The Legend of Zelda: Breath of the Wild im Test

Wenn eine etablierte Spielreihe mit einer großen Fan-Basis plötzlich mit bewährten Konzepten bricht, dann kann das die nötige Initialzündung sein, um ausgetretenen Pfade zu verlassen und einem angestaubten Gameplay neue Impulse zu verleihen. Es birgt aber auch die Gefahr, dass sich Fans durch zu viele Einschnitte und Neuerungen vor den Kopf gestoßen fühlen und mit Ablehnung reagieren. Bei The Legend of Zelda: Breath of the Wild haben wir einen Fall, wo beides zu gleichen Teilen zutrifft. Während die Fachpresse voll mit Lobeshymnen ist, steigen eingefleischte Fans auf die Barrikaden und strafen das Spiel mit schlechten Wertungen ab. Aber wer von beiden hat nun recht? Ich sage, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Es ist nun bereits mehr als zwanzig Jahre her, seit unser Held Link zum ersten Mal die Prinzessin Zelda retten und die Welt von Hyrule vor dem Bösewicht Ganon befreien musste. In The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist das nicht viel anders. Aber alles der Reihe nach. Serienprotagonist Link wird zu Beginn des Spiels aus einem hundert Jahre andauernden Schlaf gerissen und dabei seiner gesamten Erinnerung beraubt. Was nun genau in Hyrule los ist, erfahren wir von einem alten Greis. Erneut ist es Serien-Oberbösewicht Ganon der vor langer Zeit die Welt ins Chaos stürzte und seitdem die sogenannte Verheerung Ganon durch das Schloss des Königreichs geistert. Natürlich spielt auch Prinzessin Zelda wieder eine wichtige Rolle, aber sehr viel mehr wollen wir von der Story verraten.

Breath of the Wild hält sich auch nicht lange mit irgendwelchen komplexen Geschichten auf, sondern geht gleich in medias res: Hat man erst das Einführungsgebiet „The Great Plateau“ absolviert, wurde man nicht nur mit denn notwendigen Hintergrundinfos zur Story und dem Hauptauftrag versorgt, sondern man hat damit auch nahezu sämtliche Fähigkeiten erlernt, die Link benötigt, um seine Mission erfolgreich zu beenden. Dazu zählen etwa Module für runde und eckige Bomben, ein Stasismodul mit dem man Objekte mittels Zeitmanipulation anhalten kann, ein Cryomdul mit dem man aus Wasser Eissäulen erzeugt oder ein Magnetmodul mit dem metallische Gegenstände bewegt werden. Theoretisch ist es sogar möglich, gleich in Richtung Schloß aufzubrechen, um mit Ganon kurzen Prozess zu machen. Doch ohne entsprechende Ausrüstung und Erfahrung, seid ihr für den Oberboss nicht mehr als ein lästiger Möchtegernheld, welchen er mit einem einzelnen Schlag vernichten kann. Also muss man sich zuvor wohl oder übel in der Welt von Hyrule herumtreiben, mit einer einzigen Maxime: Tu, was du willst, wann du es willst und wie du es willst.

Vergiss, was du bisher über „The Legend of Zelda“ weißt!

Diese Überschrift stammt übrigens nicht von mir, sondern direkt von Nintendo selbst und steht ganz oben auf der Feature-Liste. Und das ist nicht nur eine leere Marketingphrase, denn das zerstörte Königreich von Hyrule ist nicht die bislang größte Spielewelt die es jemals auf einer Nintendo Konsole zu bereisen gab, auch sonst bricht Breath of the Wild mit einigen Konventionen der Spielreihe und bietet mehr Abwechslung und mehr Freiheiten als jeder seiner Vorgänger zuvor. Kein Begleiter gibt mehr den Weg vor – Link ist völlig auf sich alleine gestellt, mit der Zwanglosigkeit alles zu tun, wonach er Lust hat. Selbst dem Erklimmen von Bäumen, Bauwerken oder der Gipfel von hohen Bergen steht nichts mehr im Wege. Einzige Einschränkung: Die Ausdaueranzeige. Hängt unser Link in einer Felswand fest oder an einer Mauer während seine Energie zu Ende geht, stürzt er unweigerlich ab. Zwar füllt sich diese rasch wieder auf, jedoch muss er dazu festen Boden unter den Füßen haben, also sich an Vorsprüngen oder Nischen ausrasten. Oben angekommen, kann er sich dank Fernglas eine bessere Übersicht verschaffen und sogar weit entfernte Punkte markieren, die dann auch in der Übersichtskarte angezeigt werden. Eine nette Komfortfunktion, die der Orientierung sehr dienlich ist. Übrigens: Auch Kämpfen, Schwimmen oder schnelles Rennen verbrauchen Ausdauer, weswegen man die Anzeige immer im Auge behalten sollte.

