Star Wars Jedi: Fallen Order im Test

Seit 2013 besitzt Electronic Arts nun die exklusiven Rechte an der Star Wars Lizenz. Während dieser Zeit kann der Publisher auf eine bewegte, jedoch alles andere als ruhmreiche Geschichte zurückblicken. Zahlreiche Projekte wurden bereits in der Entwicklungsphase eingestampft, unter anderem der vielversprechend wirkende Titel Star Wars: 1313, in welchem wir in die Haut eines Kopfgeldjägers geschlüpft wären und actionreiche Abenteuer im Geiste eines Uncharted 4 erlebt hätten. Games wie Battlefront 2 erblickten zwar das Licht der Welt, machten aber eher mit einem zweifelhaften Geschäftsmodell, als mit spielerischen Qualitäten auf sich aufmerksam. Kein Wunder, dass Disney sauer wurde und Druck machte. Zum Glück – Denn Star Wars Jedi: Fallen Order ist echt gut geworden.

Mindestens fünf Jahre sind vergangen, seit Imperator Sheev Palpatine sich als Sith-Lord Darth Sideous zu erkennen gab, und dem Jedi-Orden mit der Order 66 ein brutales Ende setzte. Nur wenige Machtnutzer der hellen Seite überlebten das Massaker, jene die es taten, flohen. Meister Yoda wählte das Exil auf Dagobah. Obi-Wan Kenobi, wachte seither auf Tatooine über den jungen Luke Skywalker. Doch auch andere Mitglieder des Jedi-Kultes überlebten und versteckten sich weit über die Galaxie verstreut, isoliert, ohne Hoffnung auf eine Rückkehr jener großen Tage der Jedi-Ritter. Einer dieser gestrandeten Seelen ist Cal Kestis. Der einstige Padawan des Jedi-Meisters Jaro Tapal, versteckte sich in den Jahren des imperialen Aufstiegs auf dem Planeten Bracca vor den Truppen des dunklen Kaisers. Als der Jüngling eines Tages einem Freund mit Hilfe der Macht das Leben rettet, macht er feindliche Kräfte auf sich aufmerksam und setzt damit unvorhergesehene Ereignisse in Gang. Denn noch weiß der Jedi-Padawan nicht, dass seine daraus resultierende Flucht, zur letzten Hoffnung des gefallenen Jedi-Ordens werden soll…

A New Hope

Star Wars Jedi: Fallen Order ist jener Funken Hoffnung, nach dem sich Star Wars Fans im Bereich der Videospiele jahrelang gesehnt haben. Was Electronic Arts seit Erhalt der, eigentlich sehr mächtigen, Star Wars – Lizenz trieb, war, zumindest in meinen Augen, ein Armutszeugnis. Klar, es gibt The Old Republic, welches sicherlich im MMORPG-Genre zu den besseren gehört, letztendlich jedoch im Schatten der übergroßen Konkurrenz durch World of Warcraft „verschwand“ und nun als Free2Play – Titel sein Dasein fristet. Battlefront kam damals leider ohne Singleplayer um die Ecke und unter welchen gravierenden Problemen dessen Nachfolger litt, habe ich damals in meinem Test dazu ausführlich erklärt. Disney störte sich sehr am negativen Feedback von Fachpresse sowie Community und erste Gerüchte kamen auf, dass der „Maus-Konzern“ Electronic Arts mit einem Entzug der Lizenz drohte, sollte keine Besserung folgen. Ob an der Sache wirklich etwas dran ist, lässt sich schwer sagen, aber als angekündigt wurde, dass EA mit Respawn, eines seiner besten Studios an ein reines Singleplayer-Abenteuer ohne Microtransaktionen und Loot-Boxen ansetzte, war kollektives Aufatmen zu vernehmen. Kommt da etwa ein würdiges Star Wars Spiel auf uns zu? Heute wissen wir: Ja, das tat es. Star Wars Jedi: Fallen Order ist, bis auf ein paar kleine Macken, richtig gut geworden!

