Forza Horizon 3 – Test

Egal ob man nun die Weisheit mit dem „winning team“ oder doch die mit dem „running system“ lieber hat. Die Kernaussage bleibt die selbe: An etwas, das gut ist, sollte man nicht zuviel herumdoktorn. Wenn etwas funktioniert und gefällt, warum dann krampfhaft das Rad neu erfinden?! Dementsprechend ist Forza Horizon 3 ein Titel geworden, der keine echten Überraschungen oder „unerwartete Entwicklungen“ zu bieten hat. Wer sich daran aber stört, sollte sich dringend ein Leben Hobby beschaffen. Denn fest steht: Forza Horizon 3 ist richtig gut. Warum? Darum:

Es nimmt das schon in beiden Vorgängern gut funktionierende System der Open-World/Festival/Racing-Szenerie, verfrachtet das ganze in eine noch einmal deutlich größere Umgebung, bewirft euch mit unzähligen, neuen Autos und verfeinert die Gameplay-Brühe mit wenigen, aber gut platzieren Neuheiten. Zum Beispiel der Tatsache, dass ihr nun nicht mehr einfach „irgendein“ Rennfahrer seid, sondern Initiator und Chef des ganzen Festivals. Offiziell bedeutet das, dass ihr die Freiheit habt viele Entscheidungen zu treffen, was die Entwicklung des Horizon-Australia Festivals angeht. In der Gaming-Realität sind die Auswirkungen aber deutlich kleiner, als sich das am Klappentext liest. Ja, ihr könnt, wenn ihr wie schon früher auch genug Fans gesammelt habt, das Festival ausbauen. Das heißt aber nicht, dass ihr jetzt einfach irgendwo in der Welt eine neue Arena hinstellen, Bühnen planen oder sonst welche tiefschürfenden Entscheidungen treffen könnt. Euch werden schlicht immer zwei mögliche, vorgegebene Locations vorgeschlagen und ihr könnt bestimmen, welche zuerst gebaut werden soll. Früher oder später werden es aber eh alle. Ähnlich bei den Radiostationen: Statt euch von Anfang an alle zur Verfügung zu stellen, dürft ihr nur nach und nach einzelne unter Vertrag nehmen – je nach eigenen Präferenzen eben.

Dass ihr nun der „Chef von Horizon“ seid heißt also eigentlich nur, dass ihr nicht bestimmen könnt WAS passiert, sondern vor allem WANN. Man gibt euch einfach mehr Möglichkeit nur noch das zu tun, worauf ihr jetzt gerade Bock habt. Das trifft auch für die einzelnen Rennen an sich zu, die natürlich nach wie vor das Kernelement des Gameplays sind. Die Startpunkte sind dabei nach wie vor fest vorgegeben. Ihr könnt nun allerdings auch für jeden Streckenverlauf, den die Entwickler festgelegt haben, eigene Events erstellen. Das nennt sich dann „Blueprint“ und gibt euch die Möglichkeit die Fahrzeug-Kriterien festzulegen (nur deutsche Autos, nur Maserati gegen Ferrari, nur Rallye-Wagen und so weiter), Rundenanzahl Wetter und Uhrzeit zu bestimmen und der ganzen Chose dann einen Namen zu geben. Danach könnt ihr in euer selbst erstelltes Event starten, das daraufhin auch allen anderen Spielern zur Verfügung steht … was im Umkehrschluss natürlich auch bedeutet, dass ihr freilich auch die erstellten Rennen anderer Zocker in Angriff nehmen könnt. Im Kern läuft es aber wie gesagt auf nur eines hinaus: Ihr müsst euch nicht den Vorgaben der Entwickler beugen, was den Verlauf eurer Karriere angeht. Ihr habt gerade schlicht keinen Bock auf Rennen abseits der befestigten Straßen? Dann müsst ihr solche auch nicht fahren. Ganz einfach … und cool.

Das Attribut „cool“, darf dabei freilich auch vielen anderen Aspekten des Spiels aufgedrückt werden. Zum Beispiel den schon aus den Vorgängern bekannten PR-Events. Also Rennen, in denen ihr zB gegen Flugzeuge, Züge oder sonst welche skurrilen „Gegner“ antreten müsst – meist über besonders spektakuläre Strecken. Ebenfalls nach wie vor witzig: Die vielen „Sidemissions“, die euch zur Verfügung stehen. Plakate finden und für diverse Boni über den Haufen fahren, Scheunenfunde aufstöbern, spezielle Gegner zu Rennen herausfordern, bei Blitzern möglichst hohe Geschwindigkeiten erreichen (inkl. Leaderboard mit all euren Freunden) oder aber – jetzt neu – Drift-Sektionen so quer und spektakulär wie möglich durchfahren oder bei Sprungschanzen so weit es nur geht durch die Luft segeln … und dann auf den Rädern landen. Alles sehr spaßig und gut dafür geeignet, euch Stunden um Stunden im digitalen Australien zu halten.

