The Legend of Zelda: Link’s Awakening im Test

Jeder Videospieler hat Titel, die ihm oder ihr ganz besonders in Erinnerung geblieben sind. Keine Angst, es folgt weder eine „früher war alles besser“ oder „zu meiner Zeit“-Geschichte. Viele Spiele, die ich früher geliebt habe, würden mich heute auch nicht mehr begeistern und entsprechend dränge ich selten jemanden dazu, das alte Zeug meiner Jugend zu spielen. Auch wenn es Link’s Awakening heißt und einer der liebsten Lieblingstitel meiner Jugend war. Zum Glück gibt es aber manchmal wirklich gelungene Remakes.

Als Link’s Awakening 1993 für den Game Boy erschien, war es der gerade einmal vierte Titel im Zelda-Universum. Es war das erste Zelda für einen Handheld und spielte auch zum ersten Mal außerhalb von Hyrule. Vieles, was man heutzutage untrennbar mir der Serie verbindet, fand hier seinen Anfang: Sei es die Greifenfeder, die einen springen lässt, die Nebenbeschäftigung des Fischens oder die Möglichkeit unterschiedliche Lieder auf einem Instrument zu spielen. Für seine Zeit und besonders in Hinblick auf die Einschränkungen der Hardware war Link’s Awakening durchaus revolutionär. Die Ankündigung des Remakes für Nintendo Switch interessierte daher nicht nur neue Spieler – ein „neues“ Zelda war ja fast noch immer ein Grund zur Freude – sondern ließ auch einige ältere Semester in Erinnerungen schwelgen und große Erwartungen schüren. Sehen wir uns an, ob die Erwartungen erfüllt wurden und wie sich das – zumindest gameplaytechnisch – kaum veränderte Remake 26 Jahre später schlägt.

OK, keine Spoiler

Wie fasst man die Story eines 26 Jahre alten Spiels zusammen? Kann man die Geschichte überhaupt noch spoilern? Reviewer, die Vorabkopien des Spiels erhielten, mussten sich trotzdem verpflichten das GROSSE GEHEIMNIS der Insel Cocolint nicht zu lüften. Für mich war die große Enthüllung schon vor über zwei Jahrzehnten keine, das Spiel winkt quasi vom Titelbildschirm an mit Zaunpfählen, die man eigentlich nicht übersehen kann. Aber sei es drum: In der (sich ständig ändernden und mehrfach gespaltenen) Zelda-Timeline spielt Link’s Awakening entweder vor oder direkt im Anschluss an die Game Boy Color-Titel Oracle of Ages und Oracle of Seasons. Link ist auf jeden Fall mit einem Segelboot unterwegs, als er in einem heftigen Sturm Schiffbruch erleidet. Am Strand der Insel Cocolint angespült, findet ihn die junge Marin und pflegt ihn bei sich zuhause gesund. Wieder bei Kräften erhält Link von Marins Vater sein Schild zurück, sein Schwert muss er allerdings selbst am Strand wiederfinden. Eben dort begegnet er einer weisen Eule, die ihm den weiteren Weg weist: Auf dem höchsten Punkt der Insel ruht ein riesiges Ei, in welchem der mysteriöse Windfisch schläft. Nur wenn Link diesen – mit Hilfe von acht magischen Musikinstrumenten – aufweckt, wird er die Insel verlassen können. Also auf ins Abenteuer…

Radikal erneuertes Item-Management

Nebst Schild und Schwert gehören noch einige andere Gegenstände zum Standard-Inventar eines echten Zelda-Titels. Mit jedem Labyrinth (Dungeon) und / oder besiegtem Boss erhält Link neue Fähigkeiten oder Gegenstände, die weitere Teile der Spielwelt erforschbar oder Rätsel lösbar machen. Das Kraftarmband lässt uns Steine aus dem Weg räumen, Bomben sprengen schwache Wände, der Greifhaken zieht uns über Hindernisse und so weiter und so fort.

Von älteren Spielern manchmal vergessen, für jüngere Spieler sowieso komplett undenkbar: Der gute alte Game Boy hatte aber nur zwei Aktionstasten. Entsprechend oft, und in Bosskämpfen auch noch flott, musste man ins Menü und die Knöpfe neu belegen. Zum Beispiel: Greifenfeder zum Springen und Schild zum Blocken ausgewählt, bedeuteten halt leider, dass keine Taste für Angriffe mit dem Schwert blieb. Kraftarmband, Pegasusstiefel, Zauberpulver, Bomben & Co. – ständig musste man ins Inventar wechseln und neu belegen. Remake-Designern sei Dank, jetzt aber nicht mehr. Wenn man die entsprechenden Gegenstände erst einmal hat, wird mit den Schultertasten gesprintet bzw. geblockt. Mit A werden Gegenstände aufgehoben und auf B liegt der Angriff mit dem Schwert. Die beiden verbleibenden Aktionstasten X und Y können mit den restlichen Utensilien aus Links Inventar frei belegt werden. Für Nichtspieler des Originals ist gar nicht nachvollziehbar, welch enorme Erleichterung diese Änderung darstellt.