The Dark Soul of the Force

Star Wars Jedi: Fallen Order ist spielmechanisch quasi ein Best-Of aktuell populärer Titel. So finden sich beispielsweise Rätseleinlagen wie in Tomb Raider darin. Das Kampfsystem, sowie die Labyrinth-artige Struktur der Level, sind ganz klar der Dark Souls-Reihe entliehen. Respawn vermengt diese einzelnen Komponenten, zu einem homogenen Ganzen und bereichert dieses mit eigenen Ansätzen. Dadurch wirkt Star Wars Jedi: Fallen Order nie wie eine Kopie anderer Games und baut sich so seine eigene Identität auf.

Die Kämpfe in Star Wars Jedi: Fallen Order sind taktisch und selbst auf moderater Schwierigkeit, für ein Spiel mit einer so breit gefächerten Zielgruppe, doch überraschend fordernd. Insgesamt wartet das Action-Adventure mit vier verschiedenen Schwierigkeitsstufen auf. Während die leichteste das Erleben der Story in den Vordergrund stellt, bringt die Härteste selbst Dark Souls Veteranen zum schwitzen. Die Duelle konzentrieren sich nicht auf Tempo, sondern setzen koordiniertes Vorgehen und gute Reflexe voraus. Als waschechter Jedi ist natürlich das Lichtschwert die Waffe unserer Wahl, und ein Tanz aus Angriff, Konter und Ausfallschritt unser Schlüssel zum Erfolg. Setzen wir unseren Kontrahenten mit Angriffen und gut platzierten Kontern zu, kostet ihn das Ausdauer, je geringer diese wird, desto leichter ist seine Deckung zu durchbrechen. Ist die Verteidigung einmal weg, können wir verheerende Treffer landen. Dies funktioniert übrigens auch umgekehrt, treibt uns ein Feind zu sehr in die Defensive, kann das schnell zum Verhängnis werden. Doch sind wir nicht allein, denn die Macht ist unsere Verbündete. Im Verlauf der Geschichte erlernt Cal Kestis immer wieder neue Machtfähigkeiten. Durch sie können wir Gegner verlangsamen, sie von uns stoßen oder zu uns ziehen, um sie mit unserem Schwert zu durchlöchern.

Im Allgemeinen funktionieren die Gefechte in Star Wars Jedi: Fallen Order sehr gut. Vor allem im Kampf eins gegen eins, entwickelt sich eine beeindruckende Eleganz und es ist erstaunlich wie hervorragend das Kampfsystem zu einem Jedi passt. Man fühlt sich in der Tat richtig mächtig. Anders sieht es leider bei Kämpfen gegen größere Gruppen aus. Dank der nicht immer optimal platzierten Kamera, geht nämlich dabei nicht selten die Übersicht verloren und es kommt vor, dass Gegner aus dem toten Winkel angreifen. Leider verabsäumte Respawn es, visuelle Signale zu integrieren, welche auf Angriffe aus nicht sichtbaren Perspektiven hinweisen. God of War hat es damals vorgemacht, dieses kleine, aber feine Feature, hätte Star Wars Jedi: Fallen Order auch gut getan, denn in diesen Momenten kommt etwas Frust auf. Ähnlich sieht es mit der Abwehr von Blasterschüssen mehrerer Sturmtruppen gleichzeitig aus. Anders als ihre Kollegen in den Filmen, treffen die auch.

Ein treuer Freund an meiner Seite

Heimlicher Star von Star Wars Jedi: Fallen Order ist vermutlich der kleine Druide BD-1. Der knuffige kleine Recke ist stets an eurer Seite und erleichtert euch das Leben ungemein. Im Kampf versorgt er euch mit Stims, welche eure Lebensanzeige auffüllen oder hilft euch beim vorankommen in den sehr verwinkelten Welten. Wie bereits erwähnt, hat man sich bei der Konstruktion der Level sehr von Dark Souls inspirieren lassen. Es gibt unzählige Ecken und Geheimnisse, die entdeck werden wollen. Oft versperrt durch Hindernisse, hilft euer kleiner Freund an diese rann zu kommen, in dem er zum Beispiel Türen hackt oder euch als Seilrutsche über Abgründe trägt.