Eben dieses (Australien) ist übrigens eine in meinen Augen wirklich toll gewählte Kulisse für Forza Horizon. Der ja schon in der Realität sehr abwechslungsreiche Kontinent bietet auch im Spiel eine große Bandbreite von Settings: tiefgrüne Urwälder, das staubige Outback, schillernde Küstenstädte mit tiefen Häuserschluchten und kilometerlangen Stränden und so weiter und so fort. Und so breit das Spektrum an befahrbaren Umgebungen ist, so mannigfaltig ist freilich auch die Autoauswahl: Von brachialen Hypercars wie dem das Cover zierenden Lamborghini Centinario, über klassische Tuningkarren aus allen Herren Länder bis hin zu Gelände-Monstern und den sehr australischen Pickups ist alles vertreten, was man sich nur wünschen kann. 350 sind es zum Start – dass es durch DLCs bald noch mehr werden ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Das sollte reichen … ebenso übrigens wie die Tuningmöglichkeiten, die man nun hat. Immerhin wurden diese ebenfalls erweitert: neben eigentlich fast schon pervers vielen Tönen für die Hupe können nun nämlich auch Breitbauten montiert werden… also echte – nicht nur die aufgemalten manch sehr kreativer Painter aus Teil 2.

Zudem wurde natürlich auch an der Technik gefeilt: Die 3D-Lacken aus Forza 6 haben es beispielsweise ins Spiel geschafft, auch wenn sie hier keineswegs so großen Einfluss auf das Handling haben wie im Realismus-fixierten Bruder. Dementsprechend sollte es auch niemanden überraschen, dass Forza Horizon 3 in Sachen Fahrverhalten immer noch deutlich mehr Richtung „Arcadig“ als in die Sim-Ecke tendiert. Glücklicherweise um ehrlich zu sein – immerhin würde es andernfalls nämlich wohl so gut wie keinen Spaß machen mit einem Auto wie dem eingangs erwähnten Cover-Lambo durch das riesige Spiel zu düsen. Einmal kurz neben der Strecke wäre sofort das halbe Auto hin. Und habt ihr schon mal probiert mit einem 770 PS starken Wagen mit geschätzten drei Zentimetern Bodenfreiheit über Sand zu fahren? Spoiler-Alarm: Funktioniert nicht. In der langweiligen Realität zumindest nicht – hier schon. Und es ist großartig.

Ebenfalls „großartig“: Die Entscheidung von Microsoft quasi endlich eine sinnvolle Verbindung zwischen PC und Xbox One-Games zu realisieren. Will heißen: Wer Horizon für die Xbox kauft, bekommt es automatisch auch für den PC – und umgekehrt. Crossplay inklusive. Auch, dass es nur einen Spielstand gibt, der der Cloud sei Dank auf beiden Plattformen verwendet wird, versteht sich quasi von selbst. Nicht so selbstverständlich ist hingegen – gerade wenn man an Quantum Break denkt – dass Forza Horizon 3 am PC auch wirklich gut funktioniert … und das tut es. Besser noch: Das richtige Equipment vorausgesetzt sieht es auf einem Windows 10-Rechner (das Jubiläums-Update wird vorausgesetzt) sogar noch einen Tick besser aus.

FAZIT

Wer das Intro gelesen hat kann sich schon vorstellen, dass hier „unten“ jetzt kein Verriss zu finden sein wird. Ganz im Gegenteil. Wir können das ziemlich einfach machen: Jeder, dem Forza Horizon 2 gefallen hat, sollte idealerweise sofort loslaufen und sich Teil 3 kaufen. Er wird es lieben. Und jeder, der die Vorgänger noch nicht kennt, aber Bock auf ein arcadiges, toll ausehendes Rennspiel mit viel Abwechslung hat, darf ebenfalls zuschlagen. Nicht kaufen sollte man Horizon 3 eigentlich nur, wenn man mit Autos an sich nichts anfangen kann oder einfach sehr auf Realismus steht. Aber dann hat man vermutlich eh schon weit vor dieser Zeile mit dem Lesen aufgehört …

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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