The Path of Motus im Test

Es kommt nicht sehr oft vor, dass uns Testmuster ins Haus flattern, die nicht von einem Entwicklerstudio, sondern von einem privaten Zwei-Mann-Team stammen. Tatsächlich wurde The Path of Motus in seiner Vollständigkeit nur von Programmierer Michael Hicks und Grafiker Goncalo Antunes umgesetzt. Noch seltener ist es allerdings, dass die Botschaft die das Spiel vermitteln möchte, in jedem Aspekt des Gameplays umgesetzt wird. Das Spiel befasst sich mit Träumen und Wünschen und dem Schmerz, den Worte verursachen können – kein geringer Anspruch. Wir durften den Puzzle-Platformer testen und verraten euch, wie gut die Entwickler ihren Vorsätzen entsprechen konnten.

Große Träume

Motus ist zu Spielbeginn ein kleiner Junge, der davon träumt, das Dorf der Goblins zu verlassen und den Weg durch den großen Wald zu meistern. Einziges Problem: Das hat vor ihm noch niemand geschafft. Und so ist sein Vater auch nicht sonderlich begeistert vom Vorhaben seines Nachwuchses. Dieser lässt sich aber nicht abhalten und zieht mit etwas Ansporn von Opa und Papas altem Malpinsel kurzerhand los. Sogleich stößt er aber auf erste Hindernisse, die ihr anhand deren Farbe mit Druck auf die gleichfarbigen Buttons überwinden könnt. Jede dieser Tasten korrespondiert mit einem Schrei, den Motus loslässt. Diese könnt ihr auch dazu nutzen, um Gegner und deren Angriffe abzuwehren, die euch ebenfalls mit Schreien verletzen wollen. Böse Worte rasen also durch die Luft und Motus hat nur einen Trefferpunkt – trifft euch also einer der gegnerischen Flüche, startet ihr beim letzten Checkpoint, von dem es aber alle paar Meter einen gibt. Die Aussage ist klar: Worte können wehtun.

Mit Opas Unterstützung zieht Motus in die Welt hinaus

Denksport

Während der Levels und in fast allen begehbaren Gebäuden stößt Motus auf Abgründe oder Sperren, die ihr durch das Lösen von Rätseln überwinden könnt. All diese Rätsel basieren auf demselben Prinzip, werden jedoch kontinuierlich schwieriger. Ihr müsst mit dem Malpinsel verschiedene Knotenpunkte (Nodes) so miteinander verbinden, dass von jedem Punkt genau so vielen Linien abgehen, wie die Zahl darauf angibt. Klingt einfach, gestaltet sich im Verlauf von The Path of Motus aber systematisch schwieriger. Viereckige Knotenpunkte lassen Verbindungen nur horizontal oder vertikal zu. Runde Nodes lassen sich auch diagonal mit anderen runden Nodes verbinden, fünfeckige Nodes dürfen nicht miteinander verbunden werden, egal wie viele andere Nodes dazwischen sind. Diese Rätsel sind gegen Ende wahre Brainteaser und machen wirklich Spaß, wenn ihr Freunde von Puzzles seid. Mit den Verbindungen schafft ihr im wahrsten Wortsinne Brücken über Abgründe oder könnt Türen öffnen. Besonders erfreulich ist, dass nach dem ersten Durchspielen neue, deutlich schwierigere Rätsel freigeschalten werden. Zusätzlich habt ihr zwischendurch auch die Möglichkeit, kurz einen weiteren, weiblichen Goblin zu spielen und euch gegenseitig durch Barrieren zu schützen, um ans Ziel zu kommen. Schade, dass diese Spielmechanik nur ein einziges Mal zum Einsatz kommt.

Hier seht ihr die leider nur einmal genutzte Spielmechanik mit zwei Spielfiguren, die einander schützen können

Kurze, lange Reise

Im Laufe des Spiels reift Motus vom Kind zum Jugendlichen und dann zum Erwachsenen heran. Dabei lernt ihr auch ein wenig über die Hintergrundgeschichte von Motus‘ Vater. Wer aber jetzt glaubt, dass damit ein großer Spielumfang einhergeht, ist leider auf dem Holzweg. The Path of Motus besteht aus insgesamt nur drei Levels und kann innerhalb von weniger als anderthalb Stunden durchgespielt werden. Das ist zwar ein klarer Minuspunkt, bedeutet aber keinesfalls, dass es sich dabei um ein schlechtes Spiel handelt. Wichtig ist aber, dass ihr mit offener Erwartungshaltung an das Spiel herangeht. The Path of Motus ist nämlich deutlich mehr Puzzle, als Platformer. Das wird schon in der etwas holprigen Steuerung klar. Die Message, die im Laufe der Story immer deutlicher wird, zieht sich wie eingangs erwähnt bis ins Gameplay durch. Es ist nämlich möglich, das gesamte Spiel zu beenden, ohne einen einzigen Gegner zu töten. Das macht jeden Gegner zu einem Rätsel für sich und fordert auf, „outside the box“ zu denken, statt mit brachialer Gewalt vorzugehen.