Abwärts geht es dank Gleitschirm wesentlich schneller und selbst Schilde können als Untersatz für Rutschpartien zweckentfremdet werden. Natürlich kann man auch wieder reiten. Dazu muss man aber zunächst Wildpferde fangen, zähmen und Ställen registrieren. Danach genügt ein Pfiff, um das Reittier herbeizurufen. Alternative Fortbewegungsmittel sind auch dringend notwendig, denn aufgrund der gewaltigen Größe Hyrules sind die Laufwege teilweise extrem lange. Dafür gibt es in der Spielewelt aber an allen Ecken und Enden etwas zu entdecken, seien es lediglich Nebenquests, auflockernde Minispiele oder kleinere Zwischenbosse, die nach ihrem Ableben wertvolle Items liegen lassen.

Besonderer Bedeutung kommen den mehr als 100 „Shrines of Trials“ zu, die überall verteilt auf der Karte zu finden sind. Diese dienen nicht nur als Schnellreisepunkte, sondern es handelt sich dabei im wesentlichen um kleinere Dungeons, vollgespickt mit Fallen, Logik- oder Physikrätsel und Kampf-Herausforderungen. Das Absolvieren solcher Mini-Höhlen dauert meist nicht länger als 10-15 Minuten, als Belohnung winken dafür aber zusätzliche Ausrüstungsgegenstände sowie ein „Zeichen der Bewährung“. Selbstverständlich führt die Reise auch durch mehrere „echte“ Dungeons, diese sind aber im Vergleich zu jenen aus den Vorgängern wesentlich kleiner ausgefallen.

Cooking Link

Auch wenn vom Gameplay her kaum ein Stein auf dem anderen geblieben ist, eines hat sich nicht verändert: Auch the Legend of Zelda: Breath of the Wild ist ein lupenreines Action-Adventure mit nur sehr rudimentären Rollenspiel-Elementen. Es gibt keine Erfahrungspunkte, keine Levelaufstiege und auch keine Attribute wie etwa Stärke oder Agilität. Das bedeutet aber nicht, dass ihr Link nicht verbessern könnt. Das erfolgt einerseits mittels der verwendeten Ausrüstung. Waffen verursachen unterschiedlich viel Schaden und besitzen verschiedene Haltbarkeitswerte, eure Bögen können die verschiedenstartigen Pfeile abfeuern und selbst die Kleidung bietet weit mehr als Schutz vor physischen Schaden. So müsst ihr euch in kälterem Regionen wärmer anziehen, in der Wüste ist dagegen luftigeres Gewand gefragt. Und einige Ausrüstungsgegenstände haben sogar Spezialeffekte, die dich zum Beispiel schneller oder unauffälliger machen. Etwas nervig ist der Umstand, dass man Waffen nicht reparieren kann. Je nach Haltbarkeit verschwindet sie nach einer vorbestimmten Anzahl an Schlägen aus eurem Inventar. Doof, wenn das mitten in einem Gefecht mit einem hartnäckigen Gegner passiert. Es gibt zware einen Shortcut für das Waffenmenü, trotzdem gestaltet sich das Umrüsten als etwas umständlich.

Eine andere Methode Link aufzuwerten, ist das Sammeln der „Zeichen der Bewährung“. Die können an bestimmten Orten gegen zusätzliche Lebenspunkte oder mehr Ausdauer eingetauscht werden. Sind dann die Gegner immer noch zu stark, verkocht man einfach sein Inventar. Hyrule ist dank seiner vielfältigen Flora und Fauna ein Paradies für Jäger und Sammler. Da hängen Früchte an den Bäumen, Pilze sprießen aus dem Boden, Blumen blühen auf der Wiese und überall kreucht und fleucht diverses Getier herum. All das sind die Zutaten für appetitliche Mahlzeiten sowie schmackhafte Elixiere. Diese füllen nicht nur eure Lebensenergie wieder auf, sondern verleihen euch diverse Boni. Werft ihr etwa ein paar Chilli-Schoten in den Kochtopf, habt ihr auch schon ein leckeres Gericht, welches euch erlaubt, sich für eine gewisse Zeit auch ohne wärmende Kleidung in kälteren Gebieten aufzuhalten.

