Super Mario Odyssey im Test

„Mit dem Hut in der Hand, kommt man durch das ganze Land“. Eine Weisheit die sicherlich auch für Super Mario Odyssey zutrifft, aber da hat man die Mütze meistens auf dem Kopf und heißt nun Cappy. Das erste Abenteuer des italienischen Klempners auf Nintendo Switch entpuppt sich als sehr rätsellastiges Jump’n Run, bricht dabei mit einigen Serienkonventionen und punktet mit einer fantastischen, offenen Spielewelt. Das Ergebnis ist ein großartiger 3D-Plattformer, der aber nicht ganz frei von kleineren Makeln ist.

Nach dreizehn Spielen ist es in Super Mario Odyssee endlich soweit: Es wird geheiratet! Aber nicht ganz freiwillig, denn der fiese Bowser hat wieder einmal Prinzessin Peach entführt und will sie mit Gewalt vor den Traualtar zerren. Natürlich will Mario das verhindern, verliert aber beim Versuch den Fiesling aufzuhalten seine Mütze und wird dann auch gleich in das Königreich Zylindrien geschleudert. Lange bleibt er aber nicht ohne Kopfbedeckung, denn der Hutgeist Cappy, dessen Schwester Tiara ebenfalls von Bowser entführt wurde, übernimmt sogleich den Platz auf Marios Haupt. Zusammen kapern sie ein hutförmiges Luft-Schiff, die namensgebende Odyssey, und machen sich auf den Weg, um Prinzessin Peach und Tiara zu befreien.

Ihre Reise führt die beiden durch insgesamt 14 verschiedene Spielewelten. Diese erstrecken sich teils Mario-typisch über Wolken, Gletscher, Unterwassergebiete, Wüstenlandschaften sowie natürlich auch durch das Pilz-Königreich. Aber auch für die Spielreihe ganz ungewöhnliche Orte, wie die von Menschen bevölkerte Stad New Donk City werden besucht. Neben bekannten Standard-Gegnern wie Gumbas, Kettenhunde Piranhia-Pflanzen und Kugelwillis, sind es vor allem Bowsers Hochzeitsplaner, die Broodals, welche Mario dabei die Rettungsmission erschweren. Dabei handelt es sich um insgesamt fünf Kaninchen, die sich quasi als Boss-Gegner in den verschiedenen Spielabschnitten dem Helden-Duo entgegen stellen und sich nur mittels spezieller Taktiken besiegen lassen.

Hut ab!

Die größte Neuerung in Super Mario Odyssee betrifft Marios Kopfbedeckung. War die Kappe bislang lediglich kosmetischer Natur, bringt Cappy jetzt einige neue Fähigkeiten mit sich. So kann man nun die Mütze ganz einfach als Trampolin mißbrauchen oder wie einen Bumerang in Richtung Gegner schleudern und diese damit einfach eliminieren. Hält man dabei den Knopf gedrückt, kann man sogar die Kontrolle über diverse Lebewesen und Gegenstände erlangen, im Spiel wird das dann auch „Capern“ genannt. Dabei kann man dann auch deren individuelle Fähigkeiten nutzen. Als Frosch kann ich etwa höher hüpfen, als Para-Gumba fliegen und in der Gestalt eines Kettenhundes kann ich dann Wände einreißen. Durch die verschiedenen, speziellen Besonderheiten der übernommenen Individuen ergeben sich eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, die meistens für kleinere Rätselaufgaben eingesetzt  werden müssen.

Natürlich beherrscht Mario weiterhin alle altbewährten Moves wie Springen, Ground-Pound, Dreifach-Sprünge, Spin-Jumps, Back-Flips und vieles mehr, aber durch das neue Capern-Features treten die klassischen Jump’n’Run Elemente ein wenig in den Hintergrund. Die meiste Zeit verbringt ihr auf der Suche nach Mondsteinen, den Power-Monden , die als Energiequelle für den Antrieb eures Luftfahrzeuges benötigt werden. Diese erhält man in Super Mario Odyssey für die Bewältigung der unterschiedlichsten Aufgaben. Nur ein geringer Teil davon erreicht man etwa durch diverse Hüpf-Einlagen, andere bekommt man für absolvierte Bosskämpfe,  gewinnt man bei Minispielen  oder erlangt man für das Lösen von Rätsel und Herausforderungen. Grundsätzlich wird dadurch sehr viel Abwechslung geboten, jedoch sind nicht alle Aufgaben spielerisch anspruchsvoll (Stichwort Sammelaufgaben), außerdem wiederholen sich einige davon über die gesamte Spieldauer dann doch etwas zu oft.

Alles unter einem Hut

Man muss in Super Mario Odyssey aber nicht alle der über 800 Power-Monde finden, um Prinzessin Peach aus den Klauen von Bowser zu befreien, in der Regel reicht pro Spielabschnitt nur ein kleiner Teil der vorhandenen Objekte, um genug Treibstoff für die Weiterreise zu bekommen. Zusätzlich zu den Monden gilt es auch ganz klassisch Goldmünzen zu sammeln. Die können dann in den Crazy-Cap Shops für diverse Items ausgegeben werden. Aber auch Hinweise die für das Weiterkommen hilfreich sind und sogar Power-Monde können dort käuflich erworben werden. Wer seine Spielfigur dazu noch individualisieren will, der kann sich auch mit unterschiedlichen Outfits einkleiden, mit den seltene violette Münzen kann man sich sogar mit ganz besondere Kleidungsstücke eindecken, genauso wie mit Sticker und Souvenirs, mit denen ihr dann euer Flugschiff verschönern könnt. Alle Items sind aber lediglich kosmetischer Natur und können nur gegen virtuelles Spielgeld gekauft werden, auf einen Ingame-Shop hat Nintendo zum Glück verzichtet.

