The Division 2 im Test

So geht Loot-Shooter! Während die Konkurrenz einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit lernen will, macht Ubisoft mit The Division 2 einen großen Schritt nach vorne. Das Feedback zum Vorgänger wurde konsequent umgesetzt und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Kämpfe machen Spaß, das Progression-System ist durchdacht und für Abwechslung ist jederzeit gesorgt. Noch nie hatte ich so viel Spaß in dem Genre.

Nach der Ankündigung von The Division 2, war ich anfangs skeptisch. Das wunderbar atmosphärisch-verschneite New York City soll durch Washington D.C. im Sommer ersetzt werden, oje! Auch die ersten Gameplay Szenen schienen eher einem lauwarmen Update des ersten Teils zu gleichen, anstatt einer echten tiefgreifenden Weiterentwicklung. Immerhin war das dunkle New York das Highlight schlecht hin. Der erste Eindruck hat getäuscht, aber so sowas von!

Home sweet home

Die amerikanische Hauptstadt ist das eigentliche Highlight von The Division 2. Die gesamte Spielwelt strotzt vor unglaublichen Details. Seit den Ereignissen rund um den Ausbruch des Virus in New York City sind rund drei Jahre vergangen. Dies spiegelt der Zustand der Spielwelt gelungen wider. Die Zivilisation wie wir sie kennen ist nicht mehr. Auf den Straßen türmen sich Müllberge, die Natur nimmt sich die ehemalige Metropole langsam zurück. Bäume, Gräser und Wildtiere zieren die Monumente der zerfallenen Supermacht. In den Straßen patrouillieren Verbrecher. Hinter jeder Ecke gibt es etwas zu sehen. Optisch überzeugt das Spiel mit prachtvollen Vistas, detailreicher Welt und meist passender Lichtstimmung. Massive Entertainment hat hier eine unglaublich realistische Welt geschaffen, die es einfach Spaß macht zu entdecken.

Weniger Probleme, mehr Verbesserungen

Der Vorgänger hatte vor allem mit zwei großen Problemen zu kämpfen. Den Schlachten gegen die unendlich dummen Gegner, die zu allem Überfluss auch noch Kugeln absorbierten als wären sie Gummibärchen und die repetitiven Missionen. Dies hatte sich zwar mit den Erweiterungen etwas gebessert, bis dahin wurden aber bereits viele Fans vergrault. Die Kritik hat man sich bei Ubisoft offensichtlich zu Herzen genommen. Die vielen Kämpfe machen Laune. Das liegt einerseits an der drastisch verbesserten künstlichen Intelligenz, die sich geschickt Deckung suchen, den Spieler flankieren und ihre Fähigkeiten meist vernünftig einsetzen. Andererseits konnte dadurch auch die Gesamtmenge an Trefferpunkten pro Gegner deutlich gefeilt werden. Ein gezielter Kopfschuss kann einen feindlichen Soldaten schon mal direkt umhauen. Dies fühlt sich deutlich realistischer an und fördert den Spielspaß enorm.

Auch das Missionsdesign wurde stark verbessert. Die Anzahl der Hauptmissionen hat sich signifikant erhöht und führt durch abwechslungsreiche Schauplätze, die durchaus überzeugen konnten. Alle wichtigen Gebäude in Washington D.C. können von nahem oder innen betrachtet werden. Nebenmissionen könnten durchaus mit Story-Missionen verwechselt werden, da sie ebenso auf sehr hohem Niveau begeistern. Um noch mehr Abwechslung zu bieten, wurden weitere Nebenaufgaben kreiert. Kontrollpunkte fand ich besonders spannend. Vom Feind kontrollierte Areale können erobert werden und gehören anschließend dauerhaft zum Widerstand. Zuerst gilt es den Feind aus dem besetzten Gebiet zu vertreiben, um sofort eine weitere Offensiv-Welle abzuwehren. Des Weiteren können Propagandastationen gestoppt, Geiseln gerettet, Kopfgelder verdient oder einfach Kämpfe auf offener Straße unterstützt werden. Für Abwechslung ist jederzeit gesorgt. Ein klassisches „Nur noch eine Mission“-Gefühl stellte sich bei mir schnell ein. Ein Zeichen für ausgezeichnetes Missionsdesign mit spannenden Kämpfen. Auf technischer Ebene läuft das Spiel überraschend stabil. Sicher, das eine oder andere hickup muss noch ausgebügelt werden und die eine oder andere Drohne verirrte sich schon mal in den dichten Gassen der zerfallenen Stadt. Auch Server-technische Probleme wie Verbindungsunterbrechungen oder Lag waren selten und haben das Spielvergnügen kaum beeinträchtigt.

Unterstützungsfeuer

Auch dieses Mal gibt es wieder eine Hauptbasis die gleichzeitig als sozialer Treffpunkt, Standort für Hauptmissionen und verschiedene Händler dient. Außerdem kann hier der eigene Charakter verbessert und seine Rüstung aufgebessert werden. Wie auch bei The Division 1, lässt sich die Basis im Laufe der Geschichte aufwerten, sodass neue Räume freigeschalten werden. Das Weiße Haus dient diesmal als Schauplatz für das Zentrum der Division Operationen. Doch auch hier hat man sich nicht lumpen lassen, um noch mal eins drauf zu setzen. Verteilt auf das Stadtgebiet haben sich Siedlungen gegründet, die ebenso eure Hilfe ersuchen. Erledigt man Aufträge im dazugehörigen Distrikt, wird auch die Siedlung ausgebaut. Belohnungen in der Form von neuen Missionen und besserer Ausrüstung warten auf die fleißigen Helfer.