Neben der offenen Spielewelt stellt dieses Crafting- und Ressourcen-Management die wohl gravierendste Neuerung dar und ist auch eines der zentralen Spielelemente, denn vor allem im späteren Spielverlauf sind solche Verbesserungen essentiell und vor allem notwendig, um im Kampf gegen stärkere Gegner zu bestehen. Auf der anderen Seite ist es aber auch durchwegs motivierend, Hyrule auf der Suche nach wichtigen Zutaten oder neuen Rezepten zu durchstreifen. Auch das Handelssystem ist im Vergleich zu den Vorgängern wesentlich sinnvoller ins Spiel eingebettet, denn dort kann man nun besonders wertvolle Dinge käuflich erwerben. Alles in allem eine tolle Ergänzung des Open-World Gameplays. Einzig die ebenfalls etwas umständliche Menüführung ist auch hier auf Dauer etwas nervig.

Wii U oder Switch? Kaum ein Unterschied!

Technisch macht The Legend of Zelda: Breath of the Wild sehr viel richtig. Anstatt eine realistisch wirkende Optik zu verwenden, setzt es auf einen comichaften Cell-Shading Look, der  einerseits perfekt zur Spielreihe passt und andererseits dazu auch noch wirklich toll aussieht. Der Grafikstil hat ebenso den Vorteil, dass sich die Wii U-Fassung und die Switch Version nur marginal unterscheiden – zumindest wenn man letztere im Handheld-Modus und einer Auflösung von 720p zockt. Im TV-Modus der Switch-Konsole sieht es da schon anders aus. Framrate-Einbrüche und aufpoppende Objekte sind hier keine Seltenheit und beeinträchtigen dann doch die insgesamt tolle Atmosphäre. Dafür treten aber kaum Programmfehler und Bugs auf.

Erwähnen muss man natürlich auch, dass es erstmalig in der Zelda Spielreihe eine Sprachausgabe gibt. Zwar kann Held Link noch immer nicht reden, dafür aber die restlichen Protagonisten – zumindest in den für die Hauptquest wichtigen Zwischensequenzen. Klingt sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch sehr gut und hätte man ruhig schon viel früher machen können.

FAZIT

Keine Frage, The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist der perfekte Einstieg für Nintendos neue Hybrid-Konsole Switch und Pflichtspiel sowie Systemseller zugleich. Ist es aber besser als Ocarina of Time oder Twilight Princess? Schwer zu sagen, denn aufgrund der zahlreichen Änderungen kann man diese Spiele kaum noch miteinander vergleichen. Und genau hier liegt der Hund begraben. Wer mit Open-World Spielen nichts anfangen kann, der kann ein noch so großer Zelda Fan sein, er wird mit Breath of the Wild nicht warm werden und diejenigen die an der Hand genommen werden wollen, um entlang eines roten Faden der Geschichte zu folgen, werden ebenfalls enttäuscht sein. The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist einfach anders als alles was Nintendo bis jetzt abgeliefert hat. Für die einen ist es das erhoffte Meisterwerk, für die anderen ein belangloses Open-World Game, bei dem schon nach 15-20 Stunden die Luft draussen ist.

Ich persönlich tue mir noch immer etwas schwer, mich für ein Lager zu entscheiden. Links neues Abenteuer versprüht zwar immer noch den Charme früherer Zelda Spiele und es bietet auch eine abwechslungsreiche Spielewelt, in der ich mich selbst nach mehr als 30 Spielstunden noch verlieren kann, trotzdem hätte ich mir ein besseres Storytelling erwartet und die teilweise umständliche Menüführung nervt gewaltig. Und eines muss ich auch ganz offen zugeben: Würde ich The Legend of Zelda: Breath of the Wild auf einer stationären Konsole spielen, ich hätte es vermutlich schon längst ad acta gelegt. Für unterwegs oder im Bett vor dem Schlafengehen ist es aber perfekt und deswegen tendiere ich eher zu Meisterwerk, wenn auch nicht ganz uneingeschränkt.

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

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