Wer beim ersten Anlauf nicht alle Power-Monde gefunden hat, braucht aber nicht zu verzweifeln, denn man kann jederzeit wieder in die entsprechende Spielewelt zurückkehren und sich erneut auf die Suche begeben. Und wer aufgrund des meist eher moderaten Schwierigkeitsgrades nach 10-12 Stunden Bowser und seine Schergen besiegt hat, der braucht sich auch keine Sorgen zu machen, denn um sämtliche Collectables zu finden müsst ihr locker nochmal das doppelte an Spielzeit drauflegen. Vor allem das in den zusätzlichen Bonuswelten etwas anspruchsvollere Gameplay sollte auch erfahrene Spieler zufriedenstellen.

Als eine kleine Hommage an die 2D-Klassiker sind die seitlich scrollenden Retro-Levels zu verstehen. Schlüpft man durch bestimmte Röhren verwandelt sich Mario kurzerhand in sein 8-Bit Pendant aus Super Mario Bros und kämpft sich als zweidimensionaler Charakter durch den Spielabschnitt. Auch sonst findet man in der Spielewelt jede Menge Anspielungen an alte Klassiker wie Donkey Kong oder andere Mario-Spiele. Verabschiedet hat man sich dafür von Extra-Leben und Power-Ups. So verliert unser italienischer Held nun bei einer Unachtsamkeit kein Leben mehr, sondern nur mehr ein paar Goldmünzen. Dafür gibt es nun Herzcontainer die beim Aufsammeln Marios Lebenskraft erweitern, was wiederum bei Bosskämpfen sehr nützlich sein kann.

Sein neuer Hut steht ihm gut!

Wenn Nintendo sein Parade-Maskottchen auf eine neue Konsole loslässt, dann will man damit natürlich auch zeigen, was alles darauf möglich ist. Das betrifft im Fall von Super Mario Odyssey vor allem die Steuerung. Natürlich kann man sowohl mit einem Pro Controller, den Joy-Cons in der Halterung oder je einem Joy-Con in jeder Hand zocken, empfohlen wird vor allem letzteres. Diese nutzt die Bewegungssensoren und so könnt ihr beispielsweise mittels schütteln Cappy werfen oder mit der entsprechenden Drehbewegung auch einen Drehwurf ausführen. Nach entsprechender Einarbeitungszeit funktioniert das auch ganz gut, wer es aber gewohnt ist mit dem Pro Controller oder im Handheldmodus zu spielen, der hat eindeutig das Nachsehen. Dafür gibt es einen 2-Spieler-Modus, bei dem der zweite Spieler die Kontrolle über Marios Kappe übernimmt. Weil dabei die Joy-Cons aufgeteilt werden, ist es aber auch nicht mehr möglich die Kamera zu justieren und gerade diese zählt wohl zu den größten Kritikpunkten von Super Mario Odyssey. Sehr oft verwendet das Spiel eine sehr unvorteilhafte Perspektive bei dem man die eigene Spielfigur, Abgründe oder die Gegner nicht im Blickfeld hat und so verbringt man viel Zeit damit diese manuell nachzujustieren. Da sind wir von Mario deutlich besseres gewohnt.

In Sachen Präsentation wird die Hardware von Nintendo Switch sehr gut ausgereizt und gehört aktuell sicher zu den Vorzeigespielen der Konsolen. Abgesehen von einigen unscharfen Texturen, gelegentlichem Kantenflimmern und der serientypisch fehlenden Sprachausgaben, ist es mit Sicherheit das hübscheste und technisch ausgereifste 3D-Mario-Spiel bislang. Die Welten und das Figuren-Design sind allesamt abwechslungsreich sowie detailverliebt und alles läuft sowohl im TV- als auch im Handheldmodus flüssig in 900p bzw. 720p bei konstanten 60 FPS. Der orchestrale Soundtrack mit einigen Neuinterpretationen bekannter Mario-Musikstücke und der Titelmelodie in Ohrwurm-Qualität rundet das audiovisuelle sehr gute Gesamtpaket entsprechend ab.

FAZIT

Wie auch schon bei The Legend of Zelda: Breath of the Wild, stimme ich nicht ganz mit den teils überschwänglichen und begeisterten Kritiken meiner zahlreichen Kollegen überein. Es steht zwar außer Frage, dass unser aller italienischer Lieblings-Tausendsassa mit Super Mario Odyssey ein gelungenes Debüt auf Nintendo Switch hingelegt hat, aber für das so oft proklamierte, nahezu makellose Meisterwerk halte ich es nicht. Vor allem die Bewegungs-Steuerung funktioniert nur mit den Joy-Cons wirklich brauchbar und die oft etwas sehr unvorteilhaft positionierte Kamera hat mich unverschuldet mehr als nur ein Mal ein virtuelles Leben bzw. Goldmünzen gekostet. Aber das alles ist lediglich das oft zitierte „Jammern auf hohem Niveau“, denn unterm Strich ist Super Mario Odyssey ein hervorragender, abwechslungsreicher 3D-Plattformer und sowieso Pflicht für alle Nintendo Switch Besitzer, Mario-Fans und Liebhaber kreativer Jump’n’Run Spiele.

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10

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