The Signifier im Test

Erinnerungen sind wie Schneeflocken. Einzigartig. Jeder Mensch sammelt Tag für Tag Informationen, die er zu einem großen Ganzen verbindet, aber erst die subjektiv empfundenen Eindrücke lassen im Kopf ein lebendiges Bild entstehen. Und für jeden sieht dieses Bild anders aus. Doch eignen sich diese individuellen Bruchstücke der Realität auch, um Verbrechen aufzuklären? Was würde passieren, wenn man die letzten Stunden eines Mordopfers nach Hinweisen auf den Täter absuchen könnte? Im Tech-Noir-Adventure The Signifier von den chilenischen Entwicklern Playmestudio gilt es genau das herauszufinden.

Es klingt nach einer vielversprechenden Idee: Wir tauchen in die Erinnerungen eines toten Menschen ein, um wichtige Momente seines Lebens zu rekonstruieren und im besten Fall den Grund seines Ablebens herauszufinden. Mithilfe des „Dreamwalker“, einer Erfindung des KI-Spezialisten Frederick Russell, ist das auch tatsächlich möglich. Wie es der Zufall so will, ist die Vizepräsidentin der weltweit erfolgreichsten Techfirma tot in ihrem Appartement aufgefunden worden und Frederick wird um Hilfe bei der Aufklärung des Falles gebeten. Obwohl seine Arbeiten an dem Gerät noch nicht abgeschlossen sind, beginnt er in den Erinnerungen des Opfers herumzustöbern.

Erinnerst du dich noch?

Fortan steuern wir also den Protagonisten aus der Ego-Perspektive durch verschiedene Momente im Leben der toten Firmenchefin und kombinieren gefundene Hinweise mit der Realität. Da Erinnerungen aber nie fehlerfrei sind, bewegen wir uns dabei oft durch lückenhafte Wiedergaben einprägsamer Momente. Interpretationsspielraum: sehr groß. Die Möglichkeit zwischen objektivem und subjektivem Zustand hin und her zu wechseln und die selben Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu durchleben, steigert dabei die Abstraktheit oft enorm. Selten sind die auftauchenden Symbole im ersten Moment zu entschlüsseln. Erst wenn wir alles miteinander verbinden, ergibt sich ein halbwegs stimmiges Bild, welches aber wiederum erst einmal interpretiert werden möchte, bevor es uns der Lösung des Falles ein Stück näher bringt.

Zum Glück hat der „Dreamwalker“ einen integrierten Supercomputer namens Evee, den wir befragen können, wenn wir einmal nicht mehr weiter wissen. Evee verhält sich dabei in den Gesprächen aber fast schon ein wenig zu menschlich. Lapidar formulierte Fragen werden ohne Probleme präzise beantwortet. Schlüsselwörter verwenden? Nicht nötig.

Details machen eine Geschichte erst perfekt

Im Laufe unserer Ermittlungen tauchen wir immer tiefer in das Unterbewusstsein der Verstorbenen ein und versuchen die Puzzleteile zusammenzufügen. Oft ist das aber gar nicht so einfach. The Signifier verlangt uns bei der Suche nach gut versteckten Hinweisen in surrealen Szenerien stellenweise einiges ab. Das kann ab und zu auch ganz schön frustrierend sein, wenn in eigentlich überschaubaren Arealen ein bestimmter Triggerpunkt von uns einfach übersehen wird. Oft sind es eben auch die Feinheiten, denen man Beachtung schenken sollte. Das hintergründige Kindergelächter auf dem Schulhof oder die Art wie uns die Mutter zum Essen ruft, sind nicht nur bloßes Beiwerk, sondern haben in den meisten Fällen auch eine tiefere Bedeutung. Ein sehr interessantes Prinzip, welches die meiste Zeit auch sehr gut funktioniert. Wirklich langatmige Stellen finden sich in The Signifier selten. Schritt für Schritt arbeiten wir uns so durch eine spannend inszenierte Geschichte, die so manche unerwartete Wendung bereithält. Das Switchen zwischen Realität und Erinnerung sowie die gesamte Story wirken unverbraucht und geben uns stets das Gefühl, ganz nah an der Lösung dran zu sein.

Zusammenfassung

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