkelt, dass Disney intervenierte – sah EA sich gezwungen sämtliche Mikrotransaktionen (vorerst) aus Star Wars: Battlefront 2  zu entfernen. Zum Zeitpunkt des Tests gab es diese schon nicht mehr.

Der Multiplayer von Star Wars: Battlefront 2 gestaltet sich im Kern seiner Seele eigentlich als sehr cool und abwechslungsreich. So kämpfen wir im Galactic Assault Modus in riesigen 20 vs 20 Matches. Die Missionen bei diesen Gefechten sind mehrstufig aufgebaut. Dadurch führen sie, dem tollen Mapdesign sei es gedankt, zu sehr spannenden Scharmützeln an den Hotspots. Taktik ist darin bis zu einem gewissen Grad auch gefragt. So gibt es verschiedene Einheiten wie Standartsoldaten, Schwere Truppen, Sniper oder Kommandanten. Alle mit spezifischen Waffen und Fähigkeiten. Innerhalb der 20 Einheiten starken Armee ist man zu viert in einem Squad unterwegs. Schließt man sich innerhalb des Schlachtfeldes mit anderen Spielern der Squad zusammen und geht dem Gegner gemeinsam ans Leder, regnet es Bonuspunkte. Diese Bonuspunkte sind auch nötig, denn nur mit erzielten Punkten lassen sich innerhalb des Kampfes Fahrzeuge und Helden frei schalten. Hier kommen wir auch zu einem erheblichen Problem bei der Balance. Denn die Kosten für die besseren Helden sind hoch. Nur die besten Spieler auf der Map bekommen Gelegenheit sich einen Helden zu schnappen. Jetzt hat man es dann mit ohnehin schon starken Playern zu tun, welche mit einem fast unzerstörbaren Helden über die Map fegen wie Godzilla über Tokyo. Das führt oft zu Frust. Leider hat man auch nicht die Möglichkeit seine Soldaten und Helden auf Basis der erbrachten Leistung zu verbessern. Denn Verbesserungen finden über Sternenkarten statt, welche man durch Lootboxen erhält. Diese lassen sich durch in den Kämpfen verdiente Credits aktivieren. Da aber der Preis für eine Soldatenlootbox bei knapp 4000 Credits liegt und man pro Match rund 400 Credits verdient gestaltet sich das Leveln der Figuren als sehr zäh. Rein theoretisch ließen sich im Arcade Modus – den man auch im Splitscreen lokal mit Freunden spielen kann –  durch das Abschließen diverser Herausforderungen Credits verdienen, doch EA  hat in diesem Modus eine Sperre programmiert. Die sorgt dafür, dass der Spieler nur eine gewisse Summe pro Tag über diesen Modus verdienen kann. Da könnte ich vielleicht im Sinne der Langzeitmotivation ein Auge zudrücken, doch, dass ich mir mit meinen sauer verdienten Credits dann nur Boxen mit unbekannten Inhalt kaufen kann und der von mir favorisierte Charakter erst wieder nicht im Level aufsteigt, ist dann sogar mir zu viel.

Lobend erwähnen will ich an dieser Stelle allerdings die Spielvariante Starfighter Assault. In diesem Modus tragen bis zu 24 Spieler, unsterstützt von unzähligen KI-Piloten, äußerst spannende Weltraumschlachten aus.

Die Technik – Nicht viel zum Meckern finden du wirst!

Technisch darf man Star Wars: Battlefront 2 fast nichts ankreiden. Die Maps sind genial gestaltet und wissen den Flair der Vorlage ideal einzufangen. Dies ist nicht zuletzt der hohen Detailverliebtheit zu verdanken. Denn die Arenen bieten viel Erkennungswert für Fans. Wenn man sich durch die Starkiller Base ballert und dabei jene Bühne entdeckt auf der General Hux (übrigens genial gespielt von Domhnall Gleeseon) in Episode 7 seine Rede vor den Soldaten der Ersten Ordnung hielt, bekommt man als Fan Gänsehaut und ein herrliches „Mittendrinn-Gefühl“.  Auch über Animation der vielen Figuren und Raumschiffe lässt sich kaum etwas Negatives sagen. Gerade bei den Raumschiffen muss man zwei Mal hinsehen, wenn man nach Unterschieden zwischen den Animationen des Spiels und den Modellen der Filme sucht. Auch die Bekannte Heldentruppe wurde toll animiert. Einzig Luke fand ich etwas befremdlich.

Der Sound ist der Inbegriff dessen was sich ein Fan der Star Wars Reihe wünschen kann. Star Wars: Battlefront 2 bietet jede Menge Original Sounds der Filme. Vom surrenden Lichtschwert bis zum heulenden Tie Fighter ist wirklich alles dabei. Spätestens als die Original-Filmmelodien von John Williams über die Boxen trällerten schlug mein Herz ein bis zwei Takte höher. Die Steuerung und das Gunplay von Star Wars: Battlefront 2  sind natürlich über jedem Zweifel erhaben. Auch die Raumschlachten steuerten sich toll und intuitiv. Gelegentlich ging bei mir dabei allerdings die Orientierung flöten.

FAZIT

Ich tue mich etwas schwer dabei Star Wars: Battlefront 2  zu bewerten. Ich hatte Höhen und Tiefen damit und ich möchte es unbedingt lieben, finde aber vieles das mich abstößt. Vor allem das Geschäftsmodell, welches EA hinter Star Wars: Battlefront 2  verfolgt kann ich nicht befürworten. Ich habe nichts gegen Lootboxen, oder Mikrotransaktionen in einem Vollpreisspiel, so lange sie eine nette Ergänzung und optional sind. In Star Wars: Battlefront 2  wurde der Erwerb von Lootboxen jedoch zum Zentrum des Gameplays gemacht. Dies geht leider sogar so weit, dass am Ende eines Matches nicht die eigentliche Leistung des Spielers hervorgehoben wird, sondern die Anzahl der Credits, die er im Match verdiente. Ich finde dies sehr schade denn Star Wars: Battlefront 2  kann durchaus einige Stärken aufweisen. Dabei denke ich nicht nur an die tollen Multiplayergefechte zu Land, sondern auch an die brachial inszenierten Weltraumschlachten, den fordernden Arcade Modus, den ich auch mit Freunden vor der Konsole spielen kann und nicht zuletzt an die große Liebe zum Detail. Hätte EA vom Lootboxenwahn abgesehen und der Solokampagne etwas mehr Feinschliff gegeben hätte Star Wars: Battlefront 2  ein waschechter Hit werden können. So bleibt aber nur der Gedanke des verschenkten Potenzials und der Traum von einer weit, weit entfernten Galaxie.

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 4 | Motivation: 4

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