Apropos Ausrüstung, über den wichtigsten Part des Spiels haben wir noch nicht gesprochen, den Loot. Andere Genre-Vertreter machen immer wieder denselben Fehler, wenn es um die Ausrüstungsbelohnungen geht. Entweder wird damit deutlich zu sparsam umgegangen, sodass Stunden ohne ein echtes Fortschrittsgefühl ins Land ziehen – oder zu oft wertloser Schrott an den Spieler verteilt. The Division 2 macht hier besonders vieles richtig. Für absolut jede Aktivität, egal ob Haupt- und Nebenmissionen, Kontrollpunkte oder Kopfgeldeinsätze, alles wird mit nützlicher Ausrüstung belohnt. Ein Kreislauf aus ständiger Belohnung und Verbesserung des Agenten entsteht. Dadurch erhält jede Tat im Spiel eine besondere Motivation. Durch das Aufleveln werden zudem immer wieder neue Fähigkeiten freigeschalten, welche weitere taktische Möglichkeiten eröffnen. Die Auswahl an Waffen und Rüstungen ist ausreichend, sie unterscheiden sich maßgeblich in Optik und Spielgefühl. Auch das Sound-Design der Waffen und Hintergrundmusik kann sich hören lassen und tragen einen Anteil zur allgemeinen dichten Stimmung bei. Ein Kritikpunkt soll aber keinesfalls verschwiegen werden: Das Waffen-Balancing ist noch nicht so ausgefeilt wie ich es mir wünschen würde. Manche Waffentypen sind deutlich effektiver als andere. Hier muss noch nachgelegt werden!

Die Story ist im Großen und Ganzen zu vernachlässigen. Zwar gibt es durchaus eine zusammenhängende und gut inszenierte Haupthandlung, die durch die Story-Missionen führt, aber die typischen Tom Clancy Stereotypen müssen ein weiteres Mal herhalten. Das ich bisher die vier Fraktionen im Spiel nicht namentlich erwähnt habe, hat seinen Grund. Sie sind austauschbar und nichtssagend, wer sich einen starken Widersacher mit Charakterzügen erhofft wird enttäuscht zurückgelassen. Persönlich hatte ich mir an dieser Stelle nicht besonders viel mehr erwartet, denn Loot-Shooter sind einerseits nicht gerade für ihre tiefgehenden Geschichten bekannt, andererseits müssen sie das auch nicht zwingend. Der Fokus darf hier wo anders liegen, das dachte sich wohl UbiSoft genauso. Auch die sogenannte Dark Zone ist wieder mit von der Partie. In drei abgetrennten Gebieten auf der Karte werden Spieler gegen Spieler Schlachten ausgetragen. Während bewehrte Modi aus dem Vorgänger wieder spielbar sind, wird im neuen Konflikt-Modus zwischen Belagerung und Gefecht unterschieden. Auch die Dark Zone Ränge bekommen ein Comeback, spezielle Fähigkeiten und Ausrüstung für die PvP Gebiete können erlangt werden.

Endgame

Würden wir alle Marvel-Connected-Universe Filme, non-stop bis zum aktuellen Stand anschauen, würden wir gut 36 Stunden vor dem Fernseher sitzen und somit bereit für Avangers: Endgame sein. Nicht ganz so lang, genauer gesagt knapp 30 Stunden habe ich mit der Hauptgeschichte inklusive den meisten Nebenaufgaben verbracht, bevor ich mit meinem ganz eigenen Endgame anfangen durfte. Der Fokus rückt von diesem Zeitpunkt einzig und allein auf eure Ausrüstung und deren Werte. Erreicht ihr eine vordefinierte Stufe, steigt ihr im sogenannten Weltrang auf. Dieser schaltet wiederum schwerere Ziele frei um dann, ihr erratet es sicher, wieder höherrangige Ausrüstung zu erhalten. Wie sind im klassischen Kreislauf eines jeden Loot-Shooters angekommen. Das Ganze gipfelt in den schwerststufigen Einsätzen, von denen es zum aktuellen Zeitpunkt drei gibt, mehr sollen folgen. Zusätzlich dazu, dürfen nach dem Abschluss der finalen Story-Mission aus einer von drei Spezialisierungen für euren Division Agent gewählt werden. Dieser schaltet einen neuen Fertigkeitsbaum und eine Spezialwaffe frei, welche nur mit außergewöhnlicher Munition funktioniert, dafür aber ordentlich reinhaut. Das Endgame macht bereits einen sehr guten Eindruck, mehr Inhalte wurden angekündigt, sodass noch einige Stunden ins Land ziehen werden, bevor ich meinen Agenten in den Ruhestand schicken werde.

FAZIT

Was für eine Überraschung! The Division 2 hat mich über die ersten 35 Stunden verdammt gut unterhalten. Die Kämpfe machen Spaß, die Waffen rumsen und das Progression System motiviert ungemein. Auch wenn die Story im besten Fall akzeptabel ist und die Chance ein weiteres Mal vertut ein politisches Statement abzugeben und an so mancher Balancing-Schraube noch gedreht werden muss. Massive Entertainment ist, zusammen mit seiner Partnerstudios, ein stabiler und durchdachter Start für eine hoffentlich lange Weiterentwicklung mit dem Spiel gelungen. Zum aktuellen Zeitpunkt ist kein Loot-Shooter auf dem Markt auch nur ansatzweise so ausgereift, wie The Devision 2 zum Start. Klasse Leistung!

Ein Gastartikel von Philipp Arnold

Was ist The Division 2? Ein Third-Person-Shooter mit starkem Fokus auf Multiplayer und Loot.
Plattformen: PC, PS4, XBox One
Getestet: PlayStation 4 Pro, PC
Entwickler / Publisher: Massive Entertainment / Ubisoft
Release: 15.März.2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 8 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test