Dafür werdet ihr auch mit Medaillen belohnt, die als „high roads“ bezeichnet werden. Im Englischen bedeutet „to take the high road“ in etwa so etwas wie unsere deutsche Redewendung „der Klügere gibt nach“. In der Lösung dieser Aufgabenstellung liegt das wahre Potential des Spiels. Es erfordert Geduld, Übung und kreatives Denken und verdoppelt die Spielstunden. Obwohl das Game auch dann rasch durchgespielt ist, hinterlässt The Path of Motus ein angenehmes Gefühl und bietet eine fast meditative Erfahrung, wenn ihr gewillt seid, euch darauf einzulassen.

Im Verlauf des Games werden die Rätsel immer knackiger. Ihr seht hier zwar die Lösung, aber selbst draufkommen macht mehr Spaß 😉

Kreative Vision

Die Tatsache, dass The Path of Motus von einer Person geschrieben, produziert und programmiert wurde, bedeutet, dass hier eine klare kreative Vision unverfälscht durchgezogen werden konnte. Es hat aber natürlich auch Nachteile, wie beispielsweise, dass Fehler oder Probleme nicht gleich ins Auge stechen, wie es die Arbeit in größeren Teams ermöglicht. Natürlich bedeutet die Arbeit mit nur einem Programmierer und einem Grafiker auch Abstriche in diesen beiden Bereichen. So kommt es auch, dass The Path of Motus weder optisch, noch in Umfang oder Handling mit größeren Spielen vergleichbar ist. Dennoch ist es Michael Hicks gelungen, die Vision umzusetzen, die er bereits mit Sententia im Jahre 2012 zu verwirklichen versucht hatte. Das damalige Game stieß auf wenig Erfolg und Gegenliebe, doch Hicks ließ sich nicht unterkriegen. Das erläutert er auch in einem Video, dass neben YouTube auch direkt im Spiel selbst zu finden ist. In diesem Video erzählt der erst 25-jährige Hicks von seinem eigenen Werdegang, seinen Wünschen und Rückschlägen und bringt eine ermunternde Nachricht an angehende Programmierer und Künstler. Auch für die musikalische Untermalung zeichnet Hicks selbst verantwortlich. Diese ist sehr gelungen und untermalt den Spielverlauf angenehm.

Das Video von Hicks ist nicht wirklich versteckt und dauert ein Weilchen. Wenn ihr es nicht während des Spiels schauen wollt, findet ihr auch einen Link in unserer Infobox.

FAZIT

Für mich war das Spielen von The Path of Motus eine wirklich interessante Erfahrung. Anfangs ein wenig von der Optik und ungenauen Steuerung abgeschreckt, konnte mich das Spiel doch in seinen Bann ziehen. Die wirklich gelungenen Rätselaufgaben gepaart mit einer netten Story und wichtigen Botschaft sind ein angenehmer Konterpunkt in der aktuellen Gameslandschaft. Ein Manko hier ist für viele aber wohl der Preispunkt. Ob euch ein paar Stunden kniffligen Denksports gepaart mit einer tiefgründigen Message die 15 Euro wert ist, müsst ihr selbst entscheiden. Am Ende ist es wohl auch wichtig, mit der richtigen – oder ganz ohne – Erwartungshaltung an das Spiel heranzugehen. The Path of Motus ist kein Super Mario – will es aber auch nicht sein. Im Gegenteil, schafft es seine eigene Welt, seine eigene Identität und ist zwar sehr kurz, aber trotzdem spielenswert.

Was ist The Path of Motus? Puzzle-Plattformer mit Fokus auf Puzzles und starker Message
Plattformen: PS4, XBOX ONE, PC (Steam)
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Michael Hicks
Release: Juli 2018
LinksOffizielle WebsiteYouTube VideoTwitter (Michael Hicks)

Gesamtwertung: 6.4

Einzelwertungen: Grafik: 4 | Sound: 8 | Handling: 4 | Spieldesign: 10 | Motivation: 6

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