Auch gibt es viele Abkürzungen zu vorher besuchten Mediationspunkten zu finden. An diesen Punkten könnt ihr erworbene Erfahrungspunkte in neue Fähigkeiten investieren, oder ausruhen. Die Rast stellt verlorene Lebenspunkte, wie auch verbrauchte Stims wieder her. Sie lässt aber ebenfalls bereits besiegte Gegner wieder auferstehen.

Grafisch ist Star Wars Jedi: Fallen Order ein echter Leckerbissen geworden. Sowohl die Figuren, als auch die Umwelt, sind mit viel Liebe zum Detail animiert worden. Die Bewegungen in den Kämpfen sind butterweich und stets glaubwürdig. Ich konnte Star Wars Jedi: Fallen Order auf meinen System (siehe Infokasten) mit den höchsten Einstellungen und einer Auflösung in 2K Auflösung spielen, ohne dabei unter 40 FPS zu fallen. Einzig beim Betreten neuer Gebiete kam es gelegentlich zu kleineren Einbrüchen in der Bildfrequenz. In Sachen Sound steht Star Wars Jedi: Fallen Order außer Frage. Der wunderbare Score in Kombination mit den Original-Sounds der Filme, wie z.B. der Klang des Lichtschwerts, erzeugt einen wunderbaren Star Wars Flair.

Kira zur technischen Umsetzung der PS4-Version

Im Gegensatz zu Dave durfte ich mir die PS4-Version von Star Wars Jedi: Fallen Order anschauen. Aufgefallen sind hier vor allem kleinere Schönheitsfehler. So gibt es beispielsweise immer wieder längere Ladezeiten, durch die wichtige Elemente wie Kletterranken oder Gegner erst mit Verspätung sichtbar und somit beim ersten Vorbeilaufen womöglich übersehen werden, und auch gelegentliche Lags und Freezes, letztere vor allem beim Zonenwechsel auf Kashyyyk, treten ab und an auf. Beides passiert allerdings selten genug, um wirklich großartig zu stören – vor allem die Freezes sind zwar unschön, passieren aber prinzipiell in gegnerlosen Bereichen, wo sie keine tatsächlich negativen Auswirkungen haben. Die Steuerung auf PS4 geht super von der Hand und zudem kann das Button-Layout komplett angepasst werden, um jeglichen Spielstil zu unterstützen. In Sachen Grafik bietet das Spiel überdies zwei Modi, zwischen denen auf PS4 Pro frei gewählt werden kann: einen, der darauf ausgelegt ist, die volle Grafikleistung aus der PS4 Pro zu holen und dabei stabil auf 30 FPS zu laufen, sowie einen Perfomance-Modus, der bei max. 1080p auf 60 FPS laufen soll. Ich habe das Spiel vorwiegend im Grafik-Modus auf meiner PS4 Pro gezockt und eben die vorhin genannten kleineren Probleme gehabt; im Performance-Modus war davon nichts zu merken, dieser muss dafür aber ohne 4K auskommen. Welcher Modus sich mehr anbietet, hängt von der persönlichen Vorliebe ab.

FAZIT (Kira)