Neue Hardware, neuer Look

Dass das Spiel grafisch nicht mehr viel mit dem Original gemein haben kann, sollte nicht überraschen. Eine Auflösung von 160 × 144 Pixel bei vier Graustufen ist dann doch nicht mehr ganz zeitgemäß. Wie schon Windwaker bewiesen hat, scheut man bei der Reihe auch keine gelegentlichen Grafikexperimente. Nach dem etwas realistischeren Breath of the Wild nimmt Link’s Awakening aber wieder eine scharfe Kurve. Der neue Look mag im Vergleich zum BotW kindlicher bzw. spielzeughaft anmuten, weiß aber durchaus zu gefallen und „passt“ auch irgendwie. Wer das Original kennt wird nämlich bemerken, dass viele Objekte – zum Beispiel bei den Bäumen und Blumen merkt man es finde ich gut – dadurch sehr gut nachempfunden wurden. Trotzdem wirkt das Spiel alles andere als altbacken. Kleine technische Abstriche machen sich nur im Handheld-Modus bemerkbar: Das Spiel scrollt zwar nahtlos (anders als im Original bewegt man sich natürlich nicht mehr von Screen zu Screen), an den Bildschirmrändern kommt allerdings ein ziemlich starker Weichzeichner-Effekt zum Einsatz. Gelegentlich gibt es auch kleinere Einbrüche bei der Framerate, die meiste Zeit läuft aber alles flüssig.

Die Insel Cocolint ist – vor allem wegen der früher unüberwindbaren Speicherlimitierungen – sicherlich eine der kleinsten Zelda-Welten. Dafür ist sie aber dicht gepackt und egal ob Strand, Steppe, Sumpf, Wald oder Wüste: Umgebung & Flora, aber auch Gegnerfauna sind extrem detailliert und bieten eine Menge Abwechslung. Um sich lange Laufwege trotzdem zu ersparen, schaltet man im Spielverlauf gut verteilte Teleportationspunkte frei. Die gab es auch schon im Original, allerdings sind noch ein paar dazu gekommen. Außerdem kann man sie frei ansteuern und muss nicht wie früher einer fixen Reihenfolge folgen.

Sonstige Neuerungen

Insgesamt kann man festhalten, dass man beim Remake mit Bedacht vorgegangen ist und nur mit sanfter Hand am Gameplay geschraubt hat. Die Taktiken und Angriffe einiger Bosse wurden minimal angepasst, um sie ein wenig anspruchsvoller zu gestalten. Wer eine noch größere Herausforderung sucht, kann den Schwierigkeitsgrad zudem nach oben korrigieren, was weniger Herzen in der Spielwelt und stärkere Gegner bedeutet. Dafür kann man aber bis zu drei Flaschen finden bzw. gewinnen, um Feen für eine spätere Heilung zu sammeln. Diese Mechanik ist zwar schon länger ein Fixum der Serie, im Original von 1993 gab es sie allerdings noch nicht – hatte ich ehrlich gesagt vergessen und musste ich selbst erst nachlesen. Außerdem kann Links Lebensenergie auf bis zu 20 Herzen (statt früher 14) aufgestockt werden.

Etwas zwiespältig stehe ich den Neuerungen bei einem wichtigen Minigame gegenüber. Die Hütte mit dem Kranspiel gab es schon im Original, hier muss und musste z.B. eine Yoshi-Puppe (Mario-Referenzen gibt es einige) erspielt werden. Im Remake hält aber nicht nur die dritte Dimension, sondern auch eine – gelegentlich zum Haare raufende – Physik-Engine Einzug. Gelegentlich flutscht ein vermeintlich perfekt gepackter Gegenstand einfach seitlich aus der Klaue raus und/oder fällt so ungünstig in den Spielbereich, dass er auch mit noch so vielen Versuchen nicht mehr zu greifen ist. Im letzteren Fall hilft nur raus und wieder reingehen und es nach dem Zurücksetzen noch einmal probieren.

Kammer-Labyrinthe

Ein der wirklich großen Neuerungen im Spiel ist das Auftauchen von Totengräber Boris (im Englischen Dampé genannt), der seinen ersten Auftritt eigentlich erst in Ocarina of Time hatte. Ihm können wir von unseren Abenteuern in den verschiedenen Dungeons der Insel erzählen und er bastelt entsprechende Kammersteine daraus, die wir in seiner Hütte zu einem ganz individuellen Labyrinth zusammenbauen können. Wer jetzt an Mario Maker denkt und ein Zelda Maker erhofft: Nicht ganz verkehrt, aber die Erwartungen sollten nicht mit einem durchgehen. Man kann nur eine bestimmte Anzahl fix vorgegebener Räume platzieren. Ein Bearbeiten der Kammern selbst ist nicht möglich, selbst die Befüllung der Schatztruhen mit Schlüsseln und Belohnungen nimmt das Spiel selbst vor. Kurzweilig kann das Basteln eigener Dungeons trotzdem sein, die – über einen amiibo als Transportmittel – auch mit Freunden geteilt werden können. Auch von Boris selbst gibt es einige Belohnungen, wenn man Labyrinthe entsprechend seiner Vorgaben baut und anschließend auch meistert.

FAZIT

Welch unnützes Wissen unser Gehirn teilweise unbewusst aufhebt, machte sich bei mir gleich mehrfach bemerkbar. Manches Rätsel war auf einen Blick gelöst und der mysteriöse Drang an einer ansonsten unauffälligen Stelle zu graben schnell erklärt, wenn plötzlich ein Sammelgegenstand auftauchte. Das Remake von Link’s Awakening war für mich eine Zeitreise, aber gleichzeitig auch eine mehr als angenehme „neue“ Erfahrung. Der Zahn der Zeit konnte dem Gameplay in diesem Fall nichts anhaben und die Entwickler haben es geschickt verstanden, es in ein neues technisches Gewand zu stecken, welches ehemalige wie neue Spieler ansprechen wird.

Was ist The Legend of Zelda: Link’s Awakening? Komplettes Remake eines Game Boy- & Zelda-Klassikers.
Plattformen: Nintendo Switch
Getestet: Version 1.0 auf Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: Nintendo
Release: 20. September 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 10 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test