Syberia 3 im Test

Der belgische Comicautor und -zeichner Benoît Sokal hat sich zu Beginn des neuen Jahrtausends unter Freunden klassischer Point & Click Adventures vor allem mit der Syberia Reihe einen Namen gemacht. Neben den typischen „benutze Gegenstände A um die Apparatur B zu aktivieren“-Aufgaben und mehr oder weniger komplexen Logik-Puzzles, war es vor allem das wunderschöne Design sowie die ganz eigene Atmosphäre, die Syberia 1 und 2 aus der Masse hervorgehoben haben. Jetzt, 13 Jahre nach dem letzten Titel, melden sich Sokal und Entwickler Microïds mit Teil 3 zurück und bestätigen wieder einmal: „Was lange währt, wird endlich gut“ mag auf vieles zutreffen, auf Videospiele aber nur sehr selten.

Wo sind meine Maschinen?

Wie schon in den Vorgängern befinden wir uns in einer Art alternativen Realität. Geografisch und politisch unterscheidet sich diese Welt von der unsrigen zur Zeit des kalten Krieges nur marginal. Was sich allerdings massiv verändert hat, ist die Technologie. Während sich unserer Existenz die Elektronik durchgesetzt hat, ist die Welt von Syberia weitgehend mechanisch. Hochentwickelte Apparaturen, komplexe Maschinen und sogar Roboter mit eigenem Bewusstsein sind nicht viel mehr als hochgezüchtete Uhrwerke. Wir steuern steuern abermals die amerikanische Anwältin Kate Walker und die hat einen sehr schlechten Start. Halb erfroren wird sie vom Stamm der kleinwüchsigen Youkol am Ufer eines Flusses entdeckt und in das ortsansässige, seltsame Krankenhaus gebracht. Auch deren Anführer liegt nach einer Verletzung dort und schnell wird klar, irgendjemand will verhindern, dass die beiden das Krankenhaus wieder verlassen. Vom hiesigen Geheimdienst, sowie einem amerikanischen Detektiv gejagt, beschließt sie, den wenig geliebten Youkol zu helfen, ihre beschwerliche Reise zu beenden.

Man versucht hier politische, sowie kulturelle und soziale Fragen aufzuwerfen. Das mag ein löblicher Ansatz sein, der aber leider nicht zu Ende gedacht wird und in Klischees und Schwarz-Weiß-Malerei erstickt. Der steampunkige Charme der Vorgänger bleibt dafür zumeist auf der Strecke. Die paar Momente in denen man sich an die alten Teile zurückversetzt fühlt, wirken aufgesetzt – fast so als wären sie nur da um die Fans zu befriedigen.

Das Runde muss ins Eckige

Spielerisch erwartet uns in Syberia 3 genretypisches – nur schlechter. Die diversen Logik-Puzzles die es zu lösen gilt schaffen es zwar noch ein gewisses Niveau zu halten, auch wenn sie alle recht einfach gehalten sind, die das Genre ausmachende Gegenstands-Rätsel entbehren aber zumeist jeder Logik und sind nur durch wildes Ausprobieren oder mit Hilfe einer Komplettlösung zu bewerkstelligen. Die Steuerung macht die ganze Sache nicht besser. Das Spiel empfiehlt zu Beginn einen Controller zu verwenden und das ist auch gut so, denn die Maus/Keyboard Steuerung ist für Menschen ohne masochistische Ader schlicht unspielbar. Aber auch mit dem Controller gibt es Probleme. Die Navigation durch die vorgerenderten Hintergründe ist ungenau und träge. Zudem führt die wenig grandiose Idee, mechanische Vorgänge, wie das Drücken von Hebeln, tatsächlich mit dem Stick durchführen zu müssen, immer wieder zu Frust. Wenn man auf einem Panel mit diversen Schaltern und Hebeln mit dem selben Stick zwischen mehreren Schaltern hin und her wechseln muss, dann sind Flüche und fliegende Gamepads nicht weit.

Was ist da passiert?

Zumindest technisch sollte aber dann doch alles in Ordnung sein, nicht wahr? Immerhin gilt das Point & Click Adventure in diesem Bereich nicht gerade als anspruchsvolle Königsdisziplin. Außerdem konnten die Vorgänger gerade hier durch ihre wunderbar atmosphärische Präsentation punkten. Leider ist das vorliegende Spiel gerade aus technischer Sicht am allerschwächsten. Während die Hintergründe im Großen und Ganzen noch sehr hübsch sind und die vertraute Stimmung ganz gut einfangen, sind die Figuren und vor allem deren Animationen weder zeitgemäß, noch hübsch. Steife Bewegungen, entgleiste Gesichtszüge und Lippenbewegungen die auf alles Mögliche hindeuten mögen, ganz sicher aber nicht auf die gesprochenen Worte.

Womit wir bei der Sprachausgabe angelangt wären. Diese ist schlicht und ergreifend kaputt. Gesprochene Sätze enden plötzlich vor oder während des letzten Wortes. Sie pausieren mittendrin für 2-3 Sekunden und gerade wenn man sich fragt ob einem das Game vielleicht abgestürzt ist, gehen sie weiter. Die grundsätzliche Qualität der Sprecher wäre dabei gar nicht so schlecht, wenn auch nicht auf höchstem Niveau, aber diese Macken machen ein jedes Gespräch zur Qual. Dazu kommen dann leider auch noch elendslange Ladezeiten, die bei der gezeigten technischen Qualität weder nachvollziehbar, noch zu rechtfertigen sind. Einzig der Soundtrack, wieder vom Komponisten Inon Zur, kann mit seinen melancholischen, mitunter ein wenig düsteren, Melodien auf ganzer Linie überzeugen.

Fazit

Wenn man Syberia 3 spielt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass den Entwicklern irgendwo auf halbem Weg sowohl Ideen als auch das Geld ausgegangen sind. Dass es technisch veraltet ist, mag einem Spiel dieser Art verziehen werden, die miese Steuerung und die schlichtweg kaputte Sprachausgabe allerdings nicht. Hinzu kommen noch erzählerische Schwächen, bei der die sehr klischeehafte Story erst recht spät in die Gänge kommt. Da leider auch die großartige Atmosphäre der Vorgänger nur zwischendurch manchmal aufblitzt, kann ich Syberia 3 auch Fans der Serie nur sehr bedingt empfehlen. Alle anderen können getrost die Finger davon lassen.

Gesamtwertung: 4.8

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 4 | Handling: 4 | Spieldesign: 6 | Motivation: 4

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test