Star Wars Jedi: Fallen Order stand für mich als riesengroßer Star Wars Fan schon seit seiner Ankündigung ganz weit oben auf meiner Most Wanted Liste und ja, die Zweifel waren groß – immerhin waren damals auch die Hoffnungen auf Battlefront 2 groß und was dann passiert ist, wissen wir alle … Aber neues Jahr, neue Hoffnung (um beim Star Wars-Thema zu bleiben) und diesmal haben EA es gemeinsam mit Respawn dann doch geschafft, mich auf voller Länge zu begeistern: Star Wars Jedi: Fallen Order ist genau das Star Wars-Spiel, das ich mir seit Jahren gewünscht habe: coole Action mit Lichtschwertern, jede Menge Möglichkeiten zur Erkundung bekannter sowie unbekannter Star Wars Planeten, ein wenig Lore (auch wenn ich mir hier dann doch ein klein wenig mehr erhofft hätte) und das alles beinahe einwandfrei präsentiert. Warum nur beinahe? Die Rutschpassagen samt ungesteuertem Hakenschlagen, die nicht wirklich ideale Collision Detection und die teilweise nicht ganz so flott reagierenden Kommandos haben bei mir dann doch ab und an für Frust gesorgt, und auch Dinge wie fehlende Animationen beim Öffnen von Kisten unter Wasser oder reichlich unlogisch platzierte unsichtbare Wände trüben das Gesamtbild. Dem entgegen stehen allerdings wiederum das fantastische Voice- und Mo-Cap-Acting der Darsteller, der wundervolle Soundtrack voller originaler Star Wars-Melodien und die wirklich schön umgesetzte Beziehung zwischen Cal und BD-1, die schon für sich alleine ein Highlight war. Star Wars Jedi: Fallen Order sollte diese Weihnachten somit bei wirklich jedem Fan der Sternenkrieg-Reihe unbedingt auf der Wunschliste stehen – sofern ihr mit dem Spielen überhaupt noch so lange warten wollt.

FAZIT (Dave)

Wir haben gebangt, gehofft, gezweifelt und dann doch wieder optimistisch in die Zukunft geblickt. Heute kann ich sagen, dass das sich sorgen und bangen komplett umsonst war, denn Star Wars Jedi: Fallen Order ist ein richtig gutes Game geworden. Die Zeichen standen so gesehen auch nicht schlecht, denn EAs Entscheidung Respawn mit der Entwicklung des Spiels zu beauftragen, empfand ich sehr begrüßenswert. Das amerikanische Entwicklerstudio hatte bereits mit der überraschend guten Singleplayer-Kampagne von Titanfall 2 bewiesen, dass es mehr als nur Multiplayer-Action drauf hat. Star Wars Jedi: Fallen Order unterstreicht meinen positiven Eindruck, den ich von Respawn habe, ein weiteres Mal. Geschickt bedienen sie sich bei Gameplay-Mechaniken aktueller Größen der Gaming-Branche und verflechten sie zu einem homogenen Ganzen mit genügend Innovation um eine eigene Identität aufbauen zu können. Die Duelle mit dem Lichtschwert sind taktisch sehr fordernd, unheimlich intensiv und machen unglaublich viel Spaß. Auch der Erkundungsdrang wird mit dem verschachtelten Level-Design geweckt. Es gibt einiges zu entdecken, auch wenn es sich dabei meist nur Skins für das Lichtschwert, BD-1 oder Cals Poncho handelt. Etwas enttäuscht bin ich von der Geschichte, welche Star Wars Jedi: Fallen Order erzählt. Ich hatte mir einen tiefen Einblick in die Lore gewünscht und vor allem einen interessanten Helden. Cal Kestis als Protagonist ist möglicherweise mein größter Kritikpunkt, denn der Jedi bleibt zu jedem Zeitpunkt der Story blass und eindimensional. Trotzdem konnte mich das Abenteuer mit seiner Erzählung in den rund 23 Stunden Spielzeit fesseln, und ich wollte sehen wohin mich die Erlebnisse des Padawan führen werden. Star Wars Jedi: Fallen Order hat zwar kleinere Mankos, diese unterstreichen aber nur die vielen Stärken die es hat. Jeder Star Wars Fan kann unbesorgt einen Blick wagen. Er wird eine tolle Zeit haben. Möge die Macht mit euch sein!

Was ist Star Wars Jedi: Fallen Order? Ein Action-Adventure im Star Wars Univerum.
Plattformen: PC, PS4, XBox One
Getestet: PC Intel Core i5-6500, 8GB RAM, Radeon RX Vega
Entwickler / Publisher: Respawn Entertainment/Electronic Arts
Release: 15. November 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Planet Coaster 2 im Test

Little Big Adventure – Twinsen’s Quest im Test

LEGO Horizon Adventures im Test